Buscho hat geschrieben:Bin absoluter Fan des alten "POLIZEIRUF 110" ,
sind die Drehbücher realitätsnah geschrieben und verfilmt worden ?
Ich hoffe Ihr wart alle gesetzestreue Staatsbürger und Ihr könnt mir aus persönlicher Erfahrung keine Antwort auf meine Frage geben , aber evtl. habt Ihr ja mal etwas in der Nachbarschaft erlebt oder davon gehört . Ich bin immer ganz überrascht wie höflich die Leute von der K sich bei den Bürgern , ob verdächtig oder nicht , vorstellen und um Einlass bitten , der Ton ist immer überaus höflich und korrekt . War das so ?
Und die vielen Fälle von Diebstahl , Betrug , Raub und Mord was ist daran real gewesen . Was hatte ein flüchtiger Krimineller bei den damaligen Meldeauflagen für eine Chance ? es gibt ja einige Folgen mit spektakulären Verfolgungsjagten . Auch verwundert bin ich über einige Motive wie Luxusvillen und Wohnungen , Motorboote und Ferienhäuser . War das alles Dramaturgie und Drehbuch oder auch realistisch ?
Bei den " Rosenheim Cops " wird jede Woche mindestens ein Rosenheimer ermordet , es ist ausrechenbar wann die Serie eingestellt werden muss mangels Opfer .
Gruss Buscho
S51 hat geschrieben:In Berlin haben wir uns gerne über den Einsatz von Hubschraubern im Polizeiruf amüsiert. Nach dem Motto: Als Hauptmann Fuchs hätten wir jetzt aaaaaaber...
Doch in der Realität gab es so etwas nur bei ganz, ganz großen Lagen. Vermißten Kindern etwa, wenn sie jünger waren als 14 oder die Meldung schon älter war als 6 Stunden und die normale Suche ergebnislos verlief. Also eher einmal in fünf Jahren, rund gerechnet. Oder eben Staatsbesuchen.
Einziger Unterschied zwischen unserer Praxis und jener auf dem Lande beim ABV war, dass wir im Dauerdienst bei der Kripo zwei Polizisten hatten. Einmal einen Kriminaltechniker, dessen Wartburg auch gleichzeitig unser Einsatzwagen war und den Ermittler. Das galt dann immer für eine VPI (Volkspolizeiinspektion), so etwas wie die Direktion heute pro Stadtbezirk und in Berlin etwa 200 000 Einwohnern. In einer normalen Nacht waren um die drei Einsätze üblich. Dazu natürlich dann die Schreibarbeit. Sekretärinnen hatten wir nicht. Ich bin seitdem mit dem Zweifingersuchsystem immer noch recht zügig.
"Richtige" Verfolgungen waren eher selten, weil man im Falle des sehr seltenen Falles über Funk die Wagen der Reviere heranlotste und den Flüchtigen dann meist in irgendeiner Mausefalle (Polzeikontrolle) kassierte. Allerdings ist man mit einem Wartburg auch recht flott unterwegs gewesen.
Flüchtige Täter gab es trotz aller Meldeauflagen und Vorschriften natürlich trotzdem denn Vorschriften sind immer dann recht wirkungslos, wenn der Adressat sich nicht daran hält. Und da taten sich unsere Straftäter denn doch ein bischen schwer mit. Soll ja heute auch noch so sein. Wir hatten sie jedoch meist etwas schneller als heutzutage. Denn die normale Arbeit bestand halt darin, Klinken zu putzen und Leute zu befragen. Noch und nöcher, bis man sich halt denn doch trifft. Das kam in den Polizeirufen früher auch recht original rüber.
Meine Pistole habe ich zu DDR-Zeiten freilich nicht ein einziges Mal gezogen, geschweige denn sie durchgeladen (außer einmal in einem Revier). Handschellen vielleicht nur etwa zehn Mal angelegt. Bei insgesamt um die 300 Festnahmen. Die liefen um einiges ziviler ab als im Film.
Das war nach der Wende extrem anders.
Als Schutzpolizist war man allein unterwegs oder auch zu zweit in einem Funkwagen. Wenn nicht irgendwo der Verkehr auf einer Kreuzung zu regeln war (gab ja auch nur eine Verkehrsstreife pro VPI), ein leichter Unfall aufzunehmen (für die schweren Unfälle war die Verkehrspolizei zuständig) oder eine Familienstreitigkeit zu schlichten war, dann hat man Parksünder geärgert, Objektkontrollen durchgeführt oder verdächtige Personen überprüft. Alles, was vor einem versuchte abzubiegen oder abrupt die Richtung änderte, war erst mal "verdächtig". Die Anführungsstrichelchen deshalb, weil damit kein Verdacht im strafrechtlichen Sinne gemeint ist sondern nur eine Vermutung, da könnte was nicht stimmen. Das reichte nur für eine allgemeine Personen- oder Fahrzeugkontrolle. Bei der man die Ausweis- und Fahrzeugdaten mit den Fahndungsbüchern abglich und am Verhalten zu erkennen versuchte, ob "mehr" gerechtfertigt war. Meist nicht.
Eigentlich war auch in den DDR-Polizeirufen nur eine Ähnlichkeit zur Polizeiarbeit erkennbar. So vorschriftsmäßig wie da war die Praxis nicht. Wobei nachts im Park stehende Funkwagen mit schlafenden Polizisten darinnen natürlich auch nur eine Fata-Morgana waren - versteht sich.
ABV hat geschrieben:Hallo Karl!
Ich denke mal eher nicht, dass es in Berlin wesentlich andere Funktechnik gab, als in der Provinz. Stabsfähnrich, leider ist er ja nicht mehr im Forum, könnte das mit der Funktechnik in der DDR besser erklären. Ich bin leider kein Nachrichtenexperte, versuche mich aber mal schlau zu machen. Ich weiß aber, dass es bei der VP eine ziemliche Paranoia vor der "gegnerischen" Funküberwachung gab. Namen und Dienstgrade durften grundsätzlich nicht durchgegeben werden. Es gab auch Verschlüsselungen für bestimmte Ereignisse, zum Beispiel wenn die "Freunde"=sowjetische Soldaten, mal wieder etwas angestellt hatten. Auch die Objekte, wie Sparkassen oder Denkmäler, besaßen alle eine Tarnnummer.
Es war aber auch, zumindest bei uns, Usus, dass Aufträge selten direkt über Funk erteilt wurden. Dann kam dann die Meldung vom ODH : " Kommen Sie zurück zum AP, habe Auftrag." Dann mussten wir hochmarschieren und den Auftrag persönlich entgegennehmen. Es gab aber auch Diensthabende die darauf verzichteten und die Streifen mit dem Befehl " Klären Sie dort Sachverhalt", ins Feuer schickten. Welchen Sachverhalt es dort zu klären gab, merkte man erst wenn man vor Ort war. Bei Hauptmann Fuchs und Co. sah man diese Art von Geheimniskrämerei allerdings selten. Warum auch, der BND dürfte sich kaum für eine Prügelei in einer Dorfkneipe interessiert haben.
Eine Funkdrahtverbindung habe ich in der DDR nie erlebt, auch wenn das zumindest theoretisch möglich war. Bei dem stationären Funkgerät im Streifenwagen war aber eine so genannte Statuseingabe möglich. So brauchte man sich beim Beginn der Streife nicht mehr direkt über Sprechfunk melden, sondern lediglich die Ziffernkombination 01 drücken. Diese leuchtete dann auf dem Display des Diensthabenden auf, so dass dieser wusste das der Funkwagen auf Streife ist. Es gab für viele denkbare Situationen noch weitere Zahlenkombinationen, so dass der Funk auf diese Art zusätzlich verschleiert werden konnte. Meines Wissens nach wurden diese moderneren Funkgeräte erst um die Mitte der achtziger Jahre eingeführt.
Viele Grüße an die Weser
Uwe
Buscho hat geschrieben:Welche Typen , Anzahl , Standort ? weiss einer was ?
ABV hat geschrieben: Meines Wissens nach wurden Hubschrauber überwiegend zur Verkehrsüberwachung in Schwerpunktbereichen (Autobahnen) eingesetzt. Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, dass in unserem VPKA ein Hubschrauber eingesetzt wurde. Die ersten Hubschrauber tauchten ab Oktober 1990 über dem Oderbruch aus und die waren dann vom Bundesgrenzschutz.
So einfach wie es im Polizeiruf 110 aussah, konnte jedenfalls ein Hubschraubereinsatz in der DDR nicht erfolgen, da auch damals Flugstunden schon verdammt teuer waren.
Uwe
Buscho hat geschrieben:Bin absoluter Fan des alten "POLIZEIRUF 110" ,
sind die Drehbücher realitätsnah geschrieben und verfilmt worden ?
ABV hat geschrieben:Den entscheidenden Hinweis zur Ergreifung des Täters lieferte damals übrigens die Ehefrau eines Abschnittsbevollmächtigten des VP-Reviers Neuenhagen. Ihr Mann hatte sie in die Fahndung eingeweiht, was in diesem Falle von Vorteil war. Der ABV ist übrigens heute noch aktiv, nur dass er sich jetzt Revierpolizist nennt.
Viele Grüße an alle
Uwe
Merkur hat geschrieben:Buscho hat geschrieben:Bin absoluter Fan des alten "POLIZEIRUF 110" ,
sind die Drehbücher realitätsnah geschrieben und verfilmt worden ?
Es gibt einige Drehbücher, die sich an Originalfällen orientierten. Spontan fallen mir der genannte "Kreuzworträtselfall", "der Mann im Baum" (mit Günter Schubert) und "mit dem Anruf kommt der Tod" (mit Jörg Schüttauf) ein.
Ansonsten halte ich die Serien für recht realitätsnah, was die Darstellung der Erscheinungsformen der Kriminalität in der DDR und mit Abstrichen die Tätigkeit der Kriminalisten betrifft.
ABV hat geschrieben:Meines Wissen nach wurde der Täter im Rahmen einer Observation durch die KI gestellt. Trotzdem soll es im Vorfeld schon sehr konkrete Hinweise auf den Täter, durch eben diese Polizistenfrau, gegeben haben.
Gruß Uwe
karl143 hat geschrieben: Hallo PR-Fans,
nicht zu vergessen die Folge (Arbeitstitel: Am hellerlichten Tag) Im Alter von.. welche über den Fall Hagedorn berichtet und seinerzeit der Zensur zum Opfer fiel. Im DRA wurde vor einiger Zeit eine Kopie gefunden, bearbeitet und der Film wird irgendwann in nächster Zeit zum ersten Mal ausgestrahlt.
karl143 hat geschrieben:Thomas Gaevert, ein Autor und Journalist aus Hasselfelde ...
Leider steht für die nächste Zeit keine Wiederholung der Sendung an. Sie befasst sich mit der Polizeiruffolge "Es geschah am hellerlichten Tag" und mit dem Sendeverbot für diese Polizeiruffolge. ...
karl143 hat geschrieben:...
Das ist in vielen PR Folgen so dargestellt. Die Verbrecher fahren Westautos, trinken französischen Cognak und leben durchaus dekadent. Hätte die DDR zu dieser Zeit schon Computeranlagen wie das BKA gehabt, hätte man diese Maßstäbe zur Rasterfahndung nutzen können
S51 hat geschrieben:Mit krimineller Energie ließ sich erheblch mehr vedienen als regulär.
augenzeuge hat geschrieben:S51 hat geschrieben:Mit krimineller Energie ließ sich erheblch mehr vedienen als regulär.
Es war nicht nur kriminelle Energie. Aufgrund der Mangelwirtschaft in der DDR entstanden manchmal finanziell interessante Nischen. Gerade für Handwerker war das ein goldener Boden, wo sich nach Feierabend ne Menge Geld verdienen lies.
Ich kann mich noch dran erinnern, dass es völlig normal war, wenn endlich der begehrte Handwerker kam, dann fing der ohne Kaffee gar nicht an. Selbstverständlich erwartete er auch ein leckeres Mittagessen, gern mit ner Flasche Bier.
Und oft konnte der auch etwas besorgen, was man brauchte, das war mal ein Boiler, ne Gasheizung usw. Hieran verdiente er erneut. Denn für etwas was es nicht gab zahlte man das Mehrfache. Manchmal war man sich aufgrund des oft fehlenden Unrechtbewusstseins gar nicht sicher, ab wann es kriminell wird....
Der Autohandel war auch ein lukratives Geschäft. Ich kannte einen Autohändler, der reparierte nur Westautos. Und immer wenn man etwas aus dem Westen brauchte, der Mann war ne Quelle. LKW's aus ganz Westeuropa luden dort ihre Ware ab. Polizei sah man nie. Als Kind fragte ich mich immer, wo der die immer herholte.... Heut weiß ich, er arbeitete für KoKo. Man kaufte z.B. ein Auto reparaturbedingt im Westen ein und verkaufte es zum zehnfachen Preis an DDR-Bürger weiter.....
AZ
karl143 hat geschrieben:Heute heißt das Importwagen.... Hieß das in der DDR auch schon so?
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