Du bist wütend über Polizeigewalt in den USA? Dann solltest du auch diese deutschen Fälle kennen
Es ist nicht nur Minneapolis. Es sind auch Dessau, Kleve, Berlin, Gotha, Weimar, Bonn, Hamburg – und viele weitere Orte in Deutschland.Hunderttausende demonstrieren nach dem Tod von George Floyd gegen rassistische Polizeigewalt. Auch in Berlin versammelten sich etwa 1500 Demonstrierende vor der US-Botschaft. Sie sind wütend auf den systemischen Rassismus in den USA –
aber auch jenen bei uns.Geht es um Rassismus und Polizeigewalt in Deutschland, scheinen die Worte oft milder. Rassismus? Muss man im Einzelfall entscheiden. Racial Profiling? Oder doch nur verdachtsunabhängige Personenkontrollen? Rechte Netzwerke in der Polizei? Bitte kein Gerneralverdacht.
Polizisten mit Rassismus im Herzen? Haben wir auchErst vergangenes Jahr enttarnte die taz eine rechte Gruppe in Polizei und Bundeswehr: "Hannibals Schattennetzwerk". Und Anfang dieses Jahr musste Bayern ganze 67 Polizisten entlassen, die definitiv nicht in diesen Job gehörten.Oft trifft Fehlverhalten der Polizei auch in Deutschland Menschen, die sich am wenigsten effektiv wehren können – oder ohnehin schon von Diskriminierung betroffen sind: People of Color oder Schwarze Menschen. Menschen ohne Aufenthaltsstatus. Aber auch Menschen, die psychische Krankheiten haben.
Wenn du also wütend darüber bist, was in den USA passiert ist, solltest du dich auch über diese sechs deutschen Fälle ärgern:
Berlin: Notwehr oder nicht?
Wenn deutsche Polizisten töten, lässt die Aufklärung oft zu wünschen übrig. Das zeigt der Fall Maria: Im Januar schossen ein Polizist, begleitet von drei bewaffneten Kollegen, auf eine Frau, die an Multipler Sklerose litt und nicht einmal 50 Kilogramm wog. War die junge Frau eine Gefahr für den Polizisten? Handelte er wirklich aus Notwehr?Ob das jemals aufgeklärt wird, ist fraglich. Der Fall reiht sich in eine Reihe von Fällen, bei denen es scheint, als habe die Polizei unverhältnismäßig gehandelt – ohne dass es für die Beamtinnen und Beamten Konsequenzen hat. Notwehr, vermeintliche oder echte, ist in diesen Fällen oft ein Argument, um Ermittlungen abzuwürgen. Es gab in Berlin noch mehr solche Fälle:
Da ist der betrunkene André Conrad, der 2012 von sechs Kugeln getroffen wurde. Und der schizophrene Manuel F., der 2013 im Berliner Neptunbrunnen badete. Beide hatten Messer dabei, beide starben durch Polizeischüsse.Zwischen 2009 und 2017 starben 74 Menschen durch Polizeischüsse. Laut Recherchen der taz fanden sich bei etwas mehr als der Hälfte Hinweise auf psychische Erkrankungen. Wer in Deutschland von Polizisten erschossen wird, sei mit hoher Wahrscheinlichkeit psychisch krank oder in einer akuten psychischen Ausnahmesituation, schreibt die taz.
Gotha, Weimar: Machtmissbrauch und Vorwürfe sexualisierter GewaltDie taz berichtet weiterhin von einem Fall in Weimar, in dem eine junge Frau den dortigen Polizeibeamtinnen und Beamten sexuelle Nötigung vorwirft. Sie habe sich bei einer Hausdurchsuchung ausziehen müssen und sei belästigt worden. Die junge Frau ist noch immer in psychiatrischer Behandlung, die Ermittlungen laufen.
In Gotha stehen derzeit zwei Polizisten vor Gericht, denen Vergewaltigung im schweren Fall vorgeworfen wird. Laut Anklageschrift waren sie im Dienst und führten ihre Waffe bei sich, als sie eine heute 33-Jährige vergewaltigten.
Immer wieder gibt es Berichte von Polizisten, die ihre Position nutzen, um Frauen zu belästigen: in Mecklenburg Vorpommern , in Sachsen und in Bayern. Hessen: Rechte Drohbriefe – von der PolizeiEiner der größten Polizei-Fails des vergangenen Jahrs sind die Drohbriefe an die Frankfurter Anwältin Seda Başay-Yıldız. Sie hatte als Nebenklägerin NSU-Opfer vertreten und auch islamistische Gefährder verteidigt. Im August 2018 bekam Başay-Yıldız das erste einer Reihe von Drohschreiben, unterschrieben mit "NSU 2.0".
Die Spur führte zu fünf Polizisten und einer Polizistin. Ermittlungen zeigten, dass Daten der Anwältin ausgerechnet von einem Computer in einem Polizeirevier in Frankfurt abgefragt worden waren. Eine mutmaßliche rechtsextreme Chatgruppe der Polizistinnen wurde aufgedeckt, fünf Beamte vom Dienst suspendiert. Ein Beamter wurde schließlich vorläufig festgenommen (und später wieder freigelassen): Ihm werden Bedrohung und Volksverhetzung vorgeworfen.
Laut einer aktuellen Umfrage der hessischen Polizei bezeichnen sich insgesamt ein Fünftel der Beamten als "mäßig rechts".Den vollständigen Beitrag findet man hier:
https://www.vice.com/de/article/5dzgzd/ ... eutschlandNachdem wir hier schon öfter über Gewalt gegen Polizeibeamte geschrieben haben, wird jetzt aktuell und bundesweit heftig über Polizeigewalt diskutiert. Bevor jetzt wieder einer kommt und meint das wäre pauschalisierend, so ist es das eben nicht. Es sind aber auch längst keine Einzelfälle mehr, sondern es gibt eine Minderheit in diesem Beruf, die dort wirklich nicht hingehören. Das nicht nur wegen Gewalt, sondern auch wegen Rassismus, Datenmissbrauch, Rechtsextremismus usw.!
Übrigens ist Polizeigewalt bis hin zu Morden, ein weltweites Problem.