Tagesschau-Sprecher verpasst sich einen Maulkorb - Kann man über den Islam nicht mehr offen sprechen?
Der Buchautor und Fernsehmoderator Constantin Schreiber war ein Aufklärer im besten Sinn. Die Vergangenheitsform ist angebracht, denn zumindest über den Islam mag der Verfasser von «Inside Islam» und «Kinder des Koran» nicht mehr aufklären. Schreiber, der fliessend Arabisch spricht und mehrere Jahre in Libanon, Dubai und Ägypten arbeitete, hat genug. Er zieht sich zurück, er resigniert, er kapituliert vor der Gegenaufklärung. Sein Rückzug ist ebenso bezeichnend wie bitter und zeigt, dass die praktischen Kosten der Meinungsfreiheit ihre theoretische Garantie relativieren können.
Niemand hat Schreiber das Wort entzogen ausser er selbst. Seine Bücher wurden nicht aus dem Sortiment genommen, seine Auftritte nicht abgesagt. Wohl aber nähme Schreiber in Ansehung des Islams nicht den Notausgang ins Verstummen, hätten sich die Bedingungen der Meinungsfreiheit nicht verschlechtert.
Schreiber zog sich bei seinem Auftritt an der Universität Jena den Zorn einer «linksradikalen Basisgruppe» zu. Mit einer Torte im Gesicht sollte Schreiber für seine angebliche Islamophobie büssen. Das Mittel der Wahl ist kindisch, der Vorwurf albern. Für sein Sachbuch «Inside Islam» hatte Schreiber acht Monate lang Moscheen besucht, dort Freitagspredigten angehört und sie durch «zertifizierte Übersetzer» ins Deutsche übertragen lassen. Sein Fazit zog die Schlussfolgerung aus dem Erlebten: Moscheen seien politische Räume und die Predigten «mehrheitlich gegen die Integration von Muslimen in die deutsche Gesellschaft gerichtet».
Auslöser für seine Entscheidung: Drohungen gegen den Moderator und seine Familie – Schreiber ist mehrfacher Familienvater. Und aus seiner Sicht fehlender Rückhalt von Universität und Kollegen. „Da habe ich einfach gesagt, nee, das will ich nicht, ich will diese Negativität in meinem Leben nicht“, so Schreiber.“
Kubicki bezeichnete Schreiber gegenüber BILD als einen „herausragenden und hochintelligenten Journalisten“, der mit Rechtsextremismus nichts zu tun habe. „Wenn es aber ein öffentliches Klima gibt, in der seine abgewogene Kritik mit verbalen und tätlichen Übergriffen beantwortet wird, haben wir ein Demokratieproblem. Dann sind wir alle gefragt“, so Kubicki weiter.
Schreibers Entschluss spiegele „eine längerfristige Entwicklung wider, die für unsere Demokratie bedrohlich werden kann. Jeder, der nach diesem Vorgang noch immer behauptet, Cancel Culture gäbe es nicht in Deutschland, muss sich vorwerfen lassen, den demokratischen Diskurs bewusst oder unbewusst zu zerstören“, sagte Kubicki weiter.
https://www.nzz.ch/der-andere-blick/con ... ld.1756171AZ