Literaturabens mit Rainer Schottländer

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Literaturabens mit Rainer Schottländer

Beitragvon paultbayer » 12. August 2011, 12:35

Literarturabend mit Rainer Schottländer - Der Mann, mit dem teuersten Flugblatt der Welt

- Ein politisch-ironischer Text- und Liederabend

Freitag, 26. August · 18:00 - 21:00


Privatveranstaltung - Anmeldung erwünscht:



Buchhandlung89 Herr Scholz 29049611 oder Frau U.Popiolek 5676611

Ort:

U. Popiolek

Pilsner Str. 4

Mahlsdorf, Berlin, Germany



Die Geschichte des teuersten Flugblatts der Welt 1969 tauchten in Ostberlin an der Humboldt-Universität Flugblätter auf, die zum Boykott einer marxistischen Pflichtvorlesung aufriefen.



Über Jahre fahndete die Stasi nach den Urhebern. Eine Dokumentation auf Arte zeigt jetzt die Entstehung des Flugblatts und die abenteuerlichen Blüten, die der Ermittlungswahn der Stasi trieb. Studenten legen in ihrer Universität insgeheim regimekritische Flugblätter aus – und die Geheimpolizei reagiert mit einer gewaltigen Ermittlung. So könnte man die bis heute berühmten Aktionen der Münchner "Weißen Rose" 1942/43 beschreiben – aber ebenso das zu Unrecht vergessene Aufbegehren zweier Ost-Berliner Studenten 1969/70. Der deutsch-französische Kulturkanal Arte zeigt eine beeindruckende RBB-Dokumentation, in der erstmals die Geschichte des "Operativen Vorgangs 'Aufwiegler'" rekonstruiert wird. Rainer Schottländer und Michael Müller zählten nicht zu den ganz normalen Physik-Studenten an der Humboldt-Universität, der Vorzeige-Hochschule und Kaderschmiede im SED-Staat. Schottlaender, Sohn des bekannten Altphilologen Rudolf Schottlaender, war erst nach dem Mauerbau aus West- nach Ost-Berlin umgezogen, weil sein Vater sonst seine Professur verloren hätte; Müllers Vater amtierte in Zittau als Pfarrer. In der DDR waren junge Menschen mit solchen Biografien an sich schon verdächtig.



Als dann am 26. November 1969 im Hauptgebäude der Universität Flugblätter auftauchten, in denen die SED kritisiert wurde und die mit dem Aufruf endeten, die Vorlesungen in "GeWi", also dem marxistischen Pflichtfach "Gesellschaftswissenschaft​en" zu boykottieren, traf das die Mächtigen ins Mark. Umso mehr, als der "Angriff auf den Sozialismus" einige Wochen später wiederholt wurde. Ein paar hundert Flugblätter waren es insgesamt nur, mit Durchschlagpapier auf einer Schreibmaschine produziert, 20 Zentimeter breit, 14 Zentimeter hoch und pro Exemplar drei Gramm leicht. Doch sie lösen eine der größten Fahndungsaktionen der DDR-Geschichte aus. An der Universität wurden Überwachungskameras installiert Zuerst wurden rund 9000 Studenten durchleuchtet, und schon bei dieser ersten Rasterfahndung fielen Schottlaender und Müller als Verdächtige auf. Doch die Beweise reichten nicht. Auch eine "konspirative" Durchsuchung von Schottlaenders Studentenbude führte zu nichts – die verdächtige Schreibmaschine, für 250 DDR-Mark privat, unter der Hand und damit unregistriert in Sachsen erworben, hatten die findigen Studenten in einer ehemaligen Klosterkirche weit ab von Berlin versteckt. Die Stasi überprüfte auch alle Personalausweis-Anträge von Ost-Berlinern auf Ähnlichkeiten beim Schriftbild – ohne Ergebnisse. Als nächsten Schritt gingen Erich Mielkes Mannen zum Einsatz ihrer modernsten Videotechnik über: Überwachungskameras wurden in der Universität installiert. Insgesamt kostete die Fahndungsaktion nach den beiden Flugblatt-Autoren die DDR mehr als eine Million Mark. Doch sie führte zu nichts.



Die beiden Studenten waren vorsichtig, und selbst als Schottlaender 1971 nach einem missglückten Fluchtversuch über die ungarisch-jugoslawische Grenze festgenommen und von der Stasi unter dem Vorwurf der "versuchten Republikflucht" verhört wurde, blieb er standhaft. Der Stasi-Vernehmer hielt ihm ein Exemplar des Flugblattes vor, der Häftling las und log ungerührt: "Gefällt mir gut. Leider nicht von mir." So wurde er "nur" zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt und im November 1972 von der Bundesrepublik freigekauft. Die Strafe hätte wesentlich höher ausfallen können, wenn die Stasi erfahren hätte, dass Schottlaender tatsächlich einer der Autoren des Flugblattes war. Sein Freund Michael Müller stellte nach seinem Abschluss einen Ausreiseantrag und kam auf diese Weise in den Westen. Die Stasi musste ihren "Operativen Vorgang 'Aufwiegler'" 1973 ergebnislos einstellen. Erst jetzt, mit dem Film von Gabriele Dennecke, lüftet sich die Geschichte hinter dem wahrscheinlich teuersten Flugblatt aller Zeiten.
paultbayer
 

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