An der Berliner Kiefholzstraße trennte die Mauer 40 Jahre lang Kleingartenkolonien. Als die Mauer gefallen war, blieb die Grenze zwischen den Gärten trotzdem bestehen
Die Kiefholzstraße in Treptow ist eine schnurgerade Achse mit Blick auf den Fernsehturm, typisch für Berliner Magistralen außerhalb der Innerstadt. In der Nähe der S-Bahnstation Plänterwald erstrecken sich zu beiden Seiten Schrebergärten. Rechts der Straße liegen die „Neuköllnische Wiesen“, „Stadtbär“, „Freiheit“ und „Stolz von Rixdorf“. Links die Kleingartenanlagen (KGA) „Fortuna“, „Am Mississippi“ und „Am Heidekampgraben“. Vor 20 Jahren führte die Mauer hier entlang. Man könnte sagen, dass sich die Lauben, Teiche und Blumenbeete links der Allee in der Hand von Arbeitern und Bauern befanden, während die Beete rechts der Straße dem Klassenfeind gehörten. Man könnte auch sagen, dass in den „Neuköllnischen Wiesen“ und beim „Stadtbär“ der freie Bürger sein Unkraut jätete, während „Am Mississippi“ die Bürger eines Unrechtstaats ihre Primeln pflanzten.
„Das sind doch alles Stasileute da drüben, die leiden alle unter Verfolgungswahn und schließen sogar tagsüber ihre Gärten ab. Mit denen bekommt man überhaupt keinen Kontakt.“, sagt das Ehepaar K. wie aus der Pistole geschossen. „Wer hatte denn sonst direkt an der Mauer ’nen Garten.“ Herr und Frau K., die seit dreißig Jahren in der westlichen Anlage „Freiheit“ eine Parzelle bewirtschaften, stehen hinter einem hohen Zaun, der ihren gepflegten Garten vom Hauptweg trennt.
https://www.freitag.de/autoren/der-frei ... orene-ruhe
Surreale Idylle in der Neuköllner Schrebergarten-Kolonie »Freiheit«, die von ihrem Ost-Berliner Pendant namens »Mississippi« durch die Mauer getrennt war. Immer wieder erhielten die Kleingärtner Besuch durch patrouillierende NVA- und US-Soldaten. Siehe auch Torsten Hilscher, Schrebergärtners verlorene Ruhe, in: Freitag, 8.10.2009.
(Foto: Harald Thierlein, 1986)
AZ