Die Polizei in der DDR

Wie waren die politischen Systeme der beiden deutschen Staaten zur Zeit des Kalten Krieges? Wo waren die Unterschiede? Gab es Gemeinsamkeiten?
Wie wurde die Politik auf beiden Seiten vermittelt?

Re: Die Polizei in der DDR

Beitragvon Interessierter » 1. Januar 2022, 10:33

"Sportfreund, Sie sind verhaftet!" - Wie DDR-Funktionäre in Velten ein Spiel manipulierten

Es war der wohl größte Skandal des Brandenburger Fußballs: Im Oktober 1984 entführten Ludwigsfelder Polizisten den Veltener Stürmer Rüdiger Uentz, um ein Spiel zu beeinflussen.

Spätestens als Rüdiger Uentz die Pistole sah, wusste er: Die Situation ist ernst. Der 64-Jährige erinnert sich im SPORTBUZZER an einen der größten Fußball-Skandale des einstigen Bezirkes Potsdam und der DDR. Es ist eine Geschichte über rücksichtslose Fußballfunktionäre, Polizeiwillkür, Staatssicherheit, eine falsche Verdächtigung und Machtlosigkeit.

Rüdiger Uentz wurde beim 1. FC Union Berlin groß. Der Angreifer hat das Talent von seinem Vater geerbt. Meinhard Uentz steht im Rang der Union-Legenden. 1968 gewann er mit den Köpenickern den FDGB-Pokal, im Finale gegen Carl Zeiss Jena verwandelte Uentz beim 2:1-Erfolg einen Strafstoß. Später ließ Uentz Senior seine Karriere unter anderem bei Stahl Finow in der zweitklassigen DDR-Liga ausklingen.

Dann zeigte der Leutnant seine Pistole

Selbst in der drittklassigen Bezirksliga verdienten die Kicker dank der Patenschaft großer Betriebe fürstlich. „Wir sind weit über dem normalen Verdienst bezahlt worden“, erzählt der gelernte Kabelmechaniker Uentz. Der Durchschnittsverdienst lag Mitte der 80er-Jahre bei gut 1000 DDR-Mark. Viele Fußballer bekamen deutlich mehr. Uentz: „Das konnte schon mal das doppelte Gehalt eines Werkdirektors sein. Fußballern in der 3. Liga ging es ähnlich gut wie in der ersten Liga.“ Trotzdem wollte Uentz hoch in die DDR-Liga. Dafür sah er bei Chemie Velten bessere Chancen und zog nach nur einem Jahr in Ludwigsfelde weiter. Trainer Gerd Stein und drei weitere Spieler wechselten zeitgleich von Ludwigsfelde nach Velten. Die Rivalität zwischen den Teams erreichte Explosionsgefahr.

Am 20. Oktober 1984 fand in Velten das Spitzenspiel zwischen der BSG Chemie und Motor Ludwigsfelde statt. Chemie führte die Tabelle mit einem Punkt Vorsprung auf Motor an. 1600 Zuschauer fieberten dem Topspiel an der Germendorfer Straße entgegen. Veltens Toptorjäger Rüdiger Uentz überlegte schon, wie er der Ludwigsfelder Deckung entwischen könnte. Plötzlich kamen ein Leutnant und ein Unterleutnant der Ludwigsfelder Automobilwerk-Dienststelle auf den Sportplatz. Sie sollten Uentz eigentlich vor dem Spiel in seiner Konzentration stören, doch sie trafen ihn nicht zuhause an.

Im Übereifer fuhren sie zum Sportplatz. „Sportfreund Uentz, Sie sind verhaftet!“ Die Worte des Leutnants wurden durch die demonstrativ gezeigte Pistole noch angsteinflößender. Es liege der Verdacht des Einbruchs und Diebstahls einer Wärmejacke am 3. Juni vor. „Ich war überrascht und sprachlos“, erinnert sich Uentz. „Aber ich hatte nichts zu befürchten, sie wollten mich nur aus dem Spiel nehmen.“ Er war sich sicher, dass es sich um ein Komplott der Ludwigsfelder Funktionäre handelt. Dennoch stieg Sorge in ihm auf. Seine Frau war schwanger. Stress wollte er ihr nicht zumuten.

Die Volkspolizisten fuhren Uentz zum Verhör nach Ludwigsfelde. Von dort aus ging es zu seiner Wohnung nach Berlin und zum Bungalow seiner Mutter in Schmachtenhagen (Oberhavel). Hausdurchsuchung. Gefunden wurde – nichts! Der vermeintliche Diebstahl einer Jacke gut drei Monate zuvor war nur ein Vorwand. Uentz: „Es war ein Racheakt von Ludwigsfelde gegen Velten, eine totale Willkür der Ludwigsfelder.“

Die Entführung kam unters Siegel der Verschwiegenheit


Eine halbe Stunde nach Spielende setzte die Polizei Uentz wieder in Velten ab. Sein Team hatte das Spiel mit 0:2 und die Tabellenführung verloren. Chemie Velten legte Protest und an mehreren Stellen Beschwerden ein. Alles wurde abgeblockt. Die Entführung kam unters Siegel der Verschwiegenheit. Der Abschlussbericht der Polizei wurde zur „Geheimen Verschlusssache“ erklärt. In Hennigsdorf sollen Stahl- und Walzwerker, ob der Allmacht der Organe, mit Streik gedroht haben. Die Wellen des Eklats schlugen sogar bis in die Bundesrepublik, die Westpresse berichtete. Die Bild-Zeitung schlagzeilte: „Vopos kassierten Stürmer! 0:2 – dann kam er wieder frei!“ Ein Reporter des Kicker rief bei Uentz zuhause an und wollte ihn zu einem Interview überreden. „Im Telefon hat es geknackt“, sagt Uentz. Er vermutet, er wurde abgehört. „Zum Glück habe ich abgesagt, wer weiß, was passiert wäre.“ Wenig später stand die Stasi vor seiner Tür und erteilte einen Maulkorb.

Erst nach der Wende traute er sich, darüber zu reden. Uentz wurde nie rehabilitiert. Der Skandal hat ihn lange beschäftigt. „Das war damals eine ganz grobe Nummer, wie man mit mir umgegangen ist.“ Heute könne er jedoch über die Episode schmunzeln. Seine sieben Jahre in Velten seien trotzdem „eine meiner besten sportlichen Zeiten“ gewesen. Allein in der Saison 84/85 erzielte er 24 Tore. Für den Aufstieg reichte es aber nicht. Velten wurde nur Dritter hinter Stahl Hennigsdorf. Bezirksmeister Ludwigsfelde verpasste den Sprung in die DDR-Liga in der Aufstiegsrunde. Vielleicht war es ein kleines bisschen Gerechtigkeit. Wenige Wochen nach dem „Fall Uentz“ tauchte die vermeintlich gestohlene Jacke im Kleiderschrank des Leiters der Kriminalstelle im Automobilwerk Ludwigsfelde auf. Es gab keine Indizien für einen Einbruch, die Spurensuche blieb ergebnislos.

https://www.sportbuzzer.de/artikel/rued ... wigsfelde/

Schon erschreckend wozu die Volkspolizei sich widerstandslos missbrauchen ließ..... [denken]
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Re: Die Polizei in der DDR

Beitragvon Interessierter » 11. Januar 2022, 10:34

Die „Volkspolizei“ und die DDR-Zuchthäuser – Dieter Winderlichs „humaner Strafvollzug“

Dieter Winderlich war begeisterter „Volkspolizist“ der ersten Stunde und eingefleischter Marxist-Leninist. Beide Überzeugungen vertritt der ehemalige Generalmajor und, nach Karl Maron und Friedrich Dickel, letzte Anführer der „Deutschen Volkspolizei“ noch heute. Man kann das nachlesen in einem Artikel, den er zum 65. Gründungstag der „Volkspolizei“, aus der später, als sie noch „Kasernierte Volkspolizei“ hieß, die „Deutsche Grenzpolizei“ als Vorläufer der DDR-Grenztruppen, das „Ministerium für Staatssicherheit“ und 1956 die „Nationale Volksarmee“ hervorgingen, am 1. Juli 2010 veröffentlicht hat. Dort schwärmte er von der „antifaschistischen Polizei des Volkes“, in der „junge Arbeiter und Bauern“ gedient hätten. Dass diese Polizeitruppe von 80 000 Mann auch eine gut ausgerüstete Bürgerkriegsarmee war, um Aufstände und Unruhen bei wachsender Unzufriedenheit des hinter der Mauer eingesperrten „Volkes“ niederzukämpfen, schreibt er nicht.

In der Zeitschrift „RotFuchs“, einem neostalinistischen Blättchen, das seit 1999 in Berlin erscheint, hat Dieter Winderlich im Februar dieses Jahres unter dem Titel „Was geschah in Hoheneck?“ klassenkämpferisch Stellung bezogen gegen die „Spiegel“-Dokumentation „Eingesperrt, um frei zu sein“, die am 14. November 2009 vom Fernsehsender „Vox“ ausgestrahlt wurde. Diese Dokumentation über Frauenschicksale im Zuchthaus Hoheneck, das hoch über der Stadt Stollberg/Erzgebirge liegt und seit 1950 unter Aufsicht der „Volkspolizei“ stand, war ein erschütternder Bericht darüber, wie politische Gefangene von einer ideologisierten Wachmannschaft behandelt wurden, bis sie schließlich nach Karl-Marx-Stadt auf den Kaßberg überführt und vom Westen „freigekauft“ wurden. Darüber gibt es eine ganze Reihe von Büchern wie Ulrich Schachts „Hohenecker Protokolle“ (1984), die Haftberichte Ellen Thiemanns „Stell dich mit den Schergen gut“ (1984)und Eva Maria Neumanns „Sie nahmen mir nicht nur die Freiheit“ (2008) sowie die von Dorothea Ebert mit ihrem Bruder Michael Proksch verfasste „Geschichte einer Republikflucht“ mit dem Titel „Und plötzlich waren wir Verbrecher“ (2010).

Dieter Winderlich kennt diese Bücher alle nicht, er will sie offensichtlich auch nicht kennen, denn die „Volkspolizei“ erscheint dort nicht gerade in einem günstigen Licht! Ein Buch freilich, so scheint es, hat er gelesen. Es trägt den Titel „Die bröckelnde Festung“ (2002) und wurde geschrieben von der Erfurter Autorin Gabriele Stötzer, Jahrgang 1953, die 1988/89 ein Jahr gesessen hat wegen „Staatsverleumdung“, davon sieben Monate in Hoheneck. Sofort nach der Haftentlassung 1989 ist sie nach Ostberlin zu Christa Wolf gefahren, wo sie der ahnungslosen Schriftstellerin ausführlich berichtete über die Zustände in DDR-Zuchthäusern wie Hoheneck. In ihrer Erzählung „Was bleibt“ (1990) hat Christa Wolf von dieser unerwarteten Begegnung erzählt.

Dieses Buch gefällt Dieter Winderlich, hier kann er ausführlich Stellen zitieren über das segensreiche Wirken der „Volkspolizei“ und ihre „humane“ Einstellung zu den Gefangenen: „In den Paketen ließ sie sich Parfüm, Zahnbürsten, Wimpernspiralen, Deostifte, Lidschatten und Schreibwaren schicken…Zum Sprecher wechselten Äpfel, Zitronen, Erdbeeren, Kirschen, Himbeeren über das Jahr hin zu Pampelmusen, Bananen und Apfelsinen“. Es mag sein, dass es im letzten DDR-Jahr, als der Untergang des Sozialismus absehbar war, solche Dinge gegeben hat. Schließlich hatten 1983 UNO-Kommissionen einige DDR-Haftanstalten besichtigt und erhebliche Mängel festgestellt, die dann beseitigt wurden, weil der SED-Staat nach internationaler Anerkennung lechzte. Dennoch blieben die Gefangenen für die Wachmannschaft „Staatsfeinde“, denen das Leben schwer gemacht wurde.

Dieter Winderlich, der im DDR-Innenministerium für die Überwachung des Strafvollzugs zuständig war, verschweigthärtere Schilderungen des Haftalltags in diesem Buch, die es selbstverständlich auch gibt. Weil er in einigen Textpassagen dieses „beeindruckenden Buches“ (Dieter Winderlich) den „humanen Strafvollzug“ angeblich bestätigt findet, stellt er alles in Abrede, was in der TV-Dokumentation von 2009 angeführt wird. Dass die Wasserzellen im Zuchthauskeller von Gabriele Stötzer nicht erwähnt werden, deren Existenz aber von anderen Gefangenen bestätigt wurde, ist für ihn Beweis genug, dass es sie nicht gab, jedenfalls nicht in der Funktion, aufsässige Gefangene zu bestrafen. Er argumentiert so: „…ist ein Nachbau und wurde für Filmaufnahmen über die Nazizeit geschaffen.“ Den Titel des Films freilich, der angeblich dort gedreht wurde, nennt er nicht, weil es ihn nicht gibt, abgesehen davon, dass sich eine solche Wasserzelle im DEFA-Studio in Potsdam-Babelsberg leichter und billiger hätte nachbauen lassen!

Noch unglaubwürdiger aber wird der “Genosse Generalmajor“, wenn er die politischen Gefangenen im DDR-Strafvollzug mit zwielichtigen SED-Kriminellen vergleicht wie Egon Krenz (1937), dem letzten Staatsratsvorsitzenden, und Klaus-Dieter Baumgarten (1931-2008), dem Anführer der DDR-Grenztruppen. Die waren wegen Totschlags (leider nicht wegen Mordes!) verhaftet und zu jeweils sechseinhalb Jahren verurteilt worden und nicht, weil sie einen politischen Witz („staatsfeindliche Hetze“) erzählt oder hatten „illegal“ ausreisen („Republikflucht“) wollen. Sie waren auch nicht, wie Egon Krenz, in einem, verglichen mit Hoheneck, Hotel mit eingeschränktem Ausgang untergebracht, sie wurden auch nicht vorzeitig begnadigt und schrieben dann keine weinerlichen Bücher über das erlittene “Unrecht“ wie Egon Krenz mit seinen „Gefängnis-Notizen“ (2009)!

https://www.tabularasamagazin.de/die-vo ... afvollzug/
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Re: Die Polizei in der DDR

Beitragvon Nostalgiker » 11. Januar 2022, 10:58

Ach ein 11 Jahre alter Artikel von einem ausgewiesenen Revanchisten welcher im September 1961 aus heiterem Himmel von den bösen Stasischergen in Leipzig auf dem Karl-Marx-Platz (sic!) natürlich völlig unschuldig verhaftet wurde und dann kam er für dreieinhalb Jahre in den Folterknast. Und das alles nur weil er in einer Studentenzeitung in der BRD kritische Artikel über die DDR veröffentlichte.
Klar das so Einer zig Jahre später völlig unvoreingenommen und objektiv Artikel über die DDR und da speziell über die VP verfasst.

Im Klüngel der Vertriebenen mischt er auch mit, es fragt sich bloß von wo wurde er vertrieben, von Berlin nach Coburg?

Das sind die Zeitzeugen die hier vorbehaltlos geliebt werden, egal welchen Mist sie über ihre "erlebte" Zeit fabrizieren.
Ich nehme zur Kenntnis, das ich einer Generation angehöre, deren Hoffnungen zusammengebrochen sind.
Aber damit sind diese Hoffnungen nicht erledigt. Stefan Hermlin

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Re: Die Polizei in der DDR

Beitragvon Dr. 213 » 11. Januar 2022, 12:23

Ha Wilfried, mal wieder voll getroffen.
Der sofort getriggerte Schmähbeitrag von unserem Hobby- Schnitzler ist wieder so etwas wie ein Qualitätsbeweis.

Der Begriff "Revanchisten" ist doch ein Kampfbegriff aus der Ecke der Redaktionen von ND und Aktuelle Kamera.
Da muss man schon einen ganz großen Beitrag zum Aufbau des Sozialismus geleistet haben,
wenn man heute immer noch mit solchem Vokabular der SED- Diktatur unterwegs ist.
Mittagessen in einer Bonzen- Kantine reicht dazu vermutlich nicht.

Wegen einer Schrift alleine wurde man auch in der DDR für gewöhnlich nicht langjährig eingesperrt.
Aber wenn man es darauf anlegte, konstruierte man sowas wie "ungesetzliche" Verbindungsaufnahme
und das waren in der Regel gleich mal Verbrechen.
Daher kommen die 3 Jahre Zwangsarbeit in den Giftküchen sozialistischer Strafvollzugseinrichtungen.

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Re: Die Polizei in der DDR

Beitragvon Nostalgiker » 11. Januar 2022, 14:16

Dottore, deine Fantasie ist wirklich abartig.
Solltest dich in Hollywood als Drehbuchschreiber bewerben.
Ich nehme zur Kenntnis, das ich einer Generation angehöre, deren Hoffnungen zusammengebrochen sind.
Aber damit sind diese Hoffnungen nicht erledigt. Stefan Hermlin

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Re: Die Polizei in der DDR

Beitragvon andr.k » 11. Januar 2022, 22:58

Interessierter hat geschrieben:Die „Volkspolizei“ und die DDR-Zuchthäuser – Dieter Winderlichs „humaner Strafvollzug“



Zum Buch:

Dieter Winderlich: Vom Strafvollzug zum letzten Chef der Volkspolizei - Keine gewöhnliche Generalslaufbahn

Um den Strafvollzug in der DDR ranken sich bis heute zahlreiche Mythen. Dieter Winderlich, Strafvollzugsbeamter, Stellvertreter des DDR-Innenministers und Generalmajor a. D., gewährt exklusiv tiefen Einblick in den Arbeitsalltag des DDR-Strafvollzugs und in seinen Aufstieg zum letzten Chef der Volkspolizei. Seine Arbeit war geprägt von ungebrochenem Modernisierungsstreben und beharrlichem Reformwillen – vor allem unter den schwierigen Bedingungen der Wendezeit, in der die DVP für einen friedlichen Ablauf sorgte. Fundiert und kritisch nimmt er deshalb das Rentenstrafrecht unter die Lupe, das viele ihrer Angehörigen zu den Verlierern des neuen Deutschlands macht.

Dieter Winderlich räumt auf mit grassierenden Vorurteilen gegenüber der Deutschen Volkspolizei und dem Strafvollzug der DDR und schreckt dabei nicht vor unbequemen Einsichten zurück. Ein außergewöhnlicher Mann mit keiner gewöhnlichen Karriere!

[hallo]
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Re: Die Polizei in der DDR

Beitragvon Grenzgänger » 7. Februar 2022, 17:28

Beim Lesen dieses und ähnlich gelagerter Threads sind mir einige Irrtümer aufgefallen. Es wurde beispielsweise geschrieben, " dass Volkspolizisten die den ständigen politischen Diskussionen entgehen wollten, zur Verkehrspolizei gingen."
Das ist nicht richtig! Die Aussage suggeriert, dass es sich bei der Verkehrspolizei, in den Augen der Führung, praktisch um einen "weniger wichtigen Dienstzweig" gehandelt hat. Weil sich die "Weißen Mäuse" nur um den Straßenverkehr gekümmert haben.
Erstens war die politische Beeinflussung in allen Dienstzweigen der VP gleich. Wobei es nirgends "ständige politische Diskussionen" gegeben hat. Irgendwann musste schließlich auch die alltägliche Polizeiarbeit absolviert werden.
Zweitens handelte es sich bei den Angehörigen der Verkehrspolizei um Spezialisten. Wer dort Dienst verrichtete, hatte in der Regel eine fundierte Ausbildung als KfZ-Schlosser oder in ähnlichen Berufen hinter sich. Es macht ja auch wenig Sinn, wenn jemand der einen Lada nicht von einem Porsche unterscheiden kann und von technischen Dingen wenig Ahnung hat, zur Verkehrspolizei geht. Das war in der DDR nicht anders als heute. Ansonsten wären Blamagen wohl vorprogrammiert gewesen. "Normale" Schutzpolizisten konnten also nicht einfach so, nur weil ihnen der Politunterricht " auf die Nerven ging", zur Verkehrspolizei wechseln. [wink]

Was mir sonst noch aufgefallen ist: Von manchen Schreibern wird mitunter zwischen Volkspolizei und Transportpolizei / Kriminalpolizei etc. unterschieden. Richtig ist, dass alle Polizisten in der DDR, egal ob sie nun grüne oder blaue Uniformen oder sportliche Anzüge trugen, um Volkspolizisten handelte.

Korrekterweise sah die Einteilung folgendermaßen aus:
Über allem stand, praktisch als Dachorganisation, das Ministerium des Innern (MdI). Zum MdI gehörten die Organe Volkspolizei, Strafvollzug und Feuerwehr.
Die Volkspolizei untergliederte sich in die Dienstzweige
- Schutzpolizei
- Verkehrspolizei
- Kriminalpolizei
- Transportpolizei
- Betriebsschutz
-Pass & Meldewesen

Ein Mordermittler war genauso Volkspolizist wie ein "Streifenhörnchen" oder der Pförtner vom Betriebsschutz. Die Bezeichnung Volkspolizist stellte allerdings auch über weite Strecken die einzige Gemeinsamkeit dieser Dienstzweige dar. Es gab in der DDR aber nur eine Polizei und nicht mehrere parallel nebeneinander agierende Polizeiorganisationen.
Die Transportpolizei stellte aufgrund ihrer spezifischen Zuständigkeiten und ihrer Aufgabenstellung, innerhalb der Volkspolizei eine Besonderheit dar. Sie gehörte dennoch zum Gefüge der Volkspolizei dazu. Für den Dienst in der Transportpolizei wurden übrigens vorwiegend Eisenbahner geworben. Schließlich mussten sich die künftigen Polizisten mit den Tücken ihres Einsatzgebietes, wie auch die Angehörigen der Verkehrspolizei, bestens auskennen. Zuweilen soll es zu Verstimmungen zwischen der Reichsbahn und der VP gekommen sein, weil diese junge Eisenbahner nach dem Wehrdienst für die Transportpolizei abwarb. Dabei dürfte der finanzielle Anreiz eine nicht unbedeutende Rolle gespielt haben.

Gruß an alle
Uwe
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Re: Die Polizei in der DDR

Beitragvon andr.k » 7. Februar 2022, 21:45

Grenzgänger hat geschrieben:Die Volkspolizei untergliederte sich in die Dienstzweige
- Schutzpolizei + inkl. Wasserschutzpolizei
- Verkehrspolizei
- Kriminalpolizei
- Transportpolizei
- Betriebsschutz
-Pass & Meldewesen


Kleine Ergänzung [wink]
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Re: Die Polizei in der DDR

Beitragvon Dr. 213 » 7. Februar 2022, 21:52

Das ist interessant Uwe, Danke!
Wohin wurden also deiner Meinung nach die "Nieten" in der VP abgeschoben? zum Betriebsschutz ?
Beim MfS, so wird es überliefert, schob man solche Mitarbeiter als Personal in die U- Haftanstalten des MfS ab.

Herzlichst
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Re: Die Polizei in der DDR

Beitragvon Grenzgänger » 7. Februar 2022, 22:07

andr.k hat geschrieben:
Grenzgänger hat geschrieben:Die Volkspolizei untergliederte sich in die Dienstzweige
- Schutzpolizei + inkl. Wasserschutzpolizei
- Verkehrspolizei
- Kriminalpolizei
- Transportpolizei
- Betriebsschutz
-Pass & Meldewesen


Kleine Ergänzung [wink]


Danke Andre
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Re: Die Polizei in der DDR

Beitragvon Grenzgänger » 8. Februar 2022, 00:27

Dr. 213 hat geschrieben:Das ist interessant Uwe, Danke!
Wohin wurden also deiner Meinung nach die "Nieten" in der VP abgeschoben? zum Betriebsschutz ?
Beim MfS, so wird es überliefert, schob man solche Mitarbeiter als Personal in die U- Haftanstalten des MfS ab.

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Bis 1989 mussten die Volkspolizeikreisämter immer wieder Personal nach Berlin, vorzugsweise zum "Wachkommando Missionsschutz", abordnen. Auf diese Art und Weise konnte man sich "unfähiger" oder "unbequemer" Mitarbeiter entledigen. Außerdem konnten diese " freiwilligen Abordnungen" gleich noch der vorgesetzten Dienststelle als Erfolg gemeldet werden.
Es gab auch Fälle, wo Polizisten nach einem oder mehreren Vorkommnissen, zum Strafvollzug "abgeschoben" wurden. Mir ist solch ein Fall bekannt. Der Mann wurde dort jedoch, nach weiteren Vorkommnissen, entlassen. Bezeichnenderweise hat er sich später als "politisches Opfer" dargestellt. Angeblich war er in den politischen Diskussionen zu "offen" gewesen, was den Vorgesetzten nicht gefiel. Wer ihn jedoch kannte, wusste, dass er einfach nur dämlich war.
Der Dienstzweig Betriebsschutz war sicherlich, vor allem bei jüngeren Polizisten, alles andere als beliebt. Aber den Betriebsschutz als Auffangbecken für "Pfeifen" pauschal zu diffamieren, wäre wohl arg vermessen.

Gruß Uwe
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Re: Die Polizei in der DDR

Beitragvon augenzeuge » 8. Februar 2022, 09:26

Angeblich war er in den politischen Diskussionen zu "offen" gewesen, was den Vorgesetzten nicht gefiel. Wer ihn jedoch kannte, wusste, dass er einfach nur dämlich war.

Das eine schließt das andere nicht nur möglicherweise ein, es bedingt ggf. sogar einander.
[grins]
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Re: Die Polizei in der DDR

Beitragvon Grenzgänger » 8. Februar 2022, 22:50

Nein. Das eine schließt das andere nicht aus. Es gab tatsächlich Volkspolizisten, die nach entsprechenden politischen Äußerungen einen "Karriereknick" erleben mussten. Ohne Zweifel. Aber in dem erwähnten konkreten Fall, lag das ein wenig anders. Ich habe ihn ja auch noch persönlich kennengelernt. Allerdings erst nach seiner Entlassung. Eigentlich ein netter gutmütiger Kerl. Aber eben auch kein Polizist. Nicht mal ein Volkspolizist. [flash]


Gruß an alle
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