Die Treuhand...

Re: Das Vermögen der DDR-Kombinate, der Werktätige und die Treuhand.

Beitragvon Edelknabe » 6. November 2011, 10:20

Meine Geldbörse besteht aus Zwiebelleder Jörg, da kommen mir immer die Tränen, wenn ich die öffne. Aber trotzdem Danke für dein Angebot, das habe ich mir alles vom Halse geschafft, das mit dem Anlegen.
Ich vergrabe die Goldbarren lieber im Garten und ehe ich mal das Zeitliche segne bekommen die Enkel einen Tip(natürlich nicht, wo das Zeug liegt, das wäre ja noch schöner).
Es geht mir hier mehr um die nützliche Gartenarbeit, denn meine große Tochter weiß auch nichts damit anzufangen...du weißt, wir hatten das Thema schonmal wo wir als Väter in der Erziehung irgendwie total versagt haben.

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Re: Das Vermögen der DDR-Kombinate, der Werktätige und die Treuhand.

Beitragvon Harsberg » 6. November 2011, 14:32

augenzeuge hat geschrieben:
Edelknabe hat geschrieben:Und mal ehrlich, wo willst du denn heute noch Geld anlegen wo alles völlig unsicher geworden ist und bestimmt bald eine Inflation bevorsteht.


Laß dich nicht verrückt machen, ne Inflation kommt nicht. Und was das Anlegen betrifft....bei mir ist das Geld sicher.....wie bei Blüm.
Kontonummer gibts per PM und 2% Zinsen.....
[grin]
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Mensch AZ,

bei Blümchen ist doch nur die Rente sicher [laugh]
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Re: Das Vermögen der DDR-Kombinate, der Werktätige und die Treuhand.

Beitragvon CaptnDelta » 12. Dezember 2011, 06:54

Edelknabe hat geschrieben:Peter brachte daraufhin das Vermögen einer Firma, also sinngemäß wird die Abfindung aus dem Vermögen der Firma gezahlt und nun meine Frage:"Hatten die Kombinate der DDR denn Null-Vermögen in der Bilanz und hätte nicht ebenfalls der Werktätige abgefunden werden können aus diesem Vermögen?"

Wie Du vielleicht noch wissen koenntest, war das Vermoegen der Betriebe und Kombinate Volkseigentum. Von daher hatten diese Betriebe tatsaechlich null Vermoegen, sonst waere es kein Volkseigentum gewesen.

-Th
..Totalitarianism does not mean that such regimes in fact exercise total control over their people, it means rather that such control is in their aspiration.
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Treuhandverbrechen - Demontage vom Traktorenwerk Schönebeck

Beitragvon SkinnyTrucky » 3. Februar 2012, 00:14

Die Ostdeutschen zahlten die Reparationen, stärkten mit Fachkräften die Personaldecke, exporierten zu Dumpingpreisen Waren, die die Versandhauskataloge im Westen füllten.

Nach 1990 wurde das DDR-Volksvermögen vom Westen geplündert, es war die größte Industriedemontage in der Geschichte der Menschheit und kein Volk auf Erden wurde so enteignet, wie das Ostdeutsche.

Der Westen schuldet dem Osten mehr als 5 Billionen Euro, um diese Schuld abzutragen , müssten jährlich 25 bis 30 Milliarden Euro nach Ostdeutschland transferiert werden. Und das 150 Jahre lang...............

Eine MDR-Doku auf YouTube....

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Re: Treuhandverbrechen - Demontage vom Traktorenwerk Schönebeck

Beitragvon augenzeuge » 3. Februar 2012, 08:19

SkinnyTrucky hat geschrieben:Der Westen schuldet dem Osten mehr als 5 Billionen Euro, um diese Schuld abzutragen , müssten jährlich 25 bis 30 Milliarden Euro nach Ostdeutschland transferiert werden. Und das 150 Jahre lang...............
Mara


Naja, man ist doch schon dabei.....nun sinds nur noch 130 Jahre..... [blush]
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Re: Treuhandverbrechen - Demontage vom Traktorenwerk Schönebeck

Beitragvon SkinnyTrucky » 3. Februar 2012, 08:30

augenzeuge hat geschrieben:Naja, man ist doch schon dabei.....nun sinds nur noch 130 Jahre..... [blush]


Noch ein Film zum Thema Treuhandverbrechen, diesmal die Demontage von Malimo Wolkenburg....

groetjes

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Re: Treuhandverbrechen - Demontage vom Traktorenwerk Schönebeck

Beitragvon SkinnyTrucky » 3. Februar 2012, 08:39

Und es geht weiter mit den Treuhandverbrechen....hier mal die Demontage von SKET Magdeburg....

groetjes

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Re: Treuhandverbrechen - Demontage vom Traktorenwerk Schönebeck

Beitragvon Danny_1000 » 3. Februar 2012, 09:50

„Im Grunde genommen ist es (die Arbeitsweise der Treuhandanstalt) eigentlich das größte Betrugskapitel, dass es in der Wirtschaftsgeschichte Deutschlands gibt.“
Das sagte Werner Schulz (B90 / Die Grünen), der nun alles andere als ein DDR- Nostalgiker ist.

Dass sich so langsam auch in manchen Medien die Wahrheit über diese Anstalt der Raubritter durchsetzt, ist für manchen Ossi eine kleine Genugtuung, weil, wenn auch sehr spät, deutsche Geschichtsschreibung gerade gerückt wird.
Ein kleines Video, dass etwas genauer die Hintergründe dieser gigantischen Massenenteignung des Ostens belichtet, gibt’s hier: Beutezug Ost
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Re: Treuhandverbrechen - Demontage vom Traktorenwerk Schönebeck

Beitragvon SkinnyTrucky » 3. Februar 2012, 11:02

Es gibt noch viel mehr Videos, die diese Verbrechen zum Ausdruck bringen....

....Demontage von Sonni Sonneberg....

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Re: Treuhandverbrechen - Demontage vom Traktorenwerk Schönebeck

Beitragvon SkinnyTrucky » 3. Februar 2012, 11:13

Und hier die Demontage von ZEKIWA Zeitz....und hier die Demontage von ORWO Wolfen....und hier noch die Demontage von Union Gera....

groetjes

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Re: Treuhandverbrechen - Demontage vom Traktorenwerk Schönebeck

Beitragvon Sirius » 3. Februar 2012, 19:08

SkinnyTrucky hat geschrieben:Die Ostdeutschen zahlten die Reparationen, stärkten mit Fachkräften die Personaldecke, exporierten zu Dumpingpreisen Waren, die die Versandhauskataloge im Westen füllten.

Nach 1990 wurde das DDR-Volksvermögen vom Westen geplündert, es war die größte Industriedemontage in der Geschichte der Menschheit und kein Volk auf Erden wurde so enteignet, wie das Ostdeutsche.

Der Westen schuldet dem Osten mehr als 5 Billionen Euro, um diese Schuld abzutragen , müssten jährlich 25 bis 30 Milliarden Euro nach Ostdeutschland transferiert werden. Und das 150 Jahre lang...............

Eine MDR-Doku auf YouTube....

Mara


Alan Greenspan, ehemaliger Chef der US-Notenbank, hat sich vor ein paar Tagen zum Thema ostdeutsche Wirtschaft geäußert:

Kapitalismus in der Krise Greenspan - Gier ist menschlich

Die freie Marktwirtschaft hat seit ihrer Entstehung das Leben aller verbessert. Sie ist nicht schuld daran, dass es Habsucht und Ungleichheit gibt - das kommt in allen Wirtschaftsformen vor.

In den Wirtschaftswissenschaften ist ein kontrolliertes Experiment nicht durchführbar. Aber der Wettbewerb zwischen Ost- und Westdeutschland nach dem Zweiten Weltkrieg kam dem recht nahe. Beide begannen mit identischer Kultur, Sprache, Geschichte und Wertesystem, dann konkurrierten die Länder 40 Jahre lang. Die einzigen großen Unterschiede waren ihre politischen und wirtschaftlichen Systeme - Planwirtschaft gegen Marktkapitalismus.
Mit dem Fall der Berliner Mauer 1989 fand das Experiment ein abruptes Ende, das den wirtschaftlichen Ruin jahrzehntelanger Ostblockwirtschaft aufdeckte. Ostdeutschland mit seiner Planwirtschaft erreichte bei der Produktivität gerade über ein Drittel dessen, was das marktorientierte Westdeutschland schaffte. Ein Großteil der damaligen Dritten Welt zog seine Lehren aus dem Beispiel und stieg still und leise auf Marktkapitalismus um.
Vor allem China wiederholte das erfolgreiche exportorientierte Wirtschaftsmodell der sogenannten Tigerstaaten - eine recht gut ausgebildete, günstige Arbeiterschaft in Kombination mit Technologie aus den Industrienationen. Auf neu geöffneten, konkurrenzorientierten Märkten setzten China und ein Großteil der Schwellenländer ein explosionsartiges Wirtschaftswachstum frei.(...)

http://www.ftd.de/finanzen/maerkte/:kap ... 61599.html


Man liest des öfteren, dass die Produktivität der DDR-Betriebe ein Viertel bis ein Drittel des westdeutschen Niveaus betrug, was den Außenwirtschaftskurs von 1:4,4 im Verhältnis zur DM zur Folge hatte. Wenn ich nun mit einer solchen Wirtschaft eine Währungsreform durchführe, mit einem Wechelkurs von 1:1 bzw. 1:2, dann ist das eine enorme Währungsaufwertung von bis zu 340 %, wenn man vorher einen Außenhandelskurs von 1:4,4 hatte. Dann sind die Betriebe von heute auf morgen pleite, weil ich auf dem Weltmarkt mit den Preisen unmöglich konkurrieren kann. Das Bilanzdefizit der Betriebe wird größer als das Eigenkapital -> negatives Eigenkapital. Keine Bank gibt an ein solches Unternehmen noch einen Kredit. Ende. Das ist noch extremer als im Fall Griechenland bei Einführung des Euros, dessen Betriebe heute auch nur noch schwer konkurrieren können.

Diese verheerenden Effekte einer extremen Währungsaufwertung verstehen bis heute viele nicht. Die Löhne hätten geviertelt werden müssen, um konkurrenzfähig zu werden. Zu diesen Löhnen hätte aber niemand gearbeitet und wäre eher in den Westen gegangen, dort wäre selbst die Sozialhilfe besser gewesen. Zu dem Problem der Währungsaufwertung kommen noch die Kosten der Modernisierung und Instandsetzung von Betrieben, Beseitigung von Altlasten/Umweltschäden u.s.w.. Mit der Währungsunion kam für viele Betriebe das aus. Das es auch betrügerisches Verhalten und Subventionsbetrug gab, bestreitet niemand. Da kamen auch einige später vor Gericht. Dennoch lässt sich damit nicht das Massensterben von Betrieben erklären. Die Treuhand, eine Gründung der DDR (!) in der Schlussphase, wird gerne zum Buhmann gemacht. Aber Insolvenzverwalter sind auch noch heute der "Watschenmann", obwohl die Fehler lange vorher in der Unternehmensleitung des insolventen Betriebes gemacht wurden.

Hinzu kam, dass es den staatlichen Auftrag gab, die 8.000 Betriebe in relativ kurzer Zeit zu privatisieren, was dazu führte dass oberflächlich gearbeitet werden musste. Und es gab keine Erfahrung bzw. Erfahrungswerte - es wurde noch nie eine Planwirtschaft in eine Marktwirtschaft überführt, während es den umgekehrten Fall schon gab. Begriffe wie "Plattmachen" wurden in den letzten 20 Jahren ausgerechnet von jener politischen Richtung oft verwendet, die über 40 Jahre den Niedergang zu verantworten hatte.

Hätte man in der Wendezeit vieles besser machen können? Ich denke nicht, es gab keinen Königsweg. Ohne die Wende hätte das Wohlstandsniveau auch um 20 bis 30 % abgesenkt werden müssen -> Schürerbericht.
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Re: Treuhandverbrechen - Demontage vom Traktorenwerk Schönebeck

Beitragvon Danny_1000 » 3. Februar 2012, 20:22

Sirius hat geschrieben:....Hätte man in der Wendezeit vieles besser machen können? Ich denke nicht, es gab keinen Königsweg. .....

Sorry, Sirius, der Satz enttäuscht mich jetzt aus deiner Feder.
Natürlich gab es auch damals Alternativen. Politisch waren sie – insbesondere aus dem Westen – nicht gewollt.

Man hätte zum Beispiel bei der Währungsumstellung für die Betriebe andere Umrechnungskurse (Verringerung des extremen Aufwertungsdruckes) als wie für die Bevölkerung aushandeln können.

Man hätte der DDR- Bevölkerung klaren Wein einschenken können, was die urplötzliche Einführung der harten DM auf DDR- Gebiet bedeuten würde. So kompliziert waren die Zusammenhänge der Währungseinführung gar nicht ! Statt dessen versprach uns der Dicke die DM schon für den kommenden Urlaub 1990.

Man hätte viel mehr sanieren als Hals über Kopf privatisieren müssen.

Man hätte ein völlig anderes Konzept für die Treuhandanstalt zugrunde legen müssen. Es gab nämlich nicht nur das westdeutsche Modell !

Aber: Man hätte…..Das ist alles Schnee von gestern. Nur die Folgen dieser falschen Entscheidungen bezahlen die kleinen Leute in West und Ost noch heute.

Gruß
Daniel
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Re: Treuhandverbrechen - Demontage vom Traktorenwerk Schönebeck

Beitragvon SkinnyTrucky » 3. Februar 2012, 20:39

Sirius hat geschrieben:Aber Insolvenzverwalter sind auch noch heute der "Watschenmann", obwohl die Fehler lange vorher in der Unternehmensleitung des insolventen Betriebes gemacht wurden.

Begriffe wie "Plattmachen" wurden in den letzten 20 Jahren ausgerechnet von jener politischen Richtung oft verwendet, die über 40 Jahre den Niedergang zu verantworten hatte.


Das sind entscheidende Sätze Sirius....ich hab ja nur das was unter dem Filmen stand, reinkopiert....

groetjes

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Re: Treuhandverbrechen - Demontage vom Traktorenwerk Schönebeck

Beitragvon augenzeuge » 3. Februar 2012, 21:27

Danny_1000 hat geschrieben: Natürlich gab es auch damals Alternativen. Politisch waren sie – insbesondere aus dem Westen – nicht gewollt.

Man hätte zum Beispiel bei der Währungsumstellung für die Betriebe andere Umrechnungskurse (Verringerung des extremen Aufwertungsdruckes) als wie für die Bevölkerung aushandeln können.

Man hätte der DDR- Bevölkerung klaren Wein einschenken können...
Daniel


Sorry, Daniel, ich kann dir nicht folgen. Du glaubst nicht ernsthaft, dass der "reine Wein" die DDR-Bevölkerung umgestimmt hätte? Hast du denn schon vergessen, wie schnell damals die Zeit den Entscheidungen voraus war? Das man dem Osten davonrannte? Wie man protestierte, dass man nur 1:2 nach einem Sockelbetrag tauschen konnte? Dies galt es einzudämmen- denn hier kam der Westen auch an seine Grenzen.

Und die Betriebe sollten andere Umrechnungskurse bekommen als die Mitarbeiter? Glaubst du echt, dass man einen Artikel billiger verkaufen kann, als man die Belegschaft bezahlt? Wie lange soll das gut gehen? Letztlich musste auch viel Geld in Investitionen fließen. Wo sollte das her kommen?

Nein, ich sehe es wie Sirius auch. Und hier dem Westen eine absichtlich gewollte Handlung vorzuwerfen sehe ich auch als falsch an. Die Zeit dafür hatte er gar nicht. Darauf war niemand vorbereitet. Und welche alternativen Vorschläge gab es wirklich? Die damaligen Westexperten mit Kohl an der Spitze wussten doch gar nicht, was wie im Osten sanierungsbedürftig- und damit wettbewerbsfähig war. Das erkannte man doch häufig erst nach der Geldumstellung.
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Re: Treuhandverbrechen - Demontage vom Traktorenwerk Schönebeck

Beitragvon Berliner » 4. Februar 2012, 02:40

Danny_1000 hat geschrieben:Man hätte zum Beispiel bei der Währungsumstellung für die Betriebe andere Umrechnungskurse (Verringerung des extremen Aufwertungsdruckes) als wie für die Bevölkerung aushandeln können.

Man hätte der DDR- Bevölkerung klaren Wein einschenken können, was die urplötzliche Einführung der harten DM auf DDR- Gebiet bedeuten würde. So kompliziert waren die Zusammenhänge der Währungseinführung gar nicht ! Statt dessen versprach uns der Dicke die DM schon für den kommenden Urlaub 1990.


Das frage ich mich auch. Wieso haette es nicht anders laufen koennen ?

War es nicht so, dass die Gelder, die fuers Volk noetig gewesen waeren, nur ein Bruchteil dessen entsprachen, was der gesamten Oekonomie noetig waeren, um die Werke am Leben zu halten ?

D.h. waere es noetig, diesen Kurs vollends durchzuziehen, ohne Ruecksicht auf die ostdeutsche Wirtschaft ?

Man haette ja locker die Werke am Leben gehalten und das Volk gleichtzeitig gluecklich gestimmt.

Wieso tat man das nicht ? [denken]

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Talent kann es nicht - nichts ist verbreiteter als erfolglose Maenner mit Talent.
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Re: Treuhandverbrechen - Demontage vom Traktorenwerk Schönebeck

Beitragvon Sirius » 4. Februar 2012, 06:54

Hallo Daniel,

als guten Einstieg in die Materie empfehle ich immer wieder folgenden Artikel. Der Artikel ist sehr lang, aber man sollte sich ihn durchlesen. Ich habe einmal versucht, die wichtigsten Passagen zusammenzufassen:

Der Treuhand-Komplex
Die Währungsunion 1990 und die Folgen
Bis heute sind die Folgen des 1. Juli 1990 noch nicht überwunden. Damals - vor 15 Jahren - wurde in der DDR mit der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion die D-Mark eingeführt. Für die Betriebe in der DDR schlug die Stunde der Wahrheit. Betriebsstilllegungen und Massenarbeitslosigkeit werden bis heute der Treuhandanstalt angelastet.

(...)
Die ersten freien Volkskammerwahlen gewinnt am 18. März die Allianz für Deutschland - ein Zusammenschluss aus CDU, DSU und Demokratischem Aufbruch. Die Parteien haben den Ostdeutschen große Versprechen gemacht: Aufschwung, Wohlstand und die D-Mark. Angeführt wird der Wahlsieger vom Rechtsanwalt und CDU-Vorsitzenden Lothar de Maizière.

Lothar de Maizière: Wir haben mit einem guten Ergebnis gerechnet. Dies ist ein unerwartet gutes Ergebnis, das uns doch sehr stolz macht. Die erste Frage, die wir angehen müssen, ist, dass die Menschen unser Land nicht mehr verlassen. Das heißt also, die Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion.

De Maizière tritt als neuer Regierungschef ein schweres Erbe an. Die DDR-Betriebe sind völlig veraltet. Seit dem Fall der Mauer hat die Wirtschaft weiter an Kraft eingebüßt. Mit jedem Tag droht der staatliche Bankrott. Die schlechte Lage ist der neuen Regierung durchaus bewusst.

Lothar de Maizière: Es gab ein Papier, das mir von Wirtschaftskreisen zugearbeitet wurde, das sagte: Mit der Einführung der D-Mark werden wir drei Gruppen von Betrieben haben. Ein Drittel wird sofort und auf der Stelle in Konkurs gehen müssen, ein Drittel wird sich einigermaßen am Markt bewähren können und ein Drittel muss mit Umstrukturierungen wieder handlungsfähig gemacht werden. Aber das Entscheidende war: Über alles werden wir eine Halbierung der Beschäftigung hinnehmen müssen.

Trotzdem forciert de Maizière eine schnelle Währungsunion. Denn die Fluchtwelle zu den besseren Lebensbedingungen hält unvermindert an.

Kommt die D-Mark, bleiben wir. Kommt sie nicht, gehen wir zu ihr.

Um die Abwanderung zu stoppen, fordert de Maizière einen Umtausch aller ostdeutschen Vermögenswerte, Löhne und Renten in D-Mark zu einem Kurs von 1 zu 1.

Wirtschaftsexperten sind von der Forderung geschockt. Ökonomisch vernünftig - darin sind sich die meisten einig - wäre eine Umstellung von 1 zu 4. Mit diesem Wechselkurs hatte auch die SED inoffiziell immer gearbeitet. Ein Produkt, das in der DDR für reichlich vier Ost-Mark hergestellt wurde, verkaufte sie an den Westen für eine D-Mark.

Christian Watrin, Universität Köln: Wenn wir nun aber eine Umstellung machen, die aus politischen oder anderen Gründen 1 zu 1 landet ...und wir auch die Löhne in dieser Richtung umstellen, dann ergibt sich natürlich die Frage, ob bei diesen Löhnen ihre Kombinate in der Lage sind, Produkte zu produzieren, die sich zu dieser Umstellungsrelation verkaufen lassen und nicht zu der alten 1 zu 4,4.

Heiner Flassbeck vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW): Diese D-Mark, die da hingegeben werden, müssen ja erwirtschaftet werden. Das heißt, sie müssen mit einer Produktion erwirtschaftet werden, die auch abgesetzt wird. Wenn das nicht geschieht, führt das ganze nur dazu, dass es in der DDR zu einem gewaltigen Schrumpfungsprozess kommt.

Die mahnenden Worte der Wirtschaftsexperten werden nur von Wenigen ernst genommen. Als im April 1990 durchsickert, dass die Bundesbank einen Umtauschkurs von 2 zu 1 anstrebt, gehen viele Ostdeutsche wieder auf die Straße: 50.000 in Leipzig, 70.000 in Dresden, 100.000 in Berlin. Sie fordern die Einlösung der Wahlversprechen: Wohlstand und D-Mark. Die Politik gibt klein bei.

Lothar de Maizière: Dieser Kurs war ein politischer Kurs, kein ökonomischer Kurs. Wir mussten den Exodus der Menschen verhindern. Und wir haben ja mit einem Schlag das Preisniveau West gehabt. Und trotzdem nur Löhne und Gehälter von 40 bis 50 Prozent. Das heißt, die konnten sich für ihre Arbeit ohnehin nur die Hälfte dessen leisten, was sich der Kollege im Ruhrgebiet leisten konnte.(...)

(...)Vor einem Kollaps steht auch die ostdeutsche Wirtschaft. Für die meisten Betriebe ist die Währungsumstellung ein Schock. Sie müssen nun Löhne in D-Mark zahlen - für die Produktion von Waren, die keiner mehr kaufen will. Ausgerechnet die Währungsunion macht über Nacht nahezu alle DDR-Unternehmen zum Sanierungsfall.

(...)Lothar de Maizière: Im Mannsfeld wurde Kupfer produziert. Zum Teil wurde da der Abraum aus der Lutherzeit noch mal verhüttet. Da kostete die Tonne Kupfer 135.000 Mark der DDR. Auf den Weltmärkten kostete damals eine Tonne 11.000 D-Mark. Das heißt, in dem Moment wo ich die Währung eins zu eins umstellte, kostete die Tonne Kupfer immer noch 135.000, aber jetzt D-Mark. Und damit war es sofort aus und vorbei. (...)

(...)Mit ihren 8000 Kombinaten ist die Treuhand die größte Staatsholding der Welt - und vermutlich eine der verlustreichsten. Die Währungsunion hat in der DDR-Wirtschaft eine Depression ausgelöst. Ostprodukte sind Ladenhüter geworden. Innerhalb von nur sechs Monaten bricht das Bruttoinlandsprodukt um dreißig Prozent ein. Die DDR-Betriebe machen Schulden, die zunächst der Staat begleichen muss.(...)

(...)Wegen ihrer wachsenden Schulden will Rohwedder die volkseigenen Betriebe so schnell wie möglich verkaufen, zu Geld machen. Auf einer Konferenz in Wien lässt er die saloppe Bemerkung fallen, der ganze Salat sei wohl so 600 Milliarden Wert. Mit dem Salat meint Rohwedder die volkseigenen Betriebe der DDR.

Mit der Zeit merkt Rohwedder jedoch, dass das Volkseigentum nahezu unverkäuflich ist. Um die marode Industrie zu retten, müssten Milliarden investiert werden. Das können sich nur wenige große Firmen leisten. Doch deren Interesse hält sich in Grenzen. Viele Unternehmen brauchen keine neuen Fabriken, denn sie haben seit Jahren Überkapazitäten. Den Warenhunger der DDR-Bürger befriedigen sie spielend mit ihren alten Standorten im Westen.(...)

(...)Lothar de Maiziere: Die DDR-Wirtschaft war auch nicht so wenig Wert wie sie im Nachhinein gesehen wurde. Sie war so viel Wert wie sie im Verbund mit den anderen osteuropäischen Wirtschaften produzieren konnte und Abnehmer fand. Aber eben nicht im Vergleich zu einer westeuropäischen Wirtschaft. Ich sage manchmal, wir haben eine Spielzeugeisenbahn an 380 Volt Drehstrom angeschlossen und wundern uns, dass die Motoren durchgebrannt sind. Das geht eben nicht gut, wenn ich einen Leichtgewichtsboxer gegen einen Schwergewichtsboxer in den Ring stelle. (...)

(...)Der Politik- und Verwaltungswissenschaftler Wolfgang Seibel: Von einer Politik des Plattmachens mit Hilfe der Treuhand-Anstalt kann bei Lichte betrachtet nicht die Rede sein. Was den Effekt erzeugt hat, der diesen Eindruck hervorrief, das war nicht das Handeln der Treuhandanstalt. Es war die schlichte Tatsache, dass selbst eine noch so gutwillige und eine noch so aktive Treuhandanstalt nicht den Effekt der Währungsunion bei Umstellungskursen bei Löhnen und Gehältern von 1 zu 1 kompensieren, also ausgleichen konnte.

Nicht mal fünf Jahre nach ihrer Gründung stellt die Treuhand ihre Arbeit ein. Der Großteil des Volkseigentums ist Ende 1994 privatisiert. Eigentlich hatte der Verkauf Erlöse bringen sollen, aus denen Sozial- und Investitionsprogramme finanziert werden können. Doch die Privatisierungsbilanz sieht ganz anders aus: Sie endet mit einem gigantischen Minus. Beim Verkauf der ostdeutschen Betriebe hat die Treuhand mehr als 200 Milliarden DM draufgezahlt - für Personal, Fördergelder, die Sanierung von Umweltschäden.

Als die DDR-Bürger am 1. Juli 1990 die heiß begehrte D-Mark erhielten, hatte das Volkseigentum wegen des unrealistischen Umtauschkurses über Nacht seinen Wert verloren. Aus Vermögen waren Lasten geworden - oder anders ausgedrückt: Hätte man den Ostdeutschen 1990 wirklich Anteilsscheine am Volkseigentum ausgegeben - es wären nach der Währungsunion Schuldscheine daraus geworden. Die DDR-Bürger haben die D-Mark mit dem Totalverlust ihres Volkseigentums bezahlt.

http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/ ... en/380155/


Fazit:

1.)Ziel der Politik war es, eine große Abwanderung zu verhindern -> Einführung der Wirtschafts-, Währungs-, und Sozialunion.

2.)Die Folgen der D-Mark-Einführung bei einem von der Bevölkerung gewünschten Umtauschkurs waren zumindest Teilen der Politik bekannt. Die Politik hat den erneuten Massenprotesten nachgegeben und den auch von der Bundesbank gewünschten Umtauschkurs von 1:4 abgelehnt.

3.)Die DDR-Bürger haben die D-Mark mit dem Verlust ihres - allerdings maroden - Volksvermögens bezahlt.
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Re: Treuhandverbrechen - Demontage vom Traktorenwerk Schönebeck

Beitragvon Sirius » 4. Februar 2012, 07:44

Danny_1000 hat geschrieben:Sorry, Sirius, der Satz enttäuscht mich jetzt aus deiner Feder.
Natürlich gab es auch damals Alternativen. Politisch waren sie – insbesondere aus dem Westen – nicht gewollt.


Die Politik wollte wohl eher nicht ein auf Jahrzehnte von staatlichen Transferzahlungen abhängiges Gebiet. Was wären die Alternativen gewesen? Die Grenzen wieder wie vor dem 9.November 1989 zu schließen und aus der DDR ein Niedriglohnland zu machen. Das war 1990 weder von der Politik noch von den Ostdeutschen mehrheitlich so gewollt. In Korea ist das heute so - südkoreanische Konzerne haben in einer nordkoreanischen Sonderwirtschaftszone Betriebe gebaut, in denen Nordkoreaner für Niedrigstlöhne (100 Euro/Monat) arbeiten. Die Produkte gehen nach Südkorea. Den größten Teil der Erlöse, die der nordkoreanische Staat dafür bekommt, behält er selbst. Die Arbeiter bekommen davon nur einen kleinen Teil, daher die niedrigen Löhne.

Danny_1000 hat geschrieben:Man hätte zum Beispiel bei der Währungsumstellung für die Betriebe andere Umrechnungskurse (Verringerung des extremen Aufwertungsdruckes) als wie für die Bevölkerung aushandeln können.


Für die Betriebe andere, also ökonomisch sinnvolle Umrechnungskurse, wären 1:4 gewesen. Das betrifft natürlich nicht nur Forderungen und Verbindlichkeiten sondern auch die Löhne. Wer hätte denn für einen Monatslohn von 300 DM noch gearbeitet, bei hohen Lebenshaltungskosten? Davon hätte niemand leben können, das hätte eine Massenabwanderung in den Westen zur Folge gehabt, auch Ärzte, Krankenschwestern u.s.w.. Die Infrastruktur wäre zusammengebrochen, die Betriebe hätten mangels Arbeitskräften ihre Arbeit einstellen müssen. Im Westen hätte es nicht genug Arbeit für die Übersiedler gegeben, die hätten von Sozialhilfe leben müssen, entweder im Westen oder im Osten.

Danny_1000 hat geschrieben:Man hätte der DDR- Bevölkerung klaren Wein einschenken können, was die urplötzliche Einführung der harten DM auf DDR- Gebiet bedeuten würde. So kompliziert waren die Zusammenhänge der Währungseinführung gar nicht ! Statt dessen versprach uns der Dicke die DM schon für den kommenden Urlaub 1990.


Ja, die Politik hätte das tun können. Was wäre dann die Folge gewesen?

Danny_1000 hat geschrieben:Man hätte viel mehr sanieren als Hals über Kopf privatisieren müssen.


Das hat man doch gemacht und das hat die Treuhand, also letzten Endes den Staat, 200 Milliarden DM gekostet. So viel musste die Treuhand aufwenden, um Betriebe zu sanieren, um Umweltschäden zu beseitigen (z.B. Wismut, Bitterfeld), neue Kohlekraftwerke bauen bzw. alte sanieren, mit modernen Filtern ausstatten u.s.w.. Der Wert resultiert aus in 40 Jahren unterlassenen Investitionen, Modernisierungen u.s.w.., also aufgrund des Investitionsstaus, man hat von der Substanz gelebt, auch bei den Wohnungen, Straßen u.s.w.. Das Modell, die meisten Betriebe über staatliche Subventionen am Leben zu erhalten, war doch gescheitert und wollte man nicht fortsetzen. Deshalb sind auch Staaten wie China von diesem Modell abgegangen. Selbst Kuba verlässt jetzt diesen Weg und entlässt hunderttausende aus staatlichen Betrieben. Man muss sich einmal fragen warum tun das Staaten mit einer sozialistischen/kommunistischen politischen Führung? Doch nicht weil das Modell so gut funktioniert hat.



Danny_1000 hat geschrieben:Man hätte ein völlig anderes Konzept für die Treuhandanstalt zugrunde legen müssen. Es gab nämlich nicht nur das westdeutsche Modell !


Dazu eine Passage aus dem dradio-Artikel:

Wolfgang Seibel: Das Privatisierungsmodell der Treuhandanstalt war wesentlich besser als der Ruf der Treuhandanstalt in der Öffentlichkeit.

Wolfgang Seibel: Das beruhte nämlich darauf, dass man einen Unternehmensplan verlangte von dem Investor und der Kaufpreis spielte eine weitgehend untergeordnete Rolle, weil klar war, dass die Unternehmen so schwach waren von ihrer Ertragslage her, dass man sich daran nicht würde gesund stoßen können. So dass die Treuhand-Anstalt tatsächlich etwas getan hat, was ihr umgekehrt etwa von neoliberaler Seite vorgehalten wurde, nämlich dass sie in eine ziemlich gründliche Einzelfallprüfung eingetreten ist. Und hier ist es sehr oft zu Entscheidungen gekommen, wo nicht derjenige den Zuschlag erhalten hat, der vielleicht ein bisschen mehr Geld bezahlt hätte, wenn andere Unternehmenskonzepte vielversprechender waren.

Bei vielen Betrieben gelingt die Privatisierung. Beispiele dafür sind der Schwermaschinenhersteller Takraf in Leipzig oder das Schilderwerk im sächsischen Beutha. Die Rolle des Buhmanns wird die Treuhand trotzdem nie wieder los. Das liegt vor allem an Fällen wie dem Hartmetallwerk Immelborn in Thüringen: Ein westdeutscher Investor kauft das Werk, kassiert die Maschinen ein und geht schließlich selbst pleite. Auch die Interflug geht zu Bruch. Die Fabriken für den Trabi müssen schließen.


Aber: Man hätte…..Das ist alles Schnee von gestern. Nur die Folgen dieser falschen Entscheidungen bezahlen die kleinen Leute in West und Ost noch heute.


Richtig, lamentieren hilft heute niemandem. Man muss aber alles aus der damaligen Perspektive sehen. Was wollte die ostdeutsche Bevölkerung und die Politik. Hätte es damals(!) eine Mehrheit in der ostdeutschen Bevölkerung dafür gegeben, die Grenzöffnung wieder rückgängig zu machen und in ostdeutschen Betrieben zu Niedrigstlöhnen zu arbeiten, so wie heute in der nordkoreanischen Sonderwirtschaftszone?
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Re: Treuhandverbrechen - Demontage vom Traktorenwerk Schönebeck

Beitragvon Nostalgiker » 5. Februar 2012, 12:14

sirius hat geschrieben:Man liest des öfteren, dass die Produktivität der DDR-Betriebe ein Viertel bis ein Drittel des westdeutschen Niveaus betrug, ......


Wo bitte liest "man" dies denn öfters?

Gerhard Heske stellt zum Beispiel in seinem Beitrag "Gesamtrechnung Ostdeutschland", zu finden in: Supplement Nr. 17 des Zentrums für historische Sozialforschung; folgendes fest:

Die Produktivität der DDR 1989 erreichte je Kopf das Niveau von 56% und je Erwerbstätigen von 45% im Vergleich zu Westdeutschland. Der Rückstand betrug hiernach also 44 bzw. 55%.
Dazu hat der Autor erstmals das DDR-BIP auf Preisbasis 1995 in Euro neu berechnet und kommt zu denbegründeten Ergebnissen für 1989.

Im nachfolgend genannten Buch gelingt es dem Autor im Gegensatz zu den beinahe hysterischen Aktionen der elitären Meinungsführerschaft gegenüber der untergegangenen DDR einen tragfähigen ökonomisch-statistischen Vergleich „DDR – BRD“ vorzulegen, der faktisch objektivere Erkenntnisse als bisher ermöglicht. Er hat dazu die archivierten statistischen Primärdaten der DDR-Wirtschaft ab 1950 einer kritischen Revision und Neuberechnung auf der von ihm bereits schonmal angewendeten "Preisbasis 1995 in Euro“ unterzogen und mit einem umfangreichen methodischen Apparat unterlegt. Die akribische Vorgehensweise des Autors Heske beeindruckt durch die sachgerechte Datenaufbereitung und tief greifende statistische Systemanalyse ebenso wie die damit neu gewonnene Qualität der Ergebnisse für den ökonomischen DDR- BRD – Vergleich.

Gerhard Heske, Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung DDR 1950-1989, Supplement 21 (2009) des Zentrums für Historische Sozialforschung Köln, ISNN 0172 - 6404

Für die seriöse, objektive Analyse der DDR-Wirtschaft in statistisch-ökonomischer Sichtweise besitzt dieses Buch von Prof. Gerhard Heske bleibende und herausragende Bedeutung. Das Buch ist als Beitrag zur objektiven Bewertung der DDR-Wirtschaft unentbehrlich für weitere komplexe Analysen und für das abschließende DDR-Geschichtsbild.

Allerdings ist dieses Buch mehr in wirtschaftswissenschaftlichen Bibliotheken und Einrichtungen und nicht in den entsprechend politisch geprägten "Aufarbeitungsinstitutionen" zu finden.
Nur wer sich seriös informieren will und möchte kommt an solchen Publikationen nicht vorbei alles Andere auf dem Markt ist gewollt politische und populistische Diffamierung.

Gruß
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Re: Treuhandverbrechen - Demontage vom Traktorenwerk Schönebeck

Beitragvon augenzeuge » 5. Februar 2012, 13:27

@Nostalgiker

Inwieweit stimmt denn Gerhard Heske mit dem Bericht Schürers zur bevorstehenden Zahlungsunfähigkeit der DDR überein?
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Re: Treuhandverbrechen - Demontage vom Traktorenwerk Schönebeck

Beitragvon Nostalgiker » 5. Februar 2012, 14:40

@AZ,
kurz und knackig. überhaupt nicht!

Wenn ich Zeit und Lust haben sollte werde ich mal das wichtigste dazu zusammenfassen.
Nur soviel. die populistische Meinungsmache bezüglich eines "wirtschaftlichen Zusammenbruchs" der DDR interpretiert den Schürer Bericht sehr eigenwillig und vermischt sehr eifrig politisches Kalkül, von der Politik damals gewünschte Sichtweisen mit einer teilweisen mehr wie unseriösen Betrachtungsweise der ökonomischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten.
So wie die "Beweise" für den Kollaps gedeutet werden und als unumstößliche Tatsache hingestellt werden hätte nach diesen "Kriterien" Portugal, Spanien, heutzutage Griechenland und Italien schon längst wirtschaftlich kollabieren müssen wobei es bei Spanien und Portugal auf die zeit in den Achtziger Jahren zutrifft......

Wenn es in Deutschland überhaupt eine Situation gegeben hat wo von einem wirtschaftlichen Zusammenbruch oder Kollaps gesprochen werden konnte war dies die Zeit ende 1944/45/46 .......

Der massive Einbruch in der Wirtschaft auf dem Territorium der DDR erfolgte in den Jahren 1991/92 und immer alles auf "40 Jahre Mißwirtschaft" zu schieben ist einfach billige Polemik und soll von den wirklichen Prozessen ablenken welche damals liefen.

Aber wie gesagt dazu vielleicht mal ein längerer Text von mir wenn ich Zeit habe...

Gruß
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Re: Treuhandverbrechen - Demontage vom Traktorenwerk Schönebeck

Beitragvon Danny_1000 » 5. Februar 2012, 18:50

Sirius hat geschrieben:Hallo Daniel,

als guten Einstieg in die Materie empfehle ich immer wieder folgenden Artikel. Der Artikel ist sehr lang, aber man sollte sich ihn durchlesen. ....

@Sirius
Danke dir, für den Extrakt aus dem Artikel. Sicherlich ein lesenswerter Artikel, was die Chronologie der Ereignisse betrifft. Manche Zusammenhänge empfinde ich aber als etwas einseitig. Deshalb von mir nochmal der schon erwähnte Werner Schulz (B90 Die Grünen). Er war Mitglied des "Untersuchungsausschusses Treuhand" des Bundestages 1993 / 1994 - weiß also, worüber er redet und seine Bilanz über die Arbeitsweise der Treuhand sieht etwas anders aus.

Werner Schulz zur Arbeit der Treuhand Teil 1
Werner Schulz zur Arbeit der Treuhand Teil 2
Werner Schulz zur Arbeit der Treuhand Teil 3
Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben
dafür einsetzen, dass du es sagen darfst !
(Evelyn Beatrice Hall 1868; † nach 1939)
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Re: Treuhandverbrechen - Demontage vom Traktorenwerk Schönebeck

Beitragvon Sirius » 5. Februar 2012, 20:55

Nostalgiker hat geschrieben:
sirius hat geschrieben:Man liest des öfteren, dass die Produktivität der DDR-Betriebe ein Viertel bis ein Drittel des westdeutschen Niveaus betrug, ......


Wo bitte liest "man" dies denn öfters?


Hallo Nostalgiker,
zum Beispiel in dem von Dir hier selbst zitierten Supplement Nr. 17 von Herrn Heske. Dort steht, dass die Arbeitsproduktivität des verarbeitenden Gewerbes in der DDR 1989 pro Erwerbstätigen 34 % betragen hat. Das kannst Du u.a. hier auf S. 14 indirekt nachlesen. Lese noch einmal, was ich geschrieben habe: Produktivität der DDR-Betriebe - damit meine ich natürlich Industrie-Betriebe. Und um die geht es doch hier beim Thema Treuhand. Das die "Produktivität der DDR" höher gewesen ist oder gewesen sein soll, hilft den Betrieben beim Absatz ihrer Produkte auf dem Weltmarkt nichts. Den Markt interessiert nur der Preis als Ausdruck der Produktivität der Betriebe. In die von Dir genannte Produktivität der DDR 1989 pro Kopf von 56 % oder je Erwerbstätigen von 45 % fließt z.B. auch die Arbeit von Mitarbeitern von Behörden, also z.B. auch der Staatssicherheit ein, deren Produktivitätswerte in solchen Rechenwerken höher angesetzt werden als der Durchschnitt. Deren "Produktivität" interessiert aber der Weltmarkt nicht, wenn ihm Produkte aus der DDR angeboten werden.

Ich habe aber auch schon die Zahl 27 % für die Produktivitätswerte der DDR-Industrie gelesen oder wie hier von "knapp 30 %":

Geringe Arbeitsproduktivität: Gegen Ende der DDR lag die Arbeitsproduktivität der ostdeutschen Betriebe im Durchschnitt bei nur knapp 30 Prozent des westdeutschen Niveaus. Auch zwanzig Jahre nach der Wende, im Jahr 2009, sind im Schnitt lediglich ca. 80 Prozent des westdeutschen Produktivitätsniveaus erreicht. Die Gründe für die geringere Arbeitsproduktivität der ostdeutschen Betriebe sind vielfältig. Während die in der Regel veralteten Produktionsanlagen nicht zuletzt aufgrund großzügiger Investitionshilfen relativ zügig ausgetauscht werden konnten, war die erforderliche Anpassung der Fachkenntnisse und Qualifikationen der Beschäftigten weitaus schwieriger und langwieriger. Insbesondere fehlte es den meisten ostdeutschen Führungskräften oftmals an Kenntnissen der Funktionsweise einer Marktwirtschaft sowie an Wissen in zentralen Bereichen des Managements, wie Marketing oder Rechnungswesen.

http://www.bpb.de/themen/64UZ9T,0,0,Ein_langer_Weg.html


Nostalgiker hat geschrieben:Allerdings ist dieses Buch mehr in wirtschaftswissenschaftlichen Bibliotheken und Einrichtungen und nicht in den entsprechend politisch geprägten "Aufarbeitungsinstitutionen" zu finden.
Nur wer sich seriös informieren will und möchte kommt an solchen Publikationen nicht vorbei alles Andere auf dem Markt ist gewollt politische und populistische Diffamierung.

Gruß
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Du solltest beim Thema Industrie-Produktivität nicht sofort böse Mächte am werkeln sehen, die die DDR-Industrie schlecht reden wollen. Nehme ganz einfach den Außenwirtschaftskurs von 1:4,4 als Maßstab. Unter anderem kam in diesem Preisverhältnis die Produktivitätsunterschiede zum Ausdruck. Es ist doch auch heute kein Geheimnis, dass z.B. die griechische Wirtschaft unproduktiver als die deutsche ist. Das hat nichts mit einem "Schlechtreden" Griechenlands zu tun.
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Die Fehler der Treuhand

Beitragvon Spartacus » 22. Juni 2014, 14:22

Spartacus hat geschrieben:
Interessierter hat geschrieben:Die Planwirtschaft ist einfach viel zu wenig flexibel, um rechtzeitig auf Veränderungen des Marktes reagieren zu können und es fehlen die befruchtenden Impulse des Wettbewerbs mit konkurrierender Qualität und Preisen.

" Der Interessierte "


Das stimmt, ansonsten aber war es im Sozialismus genau wie in Kapitalismus, was die Wirtschaft betraf.
Falls es keiner weiß, aber auch die VEB´s nahmen Kredite für ihre Produktion etc. auf und zwar immer über
die Staatsbank der DDR, die genau dafür ja auch da war. Aber auch Sparkasse und genossenschaftliche Banken
in der DDR waren verpflichtet solche Kredite auszureichen. Kapital + Zinsen mussten natürlich auch wieder
getilgt werden, genau wie im Kapitalismus, eben. Zu DDR Zeiten war das auch kein Problem, aber kurz nach
der Wende, fielen genau diese Kredite den VEB´s auf die Füße. Denn obwohl sie volle Auftragsbücher hatten,
fast immer Immobilien besaßen und sogar geldwerte Guthaben besaßen, waren sie mit Einführung der DM
praktisch über Nacht bankrott. Warum?
Nun die Produktionskosten vervierfachten sich, die Löhne ebenfalls, aber die Erträge für Produkte in den
Westen blieben die gleichen, denn die wurden ja auch schon vorher in DM gezahlt. Die Schulden dieser VEB`s
- die eigentlich ja kerngesund waren - vervierfachten sich nun aber ebenfalls, da hier der größte Fehler bei der
Vereinigung zum tragen kam, denn es wurde für die DDR kein Schuldenschnitt vereinbart.

Den Rest erledigten dann die westdeutschen Banken, die die DDR Banken für einen Apel und ein Ei aufkauften,
damit aber auch die enormen Schuldverschreibungen einkassierten, für die, man höre und staune, mal wieder
die BRD laut Einigungsvertrag einstand, also mal wieder der Bürger als Steuerzahler.

Wenn mal einer ein Beispiel dafür haben will, dann suche ich das mal raus.

LG

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Re: Die Fehler der Treuhand

Beitragvon pentium » 23. Juni 2014, 13:23

Was für ein großes Thema, die Fehler der Treuhand!
Nun ist aber die Geschichte mit den Krediten nur ein kleiner Teil einer größeren Geschichte. Alleine über die Treuhand selber könnte man viele, viele Geschichten schreiben.

Tante Wiki:
Zitat:
Alle zum Stichtag 1. Juli 1990 im Register der volkseigenen Wirtschaft (HRC) eingetragenen volkseigenen Betriebe und deren selbständigen Betriebsteile wurden zum Stichtag auf der Grundlage des Treuhandgesetzes in Kapitalsgesellschaften (AG oder GmbH i. A. – im Aufbau) der Treuhandanstalt umgewandelt und als solche im Handelsregister eingetragen – insgesamt 8.500 Gesellschaften mit etwa vier Millionen Beschäftigten in rund 45.000 Betriebsstätten. Das Gesamtportfolio belief sich später auf 14.600 Gesellschaften. Deren Gesamtwert hatte Detlef Rohwedder in einem Gespräch mit Christa Luft im Februar 1990 auf etwa 600 Mrd. DM[4][5] geschätzt.

Die Treuhandanstalt übernahm ferner rund 2,4 Millionen Hektar land- und forstwirtschaftliche Flächen, das Vermögen des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit, wesentliche Teile der Liegenschaften der ehemaligen Nationalen Volksarmee, umfangreichen Wohnungsbesitz sowie das Vermögen der staatlichen Apotheken.

Mit dem 3. Oktober 1990 ging weiterhin die treuhänderische Verwaltung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen auf die Treuhandanstalt über, die sie im Einvernehmen mit der Unabhängigen Kommission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen der DDR auszuüben hatte.[6][7]

Ihrem Auftrag aus dem Treuhandgesetz entsprechend, handelte die Treuhand dabei nach den Grundsätzen:

„Schnell privatisieren, weil wir der Auffassung sind, dass Privatisieren die beste Form der Sanierung ist. Das zweite Motto heißt: Entschlossen sanieren. Da, wo Zukunft möglich ist, soll Sanierung durchgeführt werden, um auch hier den Menschen mehr Mut und Hoffnung zu machen. Und das dritte Motto heißt: Behutsam stilllegen.“

– Birgit Breuel

Was hier nicht steht: Es gab die DDR-Mark-Schlußbilanz für den 30.06.1990 und die DM-Eröffnungsbilanz auf den 01.07.1990.

So weit so gut:
Zu der Sache mit den Banken!

Am besten wird das in einem Artikel aus dem Tagesspiegel geschildert

Zitat:
Schulden ohne Sühne

Bis heute sind die Umstände der finanziellen Vereinigung nicht ganz geklärt.

Es ranken sich Mythen darum, Verschwörungstheorien. Sicher ist, dass die Akteure damals der DDR-Wirtschaft den Rest gaben und die Bundesrepublik auf ungewisse Zeit hinaus mit gigantischen Schulden belasteten. Es geht um 200 Milliarden Euro.

Mittlerweile sind sich die Beteiligten weitgehend einig, dass nicht alles ganz richtig lief. Sie geben dies allerdings, wenn überhaupt, nur mit einem schulterzuckenden Bedauern zu. Sorry, tut uns leid, wir wollten nur das Beste.
...
Eines der extremsten Kapitel der Währungsunion ist der Ausverkauf der ostdeutschen Banken. So grotesk wie hier ging es kaum anderswo zu. Die Bundesregierung schenkte, auch mit Hilfe der Volkskammer, den westdeutschen Banken Milliarden, auf Kosten der Steuerzahler. Aber warum?

Was damals mit den Banken geschah, ist jedenfalls eine atemberaubende Volte. Dabei ist der folgenschwere Zug, der im Westen die Kassen füllt und im Osten Betriebe reihenweise ruinierte, nicht viel mehr als ein semantischer Trick. Es wurde einfach so getan, als wäre die zentrale DDR-Planwirtschaft ein freies Handelssystem gewesen, mit vollkommener Autonomie jedes Unternehmens. Im Kern standen dabei die vermeintlichen Kredite der Ostbetriebe.

Formell wurden die Zuwendungen an die Volkseigenen Betriebe, die Wohnungswirtschaft und die Genossenschaften über die ebenfalls staatlichen Banken abgewickelt. Also — Kredite? Da kennt sich der Westbanker aus. Kredite müssen zurückgezahlt werden, Einheit hin. Sozialismus her. Dass in der DDR gar keine Kredite im marktwirtschaftlichen Sinne vergeben wurden, dass also die vermeintlichen Schulden der Unternehmen nichts anderes waren als politisch gewollte und gesteuerte Subventionen, scherte weder die Politik, noch die Banken. Auch, dass die einzelnen Wirtschaftseinheiten ihre Nettogewinne an den Staatshaushalt abführen mussten, irritierte hier nicht. Aber wie hätten die Betriebe da ihre angeblichen Schulden begleichen können?
...
Die Berliner Bank zum Beispiel kaufte die aus der DDR-Staatsbank hervorgegangene Berliner Stadtbank für 49 Millionen Mark. Sie erwarb damit zugleich durch den Staat garantierte Altschuldenforderungen in Höhe von 11,5 Milliarden Mark – das 235-fache des Kaufpreises. Die Genossenschaftsbank West kaufte die Genossenschaftsbank Ost für 120 Millionen Mark und erwarb Altschuldenforderungen von 15,5 Milliarden Mark. Die Westdeutsche Landesbank Girozentrale zahlte für die Deutsche Außenhandelsbank 430 Millionen Mark, also eine knappe halbe Milliarde, und bekam dafür Altschuldenforderungen über sieben Milliarden Mark. Und so weiter. Die westdeutschen Banken mussten zwar auch Verbindlichkeiten übernehmen. Aber allein die Zinsen auf die übernommenen Altschulden reichten, um den Kaufpreis auszugleichen.
...
Dass die DDR-Zuweisungen in marktwirtschaftliche Schulden umgewandelt wurde, hat nicht nur die westdeutschen Banken zu Einheitsgewinnern gemacht, sondern auch große Teile der ostdeutschen Wirtschaft in Abhängigkeit gebracht, mindestens das. Für viele betroffene Unternehmen, die sich plötzlich mit astronomischen Rückzahlungsforderungen und rasant steigenden Zinsbelastungen konfrontiert sahen, bedeutete es den Ruin. Sie verfügten wegen der Zwangsabführung ihrer Gewinne über keinerlei Rücklagen, wurden von der Treuhand als nicht sanierungsfähig eingestuft und abgewickelt.

Hier der ganze Artikel
http://www.tagesspiegel.de/meinung/komm ... 20948.html

mfg
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*Dos Rauschen in Wald hot mir'sch ageta, deß ich mei Haamit net loßen ka!* *Zieht aah dorch onnern Arzgebirg der Grenzgrobn wie ene Kett, der Grenzgrobn taalt de Länder ei, ober onnere Herzen net!* *Waar sei Volk verläßt, daar is net wert, deß'r rümlaaft of daaner Erd!*
Anton Günther

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Re: Die Fehler der Treuhand

Beitragvon Spartacus » 23. Juni 2014, 17:42

Das hat nichts mit Verschwörungstheorien zu tun, vielmehr frage ich mich, wieso die Fakten nicht
aufgearbeitet werden?

Wieso werden die 200 Milliarden Euro nicht zurückgefordert?

Gut, die bringen die "abgewickelten" Betriebe auch nicht wieder zurück und natürlich würden sie die
involvierten Banken schon wieder einmal in Schwierigkeiten bringen, aber .......

Was für ein Thema und wieder einmal sieht man, das Banken in unserem Land machen können, was
sie wollen. Lügen, betrügen, stehlen und nichts, aber auch gar nichts ist strafbar?

Die ehemaligen Wohnungsbaugesellschaften der DDR, sind heute noch mit diesem Thema beschäftigt, denn
sie kommen einfach nicht aus den Miesen heraus, die sie vorher gar nicht hatten, da ja eigentlich alles
abgezahlt war. Dank der Banken haben sie noch heute fiktive Kredite und Schulden am Hals, die über Nacht
über sie kamen.

Genau wie die Häuslebauer, die ganz schnell den Grund und Boden kaufen mussten, der vorher zumeist
Eigentum der Gemeinde war und nun über Nacht - oh wunder - Privatgrund wurde. Hat mein Vater am
eigenen Leibe erfahren.

LG

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Wie viel war die DDR wert?

Beitragvon Rei » 4. Oktober 2015, 17:03

WIE VIEL WAR DIE DDR WERT?

1990 wurde Birgit Breuel (78, CDU) in die Geschäftsleitung der Treuhandanstalt gewählt, folgte ein Jahr später dem ermordeten Rohwedder als Präsidentin der Treuhand nach.
Von Uwe Blümel

Dresden - Am Samstag feierten Ost- und Westdeutschland Silberne Hochzeit. Vor genau 25 Jahren gingen die beiden Hälften Deutschlands zusammen. Zeit zur Besinnung. Was war die DDR eigentlich wert?

Nach der Wende wurde die Hälfte der Landfläche der DDR als Volkseigentum deklariert. Doch wem gehörten eigentlich die Felder und Wälder, Betriebe und Grundstücke?

Darüber entschied ab Juli 1990 die Treuhandanstalt. Sie wurde als Privatisierungsbehörde des DDR-Volkseigentums gegründet. Der SPD-Politiker Detlev Karsten Rohwedder († 58) wurde ihr erster Präsident.

Der Ausverkauf der DDR begann. Sie wurde zum größten Spekulationsobjekt seit dem Krieg.

Keine Arbeitslosigkeit, regelmäßig Haushaltstag: Textilarbeiterin im Websaal des Walddorfer Werkes der VEB Oberlausitzer Textilbetriebe Lautex (bei Herrnhut).
Bundeskanzler Helmut Kohl lockte potentielle Investoren zudem mit seiner Vision von „blühenden Landschaften“. Sie sollten den Aufbau Ost finanzieren.

Als Geschenk wurden lukrative Sonderabschreibungen für Investitionen in Ost-Immobilien beschlossen.

Die Neuverteilung des Volkseigentums begann. Investoren kamen bis aus Frankreich, den USA, Großbritannien und Asien - und mit ihnen auch Wirtschaftskriminelle und ominöse Berater.

Siegfried Wenzel war stellvertretender Vorsitzender der staatlichen Planungskommission der DDR. In seinem Buch „Was war die DDR wert?“ beschreibt er, wie die Treuhand das Volksvermögen der DDR von rund 600 Milliarden Mark auf 264 Milliarden Mark Schulden herunterrechnen konnte.

Nach der Ermordung Rohwedders am 1. April 1991 übernahm Birgit Breuel (78, CDU) die Treuhandanstalt.

Letzte Kontrolle vorm Verkauf: Computer des Typs A 7100 werden hier im Herbst 1987 im Werk des VEB Robotron Elektronik Dresden noch einmal auf Herz und Nieren getestet.
12.000 Betriebsteile gingen an 7.000 Westinvestoren. 4.000 Betriebe werden geschlossen.

Rettung einer ruinierten Republik oder feindliche Übernahme?

Die Bewohner der DDR hatten kein Vermögen, um vom Ausverkauf ihres Landes zu profitieren.

Doch hätten die Betriebe überlebt, wenn sie nicht gekauft worden wären? Der oft versprochene schnelle wirtschaftliche Aufschwung blieb aus. Immobilienpreise rutschten in den Keller. Überkapazitäten an Büroflächen liegen brach.

Viele Investoren verbrannten sich die Finger und zogen sich zurück. Die Zeche zahlt der Steuerzahler - bis heute! Symbol dafür ist der Solidaritätszuschlag, der übrigens Ost- und Westdeutschen gleichsam vom Lohn abgezogen wird.

SCHMIERGELD-SKANDAL UM LEUNA-WERKE

Wirtschaftskrimi in Sachsen-Anhalt: Um den Verkauf der Erdölraffinerie Leuna entbrannte nach der Wende ein Investoren-Streit.
Der Verkauf sollte die deutsch-französische Freundschaft zementieren:

Es galt als politischer Wunsch von Frankreichs Präsidenten François Mitterrand und Bundeskanzler Helmut Kohl, dass der französische Konzern ELF Aquitaine die größte DDR-Raffinerie Leuna und das gesamte Tankstellennetz des VEB Minol kaufen sollte.

Damals interessierten sich aber auch noch die BP-Gruppe, die Tamoil-Gruppe und das kuwaitische Unternehmen Q8 für die zwei Betriebe. 1991/92 übernahm dennoch ELF Aquitaine die Leuna- Werke und das im Osten hochprofitable Minol.

Waren bei der Transaktion Schmiergelder geflossen? Staatsanwälte ermittelten. Jahre später wurden ELF-Manager wegen Schmiergeldzahlungen in Höhe von 47 Millionen Euro aus Schwarzgeldkassen von ELF zu Haftstrafen verurteilt.

Detlev Karsten Rohwedder († 58) war von Juli 1990 bis zu seiner Ermordung Präsident der Treuhandanstalt.

Er hatte sich die „schnelle Privatisierung, entschlossene Sanierung und behutsame Stilllegung“ auf die Fahnen geschrieben.

Rohwedder wurde nach Morddrohungen am 1. April 1991 in seinem Düsseldorfer Haus von einem Scharfschützen der Rote Armee Fraktion (RAF) erschossen.
https://mopo24.de/#!nachrichten/ddr-rue ... lanz-16975
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Re: WIE VIEL WAR DIE DDR WERT?

Beitragvon Volker Zottmann » 4. Oktober 2015, 18:20

Liebe Freunde,
gleich werden sich wieder einige, alles anders Sehende räuspern:

Die DDR war absolut NICHTS mehr wert!

Jeder soll sich mal allein die Kosten für die erstmalige Komplettsanierung und Erweiterung der Infrastruktur vor Augen führen. Mal überlegen, was allein auf DDR-Gebiet alles unter die Erde gekommen ist. Ich meine nicht nur die Versorgungsleitungen. Wieviel kosteten die Bergbauschäden und welche horrenden Summen verschlingen die noch?
Dass wenige Betriebe erhaltenswert waren und es wenige, ganz wenige Sahneschnittchen gab, bestreitet auch keiner.

Doch die Sanierung der gesamten DDR ist einige Male teurer als deren letzter Verkehrswert.

Gruß Volker
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Re: WIE VIEL WAR DIE DDR WERT?

Beitragvon Wosch » 4. Oktober 2015, 19:48

Volker Zottmann hat geschrieben:Liebe Freunde,
gleich werden sich wieder einige, alles anders Sehende räuspern:

Die DDR war absolut NICHTS mehr wert!

Jeder soll sich mal allein die Kosten für die erstmalige Komplettsanierung und Erweiterung der Infrastruktur vor Augen führen. Mal überlegen, was allein auf DDR-Gebiet alles unter die Erde gekommen ist. Ich meine nicht nur die Versorgungsleitungen. Wieviel kosteten die Bergbauschäden und welche horrenden Summen verschlingen die noch?
Dass wenige Betriebe erhaltenswert waren und es wenige, ganz wenige Sahneschnittchen gab, bestreitet auch keiner.

Doch die Sanierung der gesamten DDR ist einige Male teurer als deren letzter Verkehrswert.

Gruß Volker




Dafür schmeckten die Brötchen aber besser. [wink]

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Re: WIE VIEL WAR DIE DDR WERT?

Beitragvon Volker Zottmann » 4. Oktober 2015, 21:13

Stimmt Wolfgang.
Und hier im Harz bekommst Du in vielen Supermärkten tolle Brötchen, wie zu DDR-Zeiten, nur sind sie jetzt immer gleich groß. Das brachte unser Bäcker mit seinen kleinen Händen damals nie fertig. Aber geschmeckt haben beide und die heutigen immer noch.
Direkt nach der Wende waren hier auch nur noch diese Fluffis zu haben. Alles Vergangenheit zum Glück. [grins]

Gruß Volker
Volker Zottmann
 

Re: WIE VIEL WAR DIE DDR WERT?

Beitragvon Nostalgiker » 5. Oktober 2015, 07:33

Volker Zottmann hat geschrieben:Liebe Freunde,
gleich werden sich wieder einige, alles anders Sehende räuspern:

Die DDR war absolut NICHTS mehr wert!

Jeder soll sich mal allein die Kosten für die erstmalige Komplettsanierung und Erweiterung der Infrastruktur vor Augen führen. Mal überlegen, was allein auf DDR-Gebiet alles unter die Erde gekommen ist. Ich meine nicht nur die Versorgungsleitungen. Wieviel kosteten die Bergbauschäden und welche horrenden Summen verschlingen die noch?
Dass wenige Betriebe erhaltenswert waren und es wenige, ganz wenige Sahneschnittchen gab, bestreitet auch keiner.

Doch die Sanierung der gesamten DDR ist einige Male teurer als deren letzter Verkehrswert.

Gruß Volker


Wenn Milchmädchen bzw. Milchmänner anfangen zu "rechnen" kommt solch obiger Unsinn bei heraus.
Ich nehme zur Kenntnis, das ich einer Generation angehöre, deren Hoffnungen zusammengebrochen sind.
Aber damit sind diese Hoffnungen nicht erledigt. Stefan Hermlin

Freiheit ist nur ein anderes Wort dafür, dass man nichts zu verlieren hat. Janis Joplin

Psychologen haben herausgefunden, dass Menschen, die immer bei anderen auf die Rechtschreibfehler hinweisen, eine Persönlichkeitsstörung haben und unzufrieden mit ihrem Leben sind. Netzfund
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