Werner Stiller

Wie waren die politischen Systeme der beiden deutschen Staaten zur Zeit des Kalten Krieges? Wo waren die Unterschiede? Gab es Gemeinsamkeiten?
Wie wurde die Politik auf beiden Seiten vermittelt?

Re: Werner Stiller

Beitragvon Nostalgiker » 9. November 2011, 09:26

@AZ,

nach Deinem "Insiderwissen" muß es ja beim MfS und da wiederum speziell in der HVA zugegangen sein wie im Taubenschlag auf einem Marktplatz. Von Sicherheit keinerlei Spur.

Ich habe einige Zeit in einem Ministerium gearbeitet. Kein besonders sicherheitsrelevanter Bereich.
Jeder Mitarbeiter hatte für seine wichtigen Unterlagen einen Panzerschrank. Ansonsten gab es noch Stahlschränke mit Sicherheitsschlössern. Nach Beendigung der Dienstzeit mußten ausnahmslos alle Unterlagen verschlossen werden. Wenn ich meinen Schreibtisch für längere Zeit verließ hatten Unterlagen mit entsprechendem Vertraulichkeitsvermerk dort nichts zu suchen. Mit anderen Worten, vor dem Toilettengang mußte der Vorgang welcher mit VVS gekennzeichnet war im Panzerschrank verschwinden und der war immer geschlossen zu halten.

Unsere Diensträume waren über eine zentrale Tür zu erreichen. Das war den Baulichkeiten des Gebäudes geschuldet. Die Eingangstür war versiegelt. Das entsprechende Siegel hatten nicht alle Mitarbeiter. Solch ein Mitarbeiter mußte solange am Platz bleiben bis nach Feierabend alle die Räume verlassen hatten damit er abschließen und versiegeln konnte.
Der zentrale Schlüssel für unsere Räume wurde auch nicht jedem Mitarbeiter ausgehändigt, schon gar nicht einem Mitarbeiter einer anderen Abteilung.
Für den "persönlichen" Panzerschrank hatte jeder Mitarbeiter sein eigens Siegel welches natürlich nicht identisch war mit dem an der Eingangstür.

Ansonsten wurde das Gebäude Tag und Nacht von Felixen bewacht und außerhalb der Dienstzeit war ein betreten nur mit einer schriftlichen Anweisung möglich.

Wie gesagt kurz umrissen die Sicherheitsmodalitäten in einem ganz gewöhnlichem Ministerium.
Mein damaliger Dienstausweis berechtigte mich zum betreten aller anderen Ministerien und ähnlichen Einrichtungen. An der Pforte des MfS endete seine Befugnis.

Glaub einfach nicht alles was dieser sich wichtig machende Herr so erzählt.

Herrn M. Wolf habe ich nicht persönlich gesehen aber dafür Herrn Stoph und Herrn Schürer.
Daraus nun für mich eine persönliche Bekanntschaft zu konstruieren, das ich gar mit ihnen öfters an einem Tisch saß wäre wohl zuviel des guten.
Nur weil ich mal die gleiche Luft atmen durfte wie ein allgemein bekanntes Mitglied einer Führungsriege wertet mich in meiner "Wichtigkeit" nicht unbedingt auf.

In der heutigen Zeit habe ich mich auch schon mit Herrn Schäuble, Herrn Sauer, Herrn Wowereit und Herrn Riester in einem Raum aufgehalten.
Dreimal darst Du raten wo.
Bin ich jetzt gut mit ihnen bekannt, pflege ich gar persönlich, privaten Kontakt?

Gruß
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Re: Werner Stiller

Beitragvon Merkur » 9. November 2011, 10:08

augenzeuge hat geschrieben:Zunächst danke Merkur für dein Statement!

Dann informiere ich, der Outsider, dich mal darüber, dass Stiller einen Tag vor seiner Flucht noch Markus Wolf gesehen hat.....wo, das musst du rausfinden. Ein Tip: Es waren ne Menge anderer Leute dabei!!! [wink]

Leider wird noch heute versucht, jene Aussagen Stillers immer in Misskredit zu stellen, Zweifel zu sähen, letztlich kann man einen "Verräter" ja nicht glauben....nicht wahr? Und den Schaden seiner Flucht möglichst gering darzustellen. Komischerweise war man von Stiller kurz zuvor in der HVA so überzeugt, dass man ihn noch zum Parteisekretär wählte.... [flash]

AZ


Ja, er hat Markus Wolf auf dem "Feldherrenhügel" noch einmal im Rahmen einer Parteiveranstaltung der HV A gesehen und seinen Worten gelauscht. Das wars dann aber auch und ich würde daraus kein "kennen" ableiten wollen.
Das Stillers Aussagen angezweifelt werden ist sein eigenes Werk, was er mit dem Buch "Im Zentrum der Spionage" und Interviews geschaffen hat.
Selbstverständlich muss jeder seine individuelle Sicht bzw. Meinung haben und schreiben. Quelle: Augenzeuge.
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Re: Werner Stiller

Beitragvon Alfred » 9. November 2011, 10:32

AZ,

einige Anmerkungen.

Es gab in den verschiedenen Diensteinheiten einen Mitarbeiter der hatte immer eine Woche Schlüsseldienst. Dies bedeutete, dass er am MORGEN die Schlüssel der Abteilung bei der Lagegruppe gegen Unterschrift abholte. Richtig, jetzt hatte er die Schlüssel der Abteilung. Jedoch konnte er damit nichts anfangen, denn die Zimmer waren entweder versiegelt und wenn nicht hätte er zwar andere Zimmer betreten können, mehr aber auch nicht. Denn alle Unterlagen befanden sich entweder in einzeln petschierten Panzerschränken oder anderen versiegelten Schränken.

Papier oder anderes lag nicht rum, selbst Papierkörbe waren in den Panzerschrank einzuschließen.

Am Abend waren die Schlüssel in umgekehrter Richtung wieder abzugeben.

Kein MA hätte sich gewagt in ein anderes Zimmer zu gehen, weil es keinen Sinn machte und es viel zu leicht möglich gewesen wäre, dass dies auffällt.

Sonst kann ich mich Merkur nur anschließen.

Es geht nicht darum Stiller klein zu reden, aber man sollte sachlich bleiben. Das MfS war ein militärisches Organ, mit allem was man dazu brauchte.
Man konnte da nicht als Mitarbeiter einfach mal zu zum Leiter der HV A oder einen Stellvertreter gehen, da gab es einen Dienstweg, so wie dies auch heute sein sollte.
Schade das Nostalgiker gesperrt wurde ..... Meine Texte dürfen nur mit meiner schriftlichen Genehmigung weitere Verwendung finden
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Re: Werner Stiller

Beitragvon Merkur » 9. November 2011, 11:18

augenzeuge hat geschrieben: Leider wird noch heute versucht, jene Aussagen Stillers immer in Misskredit zu stellen, Zweifel zu sähen, letztlich kann man einen "Verräter" ja nicht glauben....nicht wahr? Und den Schaden seiner Flucht möglichst gering darzustellen. Komischerweise war man von Stiller kurz zuvor in der HVA so überzeugt, dass man ihn noch zum Parteisekretär wählte.... [flash]
Warum wusste Stiller in seiner Stellung weitaus mehr, als ihm bei strenger Anwendung der Regeln der Konspiration hätte bekannt sein dürfen? Wie sahen die Sicherheitsbestimmungen damals aus, bekam nicht nahezu jeder Mitarbeiter, der nach Dienstschluss noch einmal in sein Zimmer wollte, sogar die Schlüssel seiner gesamten Abteilung ausgehändigt? So professionell war die HVA damals nicht, wie heute gern gesagt wird. Soviel mal von einem, der das alles gar nicht wissen kann.
AZ


AZ, man sollte die Kirche wirklich mal im Dorf lassen. Wir alle wissen, dass es bei keinem Nachrichtendienst der Welt eine 100%tige Sicherheit geben kann. Selbst der von mir qualitativ hoch bewertete britische Nachrichtendienst hatte erhebliche Schlappen einstecken müssen. Erinnert sei nur an Kim Philby oder George Blake. Von anderen Diensten wie der CIA, dem BfV oder dem BND brauchen wir nicht reden, da die damalige Quellenlage des Ostens hinreichend bekannt ist.
Warum wusste Stiller mehr, als er wissen durfte ? Weil auch in einem Nachrichtendienst Menschen arbeiten, mit all ihren Schwächen und Neigungen. Da machte die HV A keine Ausnahme. Trotzdem schätze ich die HV A aufgrund verschiedener Faktoren als professionell arbeitenden Dienst ein. Darüber können wir gern gesondert diskutieren.
Der Fall Stiller war sicher eine Niederlage, aber keine die die WTA bzw. die HV A ins Wanken brachte. Die operative Arbeit im OG ging erfolgreich weiter und aus den Fehlern zog man entsprechende Lehren, die in der Verschärfung des Sicherheitsregimes im Dienstgebäude und bei der Einstellung/Einarbeitung neuer Kader ihren Ausdruck fanden..
Selbstverständlich muss jeder seine individuelle Sicht bzw. Meinung haben und schreiben. Quelle: Augenzeuge.
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Re: Werner Stiller

Beitragvon Sirius » 9. November 2011, 13:58

Alfred hat geschrieben:Papier oder anderes lag nicht rum, selbst Papierkörbe waren in den Panzerschrank einzuschließen.


Hallo Alfred,

wie sah es eigentlich mit Aktenvernichtern aus? Wie viele gab es bzw. wie viele Mitarbeiter kamen auf einen Aktenvernichter?
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Re: Werner Stiller

Beitragvon Alfred » 9. November 2011, 14:05

Kurze Frage kurze Antwort,

Aktenvernichter waren Mangelware, auf der anderen Seite war kein Bedarf.

Jeder Mitarbeiter hat nicht mehr benötigtes Schriftgut zerrrissen und dies kam in einen Papiersack,anschließend in den eigenen Panzerschrank.

Dann gab es eine zentrale Stelle im MfS wo dieses Papier vernichtet wurde.Der Mitarbeiter schnappe sich den Sack, ging zu dieser Vernichtungsstelle und dort wurde dieser Sack unter seiner Aufsicht in eine Papiermühle geschüttet, wo das Papier gemahlen und mit Wasser gemischt wurde. Heraus kam dann ein Papierbrei der in Abständen abtransportiert wurde.
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Re: Werner Stiller

Beitragvon Nostalgiker » 9. November 2011, 14:31

@Sirius,

da werde ich Dir mal mein Wissen mitteilen.
Aktenvernichter so wie wir sie heute kennen hatten wir nicht. Im Büro durften auch keine Akten vernichtet werden.
Im nachhinein ist es mir auch ein Rätsel was wir in die Papierkörbe geworfen haben.

Bei uns gab es einen zentralen Aktenvernichtungsbereich. Da mußte alles hingeschafft werden was vernichtet werden sollte. Hauptsächlich betraf das natürlich solche Dokumente die mit Geheimhaltungsstufen versehen waren.
Selbst von Entwürfen, wenn sie mit Maschine geschrieben wurden, mußte das benutzte Blaupapier oder Ormik abgegeben werden.
Das konnte man nicht einfach zerknüllen und in den Papierkorb werfen.
Wenn trotzdem etwas für den Papierkorb warwurde dieser Inhalt gesammelt und ebenfalls in dieser zentralen Stelle abgeben.

Selbst Kopierer waren ein Problem.

Bis '89 bewachte und verwaltete unsere Chefsekretärin den Kopierer. Wir hatten 86 oder 87 einen bekommen wie sie so ähnlich auch Heutzutage in Büros stehen.
Da konnte nichts unkontrolliert kopiert werden.

Die Sicherheitsvorschriften waren aus diversen Gründen schon sehr hoch.

Gruß
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Re: Werner Stiller

Beitragvon Interessierter » 9. November 2011, 15:10

Zitat Merkur:
Die operative Arbeit im OG ging erfolgreich weiter und aus den Fehlern zog man entsprechende Lehren, die in der Verschärfung des Sicherheitsregimes im Dienstgebäude und bei der Einstellung/Einarbeitung neuer Kader ihren Ausdruck fanden..


Wenn Stiller angeblich keine Lücken im Dienst nutzen konnte, dann muten solche Folgemaßnahmen aber schon merkwürdig und widersprüchlich an.
Wenn Sicherheitsmaßnahmen verschärft werden, sind dieses meistens Folgen entdeckter und auch ausgenutzter Sicherheitslücken.
Es ist schon erstaunlich an was man sich an alles genauestens erinnern kann und bei anderen Themen, das MfS betreffend ,große Gedächtnislücken hat.

[flash] [flash]
Interessierter
 

Re: Werner Stiller

Beitragvon Interessierter » 9. November 2011, 15:32

Sirius hat geschrieben:
Alfred hat geschrieben:Papier oder anderes lag nicht rum, selbst Papierkörbe waren in den Panzerschrank einzuschließen.


Hallo Alfred,

wie sah es eigentlich mit Aktenvernichtern aus? Wie viele gab es bzw. wie viele Mitarbeiter kamen auf einen Aktenvernichter?


@Nostalgiker
Die Frage war nach Aktenvernichtern beim MfS.
Da Du detailiert darauf antwortest: Ich zitiere:
@Sirius,

da werde ich Dir mal mein Wissen mitteilen.
Aktenvernichter so wie wir sie heute kennen hatten wir nicht. Im Büro durften auch keine Akten vernichtet werden.
Im nachhinein ist es mir auch ein Rätsel was wir in die Papierkörbe geworfen haben.

Bei uns gab es einen zentralen Aktenvernichtungsbereich.


stellt sich mir die Frage ob Du denn beim MfS beschäftigt warst oder wieso schreibst Du bei uns, wenn nach Aktenvernichtern des MfS gefragt war? Unabhängig davon, daß Deine Ausführungen teilweise identisch mit denen Alfreds sind.
Wenn nicht, frage ich mich woher Du denn Dein Wissen über Abläufe in den Diensträumen des Mfs nimmst ?

[ich auch] [ich auch]
Interessierter
 

Re: Werner Stiller

Beitragvon augenzeuge » 9. November 2011, 18:00

Als ein Stiller zu sprechen begann...., Überschrift in einem publizierten Werk (Wolfs Westspione) von 2 ehemaligen MfS-Vertrauten..... [blush]

http://www.blogsgesang.de/2010/11/05/ha ... teil-viii/
AZ

P.S. Warnung: ....nein, auch dieser Beitrag ist es nicht wert, dass er auf Nostis Monitor erscheint..... [grin]
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Re: Werner Stiller

Beitragvon Nostalgiker » 9. November 2011, 18:40

@Interessierter

ganz alleine für Dich!
Ich schrieb : Ich habe einige Zeit in einem Ministerium gearbeitet.

Du wirst es nicht fassen außer dem MfS gab es noch einige andere Ministerien in der DDR.
Desweiteren wirst Du es auch in das Reich der Legenden verweisen aber die Sicherheitsvorschriften waren in allen Ministerien ähnlich weil sie alle mit Dokumenten hantierten welche einer Geheimhaltungsstufe oder Sicherheitsstufe unterlagen und die Reglen und Vorschriften über den Umgang mit solchen Dokumenten waren flächendeckend. Da hat das MfS kein eigenes Süppchen gekocht, auch wenn dies außerhalb Deines Vorstellungsvermögen sein mag.
Wenn ich etwas grundsätzlich falsches über den Umgang mit vertraulichem/geheimen Schriftgut geschrieben hätte, ich denke Alfred oder Merkur hätten es korrigiert.

Gruß
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Re: Werner Stiller

Beitragvon Sirius » 9. November 2011, 18:41

Hallo Alfred und Nostalgiker,

Danke für Eure Antwort! Die Frage zur allgemeinen technischen Ausstattung, wie z.B. Fotokopierer, wollte ich auch noch stellen, aber das wurde ja jetzt schon beantwortet.

Hallo Interessierter,

ja, die Frage bezog sich eigentlich auf das MfS. Aber Berichte über Sicherheitsvorkehrungen in anderen Ministerien sind doch auch interessant. Ich habe Nostalgiker schon so verstanden, dass er die Antwort auf "sein" Ministerium, in dem er arbeitete, bezog und nicht auf das MfS. Er schrieb doch hier heute:

"Mein damaliger Dienstausweis berechtigte mich zum betreten aller anderen Ministerien und ähnlichen Einrichtungen. An der Pforte des MfS endete seine Befugnis."
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Re: Werner Stiller

Beitragvon Interessierter » 9. November 2011, 19:54

"Mein damaliger Dienstausweis berechtigte mich zum betreten aller anderen Ministerien und ähnlichen Einrichtungen. An der Pforte des MfS endete seine Befugnis."


Das hat Nostalgiker geschrieben?

[laugh] [laugh] [laugh]
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Re: Werner Stiller

Beitragvon augenzeuge » 9. November 2011, 20:02

Ja, heute früh.....Mi Nov 09, 2011 9:26 am [wink]
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Werner Stiller

Beitragvon HPA » 3. Februar 2013, 17:09

demnächst bei arte:http://www.arte.tv/de/programm/242,day=4,week=6,year=2013.html

"Der Agent" von Rudolph Herzog

Quelle: mz

BERLIN/DPA. Mit durchgeladener Pistole in der Tasche verlässt im Januar 1979 Stasi-Offizier Werner Stiller über den Grenzbahnhof Berlin-Friedrichstraße den Osten für immer. Den Passierschein hatte er sich in einer Nacht-und-Nebel-Aktion im Ministerium für Staatssicherheit selbst besorgt. Es seien heiße Minuten gewesen, sagt der heute 65-Jährige lässig in der Dokumentation „Der Verrat“, die am Dienstag (5. Februar) um 21.55 Uhr im Kulturkanal Arte zu sehen ist.
Stasi-Spionagekamera


Stiller sei nach Jahren der erste wichtige Überläufer gewesen, schätzt Historiker Helmut Müller-Enbergs in dem Film ein. Zum ersten Mal bekamen demnach die Geheimdienste BND und CIA tiefen Einblick in die Hauptverwaltung A (Auslandsgeheimdienst) des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). „Ein Triumph für den Westen“, sagt der Wissenschaftler.

Stillers Aufgabe, der schon als Student beim MfS anheuerte, war die Ausforschung westlicher Kernforschungsanlagen mit Hilfe westlicher Zuträger. Doch der ehrgeizige junge Mann spielte ein gefährliches Doppelspiel: er wurde Informant des Bundesnachrichtendienstes.

Für die Stasi war der Fall Stiller ein Desaster: Mit seinen massenhaft geschmuggelten, verfilmten Unterlagen aus der Stasi-Zentrale flogen West-Spione auf. Der einstige Doppelagent wurde von der DDR in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Heute lebt der Pensionär in Budapest.

Im 52-Minuten-Streifen von Rudolph Herzog werden etliche Originalschauplätze gezeigt, Zeitzeugen kommen zu Wort. Was Stiller, der später in den USA eine neue Identität bekam und Peter Fischer wurde, antrieb? Er nuschelt: „Es ging nicht um das bessere Leben... um Freiheit ja ... Ich kann es nicht akzeptieren, wenn mir jemand vorschreibt, was ich zu tun und zu denken haben - geht einfach nicht.“

Es präsentiert sich ein Mann mit bewegter Geschichte, der auch das Abenteuer und immer neue Frauen suchte, der seine Familie samt Kindern in der DDR zurückließ und als Banker in London Karriere machte. Doch es ist mehr Beschreibung als Reflexion deutsch-deutscher Geschichte.

Tiefgründiger und ehrlich äußert sich Helga, damalige Geliebte, Kellnerin aus Thüringen und Helferin von Stiller. Nach der geglückten Flucht in den Westen verließ er die junge Frau bald. Sie habe ihr Leben riskiert und dann mit niemandem mehr reden können, sagt sie rückblickend. Später glückte ihr neues Leben.

Eine Ungenauigkeit gibt es in der Dokumentation. Es ist von einem Treff in Ost-Berlin im Sommer 1979 die Rede. Zu dem Zeitpunkt war Stasi-Offizier Stiller aber längst weg.

Eine andere Folge von Stillers Flucht verdeutlicht Thomas Raufeisen. Sein Vater gehörte zu jenen DDR-Spionen im Westen, die nach Stillers Überlaufen noch von der Stasi gewarnt wurden. Der Ingenieur aus Hannover siedelte mit seiner Familie und dem 16-jährigen Thomas in die DDR über. „Alle waren unglücklich - Vater merkte, dass sein neues Leben nichts mit seinen Idealen zu tun hatte.“ Mehrere Fluchten der Familie zurück in den Westen missglückten. Der zu lebenslanger Haft verurteilte Vater stirbt im Gefängnis. Thomas sitzt drei Jahre, seine Mutter sieben Jahre Haft ab. Für ihn sei alles weggebrochen, sagt Raufeisen heute. Rund zwei Jahre nach Stillers Flucht vollstreckt die DDR das letzte Todesurteil. Dem Stasi-Hauptmann wurde Spionage und vorbereitete Fahnenflucht vorgeworfen. Tatsächlich wollte das SED-Regime laut Stasi-Unterlagen-Behörde nun ein Exempel statuieren.

http://www.mz-web.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&atype=ksArtikel&aid=1359714595033
Zuletzt geändert von HPA am 3. Februar 2013, 17:14, insgesamt 1-mal geändert.
HPA
 

Re: Werner Stiller

Beitragvon augenzeuge » 3. Februar 2013, 17:12

Danke! [super]
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Re: Werner Stiller

Beitragvon Neun » 3. Februar 2013, 23:41

Tatsächlich wollte das SED-Regime laut Stasi-Unterlagen-Behörde nun ein Exempel statuieren.


Das ist doch lachhaft.
Neun
 

Re: Werner Stiller

Beitragvon vs1400 » 4. Februar 2013, 01:20

Neun hat geschrieben:
Tatsächlich wollte das SED-Regime laut Stasi-Unterlagen-Behörde nun ein Exempel statuieren.


Das ist doch lachhaft.


hi Neun,
warum?
ohne aussage und die kann ich in deinem post nicht erkennen, hast du nur ne phrase abgelassen.
ich hoffe es bleibt nicht dabei.

gruß vs

ps: @ HPA, hätte ich doch fast vergessen, danke für den tipp. [super]
vs1400
 

Re: Werner Stiller

Beitragvon Neun » 4. Februar 2013, 06:13

Ganz einfach, denn wie kann etwas streng geheimgehaltenes dazu geeignet sein als abschreckendes Beispiel, als Exempel herzuhalten? Bei uns wurde noch nicht einmal allgemein über den Vorfall gesprochen, geschweige denn dieses Urteil und seine Vollstreckung thematisiert. Mir ist bisher auch kein MA bekannt der vor 1990 schon einmal von dem Fall gehört hätte.

Welche Abschreckung soll ein Exempel das niemand kennt nun haben? Siehste, genau das meine ich damit...
Neun
 

Re: Werner Stiller

Beitragvon karnak » 4. Februar 2013, 10:17

Neun hat geschrieben: Mir ist bisher auch kein MA bekannt der vor 1990 schon einmal von dem Fall gehört hätte.


Bist Du Dir da sicher?Ich möchte jetzt nicht meine Hand dafür ins Feuer legen,aber ich möchte behaupten der Name Stiller war ein Thema,unter anderen in Parteiveranstaltungen und dort als verabscheuungswürdige Person.Und auch im Bereich der Fahndung war er mit Name und Bild vertreten,wenn er sich auch mit Sicherheit nicht hätte blicken lassen.Und die Zugangsberechtigungen für entsprechende Personen auf die Güst wurden verschärft.
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Re: Werner Stiller

Beitragvon Sirius » 4. Februar 2013, 10:53

karnak hat geschrieben:
Neun hat geschrieben: Mir ist bisher auch kein MA bekannt der vor 1990 schon einmal von dem Fall gehört hätte.


Bist Du Dir da sicher?Ich möchte jetzt nicht meine Hand dafür ins Feuer legen,aber ich möchte behaupten der Name Stiller war ein Thema,unter anderen in Parteiveranstaltungen und dort als verabscheuungswürdige Person.Und auch im Bereich der Fahndung war er mit Name und Bild vertreten,wenn er sich auch mit Sicherheit nicht hätte blicken lassen.Und die Zugangsberechtigungen für entsprechende Personen auf die Güst wurden verschärft.


Bezog sich die "Exempeldiskussion" nicht auf Werner Teske? Der Name wurde in dem Zeitungsartikel nicht genannt, aber der Fall angedeutet, deshalb wohl die Verwechselung. Karnak, hattest Du vor 1990 jemals in Deinem beruflichen Umfeld von Werner Teske gehört?
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Re: Werner Stiller

Beitragvon Neun » 4. Februar 2013, 10:59

Richtig, ich bezog mich auf Teske. Nur dieser hätte ja als Exempel herhalten können, und auf diesen wird mit dem von mir zitierten Satz ja Bezug genommen.
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Re: Werner Stiller

Beitragvon karnak » 4. Februar 2013, 11:06

Hast Du recht,das ist der Zusammenhang.Und ich muss da Neun recht geben.Wenn die ganze Geschichte auch innerhalb des Mfs geheimgehalten wurde,wie ausgeführt,ist es natürlich Unsinn gleichzeitig zu behaupten,die Hinrichtung sollte Abschreckend im Mfs wirken.
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Re: Werner Stiller

Beitragvon SCORN » 4. Februar 2013, 16:21

die Tochter Stillers hat sich mit einer Co-Autorin im Buch "Verratene Kinder" zu ihrem Vater geäussert!

hier der Auszuge einer Rezension:
"Herr Stiller, Hauptamtlicher MA des MfS, flüchtet aus welchen Gründen auch immer in den Westen des geteilten Deutschlands, lässt seine Frau und 2 Kinder in seinem "alten" Leben zurück und beginnt im Westen mit Unterstützung des BND ein "neues". Diese Unterstützung bekommt er weil er etwas zu bieten hat: Unterlagen, Namen, Wissen über seine MfS "Kollegen", Agenten im Westen Deutschlands. Was Herrn Stiller offensichtlich völlig egal ist, nicht nur ER beginnt ein neues Leben, auch das Leben derjenigen die er verrät, das seiner Familie, das Leben der Familie Glocke und zahlreicher anderer verändert sich, nur dass ER der einzige ist der sich das so aussuchen konnte..."

unabhängig jeglichen Geheimdiensthindergrundes ist ein Mann der seine Frau und zwei minderjährige Kinder sitzen lässt ein moralischer Totalversager, um es einmal vornehm auszudrücken! Wusste er was er seinen Kinder angetan hat? Er wusste es mit Sicherheit ganz gnau und es war ihm gerade Sch... egal! Soviel zum Thema Stiller!

SCORN
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Re: Werner Stiller

Beitragvon Interessierter » 4. Februar 2013, 17:36

Scorn lass bloß Deine Moralkeule stecken ! Hast Du hier jemals danach gefragt was Kinder sagen und empfinden, wenn sie beispielsweise erfahren, daß ihr Vater einen unbewaffneten Menschen mit Schüssen in den Rücken an der Grenze getötet hat oder daß ihr Vater als Mitarbeiter des MfS Andersdenkende ins Zuchthaus brachte und sie mittels Zersetzungsmethoden psychisch zerstörte ?

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Re: Werner Stiller

Beitragvon karnak » 4. Februar 2013, 18:17

Bei aller Ernsthaftigkeit es Themas,die"Moralkeule"haben aber einige hinter der Tür stehen.Und ich habe in meinem bisherigen Leben schon so oft erleben müssen ,dass der Spruch von Brecht:"Erst kommt das Fressen,dann die Moral",mehr als wahr ist.
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Re: Werner Stiller

Beitragvon Edelknabe » 4. Februar 2013, 18:38

Ist schon schäbig, seine Kinder und Frau ohne Vorwarnung alleine zu lassen.In einem Staat, der bei solchen Aktionen absolut keinen Spass verstand, auch die nahen Verwandten dann eben nicht mit Samthandschuhen anfasste. Obwohl ich mir bei der Frau da nicht so sicher bin, sie wird wohl was gewusst haben. Das die Tochter sich heute mit ihrem Vater wieder..."so mal gelesen), also Hut ab vor dem Mädchen, nicht vor dem Vater.

Rainer-Maria wenn ich mir so vorstelle, ich hätte ohne jegliche Vorwarnung Frau und Tochter samt Schwiegereltern (standen mir damals näher wie Vater und Mutter) mit ner Flucht "beglückt", also ich weiß nicht? Dann in den Spiegel zu schauen wäre mir bestimmt sehr schwer gefallen. Sowas ist einfach schäbig, einen anderen besseren Begriff finde ich momentan nicht dafür.
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Re: Werner Stiller

Beitragvon SCORN » 4. Februar 2013, 18:49

Interessierter hat geschrieben:Scorn lass bloß Deine Moralkeule stecken ! Hast Du hier jemals danach gefragt was Kinder sagen und empfinden, wenn sie beispielsweise erfahren, daß ihr Vater einen unbewaffneten Menschen mit Schüssen in den Rücken an der Grenze getötet hat oder daß ihr Vater als Mitarbeiter des MfS Andersdenkende ins Zuchthaus brachte und sie mittels Zersetzungsmethoden psychisch zerstörte ?

" Der Interessierte "


Danke für diesen Beitrag "Desinteressierter" ! Besser und gründlicher hat hier noch kein zappelnder Affe seine Gedankewelt offengelegt ! Anstatt sich Gedanken über das zu machen was ich hinterfrage oder nicht, äussere dich zum Thema Stiller, der doch gewiss dein "Held" ist!
Ansonsten kannst du ja ein Thema eröffnen in welchem du andere angeifst für dass was sie noch nicht gefragt haben........ [grins]

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Re: Werner Stiller

Beitragvon augenzeuge » 4. Februar 2013, 19:03

Edelknabe hat geschrieben:Ist schon schäbig, seine Kinder und Frau ohne Vorwarnung alleine zu lassen.


Hatte er eine andere Chance am Ende? Nur die, so zu enden wie wenige Jahre später Herr Teske..... [angst]
Unter diesen Voraussetzungen wäre jeder gegangen.

Ich stelle mir nur die Frage, ob er bereits am Anfang, als er zum MfS kam, diese Gedanken hatte, oder ob sie sich erst durch seine MfS-Tätigkeit entwickelten...

AZ
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Re: Werner Stiller

Beitragvon lethale iniectio » 4. Februar 2013, 19:16

HPA hat geschrieben:Es präsentiert sich ein Mann mit bewegter Geschichte, der auch das Abenteuer und immer neue Frauen suchte, der seine Familie samt Kindern in der DDR zurückließ...
Tiefgründiger und ehrlich äußert sich Helga, damalige Geliebte, Kellnerin aus Thüringen und Helferin von Stiller. Nach der geglückten Flucht in den Westen verließ er die junge Frau bald. Sie habe ihr Leben riskiert und dann mit niemandem mehr reden können, sagt sie rückblickend. Später glückte ihr neues Leben.


Wenn ich das lese, dann war der "arme" Mann schon immer kein Kostverächter! [peinlich]

Moral...dieses Wort gab es in seinem Wortschatz bestimmt nicht, eher war er eine "Ich" bezogene Person und nur das zählte für ihn!!! [denken]
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