Merkur » 5. Aug 2019, 08:40
Interessierter hat geschrieben:Diejenigen die hier gerne, gezielt und rassistisch hetzen, sollten einfach einmal darüber nachdenken, in wie weit sie sich indirekt an solchen Verbrechen mitschuldig machen, bzw. schon gemacht haben.
Oder reichen ca. 300 von Rechtsextremen getötete Menschen noch nicht?
Da stimme ich Dir sogar grundsätzlich zu. Nur setzt Dein Denkprozess mindestens eine Stufe zu spät ein. Zunächst einmal müssten diejenigen darüber nachdenken und Konsequenzen ziehen, die dafür verantwortlich sind, dass sich die Situation so extrem entwickeln konnte.
Dein Denkfehler ist es, die Entwicklung des Extremismus allein auf die massenhafte Zuwanderung von Flüchtlingen zu fokussieren. Den Extremismus gab es in beiden Teilen Deutschlands einschließlich seiner Gewalttaten und Verbrechen schon lange vorher.
Die Entwicklung des überwiegend parteiförmig organisierten Rechtsextremismus lässt sich also in vier Phasen einteilen:
1945 – 1941, 1962 – 1982, 1983 – 1990 und seit 1990.Ich zitiere einmal auszugsweise aus einem Dossier der Bundeszentrale für politische Bildung über den Zeitraum seit 1990. Da es sich um einen Beitrag vom 13.01.2015 handelt sind die rechtsextremen Gewalttaten und Entwicklungen aus den nachfolgenden Jahren nicht berücksichtigt.
Das Fundament des ostdeutschen Rechtsextremismus wurde in der "antifaschistischen" DDR gelegt. Der Staatssozialismus beförderte die Entstehung autoritärer, nationalistischer und fremdenfeindlicher Orientierungen. Mit der wachsenden Unzufriedenheit mit den Arbeits- und Lebensbedingungen in den 1980er Jahren entwickelten sich auch rechtsextreme Protestbewegungen, die sich zu subkulturellen Milieus verdichteten. Da öffentlicher Protest in einem Polizeistaat große Risikobereitschaft voraussetzt, zeichneten sich die Fußballfans und Skinheads in der DDR durch enorme Gewalttätigkeit und Brutalität aus. Mit dem Fall der Mauer schwoll der Jugendprotest an, die Milieus breiteten sich weiter aus und neonazistische Gruppierungen fanden regen Zuspruch bei jungen Leuten. Zwischen 1991 und 1994 erlebte die Bundesrepublik insgesamt ein Anschwellen der rassistischen Gewalt in einem bis dahin unvorstellbaren Ausmaß, wobei die Hälfte der Gewalttaten in Ostdeutschland verübt wurde. Nicht selten fanden die teilweise pogromartigen Aktionen gegen Ausländer und Asylbewerber den Beifall von Anwohnern oder Passanten, was darauf hindeutete, dass die gewaltbereiten Subkulturen gerade in Ostdeutschland in ein latent rechtsextremes Umfeld eingelagert sind. Die Entstehung der Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU), der unter anderem zehn Morde und mehrere Raubüberfälle zur Last gelegt werden, ist in diesem Zusammenhang zu sehen. Ihre Mitglieder hatten sich zunächst in der "Kameradschaft Jena" radikalisiert, die auch als Sektion Jena des Thüringer Heimatschutzes (THS) auftrat. 1998 tauchten sie dann mit der Motivation "Taten statt Worte" in den Untergrund ab. Erst seit 1998 erreichten die Westparteien im Osten angesichts der großen Unzufriedenheit mit den wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Systemwechsels und dem Zustand der inneren Einheit Wahlerfolge. In Sachsen-Anhalt brachte es die DVU 1998 mit 12,9 Prozent auf 16 Mandate, und in Brandenburg rückte sie 1999 mit fünf und 2004 mit sechs Abgeordneten in den Landtag ein.
Am rechten Rand des deutschen Parteiensystems scheint die mehrheitlich nationalkonservative Alternative für Deutschland (AfD), die auf die Betonung nationaler, ethnischer und kultureller Identität im Rahmen eines innenpolitisch eher autoritär und wirtschaftspolitisch eher neoliberal verfassten Systems setzt, den Löwenanteil des rechtsextremen Wählerpotenzials zu absorbieren. https://www.bpb.de/politik/extremismus/ ... eutschland
Es ist nicht nur billig und zu einfach den besonders in Ostdeutschland stattfindenden gewaltbereiten Rechtsextremismus auf die Zuwanderung der Flüchtlinge zurückzuführen und Kanzlerin Merkel die Schuld an diesem braunen Pack zu geben. Es ist schlichtweg falsch!
In West- und Ostdeutschland gab es Rechtsextreme Gewalttaten schon lange vor Frau Merkel.
Aber es ist ja einfach, so wie es schon zu DDR - Zeiten war, dem (ehemaligen) Klassenfeind in Person von Kanzlerin Merkel die Schuld an der brutalen Entwicklung des ostdeutschen Rechtsextremismus zuzuschieben.
Wie in Chemnitz wurden schon Ausländer viele Jahre vorher durch die Straßen der DDR gehetzt. Damals noch bis zu ihrem Tode und bei den rechtslastigen Teilen der Bevölkerung reichte das schon damals nicht einmal für ein bischen Empörung!