20 000 Stasi-Spitzel im Nordosten

20 000 Stasi-Spitzel im Nordosten

Beitragvon Interessierter » 30. Juni 2019, 09:18

Schwerin | Die Stasi hatte im Norden der DDR ein besonders dichtes Netz an Spitzeln und Zuträgern aufgebaut. Wie aus den Nachforschungen des Politikwissenschaftlers [b]Helmut Müller-Enbergs hervorgeht, waren kurz vor dem Zusammenbruch der DDR im heutigen Mecklenburg-Vorpommern etwa 20 000 inoffizielle Mitarbeiter (IM) registriert. Damit sei im Durchschnitt ein IM auf 102 Einwohner gekommen. Die Zahl von Oppositionellen oder Dissidenten sei dabei vergleichsweise bedeutungslos gewesen.[/b]

Die nach Brandenburg zweithöchste IM-Dichte liege "vielmehr an dem ländlichen Raum und erheblichen Problemen in Volkswirtschaft und Absicherung militärischer Einrichtungen", erklärte Müller-Enbergs gestern in Schwerin. Zudem waren Schwerin und Rostock "Grenzbezirke", und auch der Ostsee-Küste, über die viele die Flucht in den Westen versuchten, galt die besondere Aufmerksamkeit des Sicherheitsdienstes.

Am Mittwochabend hatte der Wissenschaftler bei der Stasi-Unterlagenbehörde seine Forschungsergebnisse auf einer Veranstaltung in Schwerin vorgestellt. Mit rund 120 Gästen sei der Saal bis auf den letzten Platz gefüllt gewesen, sagte die Landesbeauftragte für die Unterlagen des DDR-Staatssicherheitsdienstes, Marita Pagels- Heineking. Im Bezirk Schwerin soll die Spitzeldichte besonders hoch gewesen sein.

Wie Müller-Enbergs hervorhob, waren Spitzelberichte über beobachtete Personen in der Minderzahl: "Auf sie entfielen lediglich 14 Prozent der von den IM jährlich zusammengetragenen Informationen." Meist seien Informationen zu Stimmungen und Meinungen in der Bevölkerung gesammelt worden, die oftmals banal gewesen, in Einzelfällen aber auch "als Gift genutzt" worden seien. Stilblüten führte Müller-Enbergs auch an: "Der Täter hat auf dem Heimweg einen PKW missbraucht." Oder: "Die gestohlenen Hühner waren Zwerghühner, nur der Hahn war normal." Oder: "Ich halte ihn für einen Alkoholiker, über seine sonstigen politischen Einstellungen ist mir nichts bekannt." [flash]

https://www.svz.de/regionales/mecklenbu ... 80981.html
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Re: 20 000 Stasi-Spitzel im Nordosten

Beitragvon augenzeuge » 30. Juni 2019, 13:07

Davon hat nicht jeder etwas mitbekommen..... [grins]

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Re: 20 000 Stasi-Spitzel im Nordosten

Beitragvon Werner Thal » 6. Juli 2019, 12:54

Aus meiner Akte konnte ich 1994 ziemlich Banales herauslesen, zusammengehört von „Lieben Nachbarn“.
Der Schreiber dieser Niederschriften war aber damals ein „Hauptamtlicher“, mit ziemlich seltenem
Familiennamen als Klarnamen. Trotz des selben Jahrganges, ist dieser Mitarbeiter vor einiger Zeit
gestorben. Meine Akte wurde damals - Stand 1994 - nur bis 1976 geführt, danach seien angeblich keine
weiteren schriftlichen Notizen von mir gefunden worden - recht seltsam! Trotzdem habe ich bisher keinen
neuen Antrag auf eine mögliche erneute Akteneinsichtnahme gestellt!

W. T.
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Re: 20 000 Stasi-Spitzel im Nordosten

Beitragvon Volker Zottmann » 6. Juli 2019, 13:33

Mitbekommen, welches Ausmaß diese Berichterei hatte, haben wir ja alle erst weit nach 1990.
Wenn ich allein an das Theater in Schwerin denke, da lauerten stets mindestens 27 IM um was "Wichtiges" ihrem OibE mitteilen zu können. Dieser leitete damals dort auch das Jugendklubhaus. Bei der jungen Garde wirds nicht sparsamer mit den IM-Posten vor sich gegangen sein. Herrn, Werner Weber, kann ich nicht mehr befragen. Der ist schon einige Jahre tot. Und so sterben auch die Hauptamtlichen langsam weg.
Das Wissen darum sollte aber, wie hier im Forum, schon weitergegeben werden. Solch Denunziantentum wie damals wird es in der Form nie wieder geben.
Heute sind die elektronischen Möglichkeiten viel ausgefeilter. Missbrauch wird es auch weiter geben. Hoffentlich aber nie wieder gegen das gesamte Volk gerichtet.

Gruß Volker
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Re: 20 000 Stasi-Spitzel im Nordosten

Beitragvon Olaf Sch. » 7. Juli 2019, 07:02

1 IM auf 104 Einwohner - auch nicht wirklich wahr, rechnet man noch die Kinder und Spätrentner raus, kommt man auf unter 50/1
Olaf Sch.
 

Re: 20 000 Stasi-Spitzel im Nordosten

Beitragvon Sperrbrecher » 7. Juli 2019, 08:02

AkkuGK1 hat geschrieben:1 IM auf 104 Einwohner - auch nicht wirklich wahr, rechnet man noch die Kinder und Spätrentner raus, kommt man auf unter 50/1

http://www.bpb.de/geschichte/deutsche-g ... tapo?p=all
In der DDR wussten 90% der Bevölkerung, dass sie verarscht werden.
In der Bundesrepublik haben es 90% der Wähler immer noch nicht gemerkt.
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Re: 20 000 Stasi-Spitzel im Nordosten

Beitragvon Volker Zottmann » 7. Juli 2019, 09:28

Man kann aber getrost auch Schüler dazurechen. Denn es wurden bereits Schüler von Mitschülern bespitzelt.
In meinem Umfeld, meiner Jahrgangsstufe (etwa 70 is 75 Schüler) waren mindestens 2 Schüler IM, wie sich Jahrzehnte später herausstellte. Die sind nachgewiesen!
In der Lehre wiederum, waren wir etwa 30 Lehrlinge in unserer Berufsschulklasse und nachweislich gab es 2 Spitzel. Einer wurde anschließend Hauptamtlicher.
Beide kann man heute nicht mehr befragen, beide starben in diesem Frühjahr.
Rückblickend empfinde ich eine mindestens gleichhohe Dichte der IM in meinem Schul-und Arbeitsumfeld wie im Schweriner Raum, der auch sehr dicht besetzt gewesen sein soll.
Wie viel höher nun die Dunkelziffer ist, vermag ich nicht zu sagen. Mir reichen aber die inzwischen aufgedröselten Fakten.

Gruß Volker
Volker Zottmann
 


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