Peter-Michael Diestel

Hier können Bücher vorgestellt und besprochen werden, die in den Bereich politische Systeme gehören.

Peter-Michael Diestel

Beitragvon Merkur » 22. September 2019, 19:25

"In der DDR war ich glücklich. Trotzdem kämpfte ich für die Einheit". So heißt das neue Buch von Peter-Michael Diestel. Vorab schreibt dazu der Nordkurier:

Er demonstriert Selbstbewusstsein bis zum Anschlag. Peter-Michael Diestel, letzter DDR-Innenminister, Jurist, CDU-Mitglied und bekennender Ostdeutscher hat ein neues Buch mit dem – je nach Sichtweise – ironischen oder provozierenden Titel „In der DDR war ich glücklich. Trotzdem kämpfe ich für die Einheit“ vorgelegt. Wenige Wochen vor dem 30. Jahrestag des Mauerfalls bieten Rückblicke und Betrachtungen des heute 67-Jährigen über den Zustand Deutschlands viel Stoff zum streithaften Diskutieren. Zudem könnten sich gerade in den neuen Ländern viele ältere Seelen gestreichelt fühlen. So mancher dürfte sich mit seinen Erfahrungen wiederfinden.

Zählten allein ethisch-moralische Qualitäten, blieben viele Reihen in den Parlamenten leer, stichelt Diestel, der in Mecklenburg-Vorpommern lebt. Im Wald sorge der Waidmann für das Gleichgewicht und gesunde Verhältnisse, sinniert der Autor. „Wer besorgt es in der Gesellschaft? Der Souverän, das Volk, an der Urne? Herrliche Einfalt!“. Das Buch aus dem Verlag Das Neue Berlin (Eulenspiegel-Verlagsgruppe) soll am Montag in Berlin offiziell vorgestellt werden.

Er sei DDR-Zeitzeuge, reklamiert der Anwalt für sich. Er versuche, die seit der Einheit vorherrschende DDR-Sicht zu revidieren oder differenzieren. Und wieder ein echter Diestel: Auf seinem Handy seien als Klingelton die ersten Takte der „wunderbaren DDR-Nationalhymne” zu hören. Er wolle daran erinnert werden, woher er komme, was ihn geprägt habe und „wozu ich stehe“. Das wirke der Geschichtsvergessenheit entgegen, findet der gelernte Rinderzüchter und spätere Anwalt.

Respekt für zehntausende Stasileute
Der Mann mit dem Hang zum Zuspitzen erinnert sich, wie er als Chef des Innenressorts in der ersten frei gewählten und zugleich letzten DDR-Regierung unter Lothar de Maizière 1990 das Ministerium für Staatssicherheit auflösen sollte. Westdeutsche Berater seien wie die Heuschrecken in Ost-Berlin eingefallen. Die CSU – vermutlich aus Sorge, zu kurz zu kommen, notiert Diestel – habe ihm eine ganze Truppe geschickt mit dem Auftrag zu helfen. Der Ostdeutsche gehörte zu den Gründern der DSU (Deutsche Soziale Union).

In seiner Blauäugigkeit habe er erst später gemerkt, dass Bonn eigene Interessen verfolgt habe. „Wichtige Leute von der DDR-Aufklärung“ habe man kontaktieren wollen. Die hätten aber eisern geschwiegen. Sie wollten ihr Wissen demnach nur bei juristischer Gleichbehandlung der Spione aus Ost und West im vereinten Deutschland preisgeben. „Diese Verabredung aber kam nie zustande.“ Einige der Ost-Aufklärer hätten sich unerkannt nach Moskau absetzen können, so der Autor, bei dessen letzter Hochzeit de Maizière und Linken-Politiker Gregor Gysi Trauzeugen waren.

Diestel zollt in seinem Buch den Zehntausenden Ex-Mitarbeitern des MfS (Ministerium für Staatssicherheit) Respekt: Sie hätten sich der neuen Rechts- und Moralordnung nicht entgegen gestellt, so seine Sicht der Dinge. „Loyal halfen sie mit, sich selbst abzuwickeln“. Sie hätten Anteil daran, dass die deutsche Einheit nicht mit Blut befleckt wurde. Er frage sich, ob frühere DDR-Geheimdienstler die „fortgesetzte gesellschaftliche Ächtung“ verdient hätten.

Die Antwort gibt sich Diestel selbst: Das Bundeskabinett habe jetzt die Überprüfung auf Stasi-Tätigkeit bis Ende 2030 beschlossen. Wer dann jünger als 60 ist, „war zum Ende der DDR nicht mal Pionier“, wirft Diestel ein. „Wäre ich ein linker Radikaler, der ich bekanntlich nicht bin, würde ich meinen, es handele sich um Methoden eines Polizeistaates, die demokratisch verhüllt werden“, wettert der CDU-Mann, der ein Regierungsamt in Bonn nach der Einheit ablehnte. „Ich wollte im Osten bleiben.“ Kritiker hatten Diestel wiederholt einen verharmlosenden Umgang mit dem MfS vorgeworfen.

Deutsche Einheit ist „einmalig schön”
Respekt zollt er in vielerlei Richtungen: So verweist Diestel auf sein damaliges „angenehm menschliches Verhältnis“ zu Bundeskanzler Helmut Kohl. Er schreibt auch „mein Freund Manfred Stolpe von der SPD“ über den früheren Ministerpräsidenten in Brandenburg, und den langjährigen Spionagechef der Stasi, Markus Wolf, bezeichnet er als Helden.

Diestel hatte nur rund ein halbes Jahr das Ministeramt bis zum Ende der DDR. In seiner Ära erfuhr die überraschte Öffentlichkeit im Juni 1990 auch, dass die DDR Mitgliedern der links-terroristischen Rote Armee Fraktion (RAF) Unterschlupf gewährt und sie mit anderen Identitäten ausgestattet hatte.

Diestel fragt sich im Buch, warum 1990 der Einigungsvertrag von einem Innenminister (Wolfgang Schäuble) und einem Staatssekretär (Günther Krause) unterschrieben wurde. „Das wäre doch mindestens ein Akt der Staatsoberhäupter, mindestens aber der Regierungschefs gewesen und nicht von zwei Regierungsbeamten.“

Bin auf das Buch und die morgige Präsentation in Berlin gespannt.
Selbstverständlich muss jeder seine individuelle Sicht bzw. Meinung haben und schreiben. Quelle: Augenzeuge.
Merkur
 
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Re: Peter-Michael Diestel

Beitragvon Volker Zottmann » 22. September 2019, 21:21

Das ist ja schön, wenn der DSU-Mann Diestel nun der Stasi noch dankt.
In Einem hat er aber recht. Das es sich das mit der Stasi nun langsam ganz logisch auch biologisch klärt.
Selbst habe ich einige in meinem Arbeitsumfeld spät nach der Wende als IMs erkannt. Einer als späterer Hauptamtlicher machte da nie ein Geheimnis drum und ich weiß auch nicht, was dort seine späteren Aufgaben waren.
Die Denunzianten und "Minispione der Nachbarschaftserkundung" sterben aber auch langsam weg.
Brauch mir zu deren "Wiedererwachen" keine Sorgen mehr machen. So wird das Leben immer freudvoller. Doch sollten wir nie damit aufhören genau zu benennen, wie es zu dieser ganze hinterhältigen "Mitmenschlichkeit" ala DDR kam. Das müssen schon zur Verhinderung einer Geschichtswiederholung Nachgeborene erfahren.

Gruß Volker
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Re: Peter-Michael Diestel

Beitragvon Beethoven » 23. September 2019, 07:40

Heute wurde das Buch in unserer Tageszeitung des Kreises, an zweiter Stelle, hinter dem Tode von Sigmund Jähn, angekündigt.

Ich hatte schon immer den Eindruck, dass Herr Diestel ein realpolitisches Denken, sein Eigen nennen kann.
Dass sein Buch so manchem "Ostlandritter" aufstoßen wird, kann ich schon nachvollziehen. Um so interessanter wird es sein, wobei es natürlich immer ein subjektiver Blick auf die Geschehnisse von einst sein wird. Aber was ist nicht subjektiv wenn es von Menschen kommt.

Freundlichst
Die größten Vorteile im Leben überhaupt wie in der Gesellschaft hat ein gebildeter Soldat. J. W. v. Goethe

Das Gesetz ändert sich, die Gesinnung nicht.
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Re: Peter-Michael Diestel

Beitragvon Kumpel » 23. September 2019, 07:53

Es ist eher ambivalent was Diestel da so von sich gibt, aber so ist das wohl manchmal im Leben.
Mancher der zu DDR Zeiten für eine gerechte Gesellschaft kämpfte verdient heute an der Verfestigung der Ungleichheit im Kapitalismus.
Diestel war sicherlich nicht der Einzige, der in der DDR glücklich war , aber nicht unbedingt wegen der DDR sondern trotzdem.
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Re: Peter-Michael Diestel

Beitragvon augenzeuge » 23. September 2019, 10:44

Er muss mächtig Angst davor haben, sich unbewusst vom Ostdeutschen, mit dem er, als besonders Privilegierter, eigentlich kaum noch etwas gemein hat, abzuwenden. Wie sonst ist es zu erklären, dass er die DDR Hymne zur regelmäßigen Erinnerung als Klingelton nutzt.... [denken]

Seine pauschale Sicht auf das MfS, „Loyal halfen sie mit, sich selbst abzuwickeln“... [flash] ....teilen wohl nur wenige. Jene, die die Freiheit erkämpften, ganz sicher nicht.

AZ
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Re: Peter-Michael Diestel

Beitragvon Nostalgiker » 23. September 2019, 13:29

Kannst du schön ergriffen sein ......
das trieft so richtig.

Und neidisch, hast du nicht auch gegen die angebliche Gleichmacherei in der DDR gewettert?
Nun bringt es die "Freiheit" mal so mit sich das jetzt der Eine mehr hat und der Andere weniger. Ist er deshalb automatisch Privilegiert?
Zuletzt geändert von Nostalgiker am 23. September 2019, 13:32, insgesamt 1-mal geändert.
Ich nehme zur Kenntnis, das ich einer Generation angehöre, deren Hoffnungen zusammengebrochen sind.
Aber damit sind diese Hoffnungen nicht erledigt. Stefan Hermlin

Freiheit ist nur ein anderes Wort dafür, dass man nichts zu verlieren hat. Janis Joplin

Psychologen haben herausgefunden, dass Menschen, die immer bei anderen auf die Rechtschreibfehler hinweisen, eine Persönlichkeitsstörung haben und unzufrieden mit ihrem Leben sind. Netzfund
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Re: Peter-Michael Diestel

Beitragvon Kumpel » 23. September 2019, 13:31

Nostalgiker hat geschrieben:Kannst du schön ergriffen sein ......
das trieft so richtig.


Dann hat er ja alles richtig gemacht. :)
Kumpel
 

Re: Peter-Michael Diestel

Beitragvon Kumpel » 23. September 2019, 14:23

Nostalgiker hat geschrieben:
Und neidisch, hast du nicht auch gegen die angebliche Gleichmacherei in der DDR gewettert?


Ist eine dünne Suppe die du da anrührst.
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Re: Peter-Michael Diestel

Beitragvon Kumpel » 23. September 2019, 15:51

Warum fällt mir ausgerechnet bei Diestel ein Zitat von Broder ein?

Es gab und gibt eine starke Grundsympathie für den Versuch, der in der DDR unternommen wurde, vergleichbar der Sympathie eines Forschers, der ein Experiment beobachtet, an dem er nicht teilnimmt. Wenn es schiefgeht, wird er die Versuchsanordnung leicht ändern und wieder von vorne loslegen – immer auf Kosten anderer. Die politisch korrekte Linke, die bürgerliche Linke, die Salon-Linke, die SPD-Linke, die Kollaborations-Linke hat sich immer noch nicht zu der Erkenntnis durchgerungen, daß die DDR ein Unrechtsregime war.


Ich meine damit Leute wie Diestel, Gysi, Heym oder Bisky. Es gab in der Bundesrepublik immer die normale bürgerliche Korruption. Aber einen Mann wie Diestel, der versucht, qua Gericht Geschichte umzuschreiben, gab es vorher nicht. Einen derart charakterlosen, geldgeilen Opportunisten wie Heym hat es vorher auch nicht gegeben. Für so kleine Summen auch noch! Früher hatte das wenigstens noch Niveau, da hat, wer auch immer, Herrn Kohl 50 000 Mark im Briefkuvert zugesteckt. Aber Heym ist ja schon für 1000 Mark käuflich. Der Mann hat überhaupt nichts zu sagen, aber er möchte gern anderen vorschreiben, was für sie gut ist.
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Re: Peter-Michael Diestel

Beitragvon augenzeuge » 23. September 2019, 15:55

Nostalgiker hat geschrieben:Nun bringt es die "Freiheit" mal so mit sich das jetzt der Eine mehr hat und der Andere weniger. Ist er deshalb automatisch Privilegiert?


Nee, das bringt sie nicht mit sich, das gabs schon immer. Nur nicht so deutlich.

Egal, ich finde nicht, dass er bei der MfS Abwicklung alles richtig gemacht hat. [hallo]

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Re: Peter-Michael Diestel

Beitragvon karnak » 23. September 2019, 19:13

augenzeuge hat geschrieben:
Nee, das bringt sie nicht mit sich, das gabs schon immer. Nur nicht so deutlich.

Egal, ich finde nicht, dass er bei der MfS Abwicklung alles richtig gemacht hat. [hallo]

AZ

[grin] Na ja, ich weiß auch nicht, ich kenne da welche da ist es schon sehr deutlich. Und die müssen sich zu den Privilegien von damals ja einen Ast lachen. [flash]
Was würde denn das heißen, alles richtig gemacht, ob etwas richtig gemacht wird, dass hängt schon sehr von der Sicht der Dinge durch den Bewerter ab.
Der Diestel hat es mit Augenmaß, Nüchternheit, Fairness und ohne aufgeregten rachegelüsteten Aktionismus gemacht, zumindest soweit das in der aufgeregten Zeit irgendwie möglich war.
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Re: Peter-Michael Diestel

Beitragvon augenzeuge » 23. September 2019, 21:09

Diestel hat es leider mit zu verantworten, dass viele Akten, die einige hinter Gitter gebracht hätten, vernichtet worden sind .

Das kann ich nicht als richtig bezeichnen. Damit hat er das Recht gebeugt.

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Re: Peter-Michael Diestel

Beitragvon pentium » 23. September 2019, 21:23

augenzeuge hat geschrieben:Diestel hat es leider mit zu verantworten, dass viele Akten, die einige hinter Gitter gebracht hätten, vernichtet worden sind .

Das kann ich nicht als richtig bezeichnen. Damit hat er das Recht gebeugt.

AZ


Welches Recht soll er da gebeugt haben?
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Re: Peter-Michael Diestel

Beitragvon augenzeuge » 23. September 2019, 21:30

pentium hat geschrieben:
augenzeuge hat geschrieben:Diestel hat es leider mit zu verantworten, dass viele Akten, die einige hinter Gitter gebracht hätten, vernichtet worden sind .

Das kann ich nicht als richtig bezeichnen. Damit hat er das Recht gebeugt.

AZ


Welches Recht soll er da gebeugt haben?


Der Tatbestand war eindeutig. Zu der Zeit, als Diestel das Innenministerium führte, wurden Stasi-Akten geschreddert.

Die Verantwortung dafür lag beim zuständigen Innenminister. Wurde gerichtlich festgestellt, auch wenn er es gern verhindert hätte. [wink]
https://www.welt.de/politik/deutschland ... erper.html
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Re: Peter-Michael Diestel

Beitragvon augenzeuge » 23. September 2019, 21:38

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Re: Peter-Michael Diestel

Beitragvon Volker Zottmann » 23. September 2019, 22:29

Unter Diestel ist nichts zufällig passiert.
Modrow und Diestel waren fleißige Wegbereiter.... Für wen, kann sich jeder selbst beantworten. Für mich ist das eindeutig.

Gruß Volker
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Re: Peter-Michael Diestel

Beitragvon zonenhasser » 23. September 2019, 22:49

augenzeuge hat geschrieben: Wie sonst ist es zu erklären, dass er die DDR Hymne zur regelmäßigen Erinnerung als Klingelton nutzt.... [denken]
Diestel war vor ein paar Wochen Gast in der MDR-Talkshow "Riverboat". Nicht nur dass er in seinem plumpen Proletentum hartnäckig die Moderatorin Kim Fisher duzte - nein, er ließ sich zum wiederholten Mal in einer Talkshow anrufen, tat so als habe er vergessen, das Handy stummzustellen - nur, um das Gespräch auf seinen Klingelton zu lenken...
Kumpel hat geschrieben:Warum fällt mir ausgerechnet bei Diestel ein Zitat von Broder ein?

Vor langer Zeit habe ich mit meinem Zeitungsarchiv Henryk M. Broder bei einem Prozess gegen Diestel geholfen. Dankschreiben liegt vor. Aber nicht von PMD - im Gegenteil, er ließ mir vor Jahren durch seine Hamburger Anwälte eine Aufforderung zukommen, ihn nicht mehr zu kontaktieren. Grund war eine Äußerung in einer TV-Talkshow, wonach ihm zu DDR-Zeiten 30 mal der Antrag auf Zulassung zum Rechtsanwalt verweigert worden sei. Daraufhin hatte ich ihm gemailt:
"Sie haben recht, nicht alles war in der DDR schlecht."
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Re: Peter-Michael Diestel

Beitragvon karnak » 24. September 2019, 07:55

Die Zuständigkeiten waren zu dem Zeitpunkt völlig verschwommen. Für die aktuell eingesetzten Verantwortlichen bestand nicht die geringste Chance die Zusammenhänge überhaupt zu überschauen. Es ist völlig lächerlich zu vermuten, dass er vorsätzlich und in die Zukunft schauend irgendwelche Aktenschredderei befeuert hat. Zumindest nicht zu denen die die DDR -Bürger Bespitzelung betraf. Andere Dinge musste er realisieren lassen um die deutsche Einheit nicht zu bremsen. Das waren allerdings alles Dinge die der heutigen Neu und Sensationsgier der Aktenbeantrager sowieso nicht zugänglich gemacht worden wären, also für die Gegenwart und Zukunft gegenstandslos.
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Re: Peter-Michael Diestel

Beitragvon Icke46 » 24. September 2019, 09:35

Leider ist ja nicht ganz klar, von wem der von Merkur zur Thread-Eröffnung eingestellte Text ist.
Unabhängig von allem anderen (wo man sicherlich geteilter Meinung sein kann) hat entweder Herr Diestel oder der Autor des eingestellten Textes ein Rechenproblem:

(Zitat):

Die Antwort gibt sich Diestel selbst: Das Bundeskabinett habe jetzt die Überprüfung auf Stasi-Tätigkeit bis Ende 2030 beschlossen. Wer dann jünger als 60 ist, „war zum Ende der DDR nicht mal Pionier“, wirft Diestel ein.

(Zitatende)

Wenn jemand im Jahr 2030 jünger als 60, also beispielsweise 59 Jahre alt ist, war er beim Ende der DDR 17 bzw. 18 Jahre alt - und dann nicht mal Pionier??? Kein Wunder, dass die DDR den Bach runtergegangen ist - Pionier mit 30, FDJ mit 60, Berufseinstieg mit 85 - oder wie?
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Re: Peter-Michael Diestel

Beitragvon zonenhasser » 24. September 2019, 09:51

icke46 hat geschrieben:Leider ist ja nicht ganz klar, von wem der von Merkur zur Thread-Eröffnung eingestellte Text ist.
Merkur hat geschrieben: Vorab schreibt dazu der Nordkurier:
Die “Rote Fahne” schrieb noch “wir werden siegen”, da hatte ich mein Geld schon in der Schweiz.
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Re: Peter-Michael Diestel

Beitragvon Merkur » 25. September 2019, 08:46

Die Buchvorstellung war eine runde Sache und mit ca. 250 Leuten auch gut besucht. Darunter bekannte Gesichter aus Sicherheit, Medien, Kunst und Kultur.
Diestel sprach über verschiedene Episoden aus seinem Leben in der DDR, der Wendezeit und natürlich der Zeit danach. Es ging auch um die AfD, die Allianz für Deutschland. Von der heutigen AfD hat sich Diestel ganz klar distanziert.
Interessant waren u.a. seine Ausführungen zu den dicken Briefumschlägen aus dem Westen, um damit im Frühjahr 1990 in der DDR den Wahlkampf finanzieren zu können. Das Geld wurde dann z.T. in der DDR umgetauscht. Diestel sprach dabei von Fleischermeistern in der DDR, die auf Geldkoffern schliefen.
Kritisch sprach Diestel den Umgang mit der DDR-Intelligenz nach 1990 an. Er sagte u.a. dass viele dieser Menschen nach 1990 weichen mussten und aus dem Westen die in den Osten kamen, die dort über waren. Und das waren bekanntlich oftmals nicht die Besten. Diestel monierte u.a., dass heute viel zu wenig Ostdeutsche in Führungspositionen sind, z. B. als Diplomaten, Generale, Rektoren von Hochschulen oder im Justizapparat. Deutlich machte er auch, dass es viele Westdeutsche in Führungspositionen im Osten gibt, umgekehrt ist das 30 Jahre nach der Wende kaum der Fall.
Den Angehörigen der bewaffneten Organe der DDR dankte er für ihr Verhalten im Herbst 1989, was Grundlage der friedlichen Revolution war. Er sagte: Sie hatten die Waffen und wir die Kerzen.
Ansonsten sprach Diestel über die Themen Stasi-Akten, Treuhand u.v.a. Für mich neu war seine kurze Freundschaft zu Detlev Karsten Rohwedder. An eine Tat der RAF hinsichtlich seiner Ermordung glaubt Diestel übrigens nicht.
Fazit: Ein gelungener Abend mit interessanten Einsichten.
Selbstverständlich muss jeder seine individuelle Sicht bzw. Meinung haben und schreiben. Quelle: Augenzeuge.
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Re: Peter-Michael Diestel

Beitragvon Kumpel » 25. September 2019, 08:54

Merkur hat geschrieben:Interessant waren u.a. seine Ausführungen zu den dicken Briefumschlägen aus dem Westen, um damit im Frühjahr 1990 in der DDR den Wahlkampf finanzieren zu können.


Hat sich Diestel nicht selbst einen dicken Briefumschlag bei der CSU abgeholt?
Kumpel
 

Re: Peter-Michael Diestel

Beitragvon Kumpel » 25. September 2019, 09:15

Hier noch ein erfrischender Leserbrief aus der JW zu Diestels Auftritt bei Riverboat im MDR.

Was dieser aufgeblähte, narzisstische Altpfau in der besagten illustren Runde beklagt, ist eigentlich nichts anderes als das Bedauern darüber, dass die »oberen Zehntausend« im Osten seinerzeit nicht genügend von der Beute bei der Zerschlagung der DDR abbekommen und nach seiner Meinung bis heute zuwenig Einfluss innerhalb des kapitalistischen Nachfolgesystems erlangt hätten, während in Wirklichkeit Figuren wie er sich bereits vor drei Jahrzehnten bereitwillig im Kapitalismus eingerichtet hatten und seitdem unentwegt ihre persönlichen Pfründe mehren. Zur Lage der Abgehängten und Zurückgebliebenen hingegen kein einziges Wort. Offensichtlich überhaupt nicht zu begreifen scheint er, dass die Menschen im Osten nicht etwa deshalb AfD wählen und regelmäßig auf die Straße gehen, weil es keine oder kaum originäre Ossivorstände, -aufsichtsräte, -richter oder -rektoren dort gibt – das interessiert die einen feuchten Dreck, bzw. das wissen die meisten wahrscheinlich erst gar nicht –, sondern weil sie inzwischen begriffen haben, wie sie von den Wendehälsen à la Diestel, Krause, de Maizière und Co. seinerzeit an den Westen verraten wurden. Und nichts kränkt und verletzt Menschen nun mal mehr als schändlich verratenes Vertrauen. Mit dem Satz: »Niemals hätte ich mein Vaterland den Kommunisten überlassen«, grenzt er ferner nicht nur unzählige Menschen als nicht zum »Vaterlandx gehörend aus, sondern er ignoriert sogar auch noch die historische Tatsache, dass es eben genau jene Kommunisten waren, die im erbitterten Kampf gegen die sein »Vaterland« zerstörenden und in den Abgrund führenden Nazis den größten Blutzoll erbracht haben. Und so einen faschistoiden Dreck darf man auch noch dreißig Jahre nach der Annexion der DDR gänzlich unwidersprochen und unter denunziatorischem Applaus im Westfernsehen absondern.
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Re: Peter-Michael Diestel

Beitragvon augenzeuge » 25. September 2019, 15:46

Für mich neu war seine kurze Freundschaft zu Detlev Karsten Rohwedder. An eine Tat der RAF hinsichtlich seiner Ermordung glaubt Diestel übrigens nicht.


Also doch die Stasi? Wie im Film. [shocked]

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Re: Peter-Michael Diestel

Beitragvon augenzeuge » 25. September 2019, 15:48

Was dieser aufgeblähte, narzisstische Altpfau in der besagten illustren Runde beklagt, ist eigentlich nichts anderes als das Bedauern darüber, dass die »oberen Zehntausend« im Osten seinerzeit nicht genügend von der Beute bei der Zerschlagung der DDR abbekommen und nach seiner Meinung bis heute zuwenig Einfluss innerhalb des kapitalistischen Nachfolgesystems erlangt hätten, während in Wirklichkeit Figuren wie er sich bereits vor drei Jahrzehnten bereitwillig im Kapitalismus eingerichtet hatten und seitdem unentwegt ihre persönlichen Pfründe mehren. Zur Lage der Abgehängten und Zurückgebliebenen hingegen kein einziges Wort.


Den Eindruck muss man auch bekommen....oder Merkur?
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Re: Peter-Michael Diestel

Beitragvon Kumpel » 25. September 2019, 15:56

Ich kann diesen Leserbrief gar nicht oft genug lesen.
Sowas nennt man Klassenstandpunkt. Klare Kante und allemal besser als das verdeckte Geschwurbel von einem lobenswerten Verhalten der ''Organe'' oder dem Lamentieren
wegen der Diffamierungen gegen die DDR.
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Re: Peter-Michael Diestel

Beitragvon Merkur » 25. September 2019, 16:11

augenzeuge hat geschrieben:Den Eindruck muss man auch bekommen....oder Merkur?
AZ


Keine Ahnung, welchen Eindruck Du bekommen musst.
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Re: Peter-Michael Diestel

Beitragvon augenzeuge » 25. September 2019, 16:13

Merkur hat geschrieben:
augenzeuge hat geschrieben:Den Eindruck muss man auch bekommen....oder Merkur?
AZ


Keine Ahnung, welchen Eindruck Du bekommen musst.


Du hast ihn also nicht bekommen. Aber etwas nachgedacht hast du dennoch hoffentlich.

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Re: Peter-Michael Diestel

Beitragvon karnak » 25. September 2019, 16:40

Es gab ein paar Charaktere die passten eigentlich nie in diese Art DDR in der ich mich durchaus mal heimisch gefühlt habe, der Diestel gehörte wohl immer dazu. Er ist wohl das was ich als bunten Hund bezeichnen würde, was natürlich in der Diktatur schwer auszuleben war. Und mich nervt eigentlich bis heute ein gewisses aufgesetztes Getue, dem man nun unbedingt mit Äußerlichkeiten und verrückten und widersprüchlichen Kontakten Ausdruck verleihen will. Für jemanden wie Diestel wird das Ende der DDR mit Sicherheit ein Befreiungsschlag, allerdings eben ohne dieses furchtbare Zurückblicken im Zorn.
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Re: Peter-Michael Diestel

Beitragvon augenzeuge » 25. September 2019, 16:47

Ja, karnak, da ist vieles richtig, was du sagst.

Mich stört das hier:
Er sagte: Sie hatten die Waffen und wir die Kerzen.


Er trug zur Demo eine Kerze?

Kein Witz.
Peter-Michael Diestel, letzter Innenminister der DDR, hält auf seinem Landsitz zwei Schweine. Er nennt sie Karl und Rosa. Warum? "Irgendwann werden auch sie erschossen".

Diestels Bewusstsein...
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