Vom Scheitern der kybernetischen Utopie

Hier können Bücher vorgestellt und besprochen werden, die in den Bereich politische Systeme gehören.

Vom Scheitern der kybernetischen Utopie

Beitragvon Merkur » 19. November 2020, 18:25

Von Christian Booß ist in dieser Woche das Buch "Vom Scheitern der kybernetischen Utopie. Die Entwicklung von Überwachung und Informationsverarbeitung im MfS" erschienen. Zum Buch schreibt der Verlag:
"Die Beschaffung und Verarbeitung von Informationen ist eine zentrale Aufgabe eines jeden Geheimdienstes. Die Stasi wollte allerdings keineswegs undifferenziert »alles« wissen und überwachte auch nicht flächendeckend. Ihre Aufmerksamkeit galt insgesamt wesentlich stärker Staat, Wirtschaft und militärischer Abwehr als »Staatsfeinden« und Oppositionellen.
Die Arbeitsweise der Stasi war dabei keineswegs so anachronistisch, wie die überlieferten Akten- und Karteikartenberge es vermuten lassen. Die Informationsspezialisten des MfS hatten seit den 1960er-Jahren daran gearbeitet, durch gezielte Infomationsgewinnung und -analyse die Überwachungsmethoden zu optimieren. Auch wenn ihre kybernetische Utopie scheiterte, vollzog das MfS damit wichtige Schritte auf dem Weg in den digitalen Überwachungsstaat. Dieses Buch unternimmt es, die Forschungslücke zu diesem Aspekt der Geschichte der DDR-Geheimpolizei zu schließen."

"Die zentrale Fragestellung dieser Studie ist die nach der Wirkung kybernetisch beeinflussten Gedankengutes auf Informationsbeschaffung und Informationsverarbeitung im MfS" schreibt Booß in der Einleitung. Ein weiterer Gegenstand der Untersuchung waren Ursprung und Beschaffung von Informationen des MfS.
Ich bin gespannt, was das Buch an Wissenswertem bietet. Und natürlich auch, was die Augenzeugen, Kumpel und Interessierten zu dieser Studie meinen. [wink]
Selbstverständlich muss jeder seine individuelle Sicht bzw. Meinung haben und schreiben. Quelle: Augenzeuge.
Merkur
 
Beiträge: 4648
Registriert: 15. Juni 2010, 17:21

Re: Vom Scheitern der kybernetischen Utopie

Beitragvon augenzeuge » 19. November 2020, 19:09

Die Buchpräsentation findet als Podcast statt. In Folge 21 von „111 Kilometer Akten“ erläutert Autor Christian Booß grundlegende Forschungsergebnisse im Gespräch mit Podcast-Host Maximilian Schönherrr. Online ab 25.11.2020, 13.00 Uhr hier: www.bstu.de/podcast

AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 84868
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Re: Vom Scheitern der kybernetischen Utopie

Beitragvon Merkur » 19. November 2020, 19:10

Schön die Suchmaschine bemüht. Schaust Du auch mal ins Buch?
Selbstverständlich muss jeder seine individuelle Sicht bzw. Meinung haben und schreiben. Quelle: Augenzeuge.
Merkur
 
Beiträge: 4648
Registriert: 15. Juni 2010, 17:21

Re: Vom Scheitern der kybernetischen Utopie

Beitragvon augenzeuge » 19. November 2020, 19:17

Merkur hat geschrieben:Schön die Suchmaschine bemüht. Schaust Du auch mal ins Buch?


Es ist doch logisch, dass ich mir erstmal ein Bild machen muss. Und dazu dient der Podcast.

Das Buch liegt mir nicht vor. Leider gehöre ich nicht zu jenen, die das kostenlos bekommen.

Aber ich bin skeptisch, wenn nun ein anderes Bild gezeigt werden soll, als die Akten vermitteln. Das MfS hat Aktenberge geschrieben, ich denke schon, dass man daraus viel ableiten kann.

AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 84868
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Re: Vom Scheitern der kybernetischen Utopie

Beitragvon Nostalgiker » 19. November 2020, 19:23

Viel schon aber nicht alles.
Ich nehme zur Kenntnis, das ich einer Generation angehöre, deren Hoffnungen zusammengebrochen sind.
Aber damit sind diese Hoffnungen nicht erledigt. Stefan Hermlin

Freiheit ist nur ein anderes Wort dafür, dass man nichts zu verlieren hat. Janis Joplin

Psychologen haben herausgefunden, dass Menschen, die immer bei anderen auf die Rechtschreibfehler hinweisen, eine Persönlichkeitsstörung haben und unzufrieden mit ihrem Leben sind. Netzfund
Benutzeravatar
Nostalgiker
 
Beiträge: 13710
Registriert: 28. August 2012, 12:36

Re: Vom Scheitern der kybernetischen Utopie

Beitragvon Merkur » 19. November 2020, 19:42

augenzeuge hat geschrieben:
Das Buch liegt mir nicht vor. Leider gehöre ich nicht zu jenen, die das kostenlos bekommen.
Aber ich bin skeptisch, wenn nun ein anderes Bild gezeigt werden soll, als die Akten vermitteln. Das MfS hat Aktenberge geschrieben, ich denke schon, dass man daraus viel ableiten kann.
AZ


Ich übrigens auch nicht, muss meist auch zahlen. Mache ich aber gern.
Nun kann man ja Booß bei seinem Hintergrund nicht unterstellen, er würde irgendetwas schönschreiben wollen. Das sich lösen von überholten Klischees und die Diskussion neuer Erkenntnisse schaffen Fortschritt. Auch wenn es nicht jedem gefällt. [super]
Selbstverständlich muss jeder seine individuelle Sicht bzw. Meinung haben und schreiben. Quelle: Augenzeuge.
Merkur
 
Beiträge: 4648
Registriert: 15. Juni 2010, 17:21

Re: Vom Scheitern der kybernetischen Utopie

Beitragvon HPA » 19. November 2020, 19:47

Hast Du wieder nur das Dir Genehme heraus gepickt?

ich ergänze mal:
Die Informationsspezialisten des MfS hatten seit den 1960er-Jahren daran gearbeitet, durch gezielte Informationsgewinnung und -analyse die Überwachungsmethoden zu optimieren.
Auch wenn ihre kybernetische Utopie scheiterte, vollzog das MfS damit wichtige Schritte auf dem Weg in den digitalen Überwachungsstaat.


interessant auch ein anderer Band:

Während in pluralistischen Gesellschaften die Medien oder Umfragen solche Fragen beantworten können, müssen die Herrschenden in Diktaturen andere Wege gehen, um sich ein Bild von der Bevölkerungsstimmung zu machen. Dabei greifen sie auch auf nachrichtendienstliche bzw. geheimpolizeiliche Methoden zurück.

Stimmungsberichte von Inlandsgeheimdiensten zählten daher in Diktaturen zu den wichtigsten Informationsquellen der Staats- und Parteiführungen. Dies galt auch für die DDR, in der das Ministerium für Staatssicherheit die SED-Führung regelmäßig über die Stimmung im Land unterrichtete.



https://www.bstu.de/informationen-zur-s ... -der-spur/
Zuletzt geändert von HPA am 19. November 2020, 19:52, insgesamt 1-mal geändert.
HPA
 

Re: Vom Scheitern der kybernetischen Utopie

Beitragvon augenzeuge » 19. November 2020, 19:48

Ich kann es noch nicht bewerten. Es ist durchaus möglich, dass es mir gefällt...und Nostalgiker nicht. [grin]
AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 84868
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Re: Vom Scheitern der kybernetischen Utopie

Beitragvon augenzeuge » 19. November 2020, 19:55

vollzog das MfS damit wichtige Schritte auf dem Weg in den digitalen Überwachungsstaat.

Auch das überrascht nicht. Man denke an das Projekt Mauer 2000.

Den Leuten kein Telefon anbieten können, aber digitale Überwachung planen..... [laugh]
AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 84868
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Re: Vom Scheitern der kybernetischen Utopie

Beitragvon Volker Zottmann » 19. November 2020, 22:31

Digital war in der DDR doch fast alles nur Lochkarte! Mauer mit genug Löchern hätte jedes Problem gelöst.
Und die Lochkarten hatten auch Löcher, weshalb sie ja so hießen.

Kein Land der Welt hatte mehr Ahnung von Löchern schließen und neuen aufreißen.
Das war keine kybernetische Utopie, das alles veranlassten "wirtschaftsweise" A....löcher. Sie gaben unzählige Milliarden für die Totgeburt der Microchips in der Größe eines Kühlschranks aus oder für die Eigenentwicklung eines "neuen" Viertakt-Wartburg. Somit war die DDR also doch Weltmeister.
Wir hatten nicht nur die weltgrößten Microchips, wir hatten auch genügend .....löcher. [laugh]

Eine Überwachung in der Form war genauso utopisch, wie die Vorstellung, dass die DDR das Jahr 2000 erlebte.

Gruß Volker
Volker Zottmann
 

Re: Vom Scheitern der kybernetischen Utopie

Beitragvon Dr. 213 » 20. November 2020, 00:44

Das Buch beschreibt den technischen Stand der Datenverarbeitung und Speicherung beim MfS.
Und da muß ich sagen, war das MfS schon auf dem richtigen Weg, aus deren Sicht gesehen natürlich.

Ein Beispiel:
Die konnten aus Richtfunkstrecken der Bundespost gezielt angewählte Rufnummern rausfischen und dann das Gespräch mitschneiden.

Zunächst hätten sie aber die Transformation der Papierberge in speicherfähige Formate bewältigen müssen.
Damals gab es noch nicht sowas wie PDF's und darum waren die ersten Speicher entweder reine Personendaten- Speicher
oder einfache Systeme, um ein schnelles Findmittel von einer Person oder Sache hin zu den vorhandenen Papierakten zu haben.
Die wesentlichen Akten und Informationen wurde also immer noch auf Film gesichert und das hat dann mit Kybernetik nichts mehr zu tun.

Datenbanken gab es schon, aber die waren sehr streng nach Datenfeldern organisiert.
So etwas funktioniert gut bei Personendaten wie Geburtsdatum, Geschlecht, Beruf und so weiter.
Um massenhaft die Erkenntnisse aus der Überwachung elektronisch zu speichern, wäre die technische Ausrüstung des MfS überfordert gewesen.

In meiner Stasiakte gibt es seitenlange Ausdrucke von Datenbanken des MfS.
Und dort sind viele Felder einfach leer, weil das Format der Datenbank auf viel zu viele Indexe ausgelegt war.

Das ist durchaus kein Fehler gewesen. Man bewertete damals Datenbanken stark nach ihrer Anzahl der möglichen Indexe.
Und da war Viel einfach besser. So wie ja eine klassische Kerblochkarte mit vielen möglichen Kerben genauere Filterergebnisse ermöglicht.
Vielleicht hätte man mit den neuen Datenbanken was anfangen können, etwa als ein schnelles Findmitte zu den gedruckten Akten.

Zunächst aber war das aber wie beim Papier ein massenhaftes ansammeln von Informationen ohne richtig Nutzen daraus zu ziehen.
Mir tun an der Stelle die vielen Frauen leid, die diese Datenbanken in viel Zeitaufwand befüllt haben, und am Ende war doch alles umsonst.

Die Vorstellung, alles in Zahlen auflösen zu können war für das MfS verführerisch, aber die Technik war zum Glück noch nicht so weit.

Herzlichst
Dr. 213
Das größte Landraubtier der Neuzeit ist DER Bär.
Benutzeravatar
Dr. 213
 
Beiträge: 1727
Registriert: 17. August 2014, 13:52

Re: Vom Scheitern der kybernetischen Utopie

Beitragvon Danny_1000 » 20. November 2020, 08:11

Merkur hat geschrieben:Von Christian Booß ist in dieser Woche das Buch "Vom Scheitern der kybernetischen Utopie. Die Entwicklung von Überwachung und Informationsverarbeitung im MfS" erschienen. Zum Buch schreibt der Verlag:
"Die Beschaffung und Verarbeitung von Informationen ist eine zentrale Aufgabe eines jeden Geheimdienstes. Die Stasi wollte allerdings keineswegs undifferenziert »alles« wissen und überwachte auch nicht flächendeckend. Ihre Aufmerksamkeit galt insgesamt wesentlich stärker Staat, Wirtschaft und militärischer Abwehr als »Staatsfeinden« und Oppositionellen.......[wink]

Diese Erkenntnis erscheint mir wesentlich. Widerspricht Sie doch aus wissenschaftlicher Sicht der These von der sogenannten „flächendeckenden Überwachung der DDR- Bürger“ durch das MfS. Die gab es schlichtweg im wahrsten Sinne des Wortes nicht.

Untermauert wird diese Erkenntnis auch durch Veröffentlichungen der Jahnbehörde, wonach es über mehr als zwei Drittel von einsichtsuchenden Antragstellern nicht einmal eine Stasikarteikarte gibt.
Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben
dafür einsetzen, dass du es sagen darfst !
(Evelyn Beatrice Hall 1868; † nach 1939)
Benutzeravatar
Danny_1000
Grenztruppen
Grenztruppen
 
Beiträge: 2788
Registriert: 24. April 2010, 19:06

Re: Vom Scheitern der kybernetischen Utopie

Beitragvon Kumpel » 20. November 2020, 08:37

Merkur hat geschrieben:Ich bin gespannt, was das Buch an Wissenswertem bietet. Und natürlich auch, was die Augenzeugen, Kumpel und Interessierten zu dieser Studie meinen. [wink]



Nun ja , was soll ich dazu meinen?
Zuerst ist mir mal aufgefallen , das in dem von dir unterstrichenen Zitat das Wort unterschiedslos fehlt. Ich finde das fehlende Wort für die Bedeutung des Satzes einigermaßen bedeutsam bei einer Einschätzung von flächendeckender Überwachung oder nicht.
Das Fehlen des Wortes suggeriert eine klare Verneinung und ein unterschiedslos schließt das Flächendeckend nicht aus.
Mich beschleicht jedenfalls der Eindruck , dass der Streit ob das MfS flächendeckend Überwachte oder nicht ideologische Ursachen hat und das bei einer angeblich nicht flächendeckenden Überwachung in der DDR nachträglich eine gesellschaftliche Freizügigkeit suggeriert werden soll die es so nicht gab.
Ich habe bereits darauf hingewiesen , dass das MfS auch nicht ''alles'' wissen musste , die soziale Kontrolle in Betrieben, durch die VP durch Massenorganisationen und Hausgemeinschaften sorgte jenseits von MfS für diese Überwachung und lieferte gegebenenfalls den Auslöser für eine Überwachung durch das MfS.
Man kann bei einer Bewertung von flächendeckender Überwachung in der DDR oder nicht , das MfS nicht los gelöst vom Rest der Gesellschaft der DDR betrachten.
Zuletzt geändert von Kumpel am 20. November 2020, 08:40, insgesamt 1-mal geändert.
Kumpel
 

Re: Vom Scheitern der kybernetischen Utopie

Beitragvon augenzeuge » 20. November 2020, 08:39

Die Stasi wollte allerdings keineswegs undifferenziert »alles« wissen und überwachte auch nicht flächendeckend.


Natürlich nicht. Sie wollte differenziert alles wissen, undifferenziert nützt es ja nichts.

Und wenn die Stasi nicht flächendeckend arbeitete, dann trifft dies ganz sicher nicht auf Abteilung M zu. Die arbeitete nachweislich flächendeckend, sonst wären einfach, unpolitische Briefe von unbedarften Jugendlichen nicht aufgefallen und schon gar nicht markiert irgendwo beim MfS gelagert, so dass man diese Infos 5-6 Jahre später in einem OPK verwenden konnte.

AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 84868
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Re: Vom Scheitern der kybernetischen Utopie

Beitragvon augenzeuge » 20. November 2020, 08:45

Danny_1000 hat geschrieben:Untermauert wird diese Erkenntnis auch durch Veröffentlichungen der Jahnbehörde, wonach es über mehr als zwei Drittel von einsichtsuchenden Antragstellern nicht einmal eine Stasikarteikarte gibt.


Das ist heute nicht mehr korrekt. Für 50% aller Antragsteller gibts es sogar mehr als eine Karte!
Für 30 Prozent der Antragsteller liegt nichts vor, für 20 Prozent lediglich Karteikarten. Diese werden den Antragstellern als Kopie zugesandt. Für 50 Prozent der Fragenden gibt es mehr als das.



AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 84868
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Re: Vom Scheitern der kybernetischen Utopie

Beitragvon Kumpel » 20. November 2020, 09:01

Danny_1000 hat geschrieben:Diese Erkenntnis erscheint mir wesentlich. Widerspricht Sie doch aus wissenschaftlicher Sicht der These von der sogenannten „flächendeckenden Überwachung der DDR- Bürger“ durch das MfS. Die gab es schlichtweg im wahrsten Sinne des Wortes nicht.



Wenig zielführend , das MfS losgelöst vom Rest der DDR zu betrachten. Aber durchaus gewollt.Das liefert Persilscheine.
Kumpel
 

Re: Vom Scheitern der kybernetischen Utopie

Beitragvon Nostalgiker » 20. November 2020, 09:21

Es ist mal wieder sehr interessant.
Die einschlägigen Experten orakeln über ein Thema welches sie weder kennen und auch nicht kennengelernt haben.
Da wird von PDF geschwafelt mit deren Hilfe man wohl hätte Daten "erfassen" können. Blöd nur das die PDF erst 1993 erfunden wurde und nichts weiter ist als ein Dokumentformat.

Lochkarten und Lochbandstreifen waren in den 60er und Anfang der 70er durchaus legitime Speichermedien für Daten und zwar Weltweit, denn Floppy Disk, 5, 1/4 Zoll kamen erst 1973 in den Handel.

Numerisch gesteuerte Werkzeugmaschinen hatten in ihrer Anfangszeit die Lochbandstreifen als Grundlage für ihre Steuerung.
Im Studium (Anfang der 70er) haben wir selbstverständlich im Fach Kybernetik unsere Leistungskontrollen und Klausuren mit Lochzange und Lochkarte geschrieben.

Im kommerziellen Gebrauch waren aber die Lochkarten um diese Zeit bereits durch Magnetbänder zur Datenerfassung abgelöst.

Solche lästigen und unwichtigen Kleinigkeiten vernachlässigen die schwafelnden Experten allzu gerne.

Nichts ist so schön über ein Thema zu parlieren über da man faktisch nichts weiß denn nur so lässt sich Hemmungslos vermuten und um zu den üblichen Standards zu kommen.
Ich nehme zur Kenntnis, das ich einer Generation angehöre, deren Hoffnungen zusammengebrochen sind.
Aber damit sind diese Hoffnungen nicht erledigt. Stefan Hermlin

Freiheit ist nur ein anderes Wort dafür, dass man nichts zu verlieren hat. Janis Joplin

Psychologen haben herausgefunden, dass Menschen, die immer bei anderen auf die Rechtschreibfehler hinweisen, eine Persönlichkeitsstörung haben und unzufrieden mit ihrem Leben sind. Netzfund
Benutzeravatar
Nostalgiker
 
Beiträge: 13710
Registriert: 28. August 2012, 12:36

Re: Vom Scheitern der kybernetischen Utopie

Beitragvon Olaf Sch. » 20. November 2020, 09:46

In dem Beitrag geht es weniger um die Abspeicherung der Daten, sondern um deren Auswertung.
Olaf Sch.
 

Re: Vom Scheitern der kybernetischen Utopie

Beitragvon Nostalgiker » 20. November 2020, 09:57

Und in meinem Beitrag bezog ich mich unter anderem auf den sinnfreien und verächtlichen Beitrag aus dem Harz.
Um Daten auszuwerten mußt du sie erst einmal speichern.

Alles klar?
Ich nehme zur Kenntnis, das ich einer Generation angehöre, deren Hoffnungen zusammengebrochen sind.
Aber damit sind diese Hoffnungen nicht erledigt. Stefan Hermlin

Freiheit ist nur ein anderes Wort dafür, dass man nichts zu verlieren hat. Janis Joplin

Psychologen haben herausgefunden, dass Menschen, die immer bei anderen auf die Rechtschreibfehler hinweisen, eine Persönlichkeitsstörung haben und unzufrieden mit ihrem Leben sind. Netzfund
Benutzeravatar
Nostalgiker
 
Beiträge: 13710
Registriert: 28. August 2012, 12:36

Re: Vom Scheitern der kybernetischen Utopie

Beitragvon Merkur » 20. November 2020, 10:07

Danny_1000 hat geschrieben:Diese Erkenntnis erscheint mir wesentlich. Widerspricht Sie doch aus wissenschaftlicher Sicht der These von der sogenannten „flächendeckenden Überwachung der DDR- Bürger“ durch das MfS. Die gab es schlichtweg im wahrsten Sinne des Wortes nicht.


Mir ebenfalls. Meine Beobachtung geht dahin, dass in den letzten Jahren durch jüngere kluge Köpfe eine Aufarbeitung erfolgt ist, die sich wesentlich realistischer und objektiver darstellt.
Auch teile ich die von Booß genannten Schwerpunkte der operativen Abwehrarbeit des MfS (Staat, Wirtschaft, Abwehr in Sachen Militär und Spionage) ausdrücklich. Natürlich hatten die Aufarbeiter der ersten Stunde, aus den Reihen der Bürgerbewegten stammend, aus ihrer subjektiven Betrachtung einen anderen Überwachungsschwerpunkt definiert. Für mich auch nachvollziehbar. Nur hält diese Sichtweise einer umfassenden Betrachtung der Gesamtproblematik über einen längeren Zeitraum eben nicht stand.
Selbstverständlich muss jeder seine individuelle Sicht bzw. Meinung haben und schreiben. Quelle: Augenzeuge.
Merkur
 
Beiträge: 4648
Registriert: 15. Juni 2010, 17:21

Re: Vom Scheitern der kybernetischen Utopie

Beitragvon Kumpel » 20. November 2020, 10:22

Aber liebe Leuts,

hier geht es doch nicht ernsthaft um Kybernetik oder die technischen Fähigkeiten des MfS und wenn nun durch ''jüngere kluge Köpfe'' herausgefunden wurde , dass die Schwerpunkte des MfS bei Staat , Witrschaft und Abwehr lagen so schließt das doch eine intensive Überwachung der Bevölkerung nicht aus und wie bereits gesagt erfolgte diese Überwachung und Kontrolle keinesfalls nur durch das MfS.
Die ''Bürgerbewegten'' hatten überhaupt keine Überwachungsschwerpunkte definiert , man beschäftigte sich schwerpunktmäßig mit dem was die Menschen ganz konkret betraf und das war eben die Überwachung der Bevölkerung und dessen Auswirkungen. Eine Einordnung von Schwerpunkten war überhaupt kein Thema. Das zeigt die nahezu widerstandslose Vernichtung der HVA Akten.
Warum fällt mir jetzt ausgerechnet Mielke ein mit seinem .....ich liebe doch alle Menschen ein. [flash]
Zuletzt geändert von Kumpel am 20. November 2020, 10:28, insgesamt 1-mal geändert.
Kumpel
 

Re: Vom Scheitern der kybernetischen Utopie

Beitragvon augenzeuge » 20. November 2020, 10:26

Merkur hat geschrieben: Meine Beobachtung geht dahin, dass in den letzten Jahren durch jüngere kluge Köpfe eine Aufarbeitung erfolgt ist, die sich wesentlich realistischer und objektiver darstellt.


Damit kannst du aber Booß kaum meinen, der ist 67, hat einmal die Wende direkt vom SFB erlebt, und ist seit 2001 bei der BSTU.

AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 84868
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Re: Vom Scheitern der kybernetischen Utopie

Beitragvon Olaf Sch. » 20. November 2020, 10:41

Nostalgiker hat geschrieben:Und in meinem Beitrag bezog ich mich unter anderem auf den sinnfreien und verächtlichen Beitrag aus dem Harz.
Um Daten auszuwerten mußt du sie erst einmal speichern.

Alles klar?


Entspann dich mal ein wenig. Ich bin nicht auf dem Kriegspfad. In Punkto Gombjuda und Datenverarbeitung / Speicherung auch ich wissend.

Von der Sache her, träumten einige Beim MfS wohl von dem, was heute Google und Amazon machen und zu leisten in der Lage sind. Die freiwillige 24/7 Rundumüberwachung mit Bewegungsprofil, was man einkauft, welches Kino, welches event mit Beweisfoto. Selbst das Klo ist nicht sicher. Eigenablieferung von möglichen Fotos zur Erpressung... wer braucht da noch IMs?
Olaf Sch.
 

Re: Vom Scheitern der kybernetischen Utopie

Beitragvon Merkur » 20. November 2020, 10:42

augenzeuge hat geschrieben:
Merkur hat geschrieben: Meine Beobachtung geht dahin, dass in den letzten Jahren durch jüngere kluge Köpfe eine Aufarbeitung erfolgt ist, die sich wesentlich realistischer und objektiver darstellt.


Damit kannst du aber Booß kaum meinen, der ist 67, hat einmal die Wende direkt vom SFB erlebt, und ist seit 2001 bei der BSTU.

AZ


Nun ja, gegenüber Schlomann und Fricke gehört er schon zu den jüngeren klugen Köpfen.
Aber natürlich gibt es noch wesentlich jüngere, die mit Publikationen auf sich aufmerksam gemacht haben (Heidenreich, Heitzer, Domnitz, Schiefer, Kowalczuk usw.)
Selbstverständlich muss jeder seine individuelle Sicht bzw. Meinung haben und schreiben. Quelle: Augenzeuge.
Merkur
 
Beiträge: 4648
Registriert: 15. Juni 2010, 17:21

Re: Vom Scheitern der kybernetischen Utopie

Beitragvon Merkur » 20. November 2020, 10:49

Kumpel hat geschrieben:Eine Einordnung von Schwerpunkten war überhaupt kein Thema. Das zeigt die nahezu widerstandslose Vernichtung der HVA Akten.


Meine Aussage bezog sich beginnend auf die Zeit, als sie in die Aufarbeitungsbehörden strömten. Da war die Selbstauflösung der HV A längst gegessen.
Selbstverständlich muss jeder seine individuelle Sicht bzw. Meinung haben und schreiben. Quelle: Augenzeuge.
Merkur
 
Beiträge: 4648
Registriert: 15. Juni 2010, 17:21

Re: Vom Scheitern der kybernetischen Utopie

Beitragvon Kumpel » 20. November 2020, 10:56

Das ist doch völlig nahe liegend und nachvollziehbar , dass der Fokus der ''Bürgerbewegten'' auf diesen Aspekten lag und nicht auf Spionage und Abwehr, weil es letzten Endes das war was diese DDR Gesellschaft zu dem gemacht hatte was sie war.
Das Agieren der HVA wurde weitestgehend als legitim betrachtet. Irrtümlicherweise.
Kumpel
 

Re: Vom Scheitern der kybernetischen Utopie

Beitragvon Merkur » 20. November 2020, 10:59

Kumpel hat geschrieben:Das ist doch völlig nahe liegend und nachvollziehbar , dass der Fokus der ''Bürgerbewegten'' auf diesen Aspekten lag und nicht auf Spionage und Abwehr, weil es letzten Endes das war was diese DDR Gesellschaft zu dem gemacht hatte was sie war.


Genau, weil ihr Agieren subjektiv geprägt war und nicht objektiv den wirklichen Schwerpunkten entsprach, die Booß jetzt nennt. Mehr wollte ich auch nicht zum Ausdruck bringen.
Selbstverständlich muss jeder seine individuelle Sicht bzw. Meinung haben und schreiben. Quelle: Augenzeuge.
Merkur
 
Beiträge: 4648
Registriert: 15. Juni 2010, 17:21

Re: Vom Scheitern der kybernetischen Utopie

Beitragvon Kumpel » 20. November 2020, 11:01

Ihr Agieren war geprägt von Erfahrungen und Ereignissen aus der Vergangenheit der DDR.
Interne Schwerpunksetzungen des MfS interessierten nicht und waren auch nicht von belang.
Zuletzt geändert von Kumpel am 20. November 2020, 11:04, insgesamt 2-mal geändert.
Kumpel
 

Re: Vom Scheitern der kybernetischen Utopie

Beitragvon Volker Zottmann » 20. November 2020, 11:02

Kumpel hat geschrieben:
Merkur hat geschrieben:Ich bin gespannt, was das Buch an Wissenswertem bietet. Und natürlich auch, was die Augenzeugen, Kumpel und Interessierten zu dieser Studie meinen. [wink]



Nun ja , was soll ich dazu meinen?
Zuerst ist mir mal aufgefallen , das in dem von dir unterstrichenen Zitat das Wort unterschiedslos fehlt. Ich finde das fehlende Wort für die Bedeutung des Satzes einigermaßen bedeutsam bei einer Einschätzung von flächendeckender Überwachung oder nicht.
Das Fehlen des Wortes suggeriert eine klare Verneinung und ein unterschiedslos schließt das Flächendeckend nicht aus.
Mich beschleicht jedenfalls der Eindruck , dass der Streit ob das MfS flächendeckend Überwachte oder nicht ideologische Ursachen hat und das bei einer angeblich nicht flächendeckenden Überwachung in der DDR nachträglich eine gesellschaftliche Freizügigkeit suggeriert werden soll die es so nicht gab.

Ich habe bereits darauf hingewiesen , dass das MfS auch nicht ''alles'' wissen musste , die soziale Kontrolle in Betrieben, durch die VP durch Massenorganisationen und Hausgemeinschaften sorgte jenseits von MfS für diese Überwachung und lieferte gegebenenfalls den Auslöser für eine Überwachung durch das MfS.
Man kann bei einer Bewertung von flächendeckender Überwachung in der DDR oder nicht , das MfS nicht los gelöst vom Rest der Gesellschaft der DDR betrachten.


Für mich ist das von Merkur FALSCH (unvollständig) Zitierte der Beweis, dass auch hier im Forum absichtlich getrickst und verfälscht wird. Auch das sind sicher erlernte Stasimethoden. Einfach böse Irreführung.

Gruß Volker
Volker Zottmann
 

Re: Vom Scheitern der kybernetischen Utopie

Beitragvon Merkur » 20. November 2020, 11:22

Volker Zottmann hat geschrieben:Für mich ist das von Merkur FALSCH (unvollständig) Zitierte der Beweis, dass auch hier im Forum absichtlich getrickst und verfälscht wird. Auch das sind sicher erlernte Stasimethoden. Einfach böse Irreführung.
Gruß Volker


Wenn Du derartige „Beweise“ für maßgeblich hältst, kann ich Dir leider nicht helfen. Du kannst gern die Suchmaschine bemühen und dann unmissverständlich erkennen, dass mein Zitat korrekt und vollständig ist.
Und dann stelle bitte Deine dreiste unwahre Behauptung richtig.
Selbstverständlich muss jeder seine individuelle Sicht bzw. Meinung haben und schreiben. Quelle: Augenzeuge.
Merkur
 
Beiträge: 4648
Registriert: 15. Juni 2010, 17:21

Nächste

Zurück zu Buchvorstellungen

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 2 Gäste

cron