Captain Lee sollte Berühmtheit erlangen: als der einzige amerikanische Offizier, der im Zweiten Weltkrieg deutsche Soldaten befehligt hatte - und erfolgreich eine mittelalterliche Burg verteidigte. In seinem jetzt auf Deutsch erschienen Werk "Die letzte Schlacht" beschreibt der amerikanische Historiker Stephen Harding auf Basis offizieller Dokumente, Erinnerungen und Zeitzeugen-Interviews anschaulich den Kampf um Schloss Itter. Wobei es bei dem absurden Scharmützel zwischen GIs, Wehrmachtssoldaten und SS-Männern nicht um die Eroberung des Belle-Epoque-Prachtbaus ging, sondern um das Leben der hier Inhaftierten: 14 berühmte Franzosen.
Ein eigentümlicher Konvoi dröhnte am 4. Mai 1945 durch die Bergwelt Tirols. Ein amerikanischer Panzer vom Typ Sherman fuhr lautstark voran, vier GIs saßen auf dem Heck des stählernen Ungetüms. Danach folgten ein Kübelwagen und ein Laster der Wehrmacht. Plötzlich stoppte die Kolonne nach einer scharfen Kurve abrupt. Direkt vor ihnen errichteten Männer der Waffen-SS eine Blockade.
Sofort nahmen die amerikanischen Infanteristen die SS-Leute unter Feuer, unterstützt vom ratternden Maschinengewehr des Panzers. Und auch die Wehrmachtssoldaten auf dem Laster schossen auf ihre eigenen Landsleute, die in die Wälder flüchteten. Schnell setzten Amerikaner und Deutsche ihre Fahrt fort. Ihr Ziel war nicht mehr fern: Schloss Itter, eine im 19. Jahrhundert prachtvoll restaurierte mittelalterliche Festung am Eingang des Brixentals.
Während die deutschen Fahrzeuge weiter auf den Schlossplatz fuhren, ließ Captain John "Jack" Lee, der amerikanische Befehlshaber, den Panzer drehen und rückwärts vor das Torhaus fahren. So konnte der Kampfwagen seine Waffen am besten einsetzten. Die Besatzung wusste, dass ihr eine gefährliche Nacht bevorstand. Die Wälder rund um die Burg wimmelten von versprengten Einheiten der Waffen-SS, die auch nach Hitlers Selbstmord am 30. April 1945 den sinnlosen Kampf noch nicht beenden hatten.
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