Vielleicht hilft uns dieses Gespräch mit dem Historiker Heinrich August Winkler über die deutsche Wahrnehmung Russlands, die Rolle des Nationalismus im Ukraine-Konflikt, den Putinismus und die Glaubwürdigkeit westlicher Außenpolitik weiter. Ich meine bei der Frage nach den genannten Putin-Verstehern oder warum viele Linke in Europa in Putin ihren neuen Helden sehen?
Zitat:
Herr Winkler, vor Kurzem haben Sie im „Spiegel“ die deutschen Putin-Versteher scharf kritisiert. Was werfen Sie ihnen vor?
Zunächst einmal ist die Gemeinde der deutschen „Putin-Versteher“ ein ziemlich buntscheckiges Gebilde. Sie reicht von der politischen Linken, etwa von Gregor Gysi und Sahra Wagenknecht, über die sozialdemokratischen Altkanzler Gerhard Schröder und Helmut Schmidt, den Ostausschuss der deutschen Wirtschaft bis hin zu Peter Gauweiler von der CSU sowie Alexander Gauland von der AfD.
In der Linkspartei scheint man bis heute nicht begriffen zu haben, dass Präsident Putin seit seinem Amtsantritt im Jahre 2000 einen scharfen Ruck nach rechts vollzogen hat. Er wird dort wohl immer noch als Vertreter des Landes gesehen, dem man die angeblich „große“ russische Oktoberrevolution zu verdanken hat. Hinzu kommt eine erhebliche Prise Antiamerikanismus. Letzteren findet man auch bei der deutschen Rechten. Schlimmer noch: Liest man zum Beispiel die Ausführungen von Alexander Gauland auf dem Erfurter AfD-Parteitag im März über das „Einsammeln russischer Erde“, ist das geradezu eine Rechtfertigung des völkischen Nationalismus, wie ihn Putin praktiziert. Zudem wird auf dieser Seite gern die Wirkung deutsch-russischer Sonderbeziehungen in der Geschichte verklärt.
Vernachlässigt das Verständnis für Putins Politik die Interessen und die Sicherheitsbedürfnisse der Staaten, die zwischen Deutschland und Russland liegen – ganz in schlechter historischer Tradition?
Ja. Diejenigen, die sich um ein wohlwollendes Verständnis Putins bemühen, weisen zwar rasch und lobend auf Bismarcks Rückversicherungsvertrag mit dem Zarenreich hin, sie verschwenden aber keinen Gedanken an unsere östlichen Nachbarn, etwa die Polen oder die baltischen Völker, bei denen deutsch-russische Sonderbeziehungen ganz andere Erinnerungen hervorrufen. In Warschau hat man nicht vergessen, dass die Teilungen Polens im 18. Jahrhundert vor allem das Werk Russlands, Preußens und auch Österreichs waren. Man erinnert sich lebhaft an die Versuche deutscher Militärs nach 1918, Polen mit russischer Hilfe auf seine ethnischen Grenzen zurückzudrängen oder als Staat auszulöschen. Ganz zu schweigen vom negativen Höhepunkt deutsch-russischer Beziehungen, dem Hitler-Stalin-Pakt im Jahre 1939. Dies wird von den wohlwollenden Putin-Verstehern natürlich nicht erwähnt.
Hier Quelle und ganzes Gespräch:
http://www.b-republik.de/aktuelle-ausga ... tens%C2%ABmfg
pentium