Charlotte Gneuß’ Roman „Gittersee
Verfasst: 20. September 2023, 09:19
Es geht um das Romandebüt der 31-jährigen Charlotte Gneuß, im westdeutschen Ludwigsburg geboren. Ist er preiswürdig?
Gneuß hat ein spannendes, lehrreiches Buch über eine Jugend in der DDR geschrieben.
Die Geschichte spielt in den 70er-Jahren und handelt von einer 16-Jährigen in der DDR, die in Dresden in die schmierigen Fänge eines Stasi-Mitarbeiters gerät. Ohne die Erinnerungen und Erzählungen, die ihre Familie ihr anvertraut hätten, wäre dieser Text nicht denkbar gewesen, schreibt Charlotte Gneuß am Ende des Buches.
Im Detail nicht stimmig
Dass diese Erinnerungen im Detail trügen und vielleicht nicht gewissenhaft nachrecherchiert wurden, ist ihr nun von prominenter Stelle nachgewiesen worden. Ihr Verlagskollege, der bekannte S. Fischer-Autor Ingo Schulze („Simple Storys“) hat eine Mängelliste zu Gneuß’ Roman erstellt, die der „FAZ“ vorliegt. Sie ging auch an die diesjährige Jury des Deutschen Buchpreises.
Diese hält den Roman für preiswürdig, was die Sache nach einem kleinen Skandal aussehen lässt. Ein Beispiel: So wurden laut Schulze keine Lieder für die „Jahresendfeier“ geübt, wie es im Westen angeblich immer hieß, sondern für die „Weihnachtsfeier“. Die ganze Debatte, wenn man sie als solche bezeichnen möchte, dreht sich, kurz gesagt, um kulturelle Aneignung. Darf eine Schriftstellerin, die nie in der DDR gelebt hat, über diese schreiben? Darf ein Hesse über West-Berlin schreiben, das er nur vom Schulausflug kennt?
Natürlich. Ingo Schulze versuchte an diesem Montag in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ in der Sache zu beschwichtigen. „Ich würde immer dafür eintreten, dass jede und jeder jederzeit und überall über alles schreiben darf. Deshalb gibt es ja Literatur. Andererseits ist der Osten oft eine Verfügungsmasse, derer man sich für die eigenen Geschichten bedient, was in aller Regel klischeehaft wird“. Er fügte hinzu: „Damit meine ich jetzt nicht ‚Gittersee‘“.
Es spielt in den 70er-Jahren und handelt von einer 16-Jährigen in der DDR, die in Dresden in die schmierigen Fänge eines Stasi-Mitarbeiters gerät. Ohne die Erinnerungen und Erzählungen, die ihre Familie ihr anvertraut hätten, wäre dieser Text nicht denkbar gewesen, schreibt Charlotte Gneuß am Ende des Buches.
Im Detail nicht stimmig
Dass diese Erinnerungen im Detail trügen und vielleicht nicht gewissenhaft nachrecherchiert wurden, ist ihr nun von prominenter Stelle nachgewiesen worden. Ihr Verlagskollege, der bekannte S. Fischer-Autor Ingo Schulze („Simple Storys“) hat eine Mängelliste zu Gneuß’ Roman erstellt, die der „FAZ“ vorliegt. Sie ging auch an die diesjährige Jury des Deutschen Buchpreises.
Diese hält den Roman für preiswürdig, was die Sache nach einem kleinen Skandal aussehen lässt. Ein Beispiel: So wurden laut Schulze keine Lieder für die „Jahresendfeier“ geübt, wie es im Westen angeblich immer hieß, sondern für die „Weihnachtsfeier“. Die ganze Debatte, wenn man sie als solche bezeichnen möchte, dreht sich, kurz gesagt, um kulturelle Aneignung. Darf eine Schriftstellerin, die nie in der DDR gelebt hat, über diese schreiben? Darf ein Hesse über West-Berlin schreiben, das er nur vom Schulausflug kennt?
Natürlich. Ingo Schulze versuchte an diesem Montag in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ in der Sache zu beschwichtigen. „Ich würde immer dafür eintreten, dass jede und jeder jederzeit und überall über alles schreiben darf. Deshalb gibt es ja Literatur. Andererseits ist der Osten oft eine Verfügungsmasse, derer man sich für die eigenen Geschichten bedient, was in aller Regel klischeehaft wird“. Er fügte hinzu: „Damit meine ich jetzt nicht ‚Gittersee‘“.
https://www.tagesspiegel.de/kultur/char ... 87908.html
AZ
Gneuß hat ein spannendes, lehrreiches Buch über eine Jugend in der DDR geschrieben.
Die Geschichte spielt in den 70er-Jahren und handelt von einer 16-Jährigen in der DDR, die in Dresden in die schmierigen Fänge eines Stasi-Mitarbeiters gerät. Ohne die Erinnerungen und Erzählungen, die ihre Familie ihr anvertraut hätten, wäre dieser Text nicht denkbar gewesen, schreibt Charlotte Gneuß am Ende des Buches.
Im Detail nicht stimmig
Dass diese Erinnerungen im Detail trügen und vielleicht nicht gewissenhaft nachrecherchiert wurden, ist ihr nun von prominenter Stelle nachgewiesen worden. Ihr Verlagskollege, der bekannte S. Fischer-Autor Ingo Schulze („Simple Storys“) hat eine Mängelliste zu Gneuß’ Roman erstellt, die der „FAZ“ vorliegt. Sie ging auch an die diesjährige Jury des Deutschen Buchpreises.
Diese hält den Roman für preiswürdig, was die Sache nach einem kleinen Skandal aussehen lässt. Ein Beispiel: So wurden laut Schulze keine Lieder für die „Jahresendfeier“ geübt, wie es im Westen angeblich immer hieß, sondern für die „Weihnachtsfeier“. Die ganze Debatte, wenn man sie als solche bezeichnen möchte, dreht sich, kurz gesagt, um kulturelle Aneignung. Darf eine Schriftstellerin, die nie in der DDR gelebt hat, über diese schreiben? Darf ein Hesse über West-Berlin schreiben, das er nur vom Schulausflug kennt?
Natürlich. Ingo Schulze versuchte an diesem Montag in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ in der Sache zu beschwichtigen. „Ich würde immer dafür eintreten, dass jede und jeder jederzeit und überall über alles schreiben darf. Deshalb gibt es ja Literatur. Andererseits ist der Osten oft eine Verfügungsmasse, derer man sich für die eigenen Geschichten bedient, was in aller Regel klischeehaft wird“. Er fügte hinzu: „Damit meine ich jetzt nicht ‚Gittersee‘“.
Es spielt in den 70er-Jahren und handelt von einer 16-Jährigen in der DDR, die in Dresden in die schmierigen Fänge eines Stasi-Mitarbeiters gerät. Ohne die Erinnerungen und Erzählungen, die ihre Familie ihr anvertraut hätten, wäre dieser Text nicht denkbar gewesen, schreibt Charlotte Gneuß am Ende des Buches.
Im Detail nicht stimmig
Dass diese Erinnerungen im Detail trügen und vielleicht nicht gewissenhaft nachrecherchiert wurden, ist ihr nun von prominenter Stelle nachgewiesen worden. Ihr Verlagskollege, der bekannte S. Fischer-Autor Ingo Schulze („Simple Storys“) hat eine Mängelliste zu Gneuß’ Roman erstellt, die der „FAZ“ vorliegt. Sie ging auch an die diesjährige Jury des Deutschen Buchpreises.
Diese hält den Roman für preiswürdig, was die Sache nach einem kleinen Skandal aussehen lässt. Ein Beispiel: So wurden laut Schulze keine Lieder für die „Jahresendfeier“ geübt, wie es im Westen angeblich immer hieß, sondern für die „Weihnachtsfeier“. Die ganze Debatte, wenn man sie als solche bezeichnen möchte, dreht sich, kurz gesagt, um kulturelle Aneignung. Darf eine Schriftstellerin, die nie in der DDR gelebt hat, über diese schreiben? Darf ein Hesse über West-Berlin schreiben, das er nur vom Schulausflug kennt?
Natürlich. Ingo Schulze versuchte an diesem Montag in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ in der Sache zu beschwichtigen. „Ich würde immer dafür eintreten, dass jede und jeder jederzeit und überall über alles schreiben darf. Deshalb gibt es ja Literatur. Andererseits ist der Osten oft eine Verfügungsmasse, derer man sich für die eigenen Geschichten bedient, was in aller Regel klischeehaft wird“. Er fügte hinzu: „Damit meine ich jetzt nicht ‚Gittersee‘“.
https://www.tagesspiegel.de/kultur/char ... 87908.html
AZ