Schon vor der Wende 1989 war die DDR politisch und ökonomisch am EndeFür Erich Honecker war die Sache klar. „Die Leute brauchen billiges Brot, eine trockene Wohnung und Arbeit“, erklärte der langjährige Staatschef der DDR und Generalsekretär der SED. „Wenn diese drei Dinge stimmen, kann dem Sozialismus nichts passieren.“ Entsprechend sah die Wirtschaftspolitik der DDR aus. Die Lebensmittelpreise wurden mit hohem Aufwand staatlich subventioniert, sodass Brot billiger war als Getreide, an den Rändern der Städte und Gemeinden wurden moderne Plattenbausiedlungen aus dem Boden gestampft, während die unsanierten Altbauwohnungen in den Innenstädten verfielen, und für jeden Bürger gab es einen Job, unabhängig davon, ob es auch genügend Arbeit gab.
Ungeschminktes Bild der LageWie verheerend die Lage der DDR war, wurde am 31. Oktober 1989 deutlich. An diesem Tag legte Gerhard Schürer, der Chef der allmächtigen Staatlichen Planungskommission, dem neuen SED-Chef Egon Krenz ein 22-seitiges Dossier vor, das ein ungeschminktes Bild der Lage enthielt.
Die DDR-Wirtschaft sei unproduktiv und nicht wettbewerbsfähig, das Land lebe dauerhaft weit über seine Verhältnisse und sei nicht mehr in der Lage, die Konsumansprüche der Bevölkerung zu befriedigen, die Verschuldung im kapitalistischen Ausland sei enorm, es drohe die Zahlungsunfähigkeit. Schürers bitteres Fazit: „Allein ein Stoppen der Verschuldung würde im Jahre 1990 eine Senkung des Lebensstandards um 25 bis 30 Prozent erfordern und die DDR unregierbar machen.“ Die einzige Chance, die Zahlungsfähigkeit der DDR zu erhalten, sei, „mit der Regierung der BRD über Finanzkredite in Höhe von zwei bis drei Milliarden Valutamark über bisherige Kreditlinien hinaus zu verhandeln.“ Das wäre nichts Neues gewesen. Auf diese Weise hatte die DDR schon einmal die drohende Pleite abgewendet. Nach dem Einmarsch der Sowjetunion in Afghanistan im Dezember 1979 und der Ausrufung des Kriegsrechts in Polen im Dezember 1981 ging die Phase der Entspannungspolitik zu Ende, politisch wie ökonomisch brach eine neue Eiszeit im Verhältnis zwischen den Blöcken aus. Die Rohstoffpreise wie die Kreditzinsen schnellten in die Höhe,
1982 stand das SED-Regime vor dem Bankrott. Nicht der „große Bruder“ im Osten, sondern der kapitalistische Bruder im Westen rettete Honecker in letzter Minute, ein Milliardenkredit westdeutscher Banken, den der DDR-Devisenbeschaffer (und Stasi-Offizier) Alexander Schalck-Golodkowski und der bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß (CSU) eingefädelt hatten und für den die Bundesregierung unter Helmut Kohl bürgte, sorgte für das Überleben des Arbeiter- und Bauernstaates.
Zeichen des VerfallsDoch auch dieser Geldregen konnte die Probleme der maroden DDR-Wirtschaft nicht lösen, zumal Staats- und Parteichef Honecker aus Furcht vor Massenprotesten am teuren Konsum- und Sozialprogramm festhielt. Die Zeichen des Verfalls waren allgegenwärtig, der Staat lebte von der Substanz, die öffentliche Infrastruktur zerfiel, notwendige Investitionen unterblieben, die Versorgungslage wurde zunehmend schlechter, dem Regime fiel es schwer, die Ansprüche der Menschen zu befriedigen, selbst bei den „Waren des täglichen Bedarfs“ gab es Versorgungsengpässe. Um an die Devisen zu kommen, verkaufte das Regime praktisch alles, was sich zu Geld machen ließ – von Blutkonserven über Antiquitäten bis zu politischen Gefangenen.
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