Interessierter hat geschrieben:
Warum eigentlich so häufig in den neuen Bundesländern?
Vielleicht weil aus heutiger Sicht die Ereignisse am 17. Oktober in der Zionskirche ihren Schatten vorauswarf, der nach 1990 Deutschland erschütterte? Gut 30 Kahlgeschorene, viele gekleidet in Bomberjacken und Springerstiefeln, bewaffnet mit Knüppeln, skandieren „Juden raus aus deutschen Kirchen!“, „Kommunistenschweine!“ und „Sieg Heil!“, attackieren die Konzertbesucher, verletzen viele. Fliehende werden draußen weiter verprügelt, eine Volkspolizei-Streife steht hilflos daneben. Die Pogrome von Hoyerswerda und Rostock-Lichtenhagen; die Morde des NSU-Terrortrios; die Ost-Wahlerfolge von NPD und DVU; auch die Brandanschläge auf Asylunterkünfte und die aggressiven Proteste gegen Flüchtlinge im Osten, die das Jahr 2015 mitbestimmen und von Neonazis angeheizt werden.
Sind Neonazis ein Ost-Problem? Trägt dennoch der Westen Schuld?
Spätestens in den 70er Jahren wurde klar, dass sich Antifaschismus nicht staatlich verordnen lässt.
Da erkannte die Stasi bereits, dass unter „Fußball-Rowdys“ zunehmend „neofaschistische“ Einstellungen auftraten, die sich auch in Gewalt gegen Vertragsarbeiter aus Afrika und Asien zeigte. Sogar in der Nationalen Volksarmee registrierte die Stasi zwischen 1965 und 1980 laut Aktenlage 700 neofaschistische Vorfälle.
Der DDR-Geheimdienst verfolgte die Tendenzen, wurde aber von seinem Chef Erich Mielke und der übrigen Staatsführung ausgebremst. Obwohl Mitte der 80er bereits jede vierte Stasi-Ermittlung wegen „staatsfeindlicher Hetze“ dem Nazi-Milieu galt, spielte die SED das Problem herunter. Aufmüpfige Jugendliche seien das, angeleitet vom Westen. Dabei gründeten sich in den 80ern längst klandestine Neonazi-Zirkel wie die „Lichtenberger Front“ in Ost-Berlin, die „Wotansbrüder“ in Halberstadt, die „SS-Division Wolgast“ oder die „Weimarer Front“.
Unter Ausschluss der Öffentlichkeit nahm sich das Innenministerium aber der rechten Umtriebe an. Es gründete bei der Kriminalpolizei eine „Arbeitsgruppe Skinhead“ unter der Leitung von Oberstleutnant Bernd Wagner, der eine düstere Analyse vorlegte: Die wachsende Opposition gegen den DDR-Staat war nicht immer bürgerrechts- oder friedensbewegt, sondern zunehmend rechtsradikal.
Nazi-Szene nutzt Untätigkeit
Die Neonazis in der DDR waren kein versprengter Haufen, sondern eine gut organisierte Szene, die mehr als 15.000 Anhänger zählte, darunter 1000 „gewaltbereite“. Seit 1983 hatte sich die Zahl rechtsextremer Gewalttaten verfünffacht. Es gab Sprengstoffanschläge durch Neonazis auf Betriebe, Mordanschläge auf Ausländer in der ganzen DDR, Schändungen jüdischer Friedhöfe, Hakenkreuzschmierereien. Einzelne Kontakte zu Nazi-Parteien aus der BRD bestanden, vor allem in Berlin. Doch lebensfähig war die Szene auch ohne Westhilfe.
Das Leipziger Zentralinstitut für Jugendforschung ermittelte, dass sechs Prozent der DDR-Jugend sich zur Skinszene bekannten oder mit ihr sympathisierten, 30 Prozent hießen rechte Aktionen gut. Jeder achte Jugendliche fand, „der Faschismus hatte auch gute Seiten“.
Die DDR-Führung war schockiert – und verschloss die Erkenntnisse im Giftschrank, löste die „AG Skinhead“ auf. Neonazis erhielten wieder mal freie Fahrt.
http://www.fr.de/fr-serien/freiheit/fre ... n-a-420787
Grenzwolf62 » 11. Jun 2018, 16:52
Ich glaube wenn man ganz unaufgeregt die Spinner da ihre Musik runterspielen und sie dabei paar Bierchen trinken lässt, geht die Welt auch nicht unter davon.
Im Angesicht von fast 200 Toten sich derart zu äußern, ist schon be- oder kennzeichnend....