Interview mit Islamwissenschaftlerin: "Es gibt Muslime, die man zu Recht hier nicht haben will."
Ist die Angst vieler Sachsen vor Muslimen begründet? Die Leipziger Islamwissenschaftlerin Verena Klemm sagt nein. Sie hat ein sehr differenziertes Buch über Muslime geschrieben. Es soll aufklären.
http://www.mdr.de/sachsen/islamwissensc ... fcd56.html
Warum war es notwendig, solch ein Buch auf dem Markt zu bringen?
Wir haben es geschrieben, weil uns aufgefallen, dass der Islam in Sachsen ein immer größeres Thema wird. Der Islam wird oft als etwas Gefährliches betrachtet und Muslime werden zu einem Kollektiv gemacht, das unserer Gesellschaft gerade auch in Sachsen feindlich gegenüber steht. Unsere Erfahrungen sind anders. Wir haben Fakten zusammen getragen. Wir sind los gezogen, kreuz und quer durch Sachsen und haben mit Muslimen gesprochen. In diesem Buch bieten wir ein buntes Mosaik muslimischen Lebens in Sachsen an. So können sich die Leser ein Bild machen von diesen Muslimen, die so missverstanden werden.
0,48 Prozent der sächsischen Bevölkerung sind Muslime. Das sind 2 Prozent der rund 4 Millionen in Deutschland lebenden Muslime. Da haben wohl die wenigsten Leute Gelegenheit, Muslime im Alltag persönlich kennen zu lernen, außer wenn sie sich mal einen Döner holen…
Das stimmt. Es sind sehr wenige. Aber jeder kennt trotzdem Muslime. Und wenn es eben nur von Weitem ist. Schon da fangen oft diese Vorurteile an zu sprudeln. Und wir denken, dass das Buch vielleicht einen Beitrag leistet, dass man diesen Menschen nicht so voreingenommen entgegen tritt - sondern, dass man ein Stück auf sie zugeht und auch Beziehungen zu den muslimischen Nachbarn knüpft, ohne, dass man vor ihnen Angst haben muss. Es gibt ja jetzt auch viele Neue, die ankommen.
Im ersten Teil beschreiben Sie die historischen Beziehungen zu Muslimen in Sachsen, vor allem natürlich zum Osmanischen Reich, zur Türkei. Es gibt ja die berühmte Fatima, eine Märtresse Augusts des Starken. Eine spannende Geschichte…
Fatima hat sogar noch mehr gemacht. Sie war zunächst eine Dienerin einer Mätresse (Aurora von Königsmarck) und sie hat August den Starken so gut gefallen, dass er diese Dame auch zu seiner Mätresse gemacht hat, und dass sie ihm einen Sohn und eine Tochter geboren hat, die er anschließend offiziell als Kinder anerkannt und ihnen den Grafentitel verliehen hat.
Das steht in unserem Buch. Aber was ich sagen will, ist, dass Fatima auch gearbeitet hat am Hof, als Dolmetscherin. In dieser Zeit sind sehr viele Delegationen gekommen aus dem osmanischen Istanbul, haben Gesandtschaften und Geschenke ausgetauscht mit den Sachsen. Und Fatima hat sich bei diesen Besuchen als Übersetzerin betätigt...
pentium