Sowjetische Erinnerung an den Krieg

Sowjetische Erinnerung an den Krieg

Beitragvon Interessierter » 5. Januar 2021, 10:57

Sowjetische und postsowjetische Kriegserinnerung wird in Deutschland meist nur in den überdeutlichenoder in unseren Augen fragwürdigen Formen wahrgenommen. Monumentale Denkmäler wie das Ehrenmal in Berlin-Treptow, Erinnerungen an waffenstarrende Sowjetparaden zu den runden Jahrestagen, Korrespondentenberichte über die Nutzung der Kriegserinnerung zu »patriotischer Erziehung« oder aktuelle Fotos von Kriegsveteranen, die so viele Orden und Medaillen auf der Brust tragen, dass sich vor allemanderen die Frage nach der physischen Belastbarkeit ihrer bejahrten Träger aufdrängt. Ehe aber versucht werden soll, ein weniger selektives Bild der sowjetischen und nachsowjetischen Umgangs mit der Kriegserinnerung zu skizzieren, ist zuerst einmal auf das zu verweisen, auf das sich diese vielfältig geformte,gebrochene, oft ideologisierte oder verdrängte Erinnerung bezieht.

Eine Serie von katastrophalen Einbrüchen kennzeichnet die russische/sowjetische Geschichte in derersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, beginnend mit der Niederlage im Ersten Weltkrieg, der über zwei Millionen Tote forderte, übergehend in den Bürgerkrieg von 1918 bis 1921 und eine davon ausgelöste Hungersnot, deren Opfer an die 15 Millionen Menschen ausmachten, sowie Anfang der dreißiger Jahre derZusammenbruch der Produktion durch die Zwangskollektivierung, der noch einmal mehrere Millionen Hungertote als Opfer forderte. In den politischen Massenverfolgungen der zweiten Hälfte der dreißigerJahre wurden Hunderttausende hingerichtet und viele Millionen Menschen in Straflager gesperrt, vondenen ein großer Teil die Haft nicht überlebte.

Diese schnell aufeinander folgenden, mörderischen Katastrophen fanden sogar noch eine Steigerung: Mit dem Überfall des Deutschen Reiches auf die Sowjetunion begann am 22. Juni 1941 ein Krieg, an des-sen Ende im Jahr 1945 25 bis 30 Millionen Tote zu beklagen waren (eine genaue Zahl wird sich nichtmehr ermitteln lassen). Die Mehrzahl der getöteten Sowjetbürger waren Zivilisten, von denen allein zweiMillionen als Juden ermordet wurden. Eine Millionenzahl nichtjüdischer Zivilisten wurden unter Partisanenverdacht erschossen oder als »überflüssige Esser« gezielt dem Hungertod ausgesetzt – wie auch dieMehrzahl der sowjetischen Kriegsgefangenen, von denen über drei Millionen die Gefangenschaft nichtüberlebten (bei 5,7 Millionen Gefangenen insgesamt). Am Ende dieser Katastrophe, zu der die immensen Zerstörungen in den besetzten Westgebieten zählen, stand der Sieg über den Angreifer in seinerHauptstadt.Der Sieg war unter der Führung Stalins errungen worden, des Diktators, dessen Politik in den vorangegangenen Jahren millionenfach Opfer in der eigenen Bevölkerung gefordert hatte.

Mit Sicherheit hatte diese Erfahrung manche der Opfer während des Krieges zur Zusammenarbeit mit dem deutschenFeind motiviert, die Mehrzahl von ihnen blieb jedoch loyal und sah in dem deutschen Angreifer den Hauptfeind. So entsetzlich die Verluste und Leiden dieses Krieges waren, den Erfahrungen der Kollektivierung und des Großen Terrors hatten sie doch voraus, dass ein echter äußerer Feind das Land tatsäch-lich bedrohte. So hatte die Erfahrung des gemeinsam überstandenen Krieges, der Leiden und des Sieges jenseits aller Propaganda ein übergreifendes Gemeinschaftsbewusstsein begründet, das die Führung des Landes im Krieg und nach dem Krieg immer wieder ansprach. »Mutter Heimat« wurde in der Propaganda wie auch im Bewusstsein der großen Mehrheit der Bevölkerung im »Großen Vaterländischen Krieg« verteidigt. Die Verteidigung des Sozialismus war eindeutig auf den zweiten Platz verwiesen.

Die interessanten Ausführungen gehen hier weiter:
https://zeitgeschichte-online.de/node/15699
Interessierter
 

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