Im Dienst getötete Grenzer

Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon manudave » 6. Oktober 2010, 14:47

Da ich mehrfach die Zahl 26 in diesem Zusammenhang gehört habe, würden mich mal die Geschichten bzw. Zusammenhänge bezüglich dieser "anderen" Opfer der Grenze interessieren.

Vielleicht kann ja jemand ihm bekannte Fälle beisteuern.
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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon bruno » 6. Oktober 2010, 18:32

david, ich habe mal bei wiki geklaut,
da kommt man auf 31 tote grenzer:

Paul Sager († 10. November 1948)
Gerhard Hofert († 3. August 1949 Schlagbrügge)
Fritz Otto († 1. September 1949 bei Sonneberg (Neusalza-Spremberg))
Siegfried Apportin († 2. Juli 1950 Palingen)
Herbert Liebs († 21. Februar 1951 Pferdsdorf)
Werner Schmidt und Heinz Janello († 2. März 1951 Obersuhl)
Rudolf Spranger († 7. August 1951)
Manfred Portwich († 27. Oktober 1951 Wendehausen)
Ulrich Krohn († 16. Mai 1952 bei Thurow), als Postenführer von seinem fahnenflüchtigen Posten erst niedergeschlagen und dann erschossen.[1] Der Täter wurde 1952 in Lüneburg zu zehn Jahren Jugendstrafe verurteilt.[2]
Helmut Just († 30. Dezember 1952 Berlin)
Waldemar Estel († 3. September 1956 Buttlar)
Jörgen Schmidtchen († 18. April 1962 Griebnitzsee), erschossen von zwei fahnenflüchtigen NVA-Offiziersschülern aus der Flakartillerie-Schule Stahnsdorf)[3]
Manfred Weiss († 19. Mai 1962 Henneberg)
Peter Göring († 23. Mai 1962 Berlin)
Reinhold Huhn († 18. Juni 1962 Berlin)
Rudi Arnstadt († 14. August 1962 Wiesenfeld)
Günter Seling († 30. September 1962 Teltow)
Siegfried Widera († 8. September 1963 Berlin), von Flüchtenden am 23. August 1963 niedergeschlagen.
unbekannter Volkspolizist († 15. September 1964)
Egon Schultz († 5. Oktober 1964 Berlin), irrtümlich erschossen von einem Kameraden bei Entdeckung des Tunnels 57.
Hans-Adolf Scharf († 10. Juni 1966)
Rolf Henniger († 15. November 1968 Klein Glienicke), erschossen von einem flüchtenden Volkspolizisten.
Lutz Meier († 18. Januar 1972 Schierke)
Klaus Peter Seidel und Jürgen Lange († 19. Dezember 1975 Harras), beide erschossen durch den fahnenflüchtigen NVA-Soldaten Werner Weinhold.[4]
Ulrich Steinhauer († 4. November 1980 Schönwalde), als Postenführer von seinem fahnenflüchtigen Posten mit einem Schuss in den Rücken getötet. Die Flucht des Täters gelang, er wurde in West-Berlin 1981 wegen Totschlags zu einer Jugendstrafe von 6 Jahren verurteilt.[5]
Klaus-Peter Braun († 1. August 1981 Rustenfelde)
Eberhard Knospe († 5. Mai 1982 Sommersdorf)
Uwe Dittmann († 22. März 1985 Spichra)
Horst Hnidyk († 3. August 1989)


Klaus-Peter Braun (21.10.1958 - 01.08.1981), Soldat der Grenztruppen der DDR, wurde von seinem Posten-Kameraden bei dessen Flucht erschossen. In der DDR wurde er als Opfer geehrt ohne auf die näheren Umstände seines Todes einzugehen. Er wurde posthum zum Fähnrich befördert
(wiki)
ich war auf der selben kompanie wie klaus peter braun,
darauf werde ich später nochmal genauer eingehen.
bruno
 

Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon manudave » 6. Oktober 2010, 18:38

Ist da nicht irgendwo auch mal einer bei einer Übung mit Granaten...? So in den 80ern - kann das sein?
Irgendwie hab ich da was im Hinterkopf...
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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon exgakl » 6. Oktober 2010, 18:46

manudave hat geschrieben:Ist da nicht irgendwo auch mal einer bei einer Übung mit Granaten...? So in den 80ern - kann das sein?
Irgendwie hab ich da was im Hinterkopf...


1980 Grenzausbildungsregiment 40 "Hilde Choppi" Oranienburg, 1 Toter beim Granatwerferschießen auf Grund techn.Versagen, hat aber nichts mit im Dienst getöteten Grenzer zu tun.
exgakl
 

Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon manudave » 6. Oktober 2010, 18:48

Wenn man da die Grenze ziehen wollte, hast du sicher recht.

Ich nehme mal an, dass es kaum eine Statistik über Tote aus Manövern gibt...?
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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon exgakl » 6. Oktober 2010, 18:50

manudave hat geschrieben:Wenn man da die Grenze ziehen wollte, hast du sicher recht.

Ich nehme mal an, dass es kaum eine Statistik über Tote aus Manövern gibt...?


Es ging doch um im Dienst getötete Grenzer oder hab ich da was verkehrt gelesen? Dienst heisst für mich Dienst an der Staatsgrenze.
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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon augenzeuge » 6. Oktober 2010, 18:51

Gibt eine gute Seite dazu:
http://home.snafu.de/veith/ehrenhai.htm

AZ
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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon manudave » 6. Oktober 2010, 18:54

exgakl hat geschrieben:
manudave hat geschrieben:Wenn man da die Grenze ziehen wollte, hast du sicher recht.

Ich nehme mal an, dass es kaum eine Statistik über Tote aus Manövern gibt...?


Es ging doch um im Dienst getötete Grenzer oder hab ich da was verkehrt gelesen? Dienst heisst für mich Dienst an der Staatsgrenze.


Naja - ein Manöver oder eine Übung macht man ja auch nicht in der Freizeit.

Hätte ich den Thread lieber "Getötete Grenzer" nennen und damit alle Möglichkeiten offen lassen sollen?
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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon manudave » 6. Oktober 2010, 18:56

Naja Jörg,

die Bilder und deren Namen sind hilfreich.

Wenn ich die Erklärungen z.B. beim Fall Arnstadt lese - naja... [mundzu]
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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon augenzeuge » 6. Oktober 2010, 19:03

manudave hat geschrieben:Naja Jörg,

die Bilder und deren Namen sind hilfreich.

Wenn ich die Erklärungen z.B. beim Fall Arnstadt lese - naja... [mundzu]


Ich weiß, die Erklärungen sind mal wieder Propaganda.......aber ich überlese den Quatsch einfach. [grins]
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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon manudave » 6. Oktober 2010, 19:08

Erstaunlich viele Fälle in den 50/60ern - obwohl die Grenze doch noch weniger gut gesichert war - gegenüber den späteren Jahren.
Was könnte dafür eine Erklärung sein...?
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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon SkinnyTrucky » 6. Oktober 2010, 20:38

manudave hat geschrieben:Naja - ein Manöver oder eine Übung macht man ja auch nicht in der Freizeit.


Naja, vielleicht ein wenig offtoppic....aber man sagte in der DDR, das es im Laufe der Ausbildung bei der normalen Armee zu 1-2 % tötlichen Unfällen kam.....halt bei den Mot-Schützen und so....

Keine Ahnung wie es an der Grenze war....auch kam bei uns bei der DDR-Airforce kaum einer um....ja später als Strahlenofper, aber da gibt es keine Statistiken von.....

fijne avond

Mara
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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon karl143 » 6. Oktober 2010, 22:38

manudave hat geschrieben:Erstaunlich viele Fälle in den 50/60ern - obwohl die Grenze doch noch weniger gut gesichert war - gegenüber den späteren Jahren.
Was könnte dafür eine Erklärung sein...?


David, die Erklärung liegt einfach darin, das in dieser Zeit noch keine richtige Grenzbefestigungen vorhanden waren. Der Grenzverlauf war in vielen Gegenden unübersichtlich, dazu kam die damalige Zeit. Es gab bewaffnete Schleuser, du wußtest als Grenzer (Ost und West) nie, wer dir gegenüberstand. Insofern hat die befestigte Grenze ab Anfang der 60er Jahre für mehr Sicherheit wenigstens bei den Grenzern (auch Ost und West) gesorgt.

Auf der Snafu Seite die haben schon eine komische Art zu rechnen. Da wird unterteilt in fahnenflüchtige Grenzer, und fahnenflüchtige NVA Angehörige. Von 1961 bis 1973 waren die GT als “Kommando Grenze” Bestandteil der Nationalen Volksarmee (NVA). Da gibt es keinen Unterschied. Es war zwar nicht die Ausgangsfrage, aber dennoch fällt auf, das der überwiegende Teil der getöteten Grenzer von eigenen Kameraden umgebracht wurden. Was natürlich an der Tragik nichts ändert. Ich frage mich nur ernsthaft, wie hat die Staatsführung diesen Umstand immer der Bevölkerung verkauft?
karl143
 

Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon exgakl » 7. Oktober 2010, 06:11

manudave hat geschrieben:
exgakl hat geschrieben:
manudave hat geschrieben:Wenn man da die Grenze ziehen wollte, hast du sicher recht.

Ich nehme mal an, dass es kaum eine Statistik über Tote aus Manövern gibt...?


Es ging doch um im Dienst getötete Grenzer oder hab ich da was verkehrt gelesen? Dienst heisst für mich Dienst an der Staatsgrenze.


Naja - ein Manöver oder eine Übung macht man ja auch nicht in der Freizeit.

Hätte ich den Thread lieber "Getötete Grenzer" nennen und damit alle Möglichkeiten offen lassen sollen?



für mich macht es schon einen Unterschied ob jemand in Ausführung seines Dienstes entweder durch einen Flüchtling, von weslicher Seite oder durch einen Fahnflüchtigen ermordet wurde oder ob jemand durch einen Unfall ums Leben kam bzw. besoffen von einem Fuhrwerk überrollt wurde.
Diesen Unterschied zu erkennen dürfte ja nicht so schwierig sein.
Sollten in diesem Thread alle Fälle Inhalt sein, dann macht er mMn keinen Sinn und verhunzt auch das Andenken der im Dienst getöteten.
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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon exgakl » 7. Oktober 2010, 08:52

bruno hat geschrieben:david, ich habe mal bei wiki geklaut,
da kommt man auf 31 tote grenzer:

Paul Sager († 10. November 1948)
Gerhard Hofert († 3. August 1949 Schlagbrügge)
Fritz Otto († 1. September 1949 bei Sonneberg (Neusalza-Spremberg))
Siegfried Apportin († 2. Juli 1950 Palingen)
Herbert Liebs († 21. Februar 1951 Pferdsdorf)
Werner Schmidt und Heinz Janello († 2. März 1951 Obersuhl)
Rudolf Spranger († 7. August 1951)
Manfred Portwich († 27. Oktober 1951 Wendehausen)
Ulrich Krohn († 16. Mai 1952 bei Thurow), als Postenführer von seinem fahnenflüchtigen Posten erst niedergeschlagen und dann erschossen.[1] Der Täter wurde 1952 in Lüneburg zu zehn Jahren Jugendstrafe verurteilt.[2]
Helmut Just († 30. Dezember 1952 Berlin)
Waldemar Estel († 3. September 1956 Buttlar)
Jörgen Schmidtchen († 18. April 1962 Griebnitzsee), erschossen von zwei fahnenflüchtigen NVA-Offiziersschülern aus der Flakartillerie-Schule Stahnsdorf)[3]
Manfred Weiss († 19. Mai 1962 Henneberg)
Peter Göring († 23. Mai 1962 Berlin)
Reinhold Huhn († 18. Juni 1962 Berlin)
Rudi Arnstadt († 14. August 1962 Wiesenfeld)
Günter Seling († 30. September 1962 Teltow)
Siegfried Widera († 8. September 1963 Berlin), von Flüchtenden am 23. August 1963 niedergeschlagen.
unbekannter Volkspolizist († 15. September 1964)
Egon Schultz († 5. Oktober 1964 Berlin), irrtümlich erschossen von einem Kameraden bei Entdeckung des Tunnels 57.
Hans-Adolf Scharf († 10. Juni 1966)
Rolf Henniger († 15. November 1968 Klein Glienicke), erschossen von einem flüchtenden Volkspolizisten.
Lutz Meier († 18. Januar 1972 Schierke)
Klaus Peter Seidel und Jürgen Lange († 19. Dezember 1975 Harras), beide erschossen durch den fahnenflüchtigen NVA-Soldaten Werner Weinhold.[4]
Ulrich Steinhauer († 4. November 1980 Schönwalde), als Postenführer von seinem fahnenflüchtigen Posten mit einem Schuss in den Rücken getötet. Die Flucht des Täters gelang, er wurde in West-Berlin 1981 wegen Totschlags zu einer Jugendstrafe von 6 Jahren verurteilt.[5]
Klaus-Peter Braun († 1. August 1981 Rustenfelde)
Eberhard Knospe († 5. Mai 1982 Sommersdorf) Eberhard Knospe wurde durch seinen Posten K.Decker ermordet, Decker bekam für den Mord in der Bundesrepublik eine Jugendstrafe von 5 Jahren!
Uwe Dittmann († 22. März 1985 Spichra)
Horst Hnidyk († 3. August 1989)


Klaus-Peter Braun (21.10.1958 - 01.08.1981), Soldat der Grenztruppen der DDR, wurde von seinem Posten-Kameraden bei dessen Flucht erschossen. In der DDR wurde er als Opfer geehrt ohne auf die näheren Umstände seines Todes einzugehen. Er wurde posthum zum Fähnrich befördert
(wiki)
ich war auf der selben kompanie wie klaus peter braun,
darauf werde ich später nochmal genauer eingehen.


Ich hab mir mal erlaubt in die Liste eine Ergänzung einzufügen...

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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon karl143 » 7. Oktober 2010, 09:08

@ Karsten,
Decker wurde nicht wegen Mord sonder wegen Totschlag verurteilt. Er ist also kein Mörder. Wenn wir diesen Maßstab bei Mauerschützenprozessen anlegen, sollten wir das hier auch tun. Außerdem wurde Decker von einer Jugendkammer verurteilt, daher auch die geringe (relativ) Strafe. Das war und ist in der Bundesrepublik in diesem Alter durchaus üblich und wurde nicht nur bei Decker wegen dem Umstand angewandt, das er aus der DDR floh und dabei die Straftat beging.

Wenn ich mir Prozesse um Mauerschützen ansehe, erscheinen mir auch viele Strafen als zu gering. Es kommt immer auf die Betrachtungsweise an. Fakt ist aber, er wurde von einem unabhängigen Gericht verurteilt. Auch für mich ist das ein tragischer und unnötiger Tod an der Grenze, wie jeder Tod an der Grenze übrigens!
karl143
 

Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon exgakl » 7. Oktober 2010, 09:26

karl143 hat geschrieben:@ Karsten,
Decker wurde nicht wegen Mord sonder wegen Totschlag verurteilt. Er ist also kein Mörder. Wenn wir diesen Maßstab bei Mauerschützenprozessen anlegen, sollten wir das hier auch tun. Außerdem wurde Decker von einer Jugendkammer verurteilt, daher auch die geringe (relativ) Strafe. Das war und ist in der Bundesrepublik in diesem Alter durchaus üblich und wurde nicht nur bei Decker wegen dem Umstand angewandt, das er aus der DDR floh und dabei die Straftat beging.

Wenn ich mir Prozesse um Mauerschützen ansehe, erscheinen mir auch viele Strafen als zu gering. Es kommt immer auf die Betrachtungsweise an. Fakt ist aber, er wurde von einem unabhängigen Gericht verurteilt. Auch für mich ist das ein tragischer und unnötiger Tod an der Grenze, wie jeder Tod an der Grenze übrigens!



Moin Karl, [hallo]

teilweise gebe ich Dir da Recht. Republikflucht war in der BRD kein Straftatsbestand. Allerdings weise ich in dem Zusammenhang darauf hin, das auch Fahnenfluchten in der BRD als Straftat galten und gelten. In diesem Zusammenhang sehe ich das Urteil doch mit sehr gemischten Gefühlen.
Im ersten MAuerschützenprozess (Gueffroy) wurde zwei Soldaten auf Bewährung verurteil und der Hauptangeklagte zu 4 Jahren Haft. Dieses Urteil wurde durch das Bundesverfassungsgericht wieder aufgehoben da der Soldat nur auf Befehl gehandelt hat, er stand in der Hierarchie ganz unten.
Welchen Befehl hatten denn Decker am 05.05.1982? Bestimmt nicht seinen Postenführer zu erschießen!


VG exgakl
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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon manudave » 7. Oktober 2010, 11:11

Karl,

ohne den Fall genau zu kennen, halte ich ein Erschiessen des Postenführers für eine geplante Tat - und ist - zumindest moralisch gesehen - Mord.
Ob ein Gericht damals auf Rechtsbeihilfe aus der DDR zurückgreifen konnte, halte ich für fraglich. Deshalb sind ja viele Prozesse gegen solche Täter eher auf Indizien gestützt gewesen - auch deshalb in einigen Fällen milde Strafen.

P.S.

Als angemessenen Straftatbestand für Grenzer, welche Flüchtlinge erschossen haben, sehe ich eher "Totschlag". Das gewollte und geplante Erschiessen des Flüchtlings kann man wohl den wenigsten unterstellen.
Ist aber eher OT - deshalb nur die zwei kurzen Sätze dazu.
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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon karl143 » 7. Oktober 2010, 14:46

David,
ich bin kein Richter. Ich hatte nur geschrieben ... er wurde wegen Totschlag und nicht wegen Mord verurteilt. Außerdem wurde er nach dem Jugendstrafrecht angeklagt. Das sollte keine Verteidigung für i h n sein, sondern eine Begründung für die milde Strafe sein.

Ob jetzt Republikflucht ein Straftatbestand in der Bundesrepublik war oder nicht (er war es nicht !) spielte bei der Strafzumessung natürlich keine Rolle. Da ging es nur um das Tötungsdelikt. Im Nachbarkreis hat letztes Jahr ein 20 jähriger einen Mitschüler mit dem Messer umgebracht. Ich kann mich erinnern, der hat irgendwas mit 4,5 Jahren bekommen. Das ist also ungefähr dieselbe Länge.
karl143
 

Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon Asso » 18. Oktober 2010, 17:07

Meiner Meinung war die Tötung an E.Knospe durch K.Decker Mord .
SD534617.JPG
SD534618.JPG
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
Asso
 

Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon Asso » 18. Oktober 2010, 17:22

Das Wirpketahl wo Eberhard starb,früher und heute .Im alten Bild ist noch die Freileitung der Kohlebahn zu sehen .Zum Zeitpung am 04.05.82 stand nur der BT11.
db_024_Index14.jpg
SD534474.JPG
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
Asso
 

Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon LO-driver » 19. Oktober 2010, 17:41

Hier drei Bilder von der Begehung am 2. Oktober 2010 im Sommersdorfer Gebiet. Im ersten Bild, soll die Kuhle des Ereignisses sein?!

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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon karl143 » 19. Oktober 2010, 20:30

Schade das Asso kurz nach unserer Grenzbegehung zu uns gestoßen ist. Ihm hätte es sicherlich auch Spaß gemacht und für uns wäre seine Ortskenntnis eine Bereicherung gewesen.
karl143
 

Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon CaptnDelta » 20. Oktober 2010, 06:21

manudave hat geschrieben:ohne den Fall genau zu kennen, halte ich ein Erschiessen des Postenführers für eine geplante Tat - und ist - zumindest moralisch gesehen - Mord.

Man kann diese Faelle in allen moeglichen Kategorien sehen: moralisch, militaerisch, religioes: was im Endeffekt zaehlt, ist die juristische Kategorie, welche sich im Paragraph 211 (2) ausdrueckt.

manudave hat geschrieben:Ob ein Gericht damals auf Rechtsbeihilfe aus der DDR zurückgreifen konnte, halte ich für fraglich. Deshalb sind ja viele Prozesse gegen solche Täter eher auf Indizien gestützt gewesen - auch deshalb in einigen Fällen milde Strafen.
Auch ein Indizienprozess kann auf Mord plaedieren, solage die Indizien die Mordmerkmale nachweisen koennen. Ausserdem kann eine Mord-Verurteilung trotzdem zu einer relativ geringen Strafe fuehren, siehe Urteil von Rudolf Mueller

manudave hat geschrieben:Als angemessenen Straftatbestand für Grenzer, welche Flüchtlinge erschossen haben, sehe ich eher "Totschlag". Das gewollte und geplante Erschiessen des Flüchtlings kann man wohl den wenigsten unterstellen.
Ist aber eher OT - deshalb nur die zwei kurzen Sätze dazu.
Siehst Du das im Falle des (juristischen) Mordes an Walter Kittel genauso?

Ich glaube, man sollte bei den Einzelfaellen bleiben, und nicht Pi x Daumen diese Prozesse verdurchschnittlichen.
-Th
..Totalitarianism does not mean that such regimes in fact exercise total control over their people, it means rather that such control is in their aspiration.
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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon Feldwebel88 » 20. Oktober 2010, 08:45

richtig,asso zu deiner zeit stand da ein bt 11 .zu meiner zeit stand da ein bt 9. 5meter rechts davon war ein hölzerner unterstand gebaut worden und nochmal 5-10 meter weiter war der sogenannte ,,eisbunker,,(siehe 1. bild von lo-driver) wo knospe erschossen wurde.so wurde es uns damals erzählt.

oder ist knospe direkt am b-turm erschossen wurden?

karl kann bestimmt noch ein foto vom bau des bt-9 einfügen.

mfg heiko
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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon Asso » 20. Oktober 2010, 19:07

Zur meiner Zeit war die kleine Vertiefung oder Kuhle genau an der Stelle wo der neue Turm BT9 stand,das war unsere Nachtstellung.Der BT11 stand in Richtung Grenze lings vom BT9 .Das mit Eberhard K. geschah eine Woche nach meiner Entlassung und ich hatte noch Brieflich Konntakt mit einen Zimmerkollegen. Der schrieb mir das man Eberhard morgens beim Schichtwechsel dort in dieser Stellung Tot aufgefunden hat . Ich nehme an das die Kuhle eher vom Fundarment des BT stammt. Außerdem gibt es noch Grenzbilder bei wofgangroehl.de wo noch ein Bild vom Wirpketahl ist wo der neue Turm im Bau ist und der alte BT noch steht.
Man konnte von dieser Stellung aus das Gleis und den Kolonenweg gut übersehen und dieses Stück war auch mit Straßenlampen ausgeleuchtet.
Asso
 

Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon Zermatt » 20. Oktober 2010, 20:22

Als E. Honecker nach seinem Sturtz im Oktober 89 später im sowjetischen Militärhospital in Beelitz war,hatten die Ostberliner Schriftsteller R.Andert und W.Herzberg Gelegenheit,mit ihm zu sprechen.Auf die Frage,ob es ihm leid tue,dass über zweihundert Menschen an Mauer und Grenze getötet worden sind,sagte er:
Mir tuen unsere 25 Genossen leid,die meuchlings an der Grenze ermordet wurden.Entsprechende Ersuche von uns an die damalige Rgierung der Bundesrepublik,diese Leute an uns auszuliefern,wurden negativ beantwortet.
Zu den toten Flüchtlingen äussert er sich nicht.
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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon Asso » 20. Oktober 2010, 23:04

Ich hätte keine andere Antwort von Erich H. erwartet .
Aber meine Meinung ist das jeder Tote oder jeder Verletzte und auch in welcher Form durch dieser Grenze geschädigte Mensch zuviel ist .
Im meinen Fall kannte ich E.Knospe und habe Wut auf K.Decker .Aber was währe wenn ich einen Bekannten oder Verwanten durch die Grenze verloren hätte der diesen Staat verlassen wollte? Dan hätte ich bestimmt auch Wut auf den Grenzer und mich gefragt warum er nicht daneben geschoßen hat .

Asso !
Asso
 

Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon karl143 » 21. Oktober 2010, 08:43

Asso,
das Ganze ist verständlich. Ich verurteile den Schützen der den Flüchtlin erschoss genauso, wie den Schützen, der seinen Kameraden erschoss, um zu fliehen. Das es auch anders ging, dafür gibt es ja auch Beispiele. Wie schon oft geschrieben, jeder Tote hinterließ Leid, Trauer und eine Leere besonders in der eigenen Famlie. Jeder dieser Fälle beinhaltet auch eine eigene Tragik, weil jeder Fall anders geartet war. Und wenn man dann auch noch eine "Nähe" zu so einem Vorfall hat, dann hinterläßt das natürlich ganz andere Spuren.
karl143
 

Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon augenzeuge » 21. Oktober 2010, 18:37

Mal ne Frage zu Egon Schulz.

Die Seite: http://home.snafu.de/veith/ehrenhai.htm
schreibt zu seinem Tod folgendes:

"Es ist zweifelsfrei erwiesen, daß der Schleuser C. Z. zuerst schoß, um sich und R. F. (späterer BRD-Astronaut) der Festnahme zu entziehen. Dabei traf Z. den Unteroffizier in den Brustbereich. Die tödliche Kugel hatte - lt. Obduktionsbericht von Prof. Dr. Dr. hc. mult. Prokop - das Kaliber 7,65 mm. Die MPis der DDR-Grenzer hatten das Kaliber 7,62 mm ... Die Tat blieb ungesühnt."

Damit widerspricht sie der Tatsache, dass Schulz von eigenen Kameraden versehentlich erschossen wurde, was die DDR von Anfang an wußte.

Welche Waffe hat das Kaliber 4,65 mm? Wer weiß etwas dazu? Oder ist alles nur eine ideologische Lüge?

AZ
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