Toni Krahl Ich wollte zur Schule und kam in den Stasi-Knast
Verfasst: 8. Oktober 2018, 07:39
Die heutige JVA für Frauen in Pankow war einst ein Knast der Stasi. Hier saß Toni Krahl von September bis Dezember 1968 als „Staatsfeind“.
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Kai Horstmann
Ich bin Toni Krahl, 66 Jahre alt, Berliner. Seit fünfzig Jahren ist die Musik mein Leben. Über vierzig Jahre stehe ich in der ersten Reihe von City. Wir haben in dieser Zeit mehrere tausend Konzerte gegeben. Ich habe Hunderte Gitarrensaiten zerfetzt, eine halbe Million Zigaretten verbrannt und ungefähr einen Hektoliter Feuerwasser vernichtet. Ich habe einige Achterbahnfahrten hinter mir, von denen ich hier erzählen will.
Sommerferien 1968. Am 21. August marschierten die Truppen des Warschauer Pakts in Prag ein, um den „Prager Frühling“ zu beenden. Ich tat eigentlich nur das, was ich meiner Meinung nach tun musste. Ich protestierte mit Freunden vor der sowjetischen Botschaft Unter den Linden. Dann traf die Polizei mit Mannschaftswagen ein. Was dann geschah, bekam ich nicht mehr mit. Denn wir sind sofort abgehauen.
Trotzdem war die Sache nicht gegessen. Ein Freund, der nicht dabei war, aber von der Sache wusste, erzählte alles seiner Mutter. Sie war eine stramme Genossin und behielt die Geschichte nicht für sich. Ich erhielt eine Vorladung zur „Klärung eines Sachverhaltes“. So ging ich am Freitag, dem 13. September, nicht in die Schule sondern in das Polizeipräsidium in der Keibelstraße. Was folgte, war ein Verhör bis in die Nacht, Haftbefehl, die Fahrt ins Stasi-Gefängnis Borkumstraße in Pankow.
Es ging dort grob zu, auch ziemlich militärisch. Erst einmal nackig machen, auch reingucken in den Neuankömmling, und ich bekam ’ne komische blau eingefärbte NVA-Uniform. Es war ein Knast, wie man ihn in alten Schwarz-Weiß-Filmen sieht, so Gänge, an denen auf einer Seite die Zellentüren liegen, auf der anderen Seite ein Lichtschacht, der über mehrere Etagen geht. In der Zelle fand ich zwei Pritschen, ein Stück Seife, Zahnbürste und -pasta und ein Handtuch. Dann krachte die Tür zu.
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