Das Buch gibts bei Amazon-Prime als Audio-Buch fuer lau.
Ist 'ne krasse Geschichte, mit sehr wechselhaften Kapiteln - welche die man ernst nehmen kann, und bei anderen war Relotius der Vater des Gedanken.
Wenn jemand in Amerika das Buch, so wie's ist, verfilmt haette, dann wuerde in Deutschland warscheinlich viele sagen "typisch Hollywood", da passieren zu viele teilweise eher unglaubliche Dinge, welche etwas an "The American's" erinnert, nur mit umgekehrten Vorzeichen. In den Zeitbereichen wo der Autor die Unterlagen der BSTU zur Verfuegung hat wird's IMHO recht akkurat, da wo's ausserhalb geht isses teilweise eher abenteuerlich.
Was es ein bisserl schwierig macht ist das der Autor zwischen verschiedenen Zeitraeumen hin- und herspringt. Ich hatte das Buch schon vor einem guten Jahr angefangen, allerdings durch die 'rumspringerei in der Zeitleiste und die enorme Anzahl von Namen hatte ich's dann aufgegeben, nachdem immer wieder Namen zwischendurch auftauchten, welche anscheinend vorher schon mal vorkamen, die man in einem spaeteren Kapitel dann nicht mehr zuordnen konnte.
Als ich das zum zweiten mal angehoert hab, hab' ich angefangen die Namen in einem Diagramm aufzuzeichnen, das ist dabei herausgekommen.
DieSpionin.png
Vielleicht kann das @Merkur mal korrektur-lesen,
es sind nicht alle Personen in der Handlung drauf. Wenn man sich das Buch antun moechte (und es ist durchaus lesenswert), dann sollte die Skizze helfen, den Ueberblick zu bewaren. Eigentlich haette das in's Buch gehoert..
Das Hauptproblem mit dem Buch ist das der Autor viel projiziert und relativ wenig reflektiert, sobald ihm die Akten der BSTU ausgehen.
Einer der eklatantesten ist, das er auf amerikanischer Seite alles unter "CIA" verwurstet, auch in Situationen wo's keinen Sinn macht, oder wo schlicht aus seinen eigenen Recherchen hervorgeht, das es warscheinlich nix mit "CIA" zu tun hat. Z.B. hat die CIA wohl kaum ihre eigenen "Case Officers"/"Operational Officers" sauber in einem Handbuch gebuendelt und publiziert, jedoch impliziert der Autor genau das. Darauf, das die "Amerikaner" in Berlin FSO's sein koennten, kommt er nicht, das waere zu banal.
Die drei 'Hauptagenten' "Huebner", "Raymond" und "Warfield" waren meiner Meinung nach FSO's, deswegen die Rotation, und deswegen auch das in der Story benannte verhalten. FSO's sind beim "State Dept" angestellt, nicht Teil der "Farm" (NSA, DIA, CIA, 25AF, ISC, CSS, ONI, OIA, ...) - obwohl die mit denen teilweise zusammenarbeiten. FSO's sind u.a. *auch* dazu angehalten, Informationen im betreffenden Land zu sammeln, und ihre eigenen Informanten zu "fuehren" - allerdings eher overt als covert. Auch waren z.B. die geleakten "cables" von Bradley Manning keine Dokumente des "CIA", sondern des State Department. Die FSO's hatten/haben nicht die gleiche Schulung wie die der "clandestine Services", die waren keine "echten" Spione. In der Geschichte ist denen ist da schlicht was aus dem Ruder gelaufen, fuer das sie eigentlich nicht da waren.
Der groesste Teil ist als Reportage erzaehlt, wie als wenn der Erzaehler in jeder Situation selbst dabei ist, inklusive Details die einfach nicht mehr rekonstruierbar sein koennen; teilweise wie als wenn das ganze ein Drehbuch werden sollte.
Die Recherche in den USA ist eher unbeholfen und dilletantisch, die Inkompetenz dabei wird dann als Geheimniskraemerei verkauft.
Weitere Projektionen des Autors waren z.B.:
* schildert er die US-Demokraten (in der Erzaehlung von Raymond) aus der heutigen Sicht, nicht aus der Sicht der 40er/50er Jahre.
* die Geschichte mit dem "Du" anbieten, das kennt hier kein Mensch. Der Umstand den Raymond darum macht, ist unglaubwuerdig
* kurz darauf ist man wieder beim "Sie"
* "Thanksgiving ist bei uns Weihnachten".
* Die "CIA" hat an Wolfgang Leonhart's Buch "mitgearbeitet"
Natuerlich darf weder die Tigerjagd mit dem Maharadscha von Indien fehlen, noch der Harem in Jemen. In's Kino geht's zu "Im Winde verweht" (und im Hintergrund spielt leise Frank Sinatra...)
... das wird dann alles ein bisserl Relotius.
Lesenswert isses trotzdem, in manchen Bereichen warscheinlich sogar historisch akkurat, in anderen ist's die etwas simple Weltsicht des Autors.
Merkur hat geschrieben:Ich denke schon, denn auch andere ehemalige amerikanische Agenten berichten (nett ausgedrückt) von einer doch recht sorglosen Quellenführung und Unterschätzung des Gegners. Und es geht nicht um den Austausch sondern um einen rechtzeitigen Rückzug bei Gefahr, damit keine Verhaftung droht.
Naja, eure "Agenten" des DDR-Aussenministeriums in der Botschaft in New York haben auch etliche Boecke gebaut. Das waren halt auch keine "Pro's".
Merkur hat geschrieben:Beispielsweise hat die HV A ihre Quelle „Sonja Lüneburg“ ohne konkrete Gefahr aus Sicherheitsgründen zurückgezogen, nur weil sie ihre operativen Dokumente verloren hatte. Man wollte kein Risiko eingehen.
(1) Da hattet ihr den Vorteil/Nachteil das es eure Staatsbuerger waren. In der Story waren's das nicht. Auslaendische Informanten/Agenten hatten da wenig Schutz, das stimmt. Bei eigenen Staatsbuergern war das auch anders.
(2) Man hatte den Vorteil das so ein Rueckzug in Richtung Osten bei weitem einfacher war als in die Gegenrichtung.
-Th