Die Operative Psychologie des MfS

Bücher, deren Inhalt sich mit der innerdeutschen Grenze bschäftigt

Die Operative Psychologie des MfS

Beitragvon HPA » 11. Januar 2021, 16:27

Warum wundert es mich nicht wirklich, dass dieses Buch nicht von den einschlägigen Buchvorstellern zum Thema Stasi und Konsorten beworben wurde? [grins]

Weil da unter anderem drin steht dass dort u.a. ein "Professor für Psychologie" wirkte , welcher selber nie Psychologie studiert hat? [flash]

Holger Richter hat die Operative Psychologie des Ministerium für Staatssicherheit der DDR (MfS) und die wissenschaftlichen Ergebnisse des Lehrstuhls für Operative Psychologie systematisch untersucht. Das Buch gibt einen kurzen Abriss über die Geschichte, die handelnden Personen und eine Inhaltsanalyse der wichtigsten Dokumente der Operativen Psychologie.
Es wird die Frage beantwortet, inwieweit die Operative Psychologie tatsächlich eine "wissenschaftliche" Psychologie war. Die Operative Psychologie wird mit der offiziellen DDR-Psychologie der Zeit verglichen. Ein Kapitel zur Sprache der Stasi soll deren besondere psychologische Funktion kennzeichnen und zum Verständnis der besprochenen Texte beitragen.
Fast 40.000 Seiten Stasi-Akten und Originale der Juristischen Hochschule des MfS in Potsdam-Eiche fanden Eingang in diese Arbeit

Blick ins Buch: https://www.hugendubel.de/de/buch_karto ... gJWL_D_BwE

Portrait

Dr. Holger Richter ist leitender Psychologe am St. Marien-Krankenhaus in Dresden. Er arbeitet als Psychotherapeut und Dozent für Psychotherapie. Er verweigerte den Dienst mit der Waffe in der DDR und schrieb darüber das Güllenbuch. Ein Buch über Bausoldaten . Er ist Mitglied der historischen Kommission zur Aufarbeitung des Missbrauchs der Psychologie in der DDR. Die vorliegende Arbeit basiert auf seiner Dissertationsschrift an der TU Dresden. Holger Richter hat vier Kinder und lebt in Dresden.
HPA
 

Re: Die Operative Psychologie des MfS

Beitragvon augenzeuge » 11. Januar 2021, 16:44

Als Fachmann muss man das Buch bestellen. [wink]
Fast 40.000 Seiten Stasi-Akten und Originale der Juristischen Hochschule des MfS in Potsdam-Eiche fanden Eingang in diese Arbeit

AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
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Re: Die Operative Psychologie des MfS

Beitragvon augenzeuge » 11. Januar 2021, 17:32

Der Blick ins Buch ist umfangreicher als ich dachte.

AZ
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
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Re: Die Operative Psychologie des MfS

Beitragvon HPA » 12. Januar 2021, 10:28

Rezension im Ärzteblatt anlässlich der Erscheinung der Erstauflage im Jahr 2001:

Holger Richter
Die Operative Psychologie des Minis- teriums für Staatssicherheit der DDR
Mabuse-Verlag Frankfurt am Main 2001 ISBN: 3 – 933050 – 72 – 3
Der Autor berichtet in dieser lesenswerten Schrift über ein Kapitel der Arbeit der Stasi, welches besonders undurchsichtig war – es geht um die operative Psycho- logie, einem Kunstwort, das psychologische Methoden zum Nutzen geheim- dienstlicher Tätigkeit umschreiben sollte. Er analysiert Dokumente der Stasi insbe- sondere der Juristischen Hochschule des Ministeriums für Staatssicherheit speziell des Fachgebiets operative Psychologie: Dissertationen, Schulungsmaterialien, Dip- lomarbeiten. Das Ministerium für Staats- sicherheit hatte mit 91 000 hauptamtli- chen Mitarbeitern und 173 000 IMs eine Fülle von Dokumenten produziert (der Autor geht von 177 km Akten aus), von denen er den gesamten Teilbereich einer subtilen Analyse unterzieht. In einem der einleitenden Kapitel befasst er sich mit Sprachanalysen, insbesondere der Sprach- instrumentalisierung, die ihn zu Paralle- len zu den bekannten Analysen in LTI (Lingua tertii imperii) von Victor Klem-
perer führt. Wortschatzanalysen schließen sich in einem späteren Kapitel an. Wort- neubildungen werden erläutert, wie zum Beispiel „politisch-operativ“ für geheimdienstlich, „kompromat“ für kompromittierendes Material, welches zur Werbung von IMs nutzbar gemacht werden konnte. Genauer werden die Zielstellungen der operativen Psychologie, die Biographien der Protagonisten der Lehre des Faches und die Studiengänge beschrieben.

Die Abschlüsse als „Juristen“ oder „Psychologen“ haben die Berufsstände euphemistisch beschrieben, zumal die Lehrinhalte zu 75 % ideologischer Natur waren und dezidiert der geheimdienstlichen Praxis dienten.

Hauptbestandteil der Arbeit des Autors sind die Analysen der Diplomarbeiten des genannten Institutes, die in ihren Inhalten interessante Einblicke in die Denkweisen und Strategien der Stasi auf dem Felde der operativen Psychologie bieten.
Dem interessierten Leser muss empfohlen werden, Genaueres selbst zu studieren. Auf zwei Teilaspekte muss aber hingewiesen werden:
29,4 % der Arbeiten befassen sich mit der sogenannten Feindbearbeitung und hier insbesondere mit dem Phänomen der „Zersetzung“ und der Funktion der IM.
Zersetzungsmethoden dienten der „Zersplitterung“, der „Lähmung“, der „Desorganisation“ von Einzelpersonen oder Gruppen mit unterschiedlichen Metho- den (Der Legendenbildung = Lüge, ano- nymer Briefe oder Telefonate usw.).
Der Tätigkeit als IM waren viele Arbei- ten gewidmet. Der IM galt als „Hauptwaffe des Ministeriums für Staatssicherheit gegen den Feind“. Strikte Regel war, dass niemand gegen seinen Willen eingestellt wurde, um die konspirative Sicherheit nicht zu gefährden. Die Motive zur Mitarbeit der IM waren Überzeugungen, materieller Vorteil, Reaktionen auf kompromittierendes Material.
Die Schrift von H. Richter ist eine eindrucksvolle, wissenschaftlich sorgfältig recherchierte Materialsammlung über ein Kapitel von Machtmissbrauch, die erneut beweist, dass bestimmte Facetten der DDR-Geschichte weiter aufgearbeitet werden müssen, zumal – wie jüngste Eröffnungen über Mitarbeiter öffentlich rechtlicher Fernsehanstalten zeigen – diese Vergangenheit auch 10 Jahre nach der Wende noch nicht abgeschlossen oder gar verarbeitet ist.
Prof. Dr. Otto Bach, Dresden
HPA
 


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