Gera wehrt sich gegen "Loser-Stadt"-Vorwurf
In Thüringen hat die AfD bei den Kommunalwahlen vielerorts die meisten Stimmen erhalten, so auch in Gera. Der Publizist Sergej Lochthofen erklärte die Stadt nun für verloren - was heftigen Widerspruch auslöst.
Der bundesweite Erfolg der Grünen bei der Europawahl prägte in den vergangenen Tagen die politische Debatte. Dabei fielen die Ergebnisse vor allem in den ostdeutschen Bundesländern ganz anders aus - auch bei den Kommunalwahlen in Thüringen, und zwar nicht nur in Kleinstädten und Dörfern.
Zum Beispiel in Gera: Gerade einmal 6,7 Prozent der Stimmen errangen die Grünen in der Hochschulstadt mit rund 95.000 Einwohnern - wohingegen die AfD mit knapp 29 Prozent klarer Wahlsieger ist. Nun diskutiert die Region über eine grundlegende Frage: Was bedeutet dieses Wahlergebnis für die Stadt?
Angefeuert hat diese Debatte Sergej Lochthofen, Buchautor und Journalist - und zwar mit sehr deutlichen Worten: "Ich kann nur jedem jungen Menschen sagen: Gehen Sie aus Gera weg!", hatte er am Montag in der MDR-Sendung "Fakt ist" gesagt.
"Was wollen Sie in einer Stadt, die so regiert wird und die sich so weiterentwickelt", sagte Lochthofen. "Das ist eine Loser-Stadt. Und die Entscheidung bei den Kommunalwahlen wird diesen Prozess verstärken." Die AfD könne seiner Meinung nach keine Probleme lösen. Gera bezeichnete er als "Stadt, die im Sinken ist".
"Wir haben vieles in Bewegung gesetzt"
Der 65-jährige Lochthofen kam als Sohn eines Kommunisten in der Sowjetunion zur Welt und wuchs in der DDR auf, wo er als Journalist arbeitete. Nach dem Mauerfall war er fast 20 Jahre lang Chefredakteur der "Thüringer Allgemeinen", heute ist er vor allem als Autor diverser Bücher bekannt.
"Ich kann mich nur bei den westdeutschen Wählern bedanken, dass sie die Ehre des Landes gerettet haben", sagte Lochthofen im MDR. Wer die AfD wähle, unterstütze Extremisten. "Ich erwarte von den Ostdeutschen, dass sie endlich erwachsen werden und nicht immer auf den großen Onkel warten, der ihnen hilft." Viele Menschen in den sogenannten neuen Bundesländern seien mental noch immer nicht in der Bundesrepublik angekommen. Ein große Gefahr sehe er darin, "dass sich viele Ossis nur als Opfer sehen und sich dann wieder nur betrogen fühlen."
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