Vor 75 Jahren, am 18. August 1943, verlegte das Reichskriegsgericht seinen Sitz von Berlin nach Torgau. Dieser Umzug des obersten Gerichtshofs der Wehrmacht ließ Torgau endgültig zum Zentrum der Wehrmachtjustiz im besetzten Europa werden. Zwei große Wehrmachtgefängnisse waren hier bereits seit 1939 in Betrieb. In Torgau wurden während des Zweiten Weltkriegs etwa 60.000 deutsche und ausländische Soldaten und Zivilisten verurteilt und inhaftiert. Mehrere Hundert wurden auch in Torgau hingerichtet.
Werner Lueben, Senatspräsident am Reichskriegsgericht in Torgau, beging im Juli 1944 Selbstmord. Foto: Archiv StSG/DIZ Torgau
Aufgabe des Reichskriegsgerichts war es, den politisch und religiös begründeten Widerstand gegen den Krieg mit den Mitteln der Militärjustiz zu verfolgen und zu brechen. Es war insbesondere in Fällen des Hoch-, Landes- und Kriegsverrats zuständig und urteilte in Fällen der „Zersetzung der Wehrkraft“. Seine Befugnisse bezogen sich auch auf Zivilisten.
So verhängte es mehrere Dutzend Todesurteile gegen Angehörige der Widerstandsgruppe „Rote Kapelle“. Auch verurteilte es ausländische Angehörige des Widerstands aus Ländern wie Polen, Frankreich und Belgien. Gegen Hunderte Zeugen Jehovas sprach es wegen der Verweigerung des Kriegsdienstes die Todesstrafe aus, ebenso gegen zwangsrekrutierte Soldaten aus Luxemburg oder anderen besetzten Ländern, die sich dem Kriegseinsatz entzogen.
Zur blutigen Bilanz der nationalsozialistischen Militärjustiz im Zweiten Weltkrieg gehören mehr als 20.000 vollstreckte Todesurteile insgesamt. Für etwa 1.200 Hinrichtungen war das Reichskriegsgericht verantwortlich.
Die Stiftung Sächsische Gedenkstätten/Dokumentations- und Informationszentrum (DIZ) Torgau bewahrt die Geschichte der Verfolgten der Wehrmachtjustiz. Ihr Memorial am Torgauer Fort Zinna, dem einstmals größten Wehrmachtgefängnis, erinnert an die Schicksale der deutschen und ausländischen Opfer der gnadenlosen Militärjustiz im Zweiten Weltkrieg in Torgau, darunter auch des Reichskriegsgerichts.
https://www.stsg.de/cms/torgau/aktuelle ... aechsische
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Ich bin im April diesen Jahres in dem Dokumentationszentrum Torgau im Schloss und an der Gedenkstätte Fort Zinna, wo auch heute noch eine Haftanstalt sich befindet zu einer Informationsveranstaltung gewesen. Die Gedenkstätte ist durch eine Hecke geteilt. Auf der einen Seite wird der Terrorjustiz der Nazis gedacht, auf der anderen den Opfern der hier eingerichteten sowjetischen Speziallager und der politischen Gefangenen der DDR-Justiz.Die Ausstellung im DIZ Schloss Hartenfels Torgau ist gut gemacht.
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Am 15. April 1945, kurz vor dem historischen Zusammentreffen der US-amerikanischen und sowjetischen Truppen in Torgau, wurde Fort Zinna geräumt. Die im Gefängnis verbliebenen kranken Häftlinge und alliierten Gefangenen wurden am 25. April 1945 von alliierten Truppen befreit.
Seit September 1945 diente das Fort Zinna der sowjetischen Geheimpolizei als Speziallager Nr. 8. Hier waren mehr als 8 000 Deutsche inhaftiert. Sie wurden gemäß einem NKWD-Befehl wegen der tatsächlichen oder angeblichen Mitgliedschaft oder Funktion in nationalsozialistischen Organisationen vollkommen von der Außenwelt isoliert. Konkrete Vergehen wurden ihnen nicht angelastet. Ihre strafrechtliche Verurteilung war nie beabsichtigt. Im März 1946 wurde das Lager in die benachbarte Seydlitz-Kaserne verlegt und im Januar 1947 aufgelöst.
Das Lager Nr. 10 diente als Durchgangsgefängnis für Tausende Deutsche und sowjetische Staatsbürger vor dem Abtransport in „Besserungsarbeitslager“ in der Sowjetunion. Sie waren von Sowjetischen Militärtribunalen verurteilt worden. Diese Militärgerichte waren sowohl Instrument zur Ahndung von NS-Verbrechen als auch Mittel zur Durchsetzung der Besatzungspolitik. Die sowjetischen Gefangenen waren vor allem für Vergehen gegen die militärische Disziplin, wegen „Landesverrats“ oder wegen krimineller Delikte bestraft worden.
Unter den Gefangenen der Torgauer Speziallager waren auch Menschen, die an NS-Verbrechen beteiligt waren. Insgesamt starben hier nach sowjetischen Angaben 800 bis 850 Menschen.
Im Januar 1950 übernahm die Deutsche Volkspolizei das Fort Zinna als DDR-Strafvollzugsanstalt. Zu den Gefangenen gehörten zunächst übergebene SMT-Verurteilte. Außerdem wurden in den 50er- und 60er-Jahren aktive Gegner der SED-Politik, die von DDR-Gerichten verurteilt worden waren, in Torgau gefangengehalten. Später überwog der Anteil wegen krimineller Delikte verurteilter Straftäter.
Heute befindet sich im Fort Zinna eine Justizvollzugsanstalt des Freistaates Sachsen.
https://www.stsg.de/cms/torgau/histort/fortzinna
Dokumentations- und Informationszentrum (DIZ) Torgau, Stiftung Sächsische Gedenkstätten
http://www.torgau.eu/p/d1.asp?artikel_id=1358