Das Adelsgeschlecht
Das Adelsgeschlecht der Herren von SCHÖNBURG bestimmte seit seinem ersten Auftreten im muldenländischen Raum um die Wende zum 13. Jahrhundert durch die Ausbildung einer eigenen Landesherrschaft in den Stammbesitzungen Glauchau, Waldenburg, Lichtenstein und Hartenstein mit Stein maßgeblich die Geschicke dieser Region und beeinflusste darüber hinaus die Entwicklung des sächsischen Territorialstaats, in den es mit den genannten Herrschaften 1740 unter Beibehaltung eines bis 1878 währenden Sonderstatus eingegliedert wurde.
Bereits vor ihrem Auftreten im muldenländischen Raum sind Vertreter des schönburgischen Geschlechts in der Umgebung der Naumburger Bischöfe nachgewiesen (Ulrich von Schönburg 1157-1166; Berthold von Schönburg 1166-1215). Als Stammsitz der Adelsfamilie ist daher die gleichnamige Schönburg im Saaletal bei Naumburg anzunehmen.
Über die ursprüngliche Standeszugehörigkeit der Herren von Schönburg gibt es unterschiedliche Auffassungen. Verschiedentlich ist ein edelfreier Stand behauptet worden. Verbreiteter jedoch ist die Ansicht, dass die Schönburger zu den reichsministerialen Familien gehörten, die später in den Herrenstand aufstiegen. Zusammen mit anderen reichministerialen bzw. edelfreien Geschlechtern, wie den Herren von Colditz, von Waldenburg, von Crimmitschau, von Drachenfels, von Schellenberg u.a. trieben sie die Besiedlung des Reichsterritoriums Pleißenland voran. Als Ausgangspunkt für die kolonisatorische Tätigkeit dienten die Burgen Glauchau und Lichtenstein, deren Erbauung um 1170/80 mit einiger Sicherheit auf die Herren von Schönburg zurückgehen dürfte. Als unter dem Eindruck der Schwäche des Königtums im 13. Jahrhundert das Reichsterritorium zerfiel, begannen die Herren von Schönburg eine eigene Landesherrschaft zu entfalten. Zum ersten eindrücklichen Zeugnis für die Verselbstständigung wurde die Gründung eines Hausklosters in Geringswalde am 2.1.1233. – Im Streben nach eigener Landesherrschaft wurden die Herren von Schönburg zu Konkurrenten der wettinischen Markgrafen von Meißen. Gegen deren Expansionsdrang begaben sie sich zur Wahrung ihrer Selbstständigkeit mit ihren Herrschaften in den böhmischen Lehnsverband.
Von der Schwäche benachbarter lokaler Herrschaftsträger profitierend, erwarben sie seit dem 14. Jahrhundert weitere Herrschaften (Crimmitschau, Stollberg um 1300; Waldenburg 1375/78; Hartenstein 1406). Ab ca. 1330 ist auch ein Ausgreifen nach Böhmen (Pürstein, Hassenstein etc.) bezeugt. Mit Ausnahme der Herrschaften Glauchau, Lichtenstein und Waldenburg sowie der Grafschaft Hartenstein mit Stein waren jedoch sämtliche Besitzungen wenig dauerhaft. – Aufgrund einer vorbildlichen Förderung des städtischen Handwerks und des hoffnungsvollen Beginns eigener Bergbauunternehmungen befanden sich die Herren von Schönburg im 15. und zu Beginn des 16. Jahrhunderts auf dem Höhepunkt ihrer politischen und ökonomischen Macht. Mit Ernst II. (1486-1534) nahm auch gerade in jener Zeit ein Glied des Hauses Schönburg als Geheimer Rat Herzog Georgs regen Anteil an der Gestaltung sächsisch-albertinischer Politik. – Nach dem Tod Ernsts II. setzte der politische Niedergang des schönburgischen Adelsgeschlechts ein. In Ermangelung einer Primogeniturordnung kam es zu zahlreichen Erbteilungen und Linienbildungen. Ein Auseinanderfallen der schönburgischen Herrschaften konnte nur durch die Einrichtung des „Gesamthauses“ verhindert werden. Zunächst schien es, als könnte mit dem Erwerb der sächsischen Lehnsherrschaften Penig, Wechselburg, Remse und Rochsburg (1543/48) die schönburgische Position gegenüber Kursachsen gestärkt werden, doch bedeutete die Besitzvergrößerung gleichzeitig auch ein zusätzliches Abhängigkeitsverhältnis zu den Wettinern. Spätestens seit dem auf massiven Druck hin zustande gekommenen Verkauf der Oberen Grafschaft Hartenstein an Kurfürst August (2.5.1559) und dem damit einhergehenden Verlust der Landverbindung nach Böhmen sah sich das Haus Schönburg ernsthaft in seiner Existenz gefährdet. Die katastrophalen Folgen des 30-jährigen Kriegs, die enorme Verschuldung einzelner Herrschaften und die immer deutlicher zutage tretenden Interessengegensätze im Gesamthaus brachten die Herren von Schönburg rasch in eine ausweglose Position. Als Inhaber der Reichs- und Kreisstandschaft (bis 1806) suchten sie Rückendeckung bei Kaiser und Reich gegen die sich häufenden kursächsischen Eingriffe in ihre inneren Angelegenheiten. Da wirksame Hilfe ausblieb – die Erhebung des Hauses in den Reichsgrafenstand am 7.8.1700 erwies sich in diesem Zusammenhang als bedeutungslos – begaben sich die nunmehrigen Grafen von Schönburg durch die Rezesse vom 4.5.1740 unter die kursächsische Oberhoheit.