von pentium » 2. Januar 2024, 16:47
Die grassierende Klimaangst macht vor allem junge Menschen seelisch krank
Apokalyptische Szenarien vom nahen Weltuntergang treiben Millionen von Menschen auf dem ganzen Globus in schwere psychische Probleme – Ratschläge von Wissenschaftlern erscheinen wenig hilfreich
Wolfgang Kaufmann
01.01.2024
Das mediale Hochspielen der angeblich katastrophalen Folgen des vermeintlich vom Menschen verursachten Klimawandels hat 2023 eine neue Dimension erreicht. Gleichzeitig fallen die Zukunftsprognosen immer apokalyptischer aus. Vor diesem Hintergrund warnte nun die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde, dass die „Klimakrise“ zu psychischen Erkrankungen führe. Dabei sind sich die Experten allerdings noch uneins, ob das Bedrohungsszenario schon eigenständige seelische Störungen auslöse oder nicht.
Kirsten Catthoor, die Präsidentin der Flämischen Vereinigung für Psychiatrie, hält die „Klimakatastrophe“ nur für einen von vielen „Stressoren“ mit potentiellen psychopathologischen Folgen. Dahingegen betrachtet die American Psychological Association die „chronische Angst vor dem Untergang der Umwelt“ durchaus als spezifische Krankheit und spricht von einer „prä-traumatischen Belastungsstörung“: „Im Gegensatz zur post-traumatischen Belastungsstörung wirken die Folgen des Klimawandels bereits traumatisch, bevor sie tatsächlich eintreten.“
Um herauszufinden, wie viele Menschen hiervon mittlerweile betroffen sind, befragten verschiedene Forscher wie die Kulturpsychologin und Psychotherapeutin Caroline Hickman von der britischen University of Bath 12.000 Personen in 23 Ländern. Knapp jeder zweite der Probanden gab dabei an, sehr oder gar extrem besorgt über den Klimawandel zu sein.
Russen sind am gelassensten
Allerdings gibt es deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Staaten. In der Bundesrepublik zeigten sich 64 Prozent der Untersuchungsteilnehmer hochgradig besorgt, und 28 Prozent äußerten darüber hinaus, sehr starke beziehungsweise extreme Ängste wegen der Folgen des Klimawandels zu verspüren. Noch dramatischer fielen die Antworten in Spanien, Portugal, Finnland, Brasilien und der Türkei aus, während lediglich fünf Prozent der Russen Angst und zehn Prozent Besorgnis bekundeten.
Bemerkenswert an den Ergebnissen ist zudem, dass junge Menschen deutlich öfter mitteilten, negative Emotionen wegen der „Klimakatastrophe“ zu entwickeln. Rund zwei Drittel fühlen neben Angst und Besorgnis auch Traurigkeit, Wut, Scham, Hilflosigkeit und Verzweiflung. Auf die Frage, wie sie die „Zukunft in Zeiten des Klimawandels“ einschätzten würden, antworteten 76 Prozent der Jüngeren: „Die Zukunft ist beängstigend“, und etwa die Hälfte vertrat sogar die Meinung, „die Menschheit ist dem Untergang geweiht“. Deshalb zögern auch 39 Prozent, Kinder zu haben.
Die Schuld an all dem sollen die älteren Erwachsenen tragen. Je passiver diese angesichts der „Klimakrise“ reagierten, desto größer werde die Angst der Jüngeren, behauptet Hickman. Hinzu komme die verbreitete Missbilligung der Aktivitäten der jugendlichen „Klimaschützer“. Diese verursache zusätzlichen Stress und verschlimmere die Qualen derer, die unter Klimaangst leiden. Außerdem drohe ein Generationenkonflikt.
Deshalb raten manche Psychologen und Psychiater sämtlichen Menschen dazu, Klimaangst zu entwickeln und diese Angst dann in ihren Alltag zu integrieren, um den Weg zu einem „nachhaltigen Leben“ zu finden. So habe die Angst „einen echten Wert“. Letzteres glaubt auch der US-Autor David Wallace-Wells, der Verfasser des apokalyptischen Buches „Die unbewohnbare Erde“. Andere Fachleute für das Seelenleben unserer Spezies warnen dahingegen vor zu viel Untergangsstimmung. „Im Prinzip können wir diese Klimakrise überleben. Doch dafür müssen wir uns erst einmal von der Vorstellung befreien, dass wir ohnehin der Vernichtung geweiht sind“, meint die britische Klimaaktivistin und Psychologin Renée Lertzman. Und der US-amerikanische Anwalt mit Schwerpunkt Umweltrecht James Gustave Speth mahnt eine „kulturelle und spirituelle Transformation“ an, um der Herausforderung durch den Klimawandel gerecht zu werden und endlich den Egoismus und die Apathie der Mehrheit der Menschen zu überwinden.
Schräge Thesen statt Abhilfen
Andere wollen die „affektive Bindung an die Annehmlichkeiten eines fossil befeuerten Lebens“ eliminieren, über deren vermeintliche Ursache die Politikwissenschaftlerin Cara New Daggett vom Virginia Polytechnic Institute in ihrem Essay „Petromaskulinität: Fossile Energieträger und autoritäres Begehren“ geschrieben hat. Darin heißt es, die „Leugnung der Klimawandels“ und die Verweigerung jeglicher Form von Klimaschutz erwachse aus einer mit dem „Trumpismus“ verbundenen „Petro-Nostalgie“, das heißt der Sehnsucht nach der Zeit um die Mitte des 20. Jahrhunderts, als die patriarchalische Gesellschafts- und Familienordnung in den USA und den übrigen westlichen Ländern durch den exzessiven Verbrauch von Öl und Kohle gestützt wurde.
Daher seien vor allem Männer für die „Petro-Nostalgie“ empfänglich, weshalb man synonym von „Petromaskulinität“ sprechen könne: Männlichkeit äußere sich heute nicht selten in demonstrativer Umweltverschmutzung und Ressourcenverschwendung beziehungsweise dem Verbrennen von fossilen Energieträgern. Dazu komme die „maskuline Praktik“ des Grillens von Fleisch.
Kritiker von Dagget wenden hiergegen ein, dass die „Klimaschützer“ selbst erhebliche Verantwortung für die „Petro-Nostalgie“ trügen, weil ihr penetrantes Bestreben, Freiheitsspielräume einzuschränken, logischerweise Widerstand provoziere. Daraus resultiere ein strategisches Dilemma für die Klimabewegung: Einerseits müsse diese die Angst vor den Folgen der „Erderhitzung“ schüren und Sand ins Getriebe der ressourcenverschwendenden Gesellschaft streuen, andererseits erhöhe sich dadurch das Risiko von Trotzreaktionen.
Daher empfiehlt die britische Philosophin Kate Soper in ihrem Buch „Leben nach dem Wachstum“ einen „alternativen Hedonismus“, der nicht auf Konsum, sondern der bewussten und konsequenten Abkehr von diesem beruhe. Denn die damit verbundene Vision vom guten Leben in der Zukunft mache Hoffnung und motiviere eher zum „Klimaschutz“ als angstauslösende negative Ausblicke in Kombination mit autoritären Verzichtsforderungen.
Dieser Artikel ist ein Beitrag aus der aktuellen PAZ.
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Anton Günther
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