San Juan ist wohl explodiert
(24.11.17) Die argentinische Marine hat nun bestätigt, dass das gewaltige und plötzliche Unterwassergeräusch, das drei Stunden nach dem Kontaktabbruch zur ARA “San Juan” am 15.1. um 7.30 Uhr wahrgenommen wurde, wohl von einer Explosion 30 Kilometer von der letzten bekannten Bootsposition entfernt 48 Kilometer nördlich der Stadt Mar del Plata herrührte. Die Wassertiefen variieren dort stark, sie liegen zwischen 200 und 3.000 Metern. Angehörige brachen bei dieser Nachricht in Tränen aus. Gleichzeitig wurde die Marine kritisiert, ihre Flotte nicht gut genug unterhalten zu haben.
Torpedo Typ Mark 37
(Bild: Natan Flayer) Großbild klick!
Die 1985 in Emden erbaute „San Juan“ war allerdings 2014 für 12 Millionen Dollar grundüberholt worden, Maschine und Batterien wurden dabei ersetzt. Die Arbeiten wurden von Dezember 2008 bis Juni 2014 auf der Werft in Buenos Aires durchgeführt. Zweck der Reparaturen war, die Einsatzdauer des U-Bootes zu verlängern, die normalerweise etwa 30 Jahre ausmacht.
Nachdem das U-Boot das Dock 2014 verlassen hatte, soll es immer wieder Störungen gegeben haben. An Bord befanden sich 16 Torpedos vom Typ SST-4 deutscher Produktion und sechs US-amerikanische Torpedos vom Typ Mark 37. Diese haben einen umstrittenen Ruf, denn die darin eingesetzten Silber-Zink-Batterien neigen dazu, zu überhitzen.
In einigen Fällen soll es sogar zum Entflammen und zu spontanen Explosionen gekommen sein. Einer solchen fiel vermutlich 1968 das U-Boot USS „Scorpion" zum Opfer. Nach dessen Totalverlust ersetzte die US-Navy die Mark 37 mit den sichereren Mark 48-Torpedos. Die risikoreichen Torpedos vom Typ Mark 37 wurden modernisiert und an die Streitkräfte von Entwicklungsländern, darunter auch an Argentinien, übergeben. Bei einer Detonation des Munitionsbestandes würde die Besatzung keine Zeit mehr haben, der Zentrale etwas mitzuteilen und wohl nicht einmal begreifen können, was passiert.
Das Boot war am 13.11. aus Ushuaia zu seiner wohl letzten Reise ausgelaufen. Zwei Tage später meldete der Kommandant ein Problem in der Bordelektrik, woraufhin die Marine ihn anwies, direkt die Base von Mar del Plata anzusteuern. Kurz darauf riss der Kontakt ab. Experten vermuteten, dass das U-Boot zu tief getaucht und zerbrochen sein könnte oder es zu einem Kurzschluss der Batterien gekommen ist.
Die Suche nach dem U-Boot sollte mit internationaler Beteiligung fortgeführt werden, bis endgültig Klarheit über das Schicksal der "ARA San Juan" herrscht. Alle Versuche, es im Rahmen der größten Suchaktion in der argentinischen Friedensgeschichte seither aufzuspüren, verliefen bislang ohne Erfolg. Die Furcht, dass die 44 Soldaten nie wieder zurückkehren werden, ist nun praktisch zur Gewissheit geworden.
Aus Russland wurde gemeldet, dass eine Mannschaft mit einem ferngesteuerten unbemannten Tauchgerät sowie das hydrographische Forschungschiff „Yantar“, 2500 tdw (MMSI-Nr.: 273546520) nach Absprache mit den argentinischen Behörden mit zwei Tieftauchkapseln an Bord zur argentinischen Küste entsandt wurde. Das Schiff befand sich derzeit unweit der Westküste Afrikas. Es hätte am 27.11. in Luanda einlaufen sollen, was nun abgesagt wurde.
Auch das US-Forschungsschiff "Atlantis", 3601 BRZ (IMO-Nr.: 9105798), wurde von einer geplanten ozeanographischen Mission im Südatlantik abgeordnet. Es traf bereits am 21.11. im Suchgebiet ein und verfügt über ein Multibeam-Sonar und Unterwasser-Kommunikationssysteme. Das Schiff hatte eigentlich auf eine 19-tägige Expedition der Ocean Observatories Initiative gehen sollen.
Quelle:Tim Schwabedissen
Wut und viele Fragen nach dem Untergang der „San Juan“
(25.11.17) Nachdem es keine Hoffnung mehr gab, Überlebende des vermissten argentinischen U-Boots ARA „San Juan“ zu finden, stieg bei den Angehörigen der Besatzung die Wut. „Sie haben uns angelogen. Sie haben sie in einem Stück Mist aufs Meer geschickt“, sagte Itatí Leguizamón, die Ehefrau des Obergefreiten Germán Suárez, nachdem der mutmaßliche Tod aller Seeleute bekannt gegeben wurde.
Etliche der Familienmitglieder, die in Mar del Plata ausgeharrt hatten, begannen zu weinen, es gab Nervenzusammenbrüche, Sanitäter mussten Hilfe leisten. Itatí Leguizamón, Frau eines Crewmitglieds, sagte, dass ihr Ehemann Zweifel an der Funktionstüchtigkeit der „San Juan“ geäußert habe. Man habe ein Boot aufs Meer geschickt, das nur schön angestrichen war.
Eine der vielen offenen Fragen war nun, warum die argentinische Marine tagelang gezögert hatte, die Hilfsangebote aus Brasilien, Chile und den USA anzunehmen, Ländern, mit denen Argentinien um Einfluss konkurriert, die aber die bessere Ausrüstung für eine Suchaktion besaßen. Auch hatte die Marine erst mit tagelanger Verzögerung bestätigt, dass es ein Feuer an Bord des U-Boots gegeben habe. Dieses hatte der Kommandant der „ARA San Juan“ in seiner vorletzten Nachricht über Satellitentelefon gemeldet.
Ein Batteriemodul sei in Brand geraten, es habe einen Kurzschluss gegeben und man sei aufgetaucht. In seiner letzten Nachricht sagte er, dass der Schaden behoben worden sei und man die Fahrt Richtung Mar del Plata unter Wasser fortsetze. Vielleicht wollte die Marine den Unfall mit den Batterien vertuschen und räumte lediglich Kommunikationsprobleme ein.
Die 960 Batterien, mit denen das U-Boot unter Wasser angetrieben wurde, galten nun als wahrscheinlicher Auslöser des Untergangs. Kam es, als sie zwischen 2008 und 2014 ausgetauscht wurden, zu Fehlern? Anders als es argentinische Medien meldeten, hatten Ingenieure von Thyssen Krupp Marine Systems, dem Nachfolgeunternehmen der Herstellerwerft, nicht den Austausch der Batterien in Buenos Aires beaufsichtigt. Thyssenkrupp hatte seit über zwei Jahrzehnten keinen Kontakt mehr zur argentinischen U-Boot-Flottille.
Es gab Informationen, dass aus Kostengründen auch nicht die kompletten Gehäuse der 960 Batterien getauscht worden seien, sondern lediglich Chemikalien und abgenutzte Teile. Die Batterien galten als „Achillesferse“ der TR-1700-Reihe, weil der häufige Ent- und Aufladeprozess Wasserstoff erzeugte, dessen Konzentration in der Luft bei vier Prozent zu einer Explosion führen kann. So wäre es ein mögliches Szenario, dass es diese Batterien waren, die due Explosion drei Stunden nach dem letzten Kontakt mit der „San Juan“ im Südatlantik auslösten.
Sie wurde von zwei Stationen der Organisation des Vertrags über ein umfassendes Verbot von Nuklearversuchen (CTBTO) aufgezeichnet. Eine davon befindet sich auf der britischen Insel Ascensión auf halbem Wege zwischen Südamerika und Afrika, die andere auf der französischen Insel Crozet südöstlich vor Südafrika. Die Information über die Explosion wurde aber erst bekannt, nachdem der argentinische Botschafter bei der in Wien ansässigen Organisation um eine Datenauswertung gebeten hatte.
Ein Sprecher der argentinischen Marine sagte hingegen, dass es sich bei dem Geräusch auch um eine Implosion gehandelt haben könnte, was bedeuten würde, dass das U-Boot, das bis zu einer Tauchtiefe von 600 Metern hat, vom Wasserdruck zerquetscht wurde. Dies wäre möglich, wenn es dort verloren ging, wo der Meeresgrund auf 3.000 Meter Tiefe abfällt.
Argentiniens Verteidigungsminister soll geschockt über die Nachlässigkeit und die Geheimniskrämerei der Marine sein und ordnete eine Untersuchung an.
Quelle:Tim Schwabedissen
http://www.esys.org/news/sos.html
https://twitter.com/Armada_Arg?ref_src= ... .bild.html
Gedenken an die Besatzungsmitglieder
https://www.infobae.com/politica/2017/1 ... -san-juan/
Die U-Boot-Klasse TR 1700
https://de.wikipedia.org/wiki/U-Boot-Klasse_TR_1700
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