Sachbuch: "Schneisen der Zeitgeschichte"

Bücher, die nicht in den Bereich politische Systeme oder Grenze gehören.

Sachbuch: "Schneisen der Zeitgeschichte"

Beitragvon pentium » 28. April 2019, 14:48

Wie politisch war Schriftsteller Erich Loest?

Als der todkranke Erich Loest sich 2013 in Leipzig das Leben nahm, ging ein Künstlerdasein zu Ende, das schwerlich an Dramatik zu überbieten ist: Der Autor kämpfte als Soldat im Zweiten Weltkrieg, wurde vom SED-Regime für sieben Jahre ins Zuchthaus Bautzen gesperrt und verließ schließlich wegen Stasi-Schikanen die DDR in Richtung Bundesrepublik. Nach dem Mauerfall kehrte er in seine alte Heimat zurück und feierte mit Romanen wie "Nikolaikirche" und "Reichsgericht" große Erfolge. Autorin Regine Möbius hat ihrem Weggefährten jetzt in "Schneisen der Zeitgeschichte" als politischen Menschen porträtiert.
https://www.mdr.de/kultur/buch-schneise ... e-102.html

Angaben zum Buch:
"Schneisen der Zeitgeschichte – Erich Loest als politischer Mensch" von Regine Möbius
erschienen im Mitteldeutschen Verlag
Taschenbuch, 224 Seiten
*Dos Rauschen in Wald hot mir'sch ageta, deß ich mei Haamit net loßen ka!* *Zieht aah dorch onnern Arzgebirg der Grenzgrobn wie ene Kett, der Grenzgrobn taalt de Länder ei, ober onnere Herzen net!* *Waar sei Volk verläßt, daar is net wert, deß'r rümlaaft of daaner Erd!*
Anton Günther

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Re: Sachbuch: "Schneisen der Zeitgeschichte"

Beitragvon augenzeuge » 28. April 2019, 15:46

pentium hat geschrieben:Wie politisch war Schriftsteller Erich Loest?



Sehr politisch....das ganze Leben.

Der am 24. Februar 1926 im sächsischen Mittweida geborene Loest ist der erste Schriftsteller, der die Wende-Ereignisse in einen größeren Zusammenhang stellt. Er ist Jungvolkführer in der Hitlerjugend gewesen, hat sich 1944 der NSDAP angeschlossen und als Freiwilliger eines sogenannten Werwolf-Kommandos an der Endphase des Zweiten Weltkriegs teilgenommen. Nach kurzer US-Kriegsgefangenschaft kehrt er im Mai nach Mittweida zurück, holt sein Abitur nach und wird Redakteur bei der "Leipziger Volkszeitung". Im Winter 1946 tritt er in die SED ein. "Es ist schon verdächtig, wenn so was so schnell geht", schreibt Loest später in seinem Erinnerungsbuch "Durch die Erde ein Riss" (1981). "Aber es musste ja schnell gehen, und uns Jungen ist keine Zeit gelassen worden, nachzudenken, zu bereuen, Demokraten zu werden."

Als Konterrevolutionär in Bautzen
Bereits 1953 kommen Loest Zweifel am politischen System der DDR. Auslöser ist der Arbeiteraufstand vom 17. Juni. Daraufhin habe er sich gesagt: "Du bist jetzt alt genug, du musst jetzt endlich deinen eigenen Kopf nehmen, du darfst nicht schon wieder dein Gewissen an der Garderobe irgendeiner Partei abgeben." Bis dahin hatte Loest als freier Schriftsteller mehrere Bücher publiziert, die dem Publikum und der Partei gefielen. Als Vorsitzender des Schriftstellerverbands Leipzig gilt er als linientreu. Als Loest nun die fehlende Offenheit der SED und das Festhalten an stalinistischen Überzeugungen kritisiert, gerät er ins Abseits. 1957 wird er wegen "konterrevolutionärer Gruppenbildung" verhaftet und zu 7,5 Jahren Haft in Bautzen verurteilt.


Im Februar 1991 folgt die Dokumentation:
"Die Stasi war mein Eckermann. Oder: mein Leben mit der Wanze". "Als ich durch die Lektüre meiner Aktenberge dann merkte, dass einige meiner guten Freunde Spitzel gewesen sind, war das für mich und meine Familie natürlich ein großer Schock", erinnert sich Loest. Das Schlimmste sei gewesen, dass keiner von sich aus auf ihn zugekommen sei. "Sie haben alle gewartet, dass ich dahinter kam."

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https://www1.wdr.de/stichtag/stichtag-e ... t-104.html
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