von Rainman2 » 4. August 2011, 18:58
Hallo LEGO!
Das ist genau das Problem. Viele von uns, mich eingeschlossen, haben überhaupt nicht oder nur eingeschränkt über die Situation einer Festnahme nachgedacht. Es gab einen Algorithmus, der wurde im Ausbildunsregiment oder an der Offiziershochschule trainiert und das war es. Der Rest war Hoffen, dass man nicht inse Situation kommt. Dem kam zugute, dass an der Grünen Grenze die Chance sehr hoch war, dass diese Situation NICHT eintritt. Die Tatsache, dass es im Abschnit unserer Kompanie zu zwei Fluchtversuchen in sechs Wochen kam, war schon eine große Seltenheit.
Man kann also mit Fug und Recht sagen, dass die Grenzsoldaten im Falle eines Fluchtversuches nur eine Handlungsanleitung hatten und die lief nicht darauf hinaus, das Gewissen zu befragen. Der Rest sind Stress, Angt, etwas falsch zu machen, der Wunsch, das zu tun, was von einem erwartet wird. Es war also in erster Linie nicht die politische Indoktrination, sondern der Mangel an Handlungsalternativen. Und wir als Vorgesetzte? Wir taten das, was wir für richtig hielten, bildeten die befohlene Handlungsweise alternativlos aus, untersetzten das ganze mit politischer Bildung und Information und hofften auch, wenn wir denn mal drüber nachdachten, dass der Einsatz der Schusswaffe in unserem Abschnitt nicht nötig würde.
Diese Prinzip des Funktionierens im System ist für mich eigentlich auch der universelle Teil der Sache, den es näher zu untersuchen gälte. Ist ein Soldat in solch einem politisierten Sytem überzeugt von der Richtigkeit seines Handelns, ist es halt gut für das System. Ist er es nicht, funktioniert aber, ist es auch gut für das System. Soldaten, die in letztere Falle laufen, finden sich dann meist auf der Seite derer wieder, die behaupten, sie hätten auf Befehl gehandelt. In Wirklichkeit lief das Ganze viel subtiler ab. Ich gestehe, dass es mich stört, dass dieser Mechanismus in der ganzen Reduzierung der Diskussion über einen wie auch immer gearteten Schießbefehl untergeht. Was die Sache mit dem Schießbefehl gemeinsam hätte, wäre der Ausgabgspunkt: Es war seitens der Partei-, Staats- und Militärführung gewollt, dass die Grenzsicherung auch den Einsatz Dr Schusswaffe vorsieht und dies wurde über alle entsprechenden Hierarchien durchgesetzt. Die dazu tatsächlich angewandte Methode liegt aber jenseits einfacher Befehlsstrukturen und auch jenseits bloßer politischer Indoktrnation. Hier wäre aber genau der Ansatz für die Frage: Was lässt sich daraus lernen? Der Ansatz: Die waren alle böse und das war so von Oben befohlen, verhilft uns nicht zu einer nutzbringenden und sinnvollen Antwort.
Ciao Rainman