Sieben Tage Krieg: Als Tschechen und Polen 1919 aufeinander schossen
Der tschechoslowakische Staat war noch nicht einmal ein halbes Jahr alt, da zog er bereits in einen bewaffneten Konflikt. Ende Januar 1919 kam es zu dem so genannten Siebentagekrieg zwischen der Tschechoslowakei und Polen. Beide Seiten kämpften um das Gebiet Teschener Schlesien. Wie kam es zu dem Waffengang und was bedeutete er für die polnisch-tschechoslowakischen Beziehungen?
Der Erste Weltkrieg war zu Ende und neue Staaten erschienen auf der Europa-Karte. Sie entstanden, weil die Vielvölkerstaaten Habsburger Monarchie und Russisches Reich auseinander fielen. Doch die Ziehung der Grenzen gelang häufig nur schlecht. Und dort entstanden neue Konfliktherde. So auch im „Teschener Schlesien“, das bis ins 19. Jahrhundert als Herzogtum Teschen eine eigene Verwaltung gehabt hatte. Die Tschechoslowakei und Polen, beide neu entstanden, erhoben jeweils Ansprüche auf diesen Landstrich am Oberlauf der Oder. Jiří Friedl ist Fachmann für tschechisch-polnische Beziehungen am Historischen Institut der tschechischen Akademie der Wissenschaften:
„Das Herzogtum Teschen gehörte historisch betrachtet zur böhmischen Königskrone. Und die Regierung in Prag ging davon aus, dass das Gebiet automatisch der Tschechoslowakei zugeschlagen wird. Die polnische Regierung behauptete, dass aufgrund der ethnischen Aufteilung der größte Teil des Gebiets zu Polen gehört. Die meisten Bewohner waren Polen“, so Riedl.
Für die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg und vor dem Siebentagekrieg gibt es keine genauen demographischen Daten. Die aktuellsten Zahlen für diese Zeit stammen von 1910. Damals lebten rund 180.000 Menschen im Gebiet Teschen. Davon waren mehr als zwei Drittel Polen, 18 Prozent Tschechen und 12 Prozent Deutsche. Doch die Feindseligkeiten kamen laut Friedl bereits an der Jahrhundertwende auf:
„Noch bis etwa Ende des 19. Jahrhunderts traten Tschechen und Polen gemeinsam für ihre nationalen Rechte ein und für das Recht, ihre jeweilige Muttersprache zu nutzen. An der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert gehen die Interessen jedoch bereits auseinander. Es kommt nun immer häufiger zu immer heftigeren Anfeindungen polnischer und tschechischer Politiker im Gebiet Teschen.“
Während sich die Beziehungen innerhalb der Bevölkerung vor Ort verschlechterten, stieg jedoch die wirtschaftliche und strategische Bedeutung des Gebiets. Es entwickelte sich zu einem Zentrum des Steinkohlebergbaus und der Eisenverhüttung. Zudem führte hier die einzige Bahnlinie durch, welche die tschechischen Gebiete mit der Slowakei verband. Das befeuerte nach dem Ersten Weltkrieg die Ansprüche der Regierung in Prag zusätzlich.
Doch unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg legten Warschau und Prag erstmal im Gebiet Teschen eine vorläufige Demarkationslinie fest. Diese folgte im Groben den ethnischen Trennungslinien. Die endgültige Grenzziehung sollte erst noch ausgehandelt werden.
„Die tschechoslowakische Regierung erkannte die Demarkationslinie vom 5. November 1918 nicht an. Beide Seiten beschuldigten sich zudem gegenseitig, diese Linie nicht zu beachten. Im Januar 1919 schrieb dann Polen auch im Gebiet Teschen Wahlen zum verfassungsgebenden Sejm aus. In Prag wurde das so interpretiert, dass Warschau damit seinen Anspruch auf das Gebiet deklariert. Deswegen entschloss sich die Tschechoslowakei zu einer militärischen Besetzung des Gebiets“, beschreibt Historiker Jiří Friedl die Entwicklung.
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quelle: Radio Prag
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