Ich möchte euch einen Autor empfehlen, kein Buch direkt. Weil viele gut sind! Wenn man seinen Humor versteht. AZ
Der Autor Stefan Schwarz arbeitete für die Staatssicherheit – aus Überzeugung. Schwarz war 24, als die Mauer fiel. Jung, einerseits. Andererseits war er nicht bloß ein kleiner IM, ein "Informeller Mitarbeiter". Er war bis ins Jahr 1990 hinein Stasi-Auszubildender im Status eines OibE.
Sein Vater war der MfS Boss in Erfurt. Den Vater sieht er in mildem Licht, gewissermaßen als Kind seiner Zeit, das an den Sozialismus glaubte, aber die falschen Mittel wählte. Was der Vater aber auch war: eine Machtfigur, für Repressalien gegen Oppositionelle mitverantwortlich, für Angst im Volk, für das menschenverachtende Gesicht der DDR.
Hat sein Vater ihn überredet, zur Stasi zu gehen? "Nein", sagt er. "Ich selbst hab mich korrumpieren lassen von dieser historischen Wichtigkeit, mit der die Politik in der DDR immer hausieren ging. Dass man hier an vorderster Front Geschichte mache. In meinem Elternhaus haben Top-Spione auf der Couch gesessen, George Blake oder Günter Guillaume. Leute, die wirklich am Rad der Geschichte gedreht haben. Das triggert schon ein bisschen die Berufswahl."
"Bei der Stasi gewesen zu sein, das war nicht nur politisch-moralisch oder historisch ein krasser Fehler. Sondern vor allem persönlich, in Hinsicht darauf, was ich von Talent und Neigung her bin." "Die Trennung in Stasi und Nichtstasi ist der Erzfehler der Wende. Es gab in der Stasi genauso helle, kritische Köpfe wie anderswo. Es ist doch bescheuert, bis heute jedem dieses Etikett anzuheften und zu sagen: So, der war Stasi, also fand der alles dufte, was die DDR so verbockte."
Er arbeitete bei der taz, flog raus, als man eine Stasiliste druckte und seinen Namen fand. Dann beim ZDF, flog raus, als man ihn enttarnte....
2002 habe man ihn aus dem Abspann eines Fernsehfilms gestrichen, den er gemacht hatte; verbunden mit dem Hinweis, er werde "nie wieder" für diese Redaktion arbeiten dürfen. Auch noch 2006, auch noch 2010, so sagt es Schwarz, seien ihm Aufträge weggebrochen, manchmal finanziell lebenswichtige Aufträge. Eine Anstalt habe ihm erst die Mitarbeit beim Radio, dann auch die beim Fernsehen aufgekündigt.
"Ich habe mal vorgeschlagen, dass ich alle fünf Jahre turnusgemäß nackt durch die Straßen getrieben werde, damit ich zwischendurch meine Ruhe habe", sagt Schwarz. "Die Leute, die mich rauswarfen, haben häufig überhaupt kein Wort mit mir gewechselt, und die, die mich anklagten, kannten meine Geschichte gar nicht, sondern nur meinen Namen."
Seine Rettung sei der Humor gewesen. Heute verdient er mit dieser Vergangenheit sein Geld: als Comedy-Autor und als freier Mitarbeiter des MDR. Mittlerweile scheint es in der Gesellschaft die Bereitschaft zu geben, differenzierter hinzuschauen.
http://www.zeit.de/zeit-magazin/2016/15 ... asi-comedy
AZ