Suizide DDR und Bundesrepublik

Suizide DDR und Bundesrepublik

Beitragvon Merkur » 21. November 2010, 19:51

Ich möchte einmal das Thema Suizide/Selbsttötungen in der DDR bzw. der Bundesrepublik/Westberlin aufgreifen.

Die Selbsttötung stellt eine mit einem Mindestgrad an Bewusstheit geplante und absichtlich vollzogene Beendigung des eigenen Lebens dar. Fälschlicherweise wird der Suizid umgagssprachlich oft als Selbtsmord oder Freitod bezeichnet. Für die Bezeichnung Selbstmord fehlen die für einen Mord erforderlichen Tatbestandsmerkmale aus einem verwerflichen Grund, auf verwerfliche Weise oder zu einem verwerflichen Zweck einen anderen Menschen zu töten. Der Begriff Freitod wird den gewaltigen inneren Zwängen, die einem Suizid zugrunde liegen nicht gerecht, weil eine freie Entscheidung nicht möglich ist.
Die Kriminalistik unterscheidet:

- den einfachen Suizid (der Suizident setzt seinem Leben ein Ende)
- den gemeinsamen Suizid (mindestens zwei Personen setzen ihrem Leben mit einem gemeinsamen Vorsatz ein Ende)
- den kombinierten Suizid (gleichzeitige Anwendung mehrerer Suizidarten, z. B. Öffnen der Pulsadern und Sturz in die Tiefe) und
- den erweiterten Suizid (Tötung einer anderen Person mit nachfolgender Selbsttötung).

In der DDR wurde über viele Jahre gleichbleibend ein Tötungsdelikt pro Jahr auf 100.000 Einwohner registriert. Das war ein sehr niedriger Stand. Die Zahl der vollendeten Suizide war wesentlich höher, ca. 3.500 im Jahr, was eine Häufigkeitsbelastung von 22 Suiziden auf 100.000 Einwohner ausmachte.
Stellt sich die Frage, warum die DDR eine relativ hohe/höhere Suizidrate als die Bundesrepublik hatte ? Was waren die (gesellschaftlichen) Ursachen ?
Im Vergleich dazu hatte die Bundesrepublik statistisch 19 Suizide auf 100.000 Einwohner. Negatives Spitzenniveau hatte Westberlin mit 33 Suiziden auf 100.000 Einwohner.

Ich freue mich auf eine lebendige Diskussion.
Selbstverständlich muss jeder seine individuelle Sicht bzw. Meinung haben und schreiben. Quelle: Augenzeuge.
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Re: Suizide DDR und Bundesrepublik

Beitragvon S51 » 21. November 2010, 20:11

Ich kann nicht mit Zahlen dienen aber meines Wissens war die Suizidrate auch in Mitteldeutschland, hier besonders im Erzgebirgsvorland relativ hoch. Und zwar bereits zu Adolf Zeiten, in der DDR und heute auch noch.
Ich kenne Mutmaßungen aus Zeiten der Offiziersschule, wo dies auf Mentalitäten (Schwermut) zurückgeführt wurde.

Allgemein war unsere Herangehensweise an so etwas ein wenig rustikal. "Reisende soll man nicht aufhalten" war keine seltene Sicht auf solche Vorgänge. Konnte man es verhindern, gut. Wenn nicht, hatte er/sie eben Pech. Viele von uns, ich auch, haben im Dienst die Erfahrung gemacht, dass zu viel Mitgefühl oder gar gezeigte Trauer sogar noch Nachahmer produzieren konnte oder die Situation verschlimmerte.
Außerdem belastet es einen mehr, wenn man dabei Gefühle zuläßt.
S51
 

Re: Suizide DDR und Bundesrepublik

Beitragvon Heldrasteiner » 21. November 2010, 20:31

Zu dem Thema habe ich gerade diese Buchvorstellung gefunden:
http://www.hardy.poko-online.com/wissen ... publik.pdf

Mich interessiert, wie sich die Suizidrate seit der Grenzöffnung in der ehemaligen DDR entwickelt hat. Und auch dazu fand ich einen Link:
http://www.springerlink.com/content/p4gfxc486xvbab23/
Heldrasteiner
 

Re: Suizide DDR und Bundesrepublik

Beitragvon CaptnDelta » 22. November 2010, 09:04

Hallo Merkur,

ein sehr interessantes Thema, in welches ich auch persoenliche Erfahrungen mit einbringen moechte. Muss dazu jedoch erst meine Gedanken noch ordnen.

Mit deiner Begriffsdefinition geh' ich mit. Interessanterweise hat man versucht, die Begriffe "self-murder" und "self-homicide" auch im englischen Sprachraum einzufuehren, wobei diese sich nach meiner Beobachtung nicht durchsetzen konnten. Hier spricht man m.M.n. ausschliesslich von 'suicide".
Merkur hat geschrieben:Die Kriminalistik unterscheidet:

- den einfachen Suizid (der Suizident setzt seinem Leben ein Ende)
- den gemeinsamen Suizid (mindestens zwei Personen setzen ihrem Leben mit einem gemeinsamen Vorsatz ein Ende)
- den kombinierten Suizid (gleichzeitige Anwendung mehrerer Suizidarten, z. B. Öffnen der Pulsadern und Sturz in die Tiefe) und
- den erweiterten Suizid (Tötung einer anderen Person mit nachfolgender Selbsttötung).

eine Frage: sind die folgenden eher juristische Begriffe, oder sollten die hier auch mit 'rein:
- assistierter Suizid
- Tod auf Verlangen

Den oben genannten Kategorien moechte ich die folgenden orthogonal dazustellen:
- (1) Suizid aufgrund medizinischer Probleme. Dabei sollte unterschieden werden zwischen
-- (1a) Suizid aufgrund medizinischer Probleme, welche den freien Willen einschraenken (Bi-polare Stoerungen, Depressionen), und
-- (1b) Suizid aufgrund medizinischer Probleme, bei welchem der freie Wille *nicht* eingeschraenkt ist (z.B. um Leiden/Schmerzen von Krebs im Endstadium zu umgehen).
- (2) Suizid aufgrund sozialer Probleme/Ereignisse, (z.B. Verlust eines nahestehenden Menschen, Statusverlust, Verlust des Arbeitsplatzes, etc)

Ich muss dazu die Quelle 'raussuchen, kann mich aber dran erinnern das (1) um ein vielfaches hoeher ist als (2), so das in der Bundesrepublik in den 90er Jahren ein Verhaeltniss von 85-90% (1) zu 10-15% (2) bestand. Es waere interessant, herauszufinden on dieses Verhaeltniss in der DDR aehnlich war.

Merkur hat geschrieben:In der DDR wurde über viele Jahre gleichbleibend ein Tötungsdelikt pro Jahr auf 100.000 Einwohner registriert. Das war ein sehr niedriger Stand. Die Zahl der vollendeten Suizide war wesentlich höher, ca. 3.500 im Jahr, was eine Häufigkeitsbelastung von 22 Suiziden auf 100.000 Einwohner ausmachte.
Stellt sich die Frage, warum die DDR eine relativ hohe/höhere Suizidrate als die Bundesrepublik hatte ? Was waren die (gesellschaftlichen) Ursachen ?
Im Vergleich dazu hatte die Bundesrepublik statistisch 19 Suizide auf 100.000 Einwohner. Negatives Spitzenniveau hatte Westberlin mit 33 Suiziden auf 100.000 Einwohner.

Um das Thema Westberlin vorwegzunehmen: Ich glaube das Gross-Staedte statistisch immer eine hoehere Suizidrate haben. Dazu auch vielleicht New-York City, Tokio oder Seoul vergleichen. Man sollte da nach meiner Meinung West-Berlin statistisch der Bundesrepublik zuschlagen.

Zu den Zahlen: Gibt's da vielleicht Daten ueber die zeitliche Entwicklung in beiden Staaten? Damit koennte man vielleicht auf ein paar Ursachen stossen. Ich hab' mal etwas gegoogelt, und folgendes ist mir in die Haende gefallen:

Bild
Zum ersten hat sich die Suizidalitaet Deutschlands entscheindend verringert, auf ca. 9 per 100.000, welches eine gute Entwicklung darstellt.

Bild
Zum anderen erscheint der Trend sowohl im Westen als auch im Osten gleichlaeufig (anscheinend im Osten sogar ein staerkerer Trend). Das Diagram zeigt absolute Daten.

Bild
Zum dritten ist es so das es auch im Westen Hochburgen gibt. So z.B. hat Bayern eine hoehere Suizidalitaet als die schon erwaehnten Laender Sachsen und Thueringen. Gebiete mit hoher "Schwermuetigkeit" gabs und gibts anscheinend auf beiden Seiten

Ich konnte allerdings nichts ueber die zeitliche Entwicklung in der DDR vs. BRD in den Jahren 1950-1990 finden. Vielleicht gibts dafuer entsprechendes Material? Ausserdem statistisches Material ueber das Verhaeltniss medizinisch begruendeter Suizide vs. Suizide die ihre Ursachen im sozialen Bereich hatten?

Ohne diesem vorzugreifen, zwei Ansaetze:
- Zum einen, nach meiner Einschaetzung war Alkoholismus in der DDR verbreiteter als in der Bundesrepublik. Suizid aufgrund von Alkoholismus (gerade in der chronischen Phase) ist eine der Varianten von (1a) oben. Um die Gruende fuer die hoehere Suizidalitaet in der DDR zu finden, muss man nach meiner Einschaetzung auch die Gruende fuer die staerkere Verbreitung von Alkoholismus finden.
- Zum anderen geben die meisten suizidalen Personen recht eindeutige Hilferufe ab, und nur nachdem diese ungehoert verhallen, wird die Tat umgesetzt. Koennte es sein das man da in der Bundesrepublik, trotz der vielzitierten "Ellenbogenmentalitaet", besser auf solche Zeichen achtete, und auch bessere Vorbereitungen (Telefonseelsorge, Suizidpakt) getroffen hatte?

Nur mal ein Start, vielleciht kann sich unser Mediziner Huf auch noch aeussern. Morgen noch mal ein Einzelbeispiel dazu.
-Th
..Totalitarianism does not mean that such regimes in fact exercise total control over their people, it means rather that such control is in their aspiration.
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Re: Suizide DDR und Bundesrepublik

Beitragvon Transitfahrer » 13. Januar 2011, 20:57

Hier gibt es Informationen über Suizid im Vergleich BRD/DDR http://www.suizidprophylaxe.de
Einfach links "Suizidstatistik" anklicken.

Gruß
Peter
Die Information ist wegen Quellengefährdung nur zur persönlichen Kenntnisnahme bestimmt.
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Re: Suizide DDR und Bundesrepublik

Beitragvon augenzeuge » 13. Januar 2011, 21:08

Das ist ja unglaublich. Warum gab es gerade in den 70er Jahren die meisten Fälle in der DDR?
War die damalige westdeutsche Gesellschaft die "Bessere"?
AZ
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
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Re: Suizide DDR und Bundesrepublik

Beitragvon manudave » 14. Januar 2011, 07:59

Nee - im Osten wurden Suizide auch manchmal nur als solche verkauft.
Warum kommt mir da nur der Name Matthias Domaschk in den Sinn...?

Nur mal nebenbei - ist natürlich KEINE Erklärung für die Statistik...
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Re: Suizide DDR und Bundesrepublik

Beitragvon Merkur » 14. Januar 2011, 11:37

augenzeuge hat geschrieben:Das ist ja unglaublich. Warum gab es gerade in den 70er Jahren die meisten Fälle in der DDR?
War die damalige westdeutsche Gesellschaft die "Bessere"?
AZ


Ach AZ, ich würde das Thema nicht ideologisch sondern praktisch und realistisch angehen.
Es ist nach meiner Auffassung so, dass in der Bundesrepublik viele Suizide nicht als solche erkannt wurden/werden. Bei unnatürlichen/unklaren Todesfällen wurde/wird die Kriminalpolizei am Ereignisort bzw. Fundort der Leiche tätig. Die Beamten führen eine Leichenschau durch, um sich einen ersten Eindruck von den Todesumständen zu machen. Die Rechtsnorm stellt der § 87 der StPO dar. Er unterstellt der Untersuchungsbehörde diagnostische Fähigkeiten zur objektiven Beurteilung äußerer Befunde an der Leiche. Stellt sich mir die Frage, wieviele Kriminalbeamte denn wirklich in der Lage sind, solche Befunde realistisch zu erheben ? Die kriminalpolizeiliche Leichenschau kann weder die ärztliche Leichenschau zur Feststellung der Todesursache bzw. eine rechtsmedizinische Befunderhebung zur beweissicheren Rekonstruktion ersetzen.
Eine Untersuchung der Universität Münster ergab beispielsweise, das nur 20 % der aufgefundenen Toten vollständig entkleidet werden. Was das für Folgen hat, kann sich sicher jeder vorstellen, daher gehe ich darauf nicht ein. Das gleiche betrifft das oft nicht durchgeführte umdrehen der Leiche.
Insgesamt gibt es in der Bundesrepublik bei Tötungsdelikten und Suiziden eine hohe Dunkelziffer. Rechtsmediziner beklagen seit Jahren eine hohe Fehlerquote bei der Todesursachendiagnostik. Daraus folgt, dass viele Tötungsdelikte unentdeckt bleiben und die tatsächliche Rate der vollendeten Suzide wesentlich höher ist, als es die Statistiken zum Ausdruck bringen.
In der DDR war die gesetzliche und praktische Situation eine andere. Die Leichenschauanordnung und die Leichenöffnungspraxis sowie die polizeiliche Untersuchungsqualität gewährleisteten, dass das Dunkelfeld zu nicht festgestellten Tötungsdelikten und Suiziden auf einem geringen Stand gehalten wurde. In der DDR wurden wesentlich mehr Autopsien vorgenommen als in der Bundesrepublik, was eine wesentlich präzisere Feststellung der wirklichen Todesursachen ermöglichte. Die Leichenschaugesetzgebung in der DDR war darauf ausgerichet, bei nicht natürlichen Todesfällen eine möglichst hohe Obduktionsrate zu erreichen. Wenn der Staatsanwalt auf die Anordnung einer gerichtlichen Leichenöffnung verzichtete, bestand die Möglichkeit einer Verwaltungssektion.
Durch die Bestimmungen zur Leichenschau und der praktizierten Obduktionspraxis in Verbindung mit einer hohen Qualität der kriminalistischen Untersuchungen unnatürlicher/verdächtiger Todesfälle war in der DDR das Erkennen eines Großteils der Suizide gewährleistet.
Ergebnis:
1. Die Suizidstatistiken der DDR sind deshalb höher, weil mehr Suzide als solche erkannt wurden.
2. Im Gegensatz dazu muss aufgrund der niedrigen Obduktionsrate in der Bundesrepublik ein beträchtliches Dunkelfeld angenommen werden.
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Re: Suizide DDR und Bundesrepublik

Beitragvon Merkur » 14. Januar 2011, 11:43

manudave hat geschrieben:Nee - im Osten wurden Suizide auch manchmal nur als solche verkauft.
Warum kommt mir da nur der Name Matthias Domaschk in den Sinn...?


Ein sehr sinnvoller Beitrag. Es begeistert mich, auf der Grundlage solcher Theorien über das Thema zu diskutieren.
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Re: Suizide DDR und Bundesrepublik

Beitragvon augenzeuge » 14. Januar 2011, 18:15

Interessant, Merkur. Du erklärst die Differenzen also nur mit geringer Obduktionsrate und unqualifizierter Arbeit bei der ersten Einschätzung. Mehr nicht.
Ich denke sehr wohl, dass ein gesellschaftlicher Hintergrund auch eine Rolle spielt. Dazu muss man aber den wahren Grund des Suizids erkennen.

Kannst du zu den Gründen Aussagen machen?

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Re: Suizide DDR und Bundesrepublik

Beitragvon Edelknabe » 14. Januar 2011, 19:19

Ich sehe schon Jörg, du wehrst dich mit Händen und Füssen. Du willst einfach nicht die Logik in Merkurs Aussage sehen, das eben der Staat DDR doch etwas akriebischer vorging als das doch lasche System Bundesrepublik, immer schon etwas halbherzig und labil.
Du möchtest doch die Waage unbedingt bei "Selbstmord aus gesellschaftlicher Unzufriedenheit"im Osten niedergehen sehen, es passt dir einfach nicht und in ideologischer Verblendung übersiehst du vielleicht, das Selbstmorde völlig gesellschaftsunabhängik sein könnten, weil eben der Mensch, wenn er einmal den Entschluss gefasst hat, das Seil über den Balken zu schmeißen und auf den Stuhl zu steigen...es ihm also völlig wurscht ist/war, ob er nun gerade in der DDR oder Westdeutschland wohnte.
Denn seine Gründe könnten doch im ganz persönlichen Umfeld oder Krankheiten gelegen haben/liegen? Weil, er ist nun mal schwach, der Mensch, er ist fehlbar und in bestimmten Situationen(übrigens selbst erlebt), da ist er nicht mehr Herr seiner sieben Sinne, da macht er Dinge, so wie einen Stuhl wegstoßen...das dumme ist nur, der Stuhl ist dann nicht mehr da...um wieder Halt im Leben zu finden.

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Re: Suizide DDR und Bundesrepublik

Beitragvon Merkur » 14. Januar 2011, 19:33

Natürlich haben Suizide entsprechende Hintergründe wie gesellschaftliche, persönliche usw. Mit meiner vorherigen Erläuterung wollte ich deutlich machen, dass sich die Zahlen so sehr nicht unterscheiden, wenn man hinter die Kulissen schaut.
In Ostberlin war es übrigens so, dass die meisten Suizide aus schweren Krankheiten heraus, insbesondere aus Angst vor Schmerzen und der Verschlechterung des Gesundheitszustandes begangen wurden. Das zweithäufigst verzeichnete Motiv waren psychische Krankheiten und an dritter Stelle standen Partnerschaftsprobleme.
Prozentual wesentlich mehr von Suiziden betroffen waren Stadtbezirke (Friedrichshain, Prenzlauer Berg) mit viel Altbausubstanz gegenüber den neuerrichteten Stadtbezirken (Marzahn, Hohenschönhausen und Hellersdorf).
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Re: Suizide DDR und Bundesrepublik

Beitragvon augenzeuge » 14. Januar 2011, 20:07

Blödsinn, Rainer, ich wehre mich nicht. Ich erkenne Merkurs These an, hinterfrage aber, weil ich es interessant finde. Der Unterschied war mir nur zu krass, um so einfach erklärt werden zu können. Ein Verblendeter ist einfach zufriedenzustellen....ich nunmal nicht.

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Re: Suizide DDR und Bundesrepublik

Beitragvon Edelknabe » 14. Januar 2011, 21:25

Dann sind wir auf dem richtigen Dampfer Jörg, du Steuerbord und ich Backbord und in der Mitte, da steht der Mensch mit all seinen Sorgen und Nöten, wir sind so eine Art Beobachter und er windet sich ob seiner Probleme, seiner persönlichen Probleme und er rennt mal nach Steuerbord(um über Bord zu springen) und er rennt mal nach Backbord(desgl, er will auch da springen) und auf einmal wählt er das Heck, er springt also in den Strudel der Schiffsschraube und wir stehen atemlos ob seiner Entscheidung...während er immer kleiner wird, denn "der Dampfer Gesellschaft"...ich nenne ihn mal so, dieser verdammte Dampfer denkt überhaupt nicht daran, die Fahrt zu verlangsamen...so oft wir auch rufen"Mann über Bord", es ist ihm Scheißegal(entschuldigt, ich wähle das Wort so gerne, weil es so direkt wirkt).
Jörg, irgendwann schreib ich mal ein Buch, da kommt nix von Selbstmord oder vor, da steht die Hoffnung, der Optimismus, die Kraft an sich selber zu glauben aber auch voll auf dem Einband...denn heute, wenn ich mal so bei Hugendubel blättere,(Ausnahmen könnten vorkommen) da scheint die Welt nur noch unterzugehen?
Was soll denn das, sollen sich hier Alle das Leben nehmen oder was?

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Re: Suizide DDR und Bundesrepublik

Beitragvon augenzeuge » 15. Januar 2011, 13:36

Eine Ergänzung:

Generell gebe es ein "gewisses Ost-West-Gefälle". Während sich in Russland und den baltischen Staaten 40 Menschen pro 100 000 Einwohnern selbst töteten, liege diese Zahl in den Niederlanden bei 8, erläutert der ehemalige Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention im ddp-Interview.

In Deutschland weisen die höchsten Suizidraten Erhebungen zufolge Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt auf, die niedrigsten Werte Nordrhein-Westfalen, Saarland und Hessen. Bei den Großstädten melden Hamburg und Bremen die meisten Freitode.

"Deshalb ist es auch nicht gerade überraschend, dass in der DDR die Selbsttötungsrate im Durchschnitt um 50 Prozent höher lag als in der Bundesrepublik", sagt der Leipziger Historiker Udo Grashoff im ddp-Interview. In Ostdeutschland wählten jährlich etwa 5000 bis 6000 Menschen den Freitod und damit durchschnittlich 30 pro 100 000 Einwohner. In Westen habe diese Zahl bei 20 gelegen. Damit nahm dem Wissenschaftler zufolge die DDR seit ihrem Bestehen im weltweiten Vergleich der Selbsttötungsraten einen Spitzenplatz ein.
http://www.lichtblick99.de/ticker2236_06.html

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Re: Suizide DDR und Bundesrepublik

Beitragvon Edelknabe » 15. Januar 2011, 19:03

Jörg, jetzt könnte wieder ein geborener DDR-Bürger einflechten:"Dafür haben wir aber auch mehr Kinder gezeugt, damals in der DDR, haben also ausgeglichen zu Denen, die doch aus ganz eigenen Gründen meinten, unsere schöne Welt zu verlassen".
Es wird halt geboren und gestorben, wenn auch hier im Fred durch eigene Hand...der ganz normale Lauf der Dinge, denn auch Selbstmord gehört zum Leben wie das Amen in der Kirche.

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Re: Suizide DDR und Bundesrepublik

Beitragvon schwarzescho » 13. März 2011, 21:18

Zu DDR -zeiten gab es nicht soviele Suizide,vieleicht 2 oder 3 in 20 Jahren.
Nach der Wende haben sich bei uns, schon 15 Leute in den 20 Jahren umgebracht, und wir sind ein Dorf mit 500 Einwohnern.

[shocked]
schwarzescho
 

Re: Suizide DDR und Bundesrepublik

Beitragvon augenzeuge » 13. März 2011, 22:25

schwarzescho hat geschrieben:Zu DDR -zeiten gab es nicht soviele Suizide,vieleicht 2 oder 3 in 20 Jahren.
Nach der Wende haben sich bei uns, schon 15 Leute in den 20 Jahren umgebracht, und wir sind ein Dorf mit 500 Einwohnern.

[shocked]


Die Ausnahme bestätigt die Regel...allerdings war die Rate sicher eh stadtlastig.... [wink]
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Re: Suizide DDR und Bundesrepublik

Beitragvon augenzeuge » 1. Juni 2011, 22:24

"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
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Re: Suizide DDR und Bundesrepublik

Beitragvon SkinnyTrucky » 3. Juni 2011, 07:14

ABV hat geschrieben:Na ja Rainer, ob der Selbstmord tatsächlich zum Leben gehört, möchte ich bezweifeln. Sicher, für manche ist er die einzige Lösung, um einer schmerzhaften, unheilbaren Krankheit zu entkommen. Aber in den anderen Fällen ist vorher gehörig viel schiefgelaufen, bis es soweit gekommen ist. In vielen Fällen wäre solch ein Schritt nicht nötig gewesen, wenn man das Umfeld vorher wach geworden wäre.


Gruß an alle [hallo]
Uwe


Also, ich hab vor, wenn es echt nich mehr geht, mein Leben selbst zu beenden....dazu habe ich bereits eine Möglichkeit....

....ich will später nich zu Tode siechen....wenn der Zeitpunkt gekommen ist Abschied zu nehmen...ala, heut ist ein schöner Tag zum Sterben, dann tu ich das dann auch....allerdings halte ich mir diese Möglichkeit auch wirklich als letztes Mittel offen....wie gesagt, wenn es wirklich nich anders mehr geht....

....und die Möglichkeit, die ich da habe, wird sich so gestalten, das es aussieht, als sei ich sehr friedlich eingeschlafen.....

....so, und hoffendlich denkt jetzt keiner das ich lebensmüde bin.....ich häng schon am Leben....irgendwie bin ich auch froh, das ich die Möglichkeit auch erst seit 3 Jahren habe, denn vor knappen 10 Jahren hatte ich mal einen Selbstmordversuch auf andere Weise unternommen, dabei wurde ich aber nach 2 Tagen wieder wach...hätte ich damals die Methode schon gehabt, so wäre ich heute garantiert nicht mehr hier....denn die Methode ist sehr sicher....

....damals hatte ich auch ein riesen Problem, was ich aber nach dem Versuch konsequent gelöst habe....wie gesagt, heut hänge ich am Leben und ich kann mittlerweile drübber sprechen, was ich damals vorhatte....der Versuch damals war absoluter Blödsinn, aber naja, ich war auch dermassen in einer Sackgasse, psychisch absolut unten....aber auch in solchen Situationen findet sich immer ein Weg wieder nach oben....

....nur wenn ich mal alt bin, wie gesagt, dann hab ich halt eine Möglichkeit human aus dem Leben zu gehen...aber dahin ist hoffendlich noch sehr viel Zeit....

groetjes uit Genova

Mara
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Re: Suizide DDR und Bundesrepublik

Beitragvon Edelknabe » 3. Juni 2011, 07:52

Ich finde die Idee nicht schlecht Mara, jetzt mal ganz ohne Humor und weil ich sonst immer verschiedenes nicht so Ernst nehme. Also, du bist ja noch jünger wie meine Wenigkeit...wir haben also noch etwas Zeit.Jetzt wird erstmal gelebt und wenns soweit ist sag mir Bescheid, damit deine Idee nicht ausstirbt.

Rainer-Maria und ein Hoch auf das Leben.
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Re: Suizide DDR und Bundesrepublik

Beitragvon SkinnyTrucky » 3. Juni 2011, 08:13

Ja Rainer Maria....ein Hoch auf das Leben....wir haben nur das eine, und damit muß man sehr sparsam umgehen.....

.....und klar erläuter ich dir gerne die Möglichkeit...aber dann mal bei einem Treffen....ich bin mir sicher, das diese Möglichkeit dir gefallen wird....und ich gib dir Brief und Siegel, das es die humanste Methode ist, die man bedenken kann....

.....und nee, lebensmüden Menschen, die noch voll im Saft stehen, denen werd ich es wohl kaum erzählen....halt nur solchen, wie du, die damit sehr erwachsen umgehen und keinen Blödsinn machen....

Grüsse aus Genua

Mara
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Re: Suizide DDR und Bundesrepublik

Beitragvon Berliner » 4. Juni 2011, 13:57

Hallo Rainer-Maria, vielen Dank. [rose]

Edelknabe hat geschrieben:Es wird halt geboren und gestorben, wenn auch hier im Fred durch eigene Hand...der ganz normale Lauf der Dinge, denn auch Selbstmord gehört zum Leben wie das Amen in der Kirche.

die Grundlage ist einfach, dass das Leben wertvoll ist, egal was die aeussere Erscheinung oder die momentane Lage aussagt. Ich verstehe Dich schon, aber es gibt immer Hoffnung und die sollte man nie wegwerfen. [frown]

Berliner [hallo]
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Talent kann es nicht - nichts ist verbreiteter als erfolglose Maenner mit Talent.
Genie kann es nicht - unbelohntes Genie ist nahezu ein Sprichwort.
Ausbildung kann es nicht - Die Welt ist voll von ausgebildeten Obdachlosen.


Beharrlichkeit und Ausdauer alleine sind allmaechtig.


-Calvin Coolidge
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Re: Suizide DDR und Bundesrepublik

Beitragvon Thomas 1948 » 4. Juni 2011, 16:03

Wer sich unbedingt selber umbringen will, dann soll er es machen, es gibt 100000 Möglichkeiten.
Was aber ein Verbrechen ist, damit andere Personen auch umbringen, wie im Wohnhaus den Gashahn aufdrehen oder als Geisterfahrer aufreten.
Thomas
Thomas 1948
 

Re: Suizide DDR und Bundesrepublik

Beitragvon Luchs » 4. Juni 2011, 16:16

thomas lindner hat geschrieben:Wer sich unbedingt selber umbringen will, dann soll er es machen, es gibt 100000 Möglichkeiten.
Was aber ein Verbrechen ist, damit andere Personen auch umbringen, wie im Wohnhaus den Gashahn aufdrehen oder als Geisterfahrer aufreten.
Thomas


Oder sich vor einen Zug werfen. Das ist gegenüber dem Lokführer das scheußlichste, was man machen kann. Da sitzen teilweise junge Leute, die ihr Arbeitsleben noch vor sich haben. Nicht dass es ältere Lokführer weniger anfällig wären, aber einem jungen Menschen kann das schon viele Jahre mehr, ihres Berufslebens versauen.
Viele Grüße [hallo]
Micha
Politik ist nicht die Lösung, Politik ist das Problem.
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Re: Suizide DDR und Bundesrepublik

Beitragvon Berliner » 5. Juni 2011, 18:04

thomas lindner hat geschrieben:Wer sich unbedingt selber umbringen will, dann soll er es machen, es gibt 100000 Möglichkeiten.
Was aber ein Verbrechen ist, damit andere Personen auch umbringen, wie im Wohnhaus den Gashahn aufdrehen oder als Geisterfahrer aufreten.


Luchs hat geschrieben:Oder sich vor einen Zug werfen. Das ist gegenüber dem Lokführer das scheußlichste, was man machen kann. Da sitzen teilweise junge Leute, die ihr Arbeitsleben noch vor sich haben. Nicht dass es ältere Lokführer weniger anfällig wären, aber einem jungen Menschen kann das schon viele Jahre mehr, ihres Berufslebens versauen.


deswegen denke ich, dass Selbstmord im Grunde eine selbstsuechtige Tat ist. Man darf nicht vergessen, dass unser Leben einen Wert hat und, dass andere uns brauchen.

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Re: Suizide DDR und Bundesrepublik

Beitragvon augenzeuge » 5. Juni 2011, 18:08

Berliner hat geschrieben:Man darf nicht vergessen, dass unser Leben einen Wert hat und, dass andere uns brauchen.

Berliner [hallo]


Genau, Duane. Aber genau dieser Wert ist denjenigen wohl verloren gegangen... [denken]
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Re: Suizide DDR und Bundesrepublik

Beitragvon Interessierter » 8. August 2012, 09:58

Selbstmorde nach der Wende Die Toten der friedlichen Revolution

Die Mauer fiel ohne einen Schuss - und in Berlin stieg die emotionalste Party der deutschen Geschichte. Doch nach dem Fest gab es die ersten Toten des unblutigen Umsturzes: Stasi-Mitarbeiter und SED-Funktionäre nahmen sich das Leben. Ihr Schicksal wurde lange verschwiegen und ist umstritten - waren die Toten Opfer der Einheit?

Sven Bauer, der in Wirklichkeit anders heißt, ist schon seit einer ganzen Weile mit seiner Arbeit bei der Staatssicherheit unzufrieden. Der ruhige und zurückhaltende Mann fühlt sich überflüssig. Seine Vorgesetzten, so erzählt er seiner Frau, behandeln ihn wie eine Nummer, die man hin und her schieben könne. Seine Arbeitsergebnisse würden kaum gewürdigt. Er muss abends ein paar Bier trinken, um überhaupt einschlafen zu können.

An diesem 8. November geht es dem langjährigen SED-Mitglied besonders schlecht. Dass es mit dem "Arbeiter- und Bauernstaat" zu Ende geht, liegt förmlich in der Luft. Und jetzt auch noch Probleme mit seiner Frau! Sie hat ihm am Vorabend erklärt, dass sie ihn verlassen wolle - und die Papiere schon besorgt. Bauer vermutet, dass sie kalte Füße bekommen hat, weil er für den ostdeutschen Geheimdienst arbeitet. Schließlich weiß in diesen Tagen niemand, ob es für seinen Arbeitsplatz noch eine Zukunft gibt.

Dreieinhalb Stunden später wird Bauers Büro von seinem Vorgesetzen per Generalschlüssel geöffnet: Der Hauptmann war stundenlang nicht ans Telefon gegangen. Niemand hatte ihn gesehen. Als die drei Stasi-Offiziere das Dienstzimmer 212 betreten, finden sie den Hauptmann - aufgehängt an einem Heizungsrohr. Auf dem Schreibtisch liegt ein Abschiedsbrief: "Es braucht mich niemand mehr." Explizit politische Gründe nennt Bauer zwar nicht - doch seine Verzweiflungstat dürfte auch durch die Zuspitzung der politischen Lage beschleunigt worden sein.

Der Tod von Hauptmann Bauer blieb daher kein Einzelfall. Allein im thüringischen Suhl begingen zur Wendezeit mehrere DDR-Funktionäre Suizid. Nur einen Tag nach dem Mauerfall erschoss sich ein Grenzaufklärer. Als die Bürgerbewegung Anfang Dezember 1989 den Gebäudekomplex der Bezirksverwaltung der Staatssicherheit in Suhl belagerte, kam es zu einem weiteren Suizid: Während der Belagerung des Gebäudekomplexes durch 3000 Demonstranten erschoss sich ein Mitarbeiter der Stasi.


Die existentiellen Lebenskrisen begannen oft schon Monate vor dem Mauerfall. SED-Funktionäre verloren schleichend ihre Macht und standen im Herbst 1989 plötzlich vor der ungewohnten Situation, einen echten Dialog mit der Bevölkerung führen zu müssen. Dabei wurden sie wüst attackiert und beschimpft. Sie mussten sich gegen Vorwürfe wehren, die möglicherweise außerhalb ihrer Verantwortung lagen. In der aufgeheizten Stimmung gab es keinen Platz mehr für Differenzierungen: Die staatlichen Mitarbeiter wurden zur Zielscheibe lang unterdrückter Wut.

Von einem der Stasi-Mitarbeiter wurde bekannt, dass er nach einem "Bürgerforum" ziellos in seiner Wohnung herumlief und erklärte, er könne sich draußen nicht mehr blicken lassen. Ihn beschlich das Gefühl, von den eigenen Leuten fallengelassen zu werden. Er suchte Trost im Alkohol. "Mutti, ich hab mein Leben gelebt", sagte er seiner Frau. Am nächsten Morgen erschoss er sich.

http://einestages.spiegel.de/static/top ... ution.html
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Re: Suizide DDR und Bundesrepublik

Beitragvon augenzeuge » 8. August 2012, 17:40

Interessierter hat geschrieben: Selbstmorde nach der Wende Die Toten der friedlichen Revolution

Allein im thüringischen Suhl begingen zur Wendezeit mehrere DDR-Funktionäre Suizid. Nur einen Tag nach dem Mauerfall erschoss sich ein Grenzaufklärer. Als die Bürgerbewegung Anfang Dezember 1989 den Gebäudekomplex der Bezirksverwaltung der Staatssicherheit in Suhl belagerte, kam es zu einem weiteren Suizid: Während der Belagerung des Gebäudekomplexes durch 3000 Demonstranten erschoss sich ein Mitarbeiter der Stasi.


Kann es sein, dass die Ursachen unterschiedlich waren? Auch wenn ich nicht mehr gebraucht würde, muss ich mich nicht umbringen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Fall der Mauer so schnell den Grenzaufklärer zum Suicid bewegt hat.
AZ
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Re: Suizide DDR und Bundesrepublik

Beitragvon Merkur » 8. August 2012, 20:18

augenzeuge hat geschrieben: Kann es sein, dass die Ursachen unterschiedlich waren?
AZ



Ganz sicher waren sie das. Mir sind einige wenige Fälle von Ende 1989/Anfang 1990 bekannt, wo Mitarbeiter des MfS Suizid begangen haben.
Da das Untersuchungsorgan des MfS die Suizide innerhalb des Organs zu klären hatte, sind mir eine Reihe von Fällen und auch die Zahlen bekannt. Es lässt sich sagen, dass es trotz umfangreicher und vorbeugender Maßnahmen in der Kaderarbeit mit suizidgefährdeten bzw. Suizidabsichten bekundenden Angehörigen, immer wieder zu Selbsttötungen kam. In den 1980er Jahren gab es ca. zehn Suizide von hauptamtlichen Mitarbeitern im Jahr. Auffällig hoch waren dabei die Suizide in den Einheiten, welche Wach- und Sicherungsdienst versahen. Dementsprechend wurde die Mehrzahl der Suizide in Dienstobjekten mittels Schusswaffe begangen.
Motive waren familiäre Probleme, gesundheitliche Probleme oder Konfliktsituationen.
Selbstverständlich muss jeder seine individuelle Sicht bzw. Meinung haben und schreiben. Quelle: Augenzeuge.
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