Schwarze Kassen im DDR-Fußball

Schwarze Kassen im DDR-Fußball

Beitragvon Interessierter » 3. November 2017, 11:11

Der FC Carl Zeiss Jena gehörte in der DDR zweifellos zu den Vereinen, die international wettbewerbsfähig waren. Er erreichte Titel, Meisterschaften und seine Fans sahen legendäre Spiele. Allerdings haben die großen Erfolge einen bitteren Nachgeschmack, wie der Erfurter Historiker Michael Kummer herausgefunden hat. Er und der ehemalige Fußballspieler Lutz Lindemann sprechen über Handgeld, Siegprämien und die totgeschwiegenen schwarzen Kassen im DDR-Fußball.

Der Kampfplatz des Arbeiters war im Sozialismus sein Betrieb und der kümmert sich um fasst alles: um Kultureinrichtungen, Ferienplätze und natürlich um die Leibesertüchtigung! Ganz in der Tradition des Arbeitersports war das Angebot der Betriebe vielfältig, vor allem wurde natürlich Fußball in den sogenannten Betriebssportgemeinschaften (BSG) angeboten. Der Fußball brauchte ein paar Jahre, um sich vom schlechten Image des körperbetonten und auf Kampf angelegten Mannschaftssports zu befreien. Was die Fußballfans von Anfang an begeisterte, ergriff auch die Funktionäre. Außerdem war der Fußball nicht nur bei Spielen mit den sozialistischen Bruderstaaten konkurrenzfähig. Fußball wurde gefördert und zum Leistungssport in der DDR gemacht, allerdings nur mit Amateuren.

Der Weg zum FC Carl Zeiss Jena


Als Mitte der 1950er-Jahre damit begonnen wurde, auf der Grundlage neuester sportwissenschaftlicher Erkenntnisse und moderner Analysemethoden zu trainieren, galt Jena als eine Mannschaft, die besonders verbissen und deutlich härter als andere trainierte. Ein Name, der mit diesem Nimbus verbunden war, ist Georg Buschner, eine Jenaer Trainerlegende. Doch wie motivierte er ausgerechnet die Amateure, die bei dem Stammbetrieb angestellt waren und von denen man annehmen sollte, dass sie den ganzen Tag schon an der Werkbank gestanden hatten, zu ihren Leistungen?

System materieller Stimulation


Wie der Erfurter Historiker Michael Kummer herausgefunden hat, gab es unter Georg Buschner in Jena noch andere Methoden, um die werktätigen Sportler auf das Leistungsniveau ihrer internationalen Profi-Kollegen zu bringen.


Buschner hat ein Prämiensystem installiert, was ganz stark nach Leistung bewertet hat. Das hat die Spieler in aller Regel deutlich motiviert, wie sie mir das auch in mehreren Interviews zu verstehen gegeben haben.
Michael Kummer



Das System nannte sich "materielle Stimulierung" und wurde, wie Kummer weiter herausfand, vom Stammbetrieb diskret finanziert. Einige hundert und später hunderttausende DDR-Mark flossen so für die gewünschten Leistungen in die Taschen der Spieler. Über das System legte sich ein Mantel des Schweigens, denn für die Fans und für die unzähligen Amateursportler in den anderen Sportarten wäre es ein Schlag ins Gesicht gewesen, wenn ans Tageslicht gekommen wäre, das ausgerechnet Amateure in der DDR so vergütet werden.

Das waren alles illegale Gelder, das war nicht erlaubt, die Spieler waren offiziell Amateure. Die Spieler haben das Geld einzeln auf konspirative Art und Weise bekommen. Keiner wusste vom anderen, wieviel der bekommen hat.
Michael Kummer, Historiker


Obwohl das Verfahren unter den Spielern bekannt war, wurde es nie zum Thema. Unter der Androhung, aus dem System auszuscheiden, wurden alle zum Schweigen verpflichtet. Für viele Spieler sitzt das Siegel der Verschwiegenheit auch nach über 20 Jahren Einheit so fest, dass darüber nicht gesprochen wird, berichtet Michael Kummer.

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http://www.mdr.de/zeitreise/ddr/fussball-ddr102.html
Interessierter
 

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