Es dunkelt schon, als sich Andreas H. am 14. November 1979 gegen halb sechs Uhr abends der Berliner Mauer nähert. Von Falkenhöhe aus, einem gegenüber dem Spandauer Forst gelegenen Ortsteil von Falkensee, läuft er ohne zu zögern auf die Grenzanlagen zu. Mit schnellen Handgriffen löst er drei Verriegelungen einer Tür in dem Streckmetallzaun. Er schlüpft hindurch, verschließt das Tor wieder und geht in westlicher Richtung weiter, bis der Zaun rechts von ihm von einer Grenzmauer abgelöst wird. Nach weiteren 100 Metern macht die Mauer einen rechtwinkligen Knick in nördlicher Richtung. Geradeaus versperren Stacheldrahtrollen, die auf drei Pfählen gelagert sind, den Weg.
Wie er es sich eingeprägt hat, überklettert H. diese alte Grenzsperre. Leicht gebückt huscht er nun durch einen 15 Meter breiten Geländestreifen, der mit Kuschelfichten bewachsen ist. Dahinter liegt ein Weg, der parallel zu den Grenzanlagen führte. Er gehört bereits zu Westberliner Gebiet, die Polizei nutzt ihn als Streifenweg. Andreas H. schaut vorsichtig nach rechts und links, aber niemand ist zu sehen. Zügig überquert er den Weg. Schräg vor ihm links beginnt die Radelandstraße. Er ist in Westberlin, im Bezirk Spandau.
Einzelkämpfer des MfS
Sollte es so einfach gewesen sein, zu Mauerzeiten die bestbewachte Grenze Europas zu überwinden, ohne entdeckt zu werden? Ja, vorausgesetzt man war wie Andreas H. ein Spezialagent der Stasi. Der 1959 geborene H. alias IM „Achim Helbig“, dessen Stasi-Akte in großen Teilen erhalten geblieben ist und in der sich auch der Bericht über seinen heimlichen Grenzübertritt im November 1979 befindet, war ein Einzelkämpfer des MfS.
Hier erfährt man weitere Details:
https://www.berliner-zeitung.de/mensch- ... d-li.48068