Es ist nicht zu leugnen: Theodor Fontane war Antisemit – und er dankte zugleich Gott dafür, „dem Berliner Judentum in die Hände gefallen zu sein“. Im Jubiläumsjahr sollte man das wissen. Auch zu Preußen und zum Adel hatte der Dichter ein zwiespältiges Verhältnis.
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Am 25. Februar 1947 verfügte der Alliierte Kontrollrat, der am Sitz des Berliner Kammergerichts tagte, die Auflösung Preußens, das „in Wirklichkeit“ längst aufgehört habe zu existieren. Mit seinen Widersprüchen aber lebt Preußen weiter – im Werk Theodor Fontanes. In seinen Briefen geht es in abkühlender Begeisterung vom Preußenlob zum Preußentadel – und am Ende steht Nostalgie.
Außergewöhnlich an Preußen war die Unwahrscheinlichkeit seiner Karriere. Preußen war nicht, wie Heinrich Heine giftete, einzig darin, dass es der Tartuffe unter den Staaten war. Jede europäische Großmacht hat zu Zeiten diese Rolle gespielt. Mehr als jeder andere Staat aber wurde Preußen durch Zweideutigkeiten und Ambivalenzen geprägt – vom Staatskanzler Hardenberg, der Anfang des 19. Jahrhunderts „demokratische Grundsätze in einer monarchischen Regierung“ als dem Zeitgeist angemessen ansah, bis zu Wilhelm II., dem letzten deutschen Kaiser, der an der Schwelle zum 20. Jahrhundert Deutschland mit vormodernen Mitteln modernisieren wollte. Statt auf „Geld, Klugheit, Begeisterung“ setzte er dabei, wie der alte Fontane 1897 klagte, auf Grenadierblechmützen, Medaillen, Fahnenbänder und einen armen Landadel, der ihm durch dick und dünn folgen würde.
„Wir werden gut preußisch bleiben, zum Thron halten und zum Volk“, schreibt Fontane im Februar 1858 aus London.