Beginn mit Landgewinn

Geschichte und Geschichten einer Landschaft

Beginn mit Landgewinn

Beitragvon pentium » 3. September 2015, 16:01

Der Kriegszug König Heinrich I. gegen die Daleminzier

Ehe die Markgrafschaft Meißen zur aufblühenden Kernlandschaft des hochmittelalterlichen wettinischen Territorialkomplexes wurde, ist sie - die Bezeichnung Mark erinnert daran - lange Zeit, viele Jahrzehnte lang, Grenzgebiet gewesen, unruhiger und oft genug auch gefährdeter Außenposten des deutschen Königreiches.
Die vor der Ostgrenze ihres Reiches liegenden slawischen Siedlungsgebiete hatten schon das Begehren der Frankenherrscher geweckt. Um 805 unterwarf König Karl der Große (768-814) die Daleminzier und andere sorbische Stämme und zwang sie zu Tributzahlungen sowie zur Heerfolge (Stellung von Truppenkontingenten). Andauernde Zwistigkeiten zwischen den slawischen Stämmen schwächten ihren Widerstand und einige Stämme wie die Obodriten kämpften sogar zeitweise auf fränkischer Seite, dennoch vermochten die Sorben in der Zeit des Frankenreiches noch viel von ihrer Selbstständigkeit zu wahren.
Der aus dem sächsischen Herzoghaus stammende deutsche König Heinrich I. (873-936) betrachtete - neben der Stärkung der Zentralgewalt im Deutschen Reich - die Sicherung und Ausweitung der Ostgrenzen des Reiches als seine politische Hauptaufgabe. Schon im Jahr 905 hatte ihn sein Vater, Sachsenherzog Otto, mit der Eroberung der Siedlungsgebiete der Daleminzier beauftragt.

Bis zum Jahr 929 gelang König Heinrich I. die Unterwerfung der zwischen Saale und Oder lebenden slawischen Stämme. Ihr Siedlungsgebiet gliederte er in das deutsche Reich ein. Damit stärkte er auch seine Hausmacht, denn nach germanischem Recht waren die eroberten Territorien Königsland.
Im Winter 928/929 besiegte König Heinrich I. die Heveller und eroberte ihre Feste Brennabor (Brandenburg). Im Frühjahr 929 nahm er die Stammesburg der Daleminzier ein - die Burg Gana (am Jahna-Bach beim heutigen Dorf Hof bei Stauchitz gelegen). Alle Männer der slawischen Besatzung ließ er umbringen, die Frauen und Kinder in die Gefangenschaft führen.

Noch in der ersten Hälfte des Jahres 929 begannen die Deutschen mit der Errichtung ihres künftigen Hauptstützpunktes in dem eroberten Land. An die alte Hauptburg der Daleminzier knüpfte man bewußt nicht an. Ein Felsvorsprung zwischen den in die Elbe mündenden Flüßchen Meisa und Triebisch bot die günstigen Voraussetzungen für den Bau der Burg "Misni" oder Meißen, wie sie nach einem der Gewässer benannt wurde.
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Gründung der Burg Meißen durch Heinrich I. Wandgemälde von Anton Dietrich

Die Burg wurde mit einer steinernen Ringmauer mit Ecktürmen versehen, und in der Mitte des Plateaus entstand der berühmte Rote Turm, der auf dem Meißner Wappen bis heute vertreten ist.
Im Jahr 985 wurde der mächtige Markgraf Ekkehard I. Herr über die Markgrafschaft Meißen. Er schaffte es, den Herzog von Böhmen zu seinem unmittelbaren Vasallen zu machen. Außerdem stellte er ein gutes Verhältnis mit Polen her, indem er seinen Bruder mit einer Schwester und seinen Sohn mit einer Tochter des Polenherzogs Bolesław Chrobry verheiratete.
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Bestürmung der Burg Meißen durch Herzog Mieszko Wandgemälde von Anton Dietrich

Ekkehard I. wurde 1002 ermordet; der polnische Herzog Bolesław bemächtigte sich der Burg Meißen. In den folgenden Jahren wogten die Kämpfe hin und her. Als 1029 die Auseinandersetzungen zwischen Polen und Deutschen erneut auflebten und ein deutscher Erfolg zu verzeichnen war, brachte der Friede von Bautzen 1031 das Lausitzer Land wieder fest in den Markenverband zurück. Damit kehrte zunächst Frieden ein.
Im Jahr 1046 taucht zum ersten Male ausdrücklich die Bezeichnung "marchia Misnensis", Mark Meißen, in den schriftlichen Quellen auf. Diese Mark wuchs nun allmählich in den engeren Zusammenhang des deutschen Reiches hinein. Trotz hundert Jahren deutscher Herrschaft hatte sich an der Eigenart von Land und Leuten kaum etwas geändert. Es waren noch immer überwiegend von Sorben bevölkerte Landschaften, in unermeßliche und unerschlossene Waldflächen eingebettet.

Seit 985 hatten die Ekkehardinger das meißnische Markgrafenamt inne. Als sie 1046 ausstarben, folgten ihnen als Regenten zunächst Markgrafen aus dem Hause Weimar-Orlamünde und ab 1067 die Braunschweiger Brunonen. Da sich die Brunonen aber im Investiturstreit gegen den König stellten, erhielt 1089 der Wettiner Heinrich von Eilenburg die Mark Meißen. Von nun an sollte das Land fast ununterbrochen im Besitz der Wettiner bleiben. Als 1075 der Streit zwischen König Heinrich IV. und den sächsischen Großen eskalierte, stand der Meißner Markgraf Ekbert an führender Stelle bei den Gegnern des Königs.

Die Schlacht bei Homburg an der Unstrut, die am 9. Juni 1075 stattfand, war eine der blutigsten des Mittelalters. Achttausend Sachsen und Thüringer sowie eintausendfünfhundert Ritter und Knechte des königlichen Heeres ließen auf dem Schlachtfeld ihr Leben. Aus jenen unruhevollen Zeiten ragt der Name des Grafen Wiprecht von Groitzsch hervor. Im Gegensatz zu den meisten anderen Großen des Reiches hielt er zum König und gründete 1096 das erste Kloster östlich der Saale, des Benediktinerkloster zu Pegau.
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Wiprecht von Groitzsch

Wiprecht von Groitzsch war um 1100 für den meißnisch-sächsischen Raum eine bedeutende Persönlichkeit. Burg und Grafschaft Groitzsch hatte er als Allodialbesitz, also zu vollem Eigentum. Er unterhielt ein gutes Verhältnis zu Wratislaw von Böhmen und heiratete dessen Tochter Judith, die ihm die Landschaft Milska um Bautzen und den Gau Nisan um Dresden einbrachte. Vom deutschen König erhielt er außerdem die Burgen Leisnig und Colditz und nahm von geistlichen Fürsten größere Güter im thüringischen Raum als Lehen. Um 1105 siedelte Wiprecht mainfränkische Bauern bei Lausick an, die den Wald rodeten und eine Menge neuer Dörfer errichteten.
r Cousin Heinrich II., beanspruchte die Markgrafschaft Meißen für sich. Er verband sich mit dem Sachsenherzog Lothar von Süpplingenburg, der gegen Kaiser Heinrich V. rebellierte. So gewann Konrad 1123 die Mark Meißen für sich. Die Grafschaft Eilenburg hingegen fiel an den Askanier Albrecht von Ballenstedt, der als Albrecht der Bär in die Geschichte einging. Nach Wiprechts Tod 1124 erhielt Albrecht der Bär auch noch die Mark Lausitz, gab aber Eilenburg an Konrad von Wettin zurück.

Im darauf folgenden Jahr starb Kaiser Heinrich V. kinderlos. Die deutschen Fürsten, angeführt geistlichen Oberhäuptern, wählten Herzog Lothar von Süpplingenburg als Lothar III. zum König. Konrad hatte auf den richtigen Mann gesetzt. 1135 starb das Haus Groitzsch dann endgültig aus, und die Wettiner erbten große Teile des Groitzscher Besitzes.

Konrad I., bereits Graf von Wettin, Brehna, Eilenburg und Camburg sowie Markgraf von Meißen, erhielt 1136 auch noch die Mark Lausitz und den Gau Nisan. Zu all dem noch gelangte er 1143 in den Besitz der Grafschaften Groitzsch und Rochlitz und wurde Vogt des Reichsklosters Chemnitz. Außerdem wurde er 1148 Vogt des Kloster Gerbstedts und Domvogt von Naumburg. Zusammen mit seinem Bruder Dedo stiftete Konrad 1124 das Augustinerchorherrenstift auf dem Petersberg bei Halle. Eine solche Machtfülle brachte Konrad I. von Wettin den Beinamen "der Große" ein. Als solcher führt er den berühmten Fürstenzug in Dresden an. Im Jahr 1156 entsagte er der weltllichen Macht, vererbte seine umfangreichen Besitzungen an seine Nachkommen und trat als Laienbruder in das Stift auf dem Petersberg ein, wo er kurz darauf starb.

Konrad war vielleicht der erste Meißner Markgraf, der sich ganz bewußt nicht mehr nur als königlicher Beamter verstand. In einer Urkunde nannte er sich selbstbewußt: "Von Gottes Gnaden unter den Fürsten Sachsens alleiniger Besitzer und Schützer der Meißnischen Mark".
Aus dem ursprünglichen Amtsträger der Krone wurde allmählich ein Landesherr, ein "dominus terrae" - ein Begriff, der in den Quellen jener Zeit immer häufiger auftaucht.

Die Schaffung der Grundlagen des späteren meißnischen-(ober)sächsischen Landesstaates war damit jedoch noch nicht vollendet. Man müsste noch berichten, daß der Landesausbau eigentlich erst unter den Nachfolgern Konrads seinen Höhepunkt erreichte. Nun wurden auch die dichtbewaldeten Höhen des Erzgebirges erschlossen, Burgen wie Lauenstein, Frauenstein und Bärenstein sicherten diese Siedlungsbewegung gegen Böhmen hin ab.
Trotzdem kann man jedoch sagen, daß bereits um die Mitte des 12. Jahrhunderts wesentliche Voraussetzungen für die Territorialstaatsbildung der Wettiner geschaffen worden waren.

quellen:
Reinhardt Eigenwill in "Mark Meißen" von Heinz Weise
mark-meissen-1200.de

mfg
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