"Zur eigenen Sicherheit? Geschichte der geschleiften Höfe und ihrer Bewohner im Geisaer Amt"
BURGHAUN. Zwischen 1952 und noch bis in die Mitte der 1980er Jahre ließen die DDR-Machthaber entlang der innerdeutschen Grenze hunderte von Häusern, Gehöften, ja ganze Weiler und Dörfer, dem Erdboden gleichmachen. Diese Maßnahmen zur, wie es hieß, „eigenen Sicherheit der Bewohner“ vor den „Bonner Revanchisten und Aggressoren“ gingen einher mit zwei groß angelegten Säuberungsaktionen, bei denen rund zwölftausend Menschen aus dem Grenzgebiet zwangsumgesiedelt wurden. Mit dem gleichzeitigen massiven Auf- und Ausbau des Sperranlagensystems wurde jeder Fluchtversuch zu einem lebensbedrohenden Unternehmen für alle, die sich diesem System der Einschüchterung und Bespitzelung zu entziehen versuchten.
An der Buchenmühle im Hünfelder Land lassen sich bis heute die Folgen der Teilung Deutschlands besichtigen, verlief doch die innerdeutsche Grenze mitten durch den Hof. Im September 1961 war das Schicksal des auf Thüringer Seite stehenden einhundert Jahre alten Wohnhauses besiegelt. Vor den Augen der Eigentümer und einer fassungslosen Öffentlichkeit rissen Arbeitstrupps unter Einsatz von schwerem Gerät das Gebäude nieder. Alle Versuche, auch das Kellergeschoss zum Einsturz zu bringen, scheiterten an dem massiven Kellergewölbe. Der Brunnen nahe am Haus wurde mit dem Bauschutt verfüllt. Über die Zeiten hin hatte er Mensch und Tier mit Wasser versorgt. Welches Maß an Barbarei und menschenverachtendem Vorgehen muss wohl dahinterstecken, wenn eine lebenserhaltende Quelle aus ideologisch-verbohrten Gründen zugeschüttet wird?
Auch andernorts im Geisaer Land lassen sich Spuren dieser beispiellosen Abrisswelle, die in den Grenzkreisen der DDR wütete, deutlich nachvollziehen. Zwischen Wenigentaft und dem Mückenhof fielen über dreißig Häuser, Höfe und Weiler, darunter auch Freizeiteinrichtungen, dem staatlich angeordneten Zerstörungsterror zum Opfer. Hier und da behauene Steine, Fundamentreste, Obstgehölze, Gedenktafeln und überwucherte Trockenmauern in der grenznahen Landschaft markieren Plätze inmitten der Natur. Sie erinnern daran, dass hier einmal Menschen gelebt und gearbeitet haben. Was Kriege nicht vermochten, haben Machtmissbrauch und Machtwillkür der DDR-Diktatur mit rigiden und für die Betroffenen demütigenden Maßnahmen bewirkt: Höfe mit Jahrhunderte währender Geschichte wurden vernichtet. Mühlen, die Generationen überspannend zur Herstellung von Mehl gedient hatten, fielen sinnloser Zerstörung anheim. Geschleift wurden Behausungen, die jahraus, jahrein ihren Bewohnern Schutz und Heimat boten, landschaftsprägende und geschichtsträchtige Kulturgüter gingen auf diese Weise für immer verloren.
All diese Vorgänge im Geisaer Amt beschreibt eine Dokumentation, die erstmals umfassend und authentisch über die Geschichte der geschleiften Höfe von ihren Ursprüngen bis in die Gegenwart berichtet. Darin kommen Betroffene und viele andere Zeitzeugen zu Wort, berichten über Ängste und insgeheime Pläne im Falle drohender Zwangsumsiedlung, die gleichbedeutend war mit dem Verlust von Heimat, Hof und geliebter Scholle. Von Menschen ist die Rede, die im Vorfeld geplanter Aktionen ins Fadenkreuz des Ministeriums für Staatssicherheit gerieten. Der wehmütige Abschied von Haus und Hof angesichts bevorstehender Flucht und der Abriss von Gebäuden werden mit einer Fülle beeindruckender, bisher unveröffentlichter Fotoaufnahmen dokumentiert.
Die Autoren Wolfgang Christmann aus Burghaun und der aus Kranlucken im ehemaligen Sperrgebiet stammende Bruno Leister haben es sich zum Ziel gesetzt, die Geschichte der geschleiften Höfe und das Schicksal der mit ihnen verbundenen Menschen im Geisaer Amt aufzuhellen und erlebbar nachzuvollziehen. Die zeitgeschichtlich wie heimatkundlich bedeutsame Reise beginnt am Ulstersack bei Wenigentaft, führt durch das mittlere Ulstertal nach Reinhards und endet am Mückenhof. Die Ursprünge mancher der behandelten Objekte reichen weit zurück in die mittelalterliche Epoche. Zu jedem der Objekte gibt es einen Lageplan und einen Kartenausschnitt. Auf diese Weise lassen sich einzelne Standorte draußen auch auf eigene Faust entdecken.
Der Band kann über den Buchhandel oder über die Autorengemeinschaft Christmann/Leister (Tel. 06652/4653 bzw. 0170/3429588 oder 03693/7110 441) erworben werden.
Der Preis beträgt 22 Euro.
P.S. Eine Bekannte von mir hatte das Glück dort an der Veranstaltung teilzunehmen,manche kennen sie auch bei Facebook unter dem Nickname Elfriede.Sie ist dort auch in der Gruppe "Forum Deutsche Einheit" !
http://www.pointalpha.com/newsundpresse
http://www.stiftung-aufarbeitung.de/ver ... ml?id=1752