von pentium » 23. Mai 2015, 18:26
Der Weltkrieg am 23. Mai 1915
Die Kriegserklärung Italiens an Österreich-Ungarn
Wien 23. Mai. (Amtlich.)
Die italienische Regierung hat heute durch ihren Botschafter Herzog von Avarna der österreichisch-ungarischen Regierung erklären lassen, daß sich Italien von Mitternacht ab im Kriegszustande mit Österreich-Ungarn befinde. Die italienische Regierung hat durch diesen vom Zaune gebrochenen Angriff gegen die Donaumonarchie das Bündnis auch mit Deutschland ohne Recht und Grund zerrissen. Das durch die Waffenbrüderschaft noch fester geschmiedete vertragsmäßige Treuverhältnis zwischen Österreich-Ungarn und dem Deutschen Reich ist durch den Abfall des dritten Bundesgenossen und seinen Übergang in das Lager ihrer Feinde unversehrt geblieben. Der deutsche Botschafter Fürst Bülow hat deshalb Anweisung erhalten, Rom zugleich mit dem österreichisch-ungarischen Botschafter Baron Macchio zu verlassen.
Rom, 23. Mai.
Fürst Bülow hat heute von der Konsulta die amtliche Mitteilung erhalten, daß Italien sich von morgen ab als im Kriegszustand mit Österreich-Ungarn befindlich erachtet. 1)
Der Wortlaut der italienischen Kriegserklärung
Wien, 23 Mai.
Der Text der vom königlich italienischen Botschafter dem k. u. k. Minister des k. u. k. Hauses und des Äußern überbrachten Kriegserklärung hat folgenden Wortlaut:
Wien, am 23 Mai 1915.
Den Befehlen Seiner Majestät des Könige seines erhabenen Herrschers, entsprechend hat der unterzeichnete königlich italienische Botschafter die Ehre, Seiner Exzellenz dem Herrn österreichisch-ungarischen Minister des Äußern folgende Mitteilung zu übergeben.
Am 4. d. M. wurden der k. u. k. Regierung die schwerwiegenden Gründe bekanntgegeben, weshalb Italien im Vertrauen auf sein gutes Recht seinen Bündnisvertrag mit Österreich-Ungarn, der von der k. und k. Regierung verletzt worden war, für nichtig und von nun an wirkungslos erklärt und seine volle Handlungsfreiheit in dieser Hinsicht wieder erlangt hat. Fest entschlossen, mit allen Mitteln, über die sie verfügt, für die Wahrung der italienischen Rechte und Interessen Sorge zu tragen, kann die königliche Regierung sich nicht ihrer Pflicht entziehen, gegen jede gegenwärtige und zukünftige Bedrohung zum Zwecke der Erfüllung der nationalen Aspirationen jene Maßnahmen zu ergreifen, die ihr die Ereignisse auferlegen. Seine Majestät der König erklärt, daß er sich von morgen ab als im Kriegszustande mit Österreich-Ungarn befindlich betrachtet. Der Unterzeichnete hat die Ehre, Seiner Exzellenz dem Herrn Minister des Äußern gleichzeitig mitzuteilen, daß noch heute dem k. u. k. Botschafter in Rom die Pässe zur Verfügung gestellt werden, und er wäre Seiner Exzellenz dankbar, wenn ihm die seinen übermittelt würden.
gez.:
Avarna. 1)
Manifest Kaiser Franz Josefs an seine Völker
Wien, 23. Mai.
Eine Extraausgabe der "Wiener Zeitung" veröffentlicht folgendes Allerhöchstes Handschreiben:
Lieber Graf Stürgkh! Ich beauftrage Sie, das angeschlossene Manifest an Meine Völker zur allgemeinen Verlautbarung zu bringen.
Wien, am 23. Mai 1915.
Franz Josef m. P.
Stürgkh m. P.
An Meine Völker!
Der König von Italien hat Mir den Krieg erklärt.
Ein Treubruch, dessengleichen die Geschichte nicht kennt, ist von dem Königreich Italien an seinen beiden Verbündeten begangen worden. Nach einem Bündnis von mehr als dreißigjähriger Dauer, während dessen es seinen territorialen Besitz mehren und sich zu ungeahnter Blüte entfalten konnte, hat uns Italien in der Stunde der Gefahr verlassen und ist mit fliegenden Fahnen in das Lager unserer Feinde übergegangen. Wir haben Italien nicht bedroht, sein Ansehen nicht geschmälert, seine Ehre und seine Interessen nicht angetastet, wir haben unseren Bündnispflichten stets getreu entsprochen und ihm unsern Schirm gewährt, als es ins Feld zog, wir haben mehr getan: Als Italien seine begehrlichen Blicke über unsere Grenzen sandte, waren wir, um das Bündnisverhältnis und den Frieden zu erhalten, zu großen schmerzlichen Opfern entschlossen, zu Opfern, die Unserem väterlichen Herzen besonders nahegingen. Aber Italiens Begehrlichkeit, das den Moment nützen zu sollen glaubte, war nicht zu stillen, und so muß sich das Schicksal vollziehen. Dem mächtigen Feinde im Norden haben in zehn-monatlichem gigantischem Ringen und in treuster Waffenbrüderschaft mit dem Heere Meines erlauchten Verbündeten Meine Armeen siegreich standgehalten. Der neue heimtückische Feind im Süden ist ihnen kein neuer Gegner. Die großen Erinnerungen an Novara, Mortara, Custozza und Lissa, die den Stolz Meiner Jugend bilden, und der Geist Radetzkys, Erzherzogs Albrechts und Tegethoffs, der in Meiner Land- und Seemacht fortlebt, bürgen Mir dafür, daß wir auch gegen Süden hin die Grenzen der Monarchie erfolgreich verteidigen werden. Ich grüße meine kampfbewährten, siegerprobten Truppen. Ich vertraue auf sie und ihre Führer. Ich vertraue auf Meine Völker, deren beispiellosem Opfermute Mein innigster väterlicher Dank gebührt. Den Allmächtigen bitte Ich, daß er unsere Fahnen segne und unsere gerechte Sache in seine gnädige Obhut nehme.
Franz Josef m. p. 1)
Die "Emden"-Mannschaft in Konstantinopel
Konstantinopel, 23. Mai.
Die überlebenden Helden der Besatzung der "Emden", die heute nachmittag unter der Führung des Kapitänleutnants v. Mücke in Konstantinopel eintrafen, haben einen überaus begeisterten Empfang gefunden.
quelle:
Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus
Band 2 Nationaler Verlag, Berlin (1915) 2) "Frankfurter Zeitung" (1915)
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pentium
*Dos Rauschen in Wald hot mir'sch ageta, deß ich mei Haamit net loßen ka!* *Zieht aah dorch onnern Arzgebirg der Grenzgrobn wie ene Kett, der Grenzgrobn taalt de Länder ei, ober onnere Herzen net!* *Waar sei Volk verläßt, daar is net wert, deß'r rümlaaft of daaner Erd!*
Anton Günther
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