Deutscher seit Jahrzehnten in US-Haft - Der Fall Jens Söring
Die Nachricht kam völlig überraschend: Nach mehr als 30 Jahren in einem US-Gefängnis kommt der Deutsche Jens Söring frei. Er wurde für zwei Morde verurteilt. Bis heute beteuert der Diplomatensohn seine Unschuld.
Es ist einer der längsten und aufsehenerregendsten Justizfälle der vergangenen Jahrzehnte: Seit 1986 sitzt der Deutsche Jens Söring wegen Doppelmordes in einem US-Gefängnis. Der Diplomatensohn beteuert bis heute seine Unschuld, er hat sich stets um Freilassung bemüht. Vergeblich. Bis zu dieser Woche.
Die Geschichte beginnt im August 1984.
Söring ist damals 18 Jahre alt. Sein Vater arbeitet als deutscher Vizekonsul in Detroit, Jens Söring studiert an der University of Virginia. Dort verliebt sich der junge Deutsche in die gebürtige Kanadierin Liz Haysom, Tochter des Unternehmerpaares Derek und Nancy Haysom.
Am 30. März 1985 ändert sich alles. Die Eltern von Liz Haysom werden in ihrer Villa brutal ermordet. Was damals genau geschah, ist bis heute unklar. Es gibt mindestens zwei Darstellungen.
Zum einen die Version der Ermittler. Nach Erkenntnissen der Polizei, denen das Gericht und die Geschworenen später folgten, verübte Söring die Morde, weil die Eltern seiner Freundin die Beziehung missbilligten. Liz Haysom war demzufolge seine Komplizin.
Söring beschreibt Haysom als "eiskalte Lügnerin"
Und dann gibt es die Version von Jens Söring. Er selbst stellt den Hergang bis heute ganz anders dar. Er gestand die Morde zunächst - aber nur, wie er später beteuerte, um die wahre Täterin zu schützen: Liz Haysom.
Im Gefängnis hat er 2012 ein Buch verfasst, es trägt den Titel "Nicht schuldig!". Darin beschreibt Söring seine damalige Freundin als eiskalte Lügnerin, deren "Rattenfängerflöte" er verfallen sei. Er habe die Schuld für die Morde auf sich genommen, um Haysom vor dem elektrischen Stuhl zu bewahren. Er habe fälschlicherweise angenommen, als Sohn eines Diplomaten nach seinem Geständnis ausgeliefert zu werden und in Deutschland mit einer milderen Strafe davonzukommen.
Am Ende mussten sich Söring und Haysom vor einem amerikanischen Gericht verantworten. Sie waren nach Großbritannien geflüchtet und 1986 dort festgenommen worden. Nach einem langen Rechtsstreit, der auch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte beschäftigte, wurden die beiden an die USA ausgeliefert. Der Sensationsprozess wurde damals im Fernsehen übertragen und wühlte die Zuschauer in den USA auf. Die amerikanische Presse ergötzte sich an den "Voodoo-Morden" - und Jens Söring war fortan das "Monster".
Im Jahr 1990 wurde Söring schließlich schuldig gesprochen. Liz Haysom hatte zuvor in einem separaten Verfahren als seine Komplizin 90 Jahre Haft bekommen. Die Urteile sollten der Beginn eines jahrzehntelangen Justizdramas werden.
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