Am 13.12. erhält die Polizei auf Social Media viel Kritik. Als Antwort postet die Berliner Polizei eine „88“ aus zwei Handschellen auf Twitter. Als neonazistischer Code für „Heil Hitler“ sei der Tweet nicht gemeint, so die Behörde. Doch der Vorfall zeigt erneut, wie wenig Sensibilisierung für Rechtsextremismus es in den Behörden gibt. Eine Kritik.
Der 13. Dezember ist ein Tag, an dem sich die Polizei traditionell noch mehr Kritik gefallen lassen muss als sonst: Denn der Zahlencode „1312“ steht für die Buchstaben „ACAB“ – „All Cops Are Bastards“. Auf Social Media trendete gestern der Hashtag #1312day, in Leipzig fanden mehrere Demos aus dem linken Spektrum gegen Polizeipraktiken statt. Die Berliner Polizei wollte dies offenbar nicht unbeantwortet lassen. Sie meldete sich am „ACAB-Day“ auf Twitter zu Wort – allerdings nicht wirklich unproblematisch.
Die Parole „ACAB“ verwenden viele Szenen weltweit, von autonomen Hausbesetzer*innen bis zu rechtsradikalen Hooligans. Vor allem in linken Subkulturen findet der Spruch häufig Anwendung – auf Stickern, Szene-Merchandise oder als Graffiti auf Hausfassaden. Der Slogan soll die Wut vieler Betroffenen von Polizeigewalt weltweit auf den Punkt bringen, die statt vermeintlicher Einzelfälle ein strukturelles Problem in den Behörden sehen.
Tatsächlich zeigt die Praxis, dass die Polizei als Apparat nicht nur Menschen mit rechtspopulistischer Gesinnung vermehrt anzieht, sondern auch, dass Beamt*innen im Laufe ihres Dienstes politisch oft noch weiter nach rechts tendieren. Das Problem ist strukturell, doch der Bundesinnenminister Horst Seehofer lehnt 2020 immer wieder eine unabhängige Studie zu Rassismus und Rechtsextremismus bei der Polizei ab. Einem Forscherteam an der Universität Bochum zufolge gibt es jährlich mindestens 12.000 mutmaßlich rechtswidrige Übergriffe durch Polizeibeamt*innen. Alleine in NRW gab es seit Anfang 2017 insgesamt mehr als 100 rechtsextreme Verdachtsfälle bei Polizist*innen. In Deutschland vergeht zur Zeit kaum eine Woche, ohne dass eine neue rechtsextreme Chatgruppe bei der Polizei enttarnt wird. Über die Wortwahl und Differenziertheit des Spruchs „ACAB“ kann man also streiten, doch Kritik an Polizeipraktiken ist mehr als berechtigt.
Umso merkwürdiger ist es vor diesem Hintergrund, dass die Berliner Polizei sich am diesjährigen 13. Dezember veranlasst fühlte, den „ACAB-Day“ auf Twitter zu kommentieren – und zwar mit einer „88“. Zur Feier des Tages hatte die Polizei zwei Flaschen mit „unseren ‚Achten‘“ dekoriert, wie die Behörde fast stolz in ihrem Tweet schrieb. Im angehängten Foto sind zwei Handschellen zu sehen, die den Zahlencode „88“ bilden – eine Nazi-Chiffre für „Heil Hitler“. Der eine oder andere verwunderte Betrachter mag sich gedacht haben, dass Polizist*innen normalerweise die Verwendung von rechtsextremen Codes und verfassungsfeindlichen Symbolen doch auf private Chatgruppen begrenzen.
https://www.belltower.news/acab-day-ber ... 88-108513/
Den ganzen Bericht lesend kommt man aus dem Staunen nicht heraus; aber wundern tut es mich inzwischen nicht mehr.