Die Klubs von damals und was aus ihnen geworden ist
Teil 1
WISMUT AUE
Heißt heute FC Erzgebirge und spielt in der dritten Liga. Auch das frühere Otto-Grotewohl-Stadion trägt mittlerweile den Namen Erzgebirgsstadion. Kurios: Im Oktober 1954 wurde die Vereinsspitze nach Karl-Marx-Stadt delegiert und die Mannschaft in Wismut Karl-Marx-Stadt umbenannt, ihre Heimspiele trug sie jedoch weiterhin in Aue aus. Mit Erfolg: 1956, ’57 und ’59 wurde das Team – mit dem Namen einer anderen Stadt – Meister. 1959 stand Wismut sogar im Viertelfi nale des Landesmeister-Wettbewerbs und unterlag erst im Wiederholungsspiel den Young Boys Bern. 1963 nahm der Klub seinen alten Namen wieder an, weitere Erfolge blieben jedoch aus. Bekannte Spieler: Bringfried „Binges“ Müller, Heinz Satrapa, Willy Tröger, Dieter Erler, Karl Wolf, Siegfried Wolf.
3 x Meister (1956, ’57, ’59), 1 x Pokalsieger (1955)
1. FC UNION BERLIN
Heißt heute immer noch so und spielt in der Zweiten Liga. Die „Schlosserjungs“ von der Alten Försterei waren zu DDR-Zeiten der Klub des Volkes, sportliche Erfolge – von einem Pokalsieg 1968 einmal abgesehen – blieben aus. Stasi-Chef Erich Mielke delegierte die besten Spieler zum BFC Dynamo, die Zuschauer (Regimegegner und Andersdenkende) strömten – vom Image des ewigen Verlierers scheinbar magisch angezogen – aber eher zum zumeist zweitklassigen Klub aus dem Köpenicker Stadtteil Oberschöneweide. Als Union Oberschöneweide zog der Klub 1923 sogar ins Finale um die Deutsche Meisterschaft ein, unterlag aber dem Hamburger SV mit 0:3. Legendär ist die Flucht einiger Spieler im Juni 1950 nach West-Berlin und die Gründung des parallel (und heute noch) existierenden Union 06. Ein Schlag, von dem sich der Klub nur schwer erholte. Nach unzähligen Umbenennungen führt der Klub seit 1966 seinen heutigen Namen. Die zahlreichen Rückschläge im Laufe der Vereinshistorie – verschobene Spiele, verhinderte Europapokalteilnahmen, mehrere knapp verpasste oder am Grünen Tisch abgesprochene Aufstiege – brachten dem Klub den Beinamen „die Eisernen“ sowie den Schlachtruf („Eisern Union!“) ein. Bekannte Spieler: Ralf Sträßer, Sergej Barbarez, Marko Rehmer, Robert Huth.
1 x Pokalsieger (1968)
BFC DYNAMO
Heißt nach einer zwischenzeitlichen Umbenennung in FC Berlin wieder wie zu DDR-Zeiten, spielt aber weitaus weniger erfolgreich in der Regionalliga Nordost. Von 1979 bis ’88 fragwürdiger Serienmeister, die Gerüchte über Spielmanipulationen zugunsten des DDR-Rekordmeisters durch Mielkes Einfluss konnten nie vollständig ausgeräumt werden. Besonders umstritten war eine Entscheidung des Schiedsrichters Bernd Stumpf im Jahr 1986, auch als „Schand-Elfmeter von Leipzig“ bekannt. Beim Großteil der Fußballfans in der DDR war der BFC aus der Hauptstadt trotz oder gerade wegen seiner Erfolge unbeliebt. Bis in die Gegenwart scheint der Makel dieser Erfolge fortzubestehen, und sie werden auf der offiziellen Website des BFC Dynamo auch nicht erwähnt.
Im Europapokal, lief es weniger rund. 1980 und ’84 erreichten die Dynamos immerhin das Viertelfinale im Landesmeister-Cup. Unvergessen die 0:5-Klatsche im Bremer Weserstadion 1988 nach einem 3:0-Hinspielsieg im direkt an der Mauer gelegenen Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark (unter den Torschützen: Thomas Doll und Andreas Thom). Nach dem Ende der DDR (und dem Verlust des „Förderers“ Mielke) hatte Dynamo nicht nur sportlich, sondern auch mit seinen rechtsradikalen Problem-Fans zu kämpfen. Bekannte Spieler: Thomas Doll, Rainer Ernst, Falko Götz, Werner Lihsa, Wolf-Rüdiger Netz, Frank Rohde, Bodo Rudwaleit, Frank Terletzki, Andreas Thom, Norbert Trieloff.
10 x Meister (1979, ’80, ’81, ’82, ’83, ’84, ’85, ’86, ’87, ’88), 2 x Pokalsieger (1988, ’89)
CHEMIE BÖHLEN
Das Team aus dem 6000-Einwohner-Örtchen südlich von Leipzig machte lediglich als Fahrstuhlmannschaft auf sich aufmerksam. Zwischen 1977 und ’83 stieg Chemie zwei Mal auf und drei Mal ab. Nur einmal, in der Premierensaison 1977/78, wurde im Stadion an der Jahnbaude der Klassenerhalt bejubelt. Mit der Wende kam auch für Böhlen das Aus. Nur wenige Wochen nach der Umbenennung in FSV Böhlen ging der Verein im FC Sachsen Leipzig (vormals Chemie) auf.
STAHL BRANDENBURG
Heißt nach dem Konkurs seit 1998 wieder „Stahl“, diesmal „FC“ anstatt wie zuvor „BSG“ bzw. „BSV“. Das Team vom Stadion am Quenz spielt allerdings nur noch sechstklassig in der Landesliga. Besonders bitter: Die Stahler sind noch nicht einmal mehr die Nummer 1 in der eigenen Stadt: Während sie in der Verbandsliga-Runde 2005/06 nur Vorletzter wurden und absteigen mussten, hielt der Ortsrivale BSC Süd 05 mit Rang sechs die Klasse. Von 1984 bis zum Ende der DDR spielte Stahl ununterbrochen in der Oberliga und wurde 1986 sogar Fünfter, wodurch sich das Team für den UEFA-Cup qualifi zierte (Zweitrunden-Aus gegen den späteren Sieger IFK Göteborg). Nach der Wende durften die Brandenburger (mit Stürmer Roy Präger) in der zweigeteilten Zweiten Liga (Nord) ran, stiegen aber als Tabellenletzter sang- und klanglos ab. In jener Spielzeit verschliss Stahl vier (!) Trainer. Seitdem geht es ständig bergab, der Sturz in die Landesliga ist der vorläufige Tiefpunkt. Bekannte Spieler: Roy Präger.
ENERGIE COTTBUS
Heißt heute immer noch so (lediglich das „BSG“ für Betriebssportgemeinschaft musste nach der Wende dem westlichen „FC“ weichen) und spielt in der 3. Lige. Zu DDR-Zeiten hatte Energie allerdings wenig zu melden, wurde erst 1973 erstklassig und beendete fünf von insgesamt nur sechs Oberliga-Spielzeiten als Absteiger. Titel geschweige denn internationale Auftritte blieben in der Lausitz aus. Mit der Wende kam die Wende. Unter Trainer „Ede“ Geyer sorgte der Klub für Furore, als er 1997 als Regionalligist ins DFB-Pokal-Finale vorstieß (0:2 gegen den VfB Stuttgart) und souverän in die Zweite Liga aufstieg.
In der Saison 2014/15 spielt Energie Cottbus in der 3. Liga und belegte am Ende der Saison den siebten Tabellenplatz. Nach zwei Siegen zum Auftakt der Saison 2015/16 war Energie Tabellenführer, aus den folgenden sieben Partien wurden aber lediglich zwei Punkte geholt. Es folgte die Trennung von Stefan Krämer als Trainer am 19. September 2015 [2] und die Berufung des ehemaligen Cottbuser Spielers Vasile Miriuta zum neuen Übungsleiter.[3] Vasile Miriuta ist nach dem Absturz auf einen Abstiegsplatz von seinen Aufgaben entbunden worden. Claus-Dieter Wollitz übernimmt die schwierige Aufgabe für die letzten fünf Spiele der Saison 2015/2016.
DYNAMO DRESDEN
Damals SG, heute 1. FC – aber immer noch Dynamo. Mit 15 Titeln (acht Mal Meister, sieben Mal Pokalsieger) ist Dynamo zudem der erfolgreichste DDR-Klub. Unvergessen ist das deutsch-deutsche Duell im Landesmeister Pokal 1973, als Dynamo in der zweiten Runde dem späteren Sieger FC Bayern zwei heiße Gefechte lieferte und nach dem 3:4 im Olympiastadion zu Hause „nur“ ein 3:3 erreichte. Auch gegen den HSV, den VfB Stuttgart (zwei Mal) und Bayer Uerdingen (legendär das 3:7 in der Grotenburg 1986) zog Dynamo den Kürzeren.
Imposant war vor allem die Heimstärke bei internationalen Auftritten: Nur drei Mal in 49 Begegnungen verließen die Dresdner als Verlierer den Rasen. Nach der Wiedervereinigung – Dynamo qualifizierte sich als Vizemeister gemeinsam mit Hansa Rostock als einziges DDR-Team für die Bundesliga – versuchten sich ehemalige Stars im Rudolf-Harbig-Stadion als Trainer, zwielichtige Figuren pfuschten als Präsidenten herum und führten den Verein an den Rand des Ruins. Dem sportlichen Bundesliga-Abstieg 1994 folgte der Lizenzentzug und der direkte Durchmarsch in die Regionalliga. Zwischendurch war Dynamo sogar nur noch viertklassig, ehe 2004 die vielumjubelte Rückkehr in die Zweite Liga gelang. Nach zwei Jahren war dieses Gastspiel allerdings schon wieder beendet. Ein kleiner Trost für die Dynamo-Fans: Für den Sommer 2007 ist die Rückbenennung in SG Dynamo bereits beschlossene Sache – verbunden mit der Hoffnung auf bessere Zeiten. Lokalrivale Dresdner SC, während des Zweiten Weltkriegs zwei Mal Deutscher Meister und Pokalsieger, wurde übrigens nach 1945 aufgelöst und war zu DDR-Zeiten nicht existent. Bekannte Spieler: „Dixie“ Dörner, Matthias Döschner, Eduard Geyer, Torsten Gütschow, Reinhard Häfner, Ulf Kirsten, Hans-Jürgen Kreische, Frank Lieberam, Ralf Minge, Hans-Uwe Pilz, Klaus Sammer, Matthias Sammer, Andreas Trautmann.
Am 34. Spieltag der Saison 2015/2016 in der 3.Liga erreichte der Verein 4 Spieltage vor Saisonende den Wiederaufstieg in die zweite Bundesliga durch ein 2:2 beim 1. FC Magdeburg.
8 x Meister (1953, ’71 , ’73 , ’76 , ’77 ,’78 , ’89 , ’90), 7 x Pokalsieger (1952, ’71 ,’77 , ’82 , ’84 , ’85 , ’90)
STAHL EISENHÜTTENSTADT
Heißt heute kurz und knapp EFC Stahl – und gurkt in der Brandenburg - Liga herum. Bei der Vereinsgründung (1950) hieß die Stadt noch Fürstenberg, drei Jahre später wurde sie als Wohnstadt des benachbarten Eisenhüttenkombinats Ost in Stalinstadt umbenannt. Doch sowohl als Stahl Fürstenberg als auch als Stahl Stalinstadt blieb der Klub erfolglos und durfte erst als Stahl Eisenhüttenstadt, so heißt die Grenzstadt zu Polen seit 1960, den Aufstieg in die Oberliga bejubeln (1969). Allerdings ging es sofort – und für die nächsten 20 Jahre – wieder runter. Nach der Rückkehr ins Oberhaus 1989 wurde den „Hüttenwerkern“ die Eingliederung der DDR-Teams in den DFB zum Verhängnis. Der neunte Platz in der letzten Oberliga-Saison berechtigte zwar zur Zweitliga-Qualifikation. Hier scheiterte Stahl aber an Lok Leipzig und verschwand von der Bildfläche – zumindest fast, denn als Finalist des letzten FDGB-Pokals qualifizierte sich der Klub für den Cup der Pokalsieger 1991/92, scheiterte aber in der ersten Runde – als gesamtdeutscher Oberligist – klar an Galatasaray Istanbul (1:2, 0:3). Seitdem ging es stetig bergab. Der Insolvenz 2004 folgte der Zwangsabstieg in die Verbandsliga. Bekannte Spieler: Bodo Rudwaleit.
pentium