Todestanz in Bayern

Todestanz in Bayern

Beitragvon Interessierter » 17. März 2021, 12:52

In München war die Stimmung offenbar fröhlicher: Angesichts über 70.000 Todesfälle bislang während der Pandemie wurde in der bayerischen Hauptstadt massenhaft Polonaise getanzt. Mehrere Kundgebungen waren angemeldet, die Polizei spricht von insgesamt über 2500 Teilnehmer*innen. Vor dem Münchener Rathaus formierten 500 bis 600 Demonstrierende tanzende Menschenketten mit engem Körperkontakt und weitgehend ohne Masken. Aus der Menschenmasse wurde skandiert: „Friede, Freiheit, Demokratie“.

Die Polizei griff zunächst nicht ein, sondern verfolgte eine andere Strategie. Ein Polizeisprecher sagte der Süddeutschen Zeitung: „Die Devise bei uns war: ansprechen, auch mehrmals; erst danach werden Personen nach und nach angezeigt.“ Nun steht die Polizei in der Kritik. Dass nur eine einstellige Anzahl an Personen trotz massenhafter Maskenverstöße geahndet wurde, solle im Nachgang „kritisch reflektiert“ werden, so der Polizeisprecher. In München wurden 50 Demoteilnehmer*innen angezeigt – darunter waren mehr als 30 Ordnungswidrigkeiten wegen Verstößen gegen das Versammlungs- und Infektionsschutzgesetz sowie mehr als 20 Straftaten wie der Gebrauch unrichtiger Atteste, das Mitführen eines unerlaubten Messers sowie Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte.

In Berlin versammelten sich zum Höhepunkt des Protests am Samstag rund 1000 Demonstrierende vor dem Bundesgesundheitsministerium in Mitte, ergänzt von zwei Autokorsos mit mehreren Hundert Fahrzeugen. Später sprach eine Polizeisprecherin von ungefähr 400 Personen, die auf der Kundgebung geblieben waren. Anwesend waren Mitglieder der AfD, Rechtsextreme der „Identitären Bewegung“, der „Querdenken“-nahe Möchtegern-Superheld „Captain Future“ sowie die üblichen Verschwörungsideolog*innen mit antisemitischen Botschaften auf Schildern und T-Shirts. Nach der Demonstration lieferte sich eine Gruppe um „Captain Future“ und die „Freedom Parade“ ein Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei und versuchte, weiterzuziehen.

Antisemitismus und Pressefeindlichkeit

Ob in Berlin oder Dresden, ein bindendes Element der Proteste war Antisemitismus: In der sächsischen Hauptstadt relativierte eine Demoteilnehmerin die Shoah mit dem Schriftzug „Früher hieß es Judenstern heute Impfpass!“ auf ihrem T-Shirt, in der Bundeshauptstadt trugen Teilnehmer*innen FFP2-Masken und T-Shirts mit gelben „Ungeimpft“-„Judensternen“. Die „Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus“, RIAS, berichtet von einem Redner auf der Kundgebung in Hamburg, der eine Analogie zwischen der Arbeitslosigkeit während der Pandemie und der antisemitischen Berufsverbote im Nationalsozialismus zog.

Bundesweit gibt es auch Berichte von Angriffen auf die Presse: Jörg Reichel, Landesgeschäftsführer der „Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union“ (dju) in ver.di, zählt mindestens 24 Journalist*innen, die am Wochenende in der Pressearbeit bedroht, beleidigt oder angegriffen wurden – in 21 Fällen von „Querdenken“-Demonstrant*innen und AfDler*innen, in drei Fällen von der Polizei. Reichel zufolge wurden Medienvertreter*innen bedrängt, angespuckt, geschubst, oder geschlagen.

In Hannover sei die Kamera eines Journalisten von einem Polizisten heruntergedrückt worden. Mehrere Journalist*innen seien zudem von der Polizei stark beiseite geschubst worden und wurden an der Bühne in ihrer Pressearbeit massiv verhindert. In Stuttgart, wo sich hunderte „Querdenker*innen“ versammelten, wurde ein Fernsehteam des Südwestrundfunk (SWR) angegriffen und mit einem Gegenstand beworfen (vgl. Stuttgarter Zeitung). Das Fernsehteam sei zudem wiederholt verbal angegangen worden. Ebenfalls in Stuttgart kam es zu Angriffen auf die Polizei: Eine Frau wurde festgenommen, nachdem sie einen Polizisten gegen die Beine getreten hatte. Anderswo in der Stadt kam es zu Straßenblockaden. Die Polizei setzte Pfefferspray ein.

Auf der Webseite des Bündnisses „Es reicht!“ wird behauptet, dass die Demonstrationen von „Menschen wie du und ich“ initiiert worden seien. Nach den Ausschreitungen am vergangenen Wochenende wird klar, dass sich das „Querdenken“-Spektrum weiter radikalisiert – und keine Scheu hat, Polizei und Presse zu attackieren.

https://www.belltower.news/querdenken-a ... ie-113177/
Interessierter
 

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