„Wir haben keine Zeit, wir müssen jetzt handeln“Die Zeit drängt: Warum die Aktivisten von Fridays for Future heute auf die Straße gehen - und nicht erst nach ihrem Schulabschluss.
Liebe Kira, liebe Angelina, diese Ausgabe hat die FR zusammen mit Fridays for Future gemacht, und es ist auch kein Geheimnis, dass wir Sympathien für Eure Bewegungen haben. Für dieses Interview nehmen wir aber die Rolle der Mäkler ein und sind gespannt, wie Ihr auf deren Kritik reagiert. Die sagen zum Beispiel, dass Ihr schön radikal sein könnt, weil Ihr einfach noch zu jung seid. Ihr solltet lieber mal die Schule vernünftig beenden, dann wärt Ihr auch klüger.Angelina: Das Argument ist eigentlich keines, weil die Klimakrise jetzt akut ist. Wir haben keine Zeit, wir müssen jetzt handeln, nicht erst nach dem Schulabschluss.
Das heißt, bald sind wir alle tot?Kira: Nein, es geht um die Zeit, die uns noch zum Handeln bleibt. Ein Bericht der UN sagt, dass wir noch etwa 18 Monate haben, aber eigentlich hat Deutschland noch viel weniger. Wir sind auf dem Land ja schon bei 1,53 Grad Erwärmung gegenüber vorindustrieller Zeit. Erst Schule, Abi, dann vielleicht Studium, dann Berufsleben – das dauert zu lange. Wir fordern jetzt Aufmerksamkeit für die Lösungen der Klimakrise und wir fordern, dass sofort gehandelt wird, weil es lange versäumt wurde.
Wir Erwachsene haben’s also versemmelt?Kira: Ja, denn eigentlich gibt es schon lange Pläne, etwas gegen den Klimawandel zu tun. Nur leider passiert nichts. Gleichzeitig ist es auch so, dass wir keine neuen 68er sind, die sagen: Es gibt keine Zukunft. Im Gegenteil – wir wollen ja eine Zukunft. Wir bleiben im Gespräch, gehen auf die Politik zu, sind auf Podien, sagen, dass wir die Probleme nur gemeinsam lösen können. Auch der Streiktag heute richtet sich an alle: Alle gehen gemeinsam für Klimaschutz auf die Straße.
Keine Wut auf die Erwachsenen?Angelina: Na ja, insbesondere haben es ja Politiker versäumt, zu handeln. Dass sich das Klima wandelt, hat das erste Mal ein Wissenschaftler im 19. Jahrhundert herausgefunden. Aber getan hat sich seitdem nichts.
Also ist es dann okay, wenn wir weiter fette SUVs fahren, weil die Politiker uns das ja nicht verbieten?Kira: Es geht nicht darum, etwas zu verbieten. Wir wollen Anreize, dass auch jeder Einzelne klimafreundlicher handelt. Aber an die großen Schritte, das, was viel Schaden anrichtet, da muss die Politik ran. Darauf liegt unser Fokus. Wir wollen auch keine Schuldfragen stellen, das bringt nichts. Wenn wir Schuldige suchen, dann beschäftigen wir uns damit und nicht mit der Suche nach Lösungen.
Es gibt aber durchaus Schuldzuweisungen. Vor Kurzem hat jemand auf Twitter Jugendliche dazu aufgerufen, Eltern oder Großeltern zu beleidigen, wenn die eine Kreuzfahrt buchen. Beleidigt Ihr Eure Eltern, wenn sie auf eine Kreuzfahrt wollen?Angelina: Wir klären vor allem erst einmal auf, auch unsere Eltern. Eine Kreuzfahrt ist ja nur zum persönlichen Vergnügen da und nicht, um irgendwohin zu kommen. Wenn man aufzeigt, wie schädlich das ist, dann können sie sich überlegen, ob sie das wirklich noch machen wollen.
Und wenn jemand sich sein Leben lang so etwas nicht leisten konnte und nun im hohen Alter mal so eine Luxusreise machen will?
Kira: Wie gesagt, wir wollen nichts verbieten. Wir wollen, dass die Menschen sich bewusst fragen: Ist es wirklich das, was ich will? Ist das wirklich mein Lebensziel und nehme ich in Kauf, dass dann so viel kaputt geht und am anderen Ende der Welt Menschen sterben. Indirekt natürlich. Wenn dann jemand sagt, dass er sein Leben lang davon geträumt hat, dann will ich ihn nicht davon abhalten.
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