Susanne Muhle: Auftrag Menschenraub

Bücher, die nicht in den Bereich politische Systeme oder Grenze gehören.

Susanne Muhle: Auftrag Menschenraub

Beitragvon augenzeuge » 11. November 2016, 23:17

Wer wie Beethoven noch ein spannendes Weihnachtsgeschenk sucht, für den habe ich was. [super]

Im Buch geht es nicht nur um Entführungen, auch Mordversuche des MfS werden beleuchtet.

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Die Studie analysiert die Methoden und Funktion der Entführungspraxis des MfS und fragt nach den Entführten sowie den Entführern.

Bis heute ist in der Öffentlichkeit kaum bekannt, dass die DDR-Staatssicherheit in den 1950er und 1960er Jahren etwa 400 Menschen aus West-Berlin und der Bundesrepublik entführen ließ. Viele kehrten erst nach Monaten oder Jahren zurück, für manche gab es keine Rückkehr. Die Methoden des MfS reichten dabei von perfiden Täuschungen bis zu brutalen Überfällen auf offener Straße. Auf Grundlage von umfangreichem Archivmaterial beleuchtet die Studie dieses weitgehend unbekannte Kapitel der deutschen Teilung. Sie leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Gewalt- und Täterforschung.

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Re: Susanne Muhle: Auftrag Menschenraub

Beitragvon Interessierter » 3. Januar 2017, 11:39

Die Aktionen der Stasi im Westen: erpresst, entführt, ermordet

Eine neue Studie offenbart das ganze Ausmaß von Stasi-Entführungen in der Bundesrepublik: Hunderte Menschen verschwanden während der deutschen Teilung in DDR-Haft. Doch das war nur eine von vielen Methoden der Staatssicherheit. Ihre Mitarbeiter überwachten, erpressten – und schreckten auch vor Mord nicht zurück.

Bevor Otto Krüger am Abend dieses 1. Dezember 1954 die San-Francisco-Bar verlässt, bestellt er sich noch einen letzten Drink an der Bar. Eine fatale Entscheidung, wie er schon kurz darauf merkt. Erst versagen Krüger die Beine, dann verliert er das Bewusstsein. Zuletzt spürt er, wie sich jemand bei ihm unterhakt, ihn in ein Taxi bugsiert. Später, am Ende einer langen Fahrt durch das geteilte Berlin, findet er sich in einer Haftanstalt im Osten der Stadt wieder. Krügers vermeintliches Verbrechen: Der ehemalige SED-Funktionär war aus der DDR in den Westen geflohen.

Entführt von Mitarbeitern der Stasi – der Fall Otto Krüger ist nur einer von vielen, die Susanne Muhle in ihrer neuen Studie auf mehr als 600 Seiten beschreibt. Das Werk erscheint dieser Tage ( 2015 ) unter dem Titel "Auftrag: Menschenraub" und zeigt, wie das Ministerium für Staatssicherheit der DDR (MfS) gezielt West-Berliner und Bundesbürger entführen ließ. Muhle konnte dafür die Namen von rund 400 Menschen zusammentragen, die in den Jahren 1949 bis 1989 entführt wurden. Die Autorin überraschte selbst, wie schnell die Stasi eingriff: "Manchmal reichte ein Verdacht schon aus", erzählt sie.

Nach Gründen suchte die Behörde nicht lange: Verdächtig waren Männer und Frauen, die aus der DDR in den Westen geflohen waren – vor allem wenn sie zuvor der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), der Volkspolizei oder gar dem MfS selbst angehört hatten; Bürger, die für antikommunistische Organisationen oder westliche Geheimdienste aktiv waren; Journalisten, die das Unrecht der DDR anprangerten; kurzum: Menschen, die sich gegen den Osten engagierten Die Entführten verschwanden für Tage, Wochen, Monate oder Jahre in DDR-Haft – manche kehrten nie zurück.

In rund 240 Fällen verschleppte die Stasi die Menschen direkt auf DDR-Gebiet. "Sie wurden zuvor unter einem Vorwand in die DDR gelockt, etwa mit einem fingierten Telegramm, dass dort ein Familienangehöriger verunglückt sei", erklärt Muhle. In etwa 100 Fällen griff die Staatssicherheit hingegen gewaltsam im Westen ein: "Die Stasi plante detailliert und bereitete die Aktionen akribisch vor. Ihre Inoffiziellen Mitarbeiter (IM) waren nicht nur ein Rädchen im Getriebe, sondern hatten durchaus Handlungsspielraum und machten mitunter sogar selbst Vorschläge für Entführungen." Manchmal überwachten die IM eine Person gar über Jahre, spionierten ihr Umfeld aus – und schlugen dann zu.

Mordanschläge mit Bomben, Scharfschützen und Giften

So schonungslos dieses Vorgehen der Stasi klingt, es war nicht die drastischste Maßnahme, um die Macht des Staates zu sichern. Denn dafür schreckte sie nicht einmal vor Mord zurück. Das zeigen Aktenfunde im Archiv der Stasi-Unterlagen-Behörde (BStU). Zwar reichen die Beweise aus juristischer Sicht bisher nicht aus, um der Staatssicherheit eine abgeschlossene Ermordung im Westen nachzuweisen. Doch die Dokumente zeugen von detaillierten Plänen und gescheiterten Mordversuchen.

Um die "ideologischen Feinde" – ehemalige Mitarbeiter, Fluchthelfer oder politische Dissidenten – zu beseitigen, waren der Stasi viele Mittel recht. Drei Mal versuchte sie, den Fluchthelfer Wolfgang Welsch umzubringen. Nachdem schon eine Bombe und ein Scharfschütze gescheitert waren, mischt ein Stasi-Mann bei einem Israel-Urlaub 1981 das giftige Schwermetall Thallium unter die Buletten der Familie. Mehrere Wochen kämpft Welsch gegen den Tod, dann steht fest, dass er die Vergiftung überlebt. Nur ein Jahr später entgeht auch Kay Mierendorff nur knapp einem Anschlag. Er hatte ebenfalls hunderte Menschen aus der DDR in den Westen geschleust. Die Stasi schickt ihm deshalb 1982 eine Briefbombe – Mierendorff und seine Frau überleben schwer verletzt.

https://web.de/magazine/politik/aktione ... t-30544352
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Re: Susanne Muhle: Auftrag Menschenraub

Beitragvon augenzeuge » 3. Januar 2017, 17:48

Interessierter hat geschrieben:Die Aktionen der Stasi im Westen: erpresst, entführt, ermordet

Ist ja [angst] . Gab es denn sowas im bösen Kapitalismus gar nicht? [denken] Warum nicht?

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Re: Susanne Muhle: Auftrag Menschenraub

Beitragvon Nostalgiker » 3. Januar 2017, 18:01

Die Frage als solche ist falsch gestellt.
Ich nehme zur Kenntnis, das ich einer Generation angehöre, deren Hoffnungen zusammengebrochen sind.
Aber damit sind diese Hoffnungen nicht erledigt. Stefan Hermlin

Freiheit ist nur ein anderes Wort dafür, dass man nichts zu verlieren hat. Janis Joplin

Psychologen haben herausgefunden, dass Menschen, die immer bei anderen auf die Rechtschreibfehler hinweisen, eine Persönlichkeitsstörung haben und unzufrieden mit ihrem Leben sind. Netzfund
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Re: Susanne Muhle: Auftrag Menschenraub

Beitragvon augenzeuge » 3. Januar 2017, 18:51

Nostalgiker hat geschrieben:Die Frage als solche ist falsch gestellt.


Wieso kann ich nicht fragen, warum man nicht die gleichen Maßnahmen einleitete? Ich denk, dass ist legitim.
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Re: Susanne Muhle: Auftrag Menschenraub

Beitragvon Merkur » 26. März 2017, 18:57

augenzeuge hat geschrieben:Wer wie Beethoven noch ein spannendes Weihnachtsgeschenk sucht, für den habe ich was.
Im Buch geht es nicht nur um Entführungen, auch Mordversuche des MfS werden beleuchtet.
AZ


Hab es mir zugelegt AZ, es stand bei Dussmann in der Friedrichstraße. Wir können dann beide zeitnah in die Diskussion um Details einsteigen. Was meinst Du ?
Selbstverständlich muss jeder seine individuelle Sicht bzw. Meinung haben und schreiben. Quelle: Augenzeuge.
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Re: Susanne Muhle: Auftrag Menschenraub

Beitragvon andr.k » 26. März 2017, 20:55

augenzeuge hat geschrieben:Im Buch geht es nicht nur um Entführungen, auch Mordversuche des MfS werden beleuchtet.


Bin schon durch mit dem Buch. Von einigen Anhaltspunkten (Mordversuche) wird ja schon gesprochen, leider lassen sich die Fälle schwer bis gar nicht rekonstruieren.
Man lebt ruhiger, wenn man nicht alles sagt, was man weiß, nicht alles glaubt, was man hört und über den Rest einfach nur lächelt.
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Re: Susanne Muhle: Auftrag Menschenraub

Beitragvon augenzeuge » 26. März 2017, 21:04

Nun ja, Merkur, als ich das Buch für die Hälfte kaufen wollte, war es weg. Und da ich die bekanntesten Mordversuche eh kenne, habe ich mir das Buch nicht gekauft.
Was war für dich denn neu im Buch?
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Re: Susanne Muhle: Auftrag Menschenraub

Beitragvon HPA » 26. März 2017, 21:20

Ausführliche Rezension

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Klingt interessant
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