Faktencheck DDR: Keine gerechte Einkommensverteilung

Faktencheck DDR: Keine gerechte Einkommensverteilung

Beitragvon Interessierter » 8. August 2017, 10:05

In vielen Briefen beklagen unsere Leser, dass die Einkommens- und Vermögensverhältnisse im wiedervereinigten Deutschland immer ungerechter werden. In der DDR dagegen, so erinnern sich viele, sei es sozial gerecht zugegangen. Ob das wirklich so war, bilanziert Prof. Klaus Schroeder vom Forschungsverbund SED-Staat an der Freien Universität Berlin.

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In privilegierten, zumeist staatsnahen Berufen wurden Gehälter gezahlt, von denen viele Arbeiter nur träumen konnten. Foto: Archiv

Erst in der Vorbereitung auf den Umtausch der Spareinlagen von Mark in D-Mark im Jahr 1990 zeigte sich, was zuvor nur dem Führungspersonal der SED bekannt war: Die Geldvermögen in der DDR waren in etwa ebenso ungleich verteilt wie in der Bundesrepublik und im wiedervereinigten Deutschland. Auf nur etwa 10 Prozent der Sparkonteninhaber entfielen knapp 60 Prozent der Guthaben.

Den reichsten 2 Prozent der DDR gehörten rund 20 Prozent der Spareinlagen.

Auch bei den Einkommen gab es eine stärkere Spreizung als öffentlich bekannt war und heute noch angenommen wird. Nach der in der Bundesrepublik üblichen Berechnungsmethode befanden sich Ende der achtziger Jahre in der DDR etwa 20 Prozent der Haushalte unter der Armutsrate.

Das durchschnittliche Haushaltsnettoeinkommen lag bei etwas über 2000 Mark, gut 26 Prozent der Haushalte verfügten über weniger als 1200 Mark, knapp 10 Prozent hatten sogar weniger als 800 Mark.

Zu den hohen Einkommensbeziehern gehörten neben dem Leitungspersonal aus Partei, Staat und Wirtschaft, Künstler, Ärzten und Selbstständigen viele Mitarbeiter von Volkspolizei, Volksarmee und MfS.

So konnte etwa ein als Führungsoffizier für inoffizielle Mitarbeiter tätiger Hauptmann des MfS mit zehn Dienstjahren ein größtenteils steuerfreies Bruttoeinkommen von 2240 Mark beziehen. Hinzu kamen Wohn-, Bekleidungs- und Verpflegungsgeld. Ein MfS-General verdiente zuletzt 4000 bis 6500 Mark monatlich.

Die Avantgarde der Arbeiter-klasse - die hauptamtlichen Parteiarbeiter - gehörte selbstverständlich zu den Spitzenverdienern. Mitte der achtziger Jahre bekamen die Abteilungsleiter im Zentralen Parteiapparat etwa 4500 Mark, die Sektorenleiter zwischen 2700 und 3250 und die politischen Mitarbeiter zwischen 1450 und 2500 Mark. Der Generalsekretär erhielt etwa 8000 Mark, die Mitglieder und Kandidaten des Politbüros 6500 Mark und die Abteilungsleiter 5000 Mark.

Das durchschnittliche Arbeitseinkommen lag in diesem Zeitraum bei 1140 Mark. Der SED-Generalsekretär bezog in etwa das Siebenfache eines durchschnittlichen Einkommens.

Die Privilegierung bestimmter Personengruppen setzte sich auch in der Rente und im Gesundheitssystem fort.

Die systembedingte Ungleichheit in Einkommen und Vermögen wurde etwas korrigiert durch Schwarzarbeit und Zuwendungen durch westdeutsche Verwandtschaft. Insofern bleibt die tatsächliche materielle Situation der Bevölkerung - ebenso wie in der heutigen Zeit - im Ungefähren. Auf jeden Fall aber war die DDR keine sozial gerechte Gesellschaft.

http://www.thueringer-allgemeine.de/web ... 1607650517

Was verdienten gegen Ende der DDR eigentlich eine Konsum - Verkäuferin oder ein kfm. Angestellter monatlich netto?
Interessierter
 

Re: Faktencheck DDR: Keine gerechte Einkommensverteilung

Beitragvon Kumpel » 8. August 2017, 10:17

Meine Mutter verdiente als Angestellte im Gesundheitswesen 650-750 Mark. In den letzten Jahren wurde das etwas angehoben und sie kam so auf 850Mark.
Mit drei Jungs war da immer das Geld knapp und Extras gab es so gut wie nie.
Vermögensbildung unmöglich.
Ich bekam im Bergbau als Hauer so um die 6 Mark pro Stunde da kam noch Auslöse dazu und ich kam da auf etwa 1400,0 Mark.
War auch nicht der Brüller für die Maloche untertage.
Kumpel
 

Re: Faktencheck DDR: Keine gerechte Einkommensverteilung

Beitragvon Beethoven » 9. August 2017, 13:34

Ja Kumpel, das ist nicht viel und das man da keine großen "Sprünge" machen konnte, ist wohl nachvollziehbar.

Das gesamte Lohngefüge lässt sich mit dem Heutigen gar nicht mehr vergleichen. Wenn eine Verkäuferin bei LIDL 1.400 € bekommt und eine Krankenschwester 1.800 €, dafür in zwei oder drei Schichten arbeitet, ein Igenieur aber mit 4.000 - 8.000 € nach Hause geht und auch nicht länger arbeitet, scheint das ungerecht. Von Sportlern und Vorstandmitgliedern, will ich gar nicht reden, die das in einer Stunde haben.

In der damaligen DDR, so wird ja heute kolportiert, verdiente die "Nomenklatura" viel mehr als ein normaler Arbeiter oder als eben Deine Mutter. Da ist bestimmt was Wahres dran. Es war mehr. Aber bei gleicher Arbeitszeit, was Deiner Mutter mit drei Kindern und allein erziehend eher nicht möglich war, hätte auch der Arbeiter diesen Lohn erzielt. Ich habe das ja hier schon mal dargestellt. Ein durchschnittlicher Truppenoffizier hat pro Stunde Arbeitszeit, weniger Sold bekommen als jeder Facharbeiter an Lohn und der Berufssoldat hatte noch nicht einmal dann seine Ruhe, wenn er Zuhause war, weil das Telefon oder die Sirene im Wohnblock ihn jederzeit, an seinen Arbeitsplatz rufen konnte. Mal von den Wochen der Abwesenheit von der Familie und dem Leben unter Feldbedingungen ganz abgesehen.

Aber ja, mit vier Personen, wie bei Dir, das ist sehr knapp.
Die größten Vorteile im Leben überhaupt wie in der Gesellschaft hat ein gebildeter Soldat. J. W. v. Goethe

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