Der KommandeurFranz Benndorf diente fast 30 Jahre bei den Raketentruppen nahe Seeligstadt. Am 11. Mai
2014 führt
e er Interessierte zu Schauplätzen jener Zeit.
Von den Mauern blättert der Putz, von den Eisentoren der Rost. Fensterscheiben sind eingeworfen. Ein Stuhl liegt herrenlos im Gelände herum. Von militärischer Ordnung, wie sie einst hier mitten im Masseneiwald herrschte, keine Spur. „Die Gebäude können nur noch abgerissen und die Flächen rekultiviert werden“, sagt Franz Benndorf betroffen. Es ist das erste Mal seit über 20 Jahren, dass er den einstigen Militärstützpunkt der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR zwischen Seeligstadt und Großröhrsdorf besucht. Jahrzehntelang hatte dieser sein Leben geprägt.
Historischer Hintergrund des Frühlingsspazierganges ist die Militärgeschichte des Forstes. Ab 1960 war ein 360 Hektar großes Waldgebiet in der Massenei zum Sperrgebiet erklärt worden, um dort einen Militärstützpunkt einzurichten. Zur Sicherung des Luftraumes der DDR war Ende der 1950er-Jahre begonnen worden, Flugabwehrraketen, die Fla-Raketen, zu stationieren. Am 1. September 1963 wurde die Fla-Raketenabteilung 314 in der Massenei, eine Abteilung des in Straßgräbchen stationierten Fla-Raketenregimentes 31 „Jaroslaw Dombrowski“, in das diensthabende System (DHS) des Warschauer Vertrages der Ostblockländer übernommen.
Die Einheit war von nun an rund um die Uhr in Bereitschaft. Im Masseneiwald war ein Kasernenbereich mit Funktions- und Unterkunftsgebäuden errichtet worden. Ergänzt durch den eigentlichen Gefechtsstand am Kleinen Stern und einer Radaranlage nahe dem Schenkberg. Zur Bewaffnung wurden 36 Boden-Luft-Raketen bereitgestellt, die sich im Bunker, auf Transportfahrzeugen und Startrampen befanden. Bis zu 150 Soldaten und Offiziere versahen hier ihren Dienst. Und Franz Benndorf weiß, dass von der Massenei aus, wie von allen anderen dieser Einheiten in der DDR, niemals eine Rakete abgeschossen wurde. Der Ernstfall blieb den Soldaten und den Bürgern des Landes zum Glück erspart. Und Übungsschießen mit den Raketen wurden nur in der Sowjetunion durchgeführt.
Die Einrichtung der Fla-Raketenabteilung war ein gut funktionierendes, in sich geschlossenes Gebilde. Indes war man auf regionale Dienstleistungen angewiesen wie mit der täglichen Verpflegung oder der Arbeit von örtlichen Handwerkern. „Die Verbindung zur Bevölkerung wurde gesucht und genutzt“, erinnert sich der jetzt 74-jährige Franz Benndorf. Vorträge in Schulen, Betrieben und Einrichtungen oder Besichtigungen des Objektes wurden organisiert. Manche technische Hilfe konnten die Soldaten außerhalb der Kaserne leisten. Höhepunkte waren öffentliche Vereidigungen, denn auch in die Fla-Abteilung 314 wurden Wehrpflichtige einberufen, die dort die Grundausbildung erhielten.
Franz Benndorf führte die Einheit bis zum 30. August 1990. Wenige Wochen später, am 3. Oktober, dem Tag der deutschen Vereinigung, wurde sie von der Bundeswehr übernommen. Bei einem Treffen mit Angehörigen der Bundeswehr sagte einer der Übernahme-Offiziere: „Ein Glück, dass wir uns militärisch nie begegnet sind und damit einem Krieg aus dem Weg gingen.“ Aber Benndorfs Hoffnungen der Nachnutzung des Areals vielleicht für eine Ferienanlage, ein Altenheim oder ein Sanatorium erfüllten sich nicht. Nach 1992 wurden zeitweise Kriegsflüchtlinge und Asylbewerber untergebracht.
Dass die Sperrung des Masseneiwaldes bei den meisten Einwohnern in der Umgebung keine Freude auslöste, war verständlich. Spaziergänge waren nicht mehr möglich und auch die Pilzsucher mussten sich andere Gebiete suchen. Dennoch gab es Verwegene, die ihren Rotkappenstandort aufsuchten und in das militärische Sperrgebiet gingen, obwohl es verboten war. Wer dabei ertappt worden ist, wurde zur Wache gebracht. Dort wurden die Personalien aufgenommen und der zuständige Abschnittsbevollmächtigte der Volkspolizei (ABV) hinzugezogen. „Bestrafungen erfolgten nicht“, sagt Franz Benndorf. Und wahr ist auch, als einmal ein junger Mann völlig nackt vor der Wache stand. Die ganze Geschichte und noch mehr wird Franz Benndorf den Teilnehmern der „Frühlingswanderung“ erzählen.
Einige Fotos dazu findet man im nachstehenden Link:
https://www.saechsische.de/plus/der-kom ... 30194.html