karnak hat geschrieben:Zum Grenzübertritt brauchte man normalerweise einen Pass mit Visum, jeder der mit irgendeiner Berechtigungskarte aufgelaufen wäre hätte sich bei jeden kleinen Passkontrolleur irgendwie dekonspiriert, etwas was mir nicht einleuchten will.
Kumpel hat geschrieben:Eigentlich dachte ich sowas wurde vorher an den Kontrollstellen angekündigt , das muss ja ein reges Kommen und Gehen gewesen sein und die im Westen haben da einfach so zu geguckt?
Oder es gar nicht mitbekommen?
karnak hat geschrieben:Kein regulärer Übergang, also einer von dieser ominösen Geheimtüren und wer soll da als Kontrolleur gestanden haben? Ich kann mir übrigens auch nur sehr schwer vorstellen, dass hauptamtliche Mitarbeiter des MfS in Größenordnungen pausenlos oder regelmäßig in den Westen marschiert sind, der Kontrolleur wirklich was zu tun hatte. Für den " Normalfall" gab es dafür diverse Personen die als Kuriere unterwegs waren, keine Hauptamtlichen waren und nicht die geringste Ahnung hatten was sie eigentlich transportierten und ganz normal über die Güsten reisten ohne irgendwelche Geheimtüren benützen zu müssen.
An der Friedrichstraße benutzte ich dann den »Diensteingang« des Bahnhofs. Durch einen kurzen Druck auf einen seitlich angebrachten Klingelknopf machte ich mich bemerkbar. Der Vorhang im Dienstraum wurde beiseite gezogen, und ein Kopf mit Offiziersmütze kam zum Vorschein.
Ich hielt den Dienstausweis an die Glasscheibe. Ein Summen, und die Tür sprang auf. Der Raum dahinter war etwas größer. Rechts führte eine Treppe aufwärts zu den Räumen für das diensthabende MfSPersonal, das für die Grenzkontrollen eingesetzt war. Dort standen auch die Monitore, mit denen alle Bahnsteige überwacht wurden. Das wusste ich von Kollegen. Geradeaus ging es zu einer weiteren Tür ohne Klinke, hinter der schon der Transitteil des Bahnhofs lag, von dem aus die Züge in den Westen fuhren. An der linken Seite des Raumes stand ein Tresen, hinter dem ein Hauptmann in der Uniform der Grenztruppen saß, der jedoch ein Mitarbeiter unserer Hauptabteilung VI war. Von ihm hing jetzt alles ab. Ich legte Dienstauftrag, Dienstausweis, Grenzsonderausweis und den besonderen Reisepass vor. Der Hauptmann interessierte sich aber nur für den von mir ausgefüllten weißen Dienstauftrag. Er betrachtete das Papier eine Weile und fragte dann: »Und du meinst, dass der Dienstauftrag ordnungsgemäß ausgefüllt ist?«
Einen Moment stockte mir der Atem, aber ich antwortete möglichst locker: »Woher soll ich das wissen, die Sekretärin hat ihn ausgefüllt, und mein Leiter hat unterschrieben. Da müsste ja eigentlich alles seine Richtigkeit haben!« »Hat es nicht«, beharrte der Genosse Hauptmann. »Es gibt seit dem 1. Januar eine neue Dienstanweisung, dass auch der eigentliche Betreff eingetragen sein muss. Du willst doch anscheinend den Koffer aufgeben. Also muss vermerkt sein ›Eigene operative Arbeit‹ und in Klammern ›Gepäckschleuse‹!« Ich konterte: »Weißt du, unsere Sekretärin ist so dämlich, die braucht bestimmt bis zum nächsten Silvester, um das zu begreifen.« »Also gut«, kam es über den Tresen, »diesmal lass ich dich noch durch. Aber sag in deiner Abteilung Bescheid, damit es das nächste Mal ordentlich ist.« Er drückte den Ausreisestempel auf das Papier und gab mit einem Summen die Tür zum »Westteil« frei. Die wichtigste Hürde war genommen.
Als letztes Risiko blieben die Monitore. Ich steuerte die U-Bahn an, da diese unter West-Berliner Verwaltung stand und vom Süden West-Berlins nach Norden unter OstBerlin mit seinen »Geisterbahnhöfen« hindurchführte und nur hier in der Friedrichstraße auf östlichem Gebiet hielt. Die S-Bahn stand dagegen unter DDR-Kontrolle und schien mir zu riskant. Ich verbarg mich auf dem Bahnsteig, so gut es ging, hinter einem Stützpfeiler. Bis hierhin lief alles nach den Regeln des MfS, denn die Schleuser sollten sich hier unter die ankommenden Gäste mischen und dann mit diesen in Richtung Ausgang zurücklaufen, um dort in den Schließfächern etwas zu deponieren, das man vorgeblich auf dem Rückweg wieder mitnehmen wollte. In Wirklichkeit hatten aber die West-Agenten einen Zweitschlüssel für das entsprechende Fach und konnten sich so bei nächster Gelegenheit das für sie bereitgestellte Material abholen, ohne offiziell in die DDR einzureisen. Der nächste Zug fuhr in Richtung Norden, was mir sehr gelegen kam, denn ich wollte so schnell wie möglich zum Flughafen Tegel, um von dort auf direktem Weg nach München zu gelangen. Die Bahn kam pünktlich. Ich gesellte mich aber nicht zu den Ankommenden, sondern trat beim Abklingeln hinter meiner Säule hervor und stieg noch schnell vorn ins erste Abteil ein. Der Zug fuhr an. Wenn jetzt noch die Diensthabenden vom Bahnhof Friedrichstraße Alarm auslösten, könnte das nächste Signal auf Rot gesetzt werden, bevor die Bahn West-Berliner Territorium erreicht hatte. Doch der Zug bremste nur auf den zugemauerten »Geisterbahnhöfen« ab, fuhr aber weiter. Als er das erste Mal hielt, leuchtete mir das Schild »Reinickendorfer Straße« entgegen. Es war geschafft.
augenzeuge hat geschrieben:Soweit ich es weiß, hatte Stiller, einen gefälschten Pass. Ihm fehlten nur die Ein- und Ausreisekarten. Und die fand er im Schrank der Sekretärin.
Ich kann aber nochmals nachlesen, sein Buch mit der Schilderung hab ich.
AZ
karnak hat geschrieben:augenzeuge hat geschrieben:Soweit ich es weiß, hatte Stiller, einen gefälschten Pass. Ihm fehlten nur die Ein- und Ausreisekarten. Und die fand er im Schrank der Sekretärin.
Ich kann aber nochmals nachlesen, sein Buch mit der Schilderung hab ich.
AZ
Auch das wäre mir schleierhaft, einen gefälschten Reisepass, was denn für einen, einen Bundesdeutschen , zu was das denn? Warum soll eine Geheimdienstbehörde der DDR nicht einen echten DDR Reisepass mit entsprechenden Visum haben?
augenzeuge hat geschrieben:An der Friedrichstraße benutzte ich dann den »Diensteingang« des Bahnhofs. Durch einen kurzen Druck auf einen seitlich angebrachten Klingelknopf machte ich mich bemerkbar. Der Vorhang im Dienstraum wurde beiseite gezogen, und ein Kopf mit Offiziersmütze kam zum Vorschein.
Ich hielt den Dienstausweis an die Glasscheibe. Ein Summen, und die Tür sprang auf. Der Raum dahinter war etwas größer. Rechts führte eine Treppe aufwärts zu den Räumen für das diensthabende MfSPersonal, das für die Grenzkontrollen eingesetzt war. Dort standen auch die Monitore, mit denen alle Bahnsteige überwacht wurden. Das wusste ich von Kollegen. Geradeaus ging es zu einer weiteren Tür ohne Klinke, hinter der schon der Transitteil des Bahnhofs lag, von dem aus die Züge in den Westen fuhren. An der linken Seite des Raumes stand ein Tresen, hinter dem ein Hauptmann in der Uniform der Grenztruppen saß, der jedoch ein Mitarbeiter unserer Hauptabteilung VI war. Von ihm hing jetzt alles ab. Ich legte Dienstauftrag, Dienstausweis, Grenzsonderausweis und den besonderen Reisepass vor. Der Hauptmann interessierte sich aber nur für den von mir ausgefüllten weißen Dienstauftrag. Er betrachtete das Papier eine Weile und fragte dann: »Und du meinst, dass der Dienstauftrag ordnungsgemäß ausgefüllt ist?«
Einen Moment stockte mir der Atem, aber ich antwortete möglichst locker: »Woher soll ich das wissen, die Sekretärin hat ihn ausgefüllt, und mein Leiter hat unterschrieben. Da müsste ja eigentlich alles seine Richtigkeit haben!« »Hat es nicht«, beharrte der Genosse Hauptmann. »Es gibt seit dem 1. Januar eine neue Dienstanweisung, dass auch der eigentliche Betreff eingetragen sein muss. Du willst doch anscheinend den Koffer aufgeben. Also muss vermerkt sein ›Eigene operative Arbeit‹ und in Klammern ›Gepäckschleuse‹!« Ich konterte: »Weißt du, unsere Sekretärin ist so dämlich, die braucht bestimmt bis zum nächsten Silvester, um das zu begreifen.« »Also gut«, kam es über den Tresen, »diesmal lass ich dich noch durch. Aber sag in deiner Abteilung Bescheid, damit es das nächste Mal ordentlich ist.« Er drückte den Ausreisestempel auf das Papier und gab mit einem Summen die Tür zum »Westteil« frei. Die wichtigste Hürde war genommen.
Als letztes Risiko blieben die Monitore. Ich steuerte die U-Bahn an, da diese unter West-Berliner Verwaltung stand und vom Süden West-Berlins nach Norden unter OstBerlin mit seinen »Geisterbahnhöfen« hindurchführte und nur hier in der Friedrichstraße auf östlichem Gebiet hielt. Die S-Bahn stand dagegen unter DDR-Kontrolle und schien mir zu riskant. Ich verbarg mich auf dem Bahnsteig, so gut es ging, hinter einem Stützpfeiler. Bis hierhin lief alles nach den Regeln des MfS, denn die Schleuser sollten sich hier unter die ankommenden Gäste mischen und dann mit diesen in Richtung Ausgang zurücklaufen, um dort in den Schließfächern etwas zu deponieren, das man vorgeblich auf dem Rückweg wieder mitnehmen wollte. In Wirklichkeit hatten aber die West-Agenten einen Zweitschlüssel für das entsprechende Fach und konnten sich so bei nächster Gelegenheit das für sie bereitgestellte Material abholen, ohne offiziell in die DDR einzureisen. Der nächste Zug fuhr in Richtung Norden, was mir sehr gelegen kam, denn ich wollte so schnell wie möglich zum Flughafen Tegel, um von dort auf direktem Weg nach München zu gelangen. Die Bahn kam pünktlich. Ich gesellte mich aber nicht zu den Ankommenden, sondern trat beim Abklingeln hinter meiner Säule hervor und stieg noch schnell vorn ins erste Abteil ein. Der Zug fuhr an. Wenn jetzt noch die Diensthabenden vom Bahnhof Friedrichstraße Alarm auslösten, könnte das nächste Signal auf Rot gesetzt werden, bevor die Bahn West-Berliner Territorium erreicht hatte. Doch der Zug bremste nur auf den zugemauerten »Geisterbahnhöfen« ab, fuhr aber weiter. Als er das erste Mal hielt, leuchtete mir das Schild »Reinickendorfer Straße« entgegen. Es war geschafft.
AZ
karnak hat geschrieben:Aber gut , so genau kann ich das nicht wissen, vielleicht gab es einen Grund dafür.
Echt ja, aber mit gefälschtem Namen etc.augenzeuge hat geschrieben: Warum soll eine Geheimdienstbehörde der DDR nicht einen echten DDR Reisepass mit entsprechenden Visum haben?
Ja.Kumpel hat geschrieben:Also war ''offiziell'' bei derartigen Aktionen gar nicht geplant , dass Stiller den Bahnhof überhaupt verlässt , sondern nur sein '' Gepäck'' in einem Schließfach deponiert und wieder zurück in die DDR geht?
Kumpel hat geschrieben:Eigentlich dachte ich sowas wurde vorher an den Kontrollstellen angekündigt , das muss ja ein reges Kommen und Gehen gewesen sein und die im Westen haben da einfach so zu geguckt?
Oder es gar nicht mitbekommen?
Kumpel hat geschrieben:Ich kenne ja die Örtlichkeiten nicht , aber man hätte Stiller auch noch aus dem Zug holen können.
Stiller hat geschrieben:Wenn jetzt noch die Diensthabenden vom Bahnhof Friedrichstraße Alarm auslösten, könnte das nächste Signal auf Rot gesetzt werden, bevor die Bahn West-Berliner Territorium erreicht hatte.
Vielleicht liefen auf dem "Ausreiseteil" des Bahnhofs Sicherheitskräfte Streife, die im Verdachtsfall den Pass verlangen konnten.Kumpel hat geschrieben:Einen Reisepass hätte man da eigentlich nicht gebraucht als Gepäckschleuser
karnak hat geschrieben:Na gut, dann eben auf Ost Territorium wo man faktisch im Westen war weil keine Kontrolle und damit kein Aufhalten mehr stattfand.
zonenhasser hat geschrieben:Vielleicht liefen auf dem "Ausreiseteil" des Bahnhofs Sicherheitskräfte Streife, die im Verdachtsfall den Pass verlangen konnten.Kumpel hat geschrieben:Einen Reisepass hätte man da eigentlich nicht gebraucht als Gepäckschleuser
Es ging nur um ein rotes Signal - auch auf freier Strecke hätte man die U-Bahn im Osten noch stoppen können.augenzeuge hat geschrieben:Und er vermutete, dass man die U-Bahn zum Anhalten auf einem Geisterbahnhof zwingen könnte.
Stiller hat geschrieben:Wenn jetzt noch die Diensthabenden vom Bahnhof Friedrichstraße Alarm auslösten, könnte das nächste Signal auf Rot gesetzt werden, bevor die Bahn West-Berliner Territorium erreicht hatte.
augenzeuge hat geschrieben:Ich hab eben noch mal einen Blick ins Buch geworfen, es ist aus heutiger Sicht extrem viel beim MfS schief gegangen.
AZ
andr.k hat geschrieben:Aus welchem Jahr ist das Buch?
andr.k hat geschrieben:augenzeuge hat geschrieben:Ich hab eben noch mal einen Blick ins Buch geworfen, es ist aus heutiger Sicht extrem viel beim MfS schief gegangen.
AZ
Aus welchem Jahr ist das Buch?
Edelknabe hat geschrieben:Der Kerl war doch vollkommen verrückt. Sozusagen ein potentieller Sexualselbstmörder. Ich stellte mir das gerade vor, jetzt mit fast 67 eine 25 jährige im Bett.Wahnsinn sowas. Du als alter Gaul besteigst eine blutjunge Stute...or nee Männer, kein Wunder das der Mann dann nicht mehr alt wurde.
Rainer Maria
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