Im Dienst getötete Grenzer

Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon Merkur » 27. Oktober 2018, 13:54

augenzeuge hat geschrieben: Damals schenkte sich keine Seite etwas!
AZ


Sehr richtig. Und wenn man Deine Erkenntnis grundsätzlich berücksichtigt hätte, wäre die gesamte DDR-Aufarbeitung wesentlich ehrlicher gestaltet worden.
Selbstverständlich muss jeder seine individuelle Sicht bzw. Meinung haben und schreiben. Quelle: Augenzeuge.
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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon Ari@D187 » 27. Oktober 2018, 14:41

augenzeuge hat geschrieben:Der Irrtum, dem Ari hier folgt ist, dass er eine Notwehrsituation nicht erkennt. Für ihn würde sie erst entstehen, wenn die GT zuerst geschossen hätten. Aber genau die Notwehrsituation gab es. [...]

Unglaublich, was Du hier schreibst. Zobel erkannte nicht einmal auf wen er schoß und er wurde nicht angegriffen. Bitte informiere Dich über den Begriff Notwehr.

augenzeuge hat geschrieben:Wer weiß, dass Leute, die unbeweglich im Stacheldraht hingen, unter den Augen der Öffentlichkeit erschossen wurden, der weiß auch, welche Zeit, welcher Hass, damals im kalten Krieg herrschte.

Man hätte die Leute erschossen, und man wäre dafür öffentlich belobigt wurden. Damals schenkte sich keine Seite etwas! Wer in dieser Situation steckt, der will es nicht drauf ankommen lassen, der handelt.

AZ

Er hatte zudem noch die Möglichkeit sich zu erkennen zu geben und sich zu ergeben. Er hatte in diesem Hof nichts zu suchen, schon gar nicht bewaffnet mit scharfer Schußwaffe und sie zu benutzen erst recht nicht.

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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon augenzeuge » 27. Oktober 2018, 14:44

Wenn man von der Richtigkeit überzeugt ist, den Flüchtlingen zu helfen, Angst hat, dann ist es für ihn speziell Notwehr. Es lag keine Absicht vor, jemanden direkt zu erschießen. Die Handlung war allein seiner Angst und Sorge geschuldet.
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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon augenzeuge » 27. Oktober 2018, 14:46

er hatte zudem noch die Möglichkeit sich zu erkennen zu geben und sich zu ergeben. 


Ari, zu dieser Zeit? Ich bezweifle das stark.
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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon Grenzwolf62 » 27. Oktober 2018, 14:48

augenzeuge hat geschrieben:Der Irrtum, dem Ari hier folgt ist, dass er eine Notwehrsituation nicht erkennt. Für ihn würde sie erst entstehen, wenn die GT zuerst geschossen hätten. Aber genau die Notwehrsituation gab es. Wer weiß, dass Leute, die unbeweglich im Stacheldraht hingen, unter den Augen der Öffentlichkeit erschossen wurden, der weiß auch, welche Zeit, welcher Hass, damals im kalten Krieg herrschte.

Man hätte die Leute erschossen, und man wäre dafür öffentlich belobigt wurden. Damals schenkte sich keine Seite etwas! Wer in dieser Situation steckt, der will es nicht drauf ankommen lassen, der handelt.

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Mit unbeweglich im Stacheldraht hängen und dabei erschossen worden, meinst du da Peter Fechter?
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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon augenzeuge » 27. Oktober 2018, 15:00

Nein. Da gab es z. B einen Joachim Mehr. Findest Du im Forum
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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon Grenzwolf62 » 27. Oktober 2018, 15:08

augenzeuge hat geschrieben:Nein. Da gab es z. B einen Joachim Mehr. Findest Du im Forum
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Gerade die Suche bemüht, da kommen 1000 Einträge zu "Joachim" und "Mehr".
Der Fall würde mich als ehemaligen entmenschten Mörder interessieren, hättest du netterweise einen direkten Link?
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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon augenzeuge » 27. Oktober 2018, 15:19

Wer das Verhalten analysiert, glaubt nicht mehr daran, dass man sich ergeben konnte.

Aus 20 Metern Entfernung eröffnen sie das Feuer auf den am Boden liegenden Flüchtling. Durch die Schüsse aufmerksam geworden, nimmt auch ein dritter Grenzposten den 19-Jährigen, der sich längst hoffnungslos im Stacheldraht verfangen hat

viewtopic.php?f=187&t=11498&p

Der Fall Joachim Mehr
Verletzt vor dem Stacheldraht liegender von AGT erschossen

viewtopic.php?f=138&t=6667&p=140610

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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon Grenzwolf62 » 27. Oktober 2018, 15:25

augenzeuge hat geschrieben:Wer das Verhalten analysiert, glaubt nicht mehr daran, dass man sich ergeben konnte.

Aus 20 Metern Entfernung eröffnen sie das Feuer auf den am Boden liegenden Flüchtling. Durch die Schüsse aufmerksam geworden, nimmt auch ein dritter Grenzposten den 19-Jährigen, der sich längst hoffnungslos im Stacheldraht verfangen hat

viewtopic.php?f=187&t=11498&p

Der Fall Joachim Mehr
Verletzt vor dem Stacheldraht liegender von AGT erschossen

viewtopic.php?f=138&t=6667&p=140610

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Okay, danke.
Solche ohne Zweifel schlimmen Dinge, basieren weitestgehend auf menschliches Versagen, die befohlene Richtlinie war, logischerweise, Festnahme vor Tötung.
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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon Beethoven » 28. Oktober 2018, 16:04

Grenzwolf62 hat geschrieben:[ … die befohlene Richtlinie war, logischerweise, Festnahme vor Tötung.


Na mein lieber Grenzwolf, das glaubt Dir hier keiner, außer ein paar "ewig Gestrige", wie z.B. ich, der um die Schußwaffenanwendungsordnung der DDR weiß. [hallo]

Zu meinem größten bedauern und das ist vermutlich nicht mehr zu leugnen, gab es eben auch Verfehlungen die sicherlich oft dem hohen Adrenalienpegel und der ungenügenden Abgeklärtheit der jungen Grenzer der DDR geschuldet war. Und es gab sicher auch ein paar Blödköppe mit höherem Dienstgrad die man eigentlich nur noch als dämlicher Mordbuben bezeichnen kann. Aber solche gibt es eben in vielen Staaten dieser Erde. Wie oft hörten wir von Todesschüssen der Polizei. Selbst heute werden in Staaten die sich demokratisch bezeichnen, Menschen in sinnloser Weise von den Machtorganen erschossen.

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Das Gesetz ändert sich, die Gesinnung nicht.
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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon augenzeuge » 28. Oktober 2018, 16:23

Beethoven hat geschrieben:Zu meinem größten bedauern und das ist vermutlich nicht mehr zu leugnen, gab es eben auch Verfehlungen die sicherlich oft dem hohen Adrenalienpegel und der ungenügenden Abgeklärtheit der jungen Grenzer der DDR geschuldet war. Und es gab sicher auch ein paar Blödköppe mit höherem Dienstgrad die man eigentlich nur noch als dämlicher Mordbuben bezeichnen kann. Aber solche gibt es eben in vielen Staaten dieser Erde. Wie oft hörten wir von Todesschüssen der Polizei. Selbst heute werden in Staaten die sich demokratisch bezeichnen, Menschen in sinnloser Weise von den Machtorganen erschossen.

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Das ist alles richtig, Beethoven. Aber wieso musste man dann die sogenannten "dämlichen Mordbuben" danach noch offiziell belobigen bzw. auszeichnen?
War das nicht ein noch größerer Fehler, der ähnlich gepolten Leuten erneut Aufwind brachte?

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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon steffen52 » 28. Oktober 2018, 17:34

augenzeuge hat geschrieben:
Beethoven hat geschrieben:Zu meinem größten bedauern und das ist vermutlich nicht mehr zu leugnen, gab es eben auch Verfehlungen die sicherlich oft dem hohen Adrenalienpegel und der ungenügenden Abgeklärtheit der jungen Grenzer der DDR geschuldet war. Und es gab sicher auch ein paar Blödköppe mit höherem Dienstgrad die man eigentlich nur noch als dämlicher Mordbuben bezeichnen kann. Aber solche gibt es eben in vielen Staaten dieser Erde. Wie oft hörten wir von Todesschüssen der Polizei. Selbst heute werden in Staaten die sich demokratisch bezeichnen, Menschen in sinnloser Weise von den Machtorganen erschossen.

Freundlichst


Das ist alles richtig, Beethoven. Aber wieso musste man dann die sogenannten "dämlichen Mordbuben" danach noch offiziell belobigen bzw. auszeichnen?
War das nicht ein noch größerer Fehler, der ähnlich gepolten Leuten erneut Aufwind brachte?

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Sie hatten doch ihre Aufgabe erfüllt, GV blieb im Land, Fluchtversuch verhindert. Das gestellte Ziel wurde erreicht., in den Augen der hohen Dienstgrade. Traurig aber halt wahr. [frown]
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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon Grenzwolf62 » 28. Oktober 2018, 23:08

augenzeuge hat geschrieben:
Beethoven hat geschrieben:Zu meinem größten bedauern und das ist vermutlich nicht mehr zu leugnen, gab es eben auch Verfehlungen die sicherlich oft dem hohen Adrenalienpegel und der ungenügenden Abgeklärtheit der jungen Grenzer der DDR geschuldet war. Und es gab sicher auch ein paar Blödköppe mit höherem Dienstgrad die man eigentlich nur noch als dämlicher Mordbuben bezeichnen kann. Aber solche gibt es eben in vielen Staaten dieser Erde. Wie oft hörten wir von Todesschüssen der Polizei. Selbst heute werden in Staaten die sich demokratisch bezeichnen, Menschen in sinnloser Weise von den Machtorganen erschossen.

Freundlichst


Das ist alles richtig, Beethoven. Aber wieso musste man dann die sogenannten "dämlichen Mordbuben" danach noch offiziell belobigen bzw. auszeichnen?
War das nicht ein noch größerer Fehler, der ähnlich gepolten Leuten erneut Aufwind brachte?

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Sehe es mal umgekehrt, hätte man übertriebenen Schusswaffeneinsatz bestraft, was wäre das denn für ein Signal gewesen?
Da machte man lieber die Belobigung.
Allein wenn du dich an die eindeutigen Befehle gehalten hast, also im schlimmsten Fall nur parallel zur Grenzlinie feuern, kamst du eigentlich nicht in die Verlegenheit jemanden erschießen zu müssen.
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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon augenzeuge » 29. Oktober 2018, 08:34

hätte man übertriebenen Schusswaffeneinsatz bestraft, was wäre das denn für ein Signal gewesen?


Das man die eigenen Gesetze versucht einzuhalten. Wer heute bei der Polizei ist, gegen Gesetze verstößt, bekommt auch keine Belobigung.

steffen52 hat geschrieben: Das gestellte Ziel wurde erreicht.
Gruß steffen52

Nein, wurde es nicht. Denn dadurch offenbarte die DDR international ihre eigene Unfähigkeit. Diese wirkte länger. Es war nie Ziel der DDR, Leute, die sich im Stacheldraht verfangen hatten, darin zu ermorden.

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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon Ari@D187 » 20. Januar 2019, 15:21

augenzeuge hat geschrieben:Mal ne Frage zu Egon Schulz.

Die Seite: http://home.snafu.de/veith/ehrenhai.htm
schreibt zu seinem Tod folgendes:

"Es ist zweifelsfrei erwiesen, daß der Schleuser C. Z. zuerst schoß, um sich und R. F. (späterer BRD-Astronaut) der Festnahme zu entziehen. Dabei traf Z. den Unteroffizier in den Brustbereich. Die tödliche Kugel hatte - lt. Obduktionsbericht von Prof. Dr. Dr. hc. mult. Prokop - das Kaliber 7,65 mm. [...]

Prokop schreibt von "dem in der Unterhose gefundenen Projektil". Und dieses hatte er mit 7,6 mm angegeben/gemessen. Ggf. wurde mit einer Schieblehre (Meßschieber) und nicht mit einem Mikrometer (Bügelmeßschraube) gemessen.

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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon Interessierter » 18. April 2020, 09:42

Frank Abel - Durch Fahrlässigkeit getötet

Als der Waffenunteroffizier der Grenzkompanie Oebisfelde aus Übermut eine Pistole auf Frank Abel richtete, löste sich ein Schuss. Abel erlag Stunden später seinen Verletzungen im Kreiskrankenhaus Gardelegen.


geboren am 5. Juli 1959 in Stendal
tödlich verletzt durch fahrlässigen Gebrauch der Schusswaffe am 16. August 1980, gestorben am 17. August 1980
Ort des Zwischenfalls: Kaserne der Grenzkompanie Oebisfelde (Sachsen-Anhalt)


Nach dem Grenzeinsatz übergab der Offizier für Grenzaufklärung in der Waffenkammer der Grenzkompanie Oebisfelde seine Pistole Makarow dem Waffenunteroffizier Michael Sch. zur Reinigung. Wenig später, gegen 14.00 Uhr kehrten mehrere Posten vom Grenzeinsatz zurück und lieferten ebenfalls ihre Waffen ab. Frank Abel übergab als letzter seine Maschinenpistole dem Waffenunteroffizier. Der ledige Wehrdienstleistende gehörte seit Februar 1979 den Grenztruppen an. Als Michael Sch. ihm den Rücken zuwandte, versuchte Abel ihm einen Streich zu spielen, indem er die Gittertür zur Waffenkammer schloss und Anstalten machte, sie mit dem Schnappschloss zu verriegeln.

Sch. drehte sich um und nahm Abel das Schloss aus der Hand. Dann nahm er die Pistole des Offiziers für Grenzaufklärung, mit deren Reinigung er zuvor beschäftigt war, vom Tisch. Er richtete sie auf Abel, der sich etwa zwei bis drei Meter von der Gittertür entfernt hatte und äußerte, er solle bloß nicht noch einmal versuchen, ihn einzuschließen. In der Meinung, die Waffe sei entladen, betätigte er den Abzug. Ein Schuss fiel, der Frank Abel in der Magengegend traf. Nach seiner Überführung in das Kreiskrankenhaus Gardelegen stellten die Ärzte multiple Organ- und Gefäßverletzungen an Nieren, Milz und Darmtrakt fest. All ihre Bemühungen, den 21-jährigen Grenzsoldaten am Leben zu halten, blieben vergebens. Frank Abel starb am frühen Morgen des 17. August 1980.

Michael Sch. beteuerte später, er habe die Pistole aus Spaß erhoben und zur Bekräftigung seiner spaßhaft gemeinten Drohung den Abzug betätigt. Da er vorher beim Reinigen den Verschluss der Pistole durchgezogen hatte, ohne das Magazin zu entfernen, löste sich der verhängnisvolle Schuss. Die Militärstaatsanwaltschaft des Grenzkommandos Nord leitete ein Ermittlungsverfahren gegen Michael Sch. ein und verfügte seine sofortige disziplinare Bestrafung mit zehn Tagen Arrest. Andere Grenzsoldaten aus der Kompanie sagten bei ihrer Zeugenvernehmung aus, Michael Sch. habe schon öfter „aus Spaß“ mit der Waffe auf Kameraden gezielt.

Das Militärgericht Magdeburg, Sitz Stendal, verurteilte ihn im Oktober 1980 wegen fahrlässiger Tötung im schweren Fall zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Das Militärobergericht in Berlin hob auf Kassationsantrag des Militärstaatsanwalts Königs Wusterhausen das Urteil auf, da es in seiner Höhe nicht der Tatschwere gerecht werde. Nach erneuter Verhandlung verurteilte das Militärgericht Magdeburg Michael Sch. im Mai 1981 zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten.

https://www.fu-berlin.de/sites/fsed/Das ... index.html
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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon Werner Thal » 18. April 2020, 11:58

Mit einer Waffe auf Menschen zu zielen, nur so aus Spaß an der Freud´ - einfach abartig! Aber solche
Typen hat’s wohl immer schon gegeben. Und hinterher sich vor einer Verantwortung drücken,
und sich vor Gericht mit dummen Argumenten herausreden. Eine Charakterfrage!

W. T.
Wer einen Rechtschreibfehler findet, darf ihn behalten.
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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon augenzeuge » 25. Mai 2024, 11:22

Zum Fall Egon Schultz
Bevor Pentium meckert, ja, wir hatten das so noch nicht dokumentiert.

Die Staatssicherheit bekommt davon Wind und sucht fieberhaft nach dem Tunnel. Als Hauptmann Rudolf S. und ein Kollege gegen Mitternacht das Haus in der Strelitzer Straße betreten, wissen sie noch nicht, wie nah sie ihrem Ziel sind. Dann aber werden sie im Flur von den Schleusern Christian Z. und Reinhard F. angesprochen. Geistesgegenwärtig behaupten die Stasi-Männer, sie wären Flüchtlinge und müssten noch mal kurz weg, um einen Gefährten zu holen.

Volker M. soll auf Befehl das Feuer erwidern
0.30 Uhr kehrt Stasi-Offizier S. zurück, im Schlepptau die NVA-Verstärkung. Bei Ankunft der Gruppe glaubt Fluchthelfer F. im dunklen Treppenhaus erneut, es seien Flüchtlinge. Als er die Situation durchschaut, fordert Stasi-Hauptmann S. ihn zum Mitkommen auf. Stattdessen weicht der Fluchthelfer in den Hof zurück.

Dort steht bereits sein Mitstreiter Z. – und die Sache läuft aus dem Ruder: Stasi-Mann S. und Egon Schultz betreten den Hof, wo Z. mit einer Pistole plötzlich schießt. Der Stasi-Offizier zieht sich wieder ins Treppenhaus zurück und befiehlt dort dem Soldaten Volker M. das Feuer zu erwidern.

Kriminalist: M. hat aus Notwehr gehandelt
Auf Bitten des Vereins Berliner Unterwelten hat ein pensionierter Kriminalist den Fall rekonstruiert. Anhand der Einschusswinkel, die sich aus dem Obduktionsbericht ableiten lassen, kommt er zu anderen Erkenntnissen. Vermutlich habe M. an einer Kellertreppe Deckung gesucht, den nur drei Meter entfernt am Boden liegenden Schultz für den Angreifer gehalten und auf diesen gezielt.

„Ungefähr so ist es gewesen“, sagt Volker M., dem erst durch die Ermittlungen von 1994 bewusst wurde, dass er den tödlichen Schuss abgab. Er versucht sich damit zu trösten, Schultz wäre von einem Querschläger getroffen worden – einem an einem Hindernis abgeprallten Geschoss. Juristisch blieb der Fall für M. folgenlos, da er laut Staatsanwaltschaft „in Notwehr und auf Befehl“ gehandelt und seinen Gruppenführer versehentlich getötet hat.

Joachim Gauck sprach zur Einweihung für Schultz’ Gedenkstein
Die Stasi hatte die Grenzer bei dem Einsatz auch im übertragenen Sinn im Dunkeln tappen lassen. Sie erklärte den jungen Männern nicht vorab, worum es bei der Aktion gehen würde. „Keiner hat gewusst, was Fakt war“, berichtet M.


Ursächlich war also der Befehl vom Stasi-Offizier S. , der Soldat Volker M. befahl, auf ein gar nicht erkennbares und nicht identifizierbares Ziel zu schießen. M. hätte sonst Schultz erkennen müssen, der nur 3-4m entfernt lag.
So wurde Schulz vom Dauerfeuer des Volker M. tödlich verletzt.

Was hat diese anfangs unerwartete Wahrheit eigentlich mit den unwissenden SED Anklägern, oder auch der Mutter von Schultz gemacht? Alle hatten jahrzehntelang an eine Lüge geglaubt. [angst]

AZ
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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon Ari@D187 » 25. Mai 2024, 11:46

Das Vernehmungsprotokoll von Volker M. hat wohl niemand gelesen.

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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon Ari@D187 » 25. Mai 2024, 11:51

augenzeuge hat geschrieben:Zum Fall Egon Schultz
[...]
Ursächlich war also der Befehl vom Stasi-Offizier S. , der Soldat Volker M. befahl, auf ein gar nicht erkennbares und nicht identifizierbares Ziel zu schießen. [...]

Ursächlich dürfte ein illegal gebauter Tunnel, illegaler Schußwaffenbesitz und illegale Nutzung der Schußwaffe gewesen sein.

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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon augenzeuge » 25. Mai 2024, 12:54

Ari@D187 hat geschrieben:
augenzeuge hat geschrieben:Zum Fall Egon Schultz
[...]
Ursächlich war also der Befehl vom Stasi-Offizier S. , der Soldat Volker M. befahl, auf ein gar nicht erkennbares und nicht identifizierbares Ziel zu schießen. [...]

Ursächlich dürfte ein illegal gebauter Tunnel, illegaler Schußwaffenbesitz und illegale Nutzung der Schußwaffe gewesen sein.

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Meine Güte, der Staatsanwalt der DDR hätte seine Freude mit dir. [flash]
Nee, ganz ursächlich war das Einsperren der Menschen, die unerlaubte Familienzusammenführung und der Schießbefehl. [denken]

Resümee
Egon Schultz’ Tod konnte erst auf private Initiative seines Jugendfreundes Michael Baade und des Unterwelten-Verein hin genau aufgeklärt werden. Letztlich verantwortlich dafür waren weder die Fluchthelfer noch der Todesschütze Volker Maier. Die Schuld lag vielmehr bei der SED und ihren Funktionären Walter Ulbricht und Erich Honecker an der Spitze, die eine mörderische Grenze errichteten.
https://www.welt.de/geschichte/article1 ... choss.html

AZ
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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon augenzeuge » 25. Mai 2024, 13:05

vs1400 hat geschrieben:
augenzeuge hat geschrieben:Man sollte nie vergessen und berücksichtigen, dass die Mehrheit der im Dienst getöteten Grenzer von eigenen (fahnenflüchtigen) Kameraden getötet wurde.

AZ


wie darf ich deine aussage verstehen?
könntest du etwas mehr ins detail gehen, wäre für mich schon interessant.
gruß vom Torsten [hallo]


Vielleicht liest er ja noch mit.... [wink]

Laut wiki...gab es seit 1949 27 getötete Grenzsoldaten(incl. Grenzpolizisten). Davon starben 16 durch eigene bzw. GSSD Leute, teils fahnenflüchtig teils unabsichtlich.
https://t.ly/EGu8k

AZ
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Re: Im Dienst getötete Grenzer

Beitragvon Ari@D187 » 25. Mai 2024, 13:46

augenzeuge hat geschrieben:
Ari@D187 hat geschrieben:
augenzeuge hat geschrieben:Zum Fall Egon Schultz
[...]
Ursächlich war also der Befehl vom Stasi-Offizier S. , der Soldat Volker M. befahl, auf ein gar nicht erkennbares und nicht identifizierbares Ziel zu schießen. [...]

Ursächlich dürfte ein illegal gebauter Tunnel, illegaler Schußwaffenbesitz und illegale Nutzung der Schußwaffe gewesen sein.

Ari


Meine Güte, der Staatsanwalt der DDR hätte seine Freude mit dir. [flash]
Nee, ganz ursächlich war das Einsperren der Menschen, die unerlaubte Familienzusammenführung und der Schießbefehl. [denken]

Resümee
Egon Schultz’ Tod konnte erst auf private Initiative seines Jugendfreundes Michael Baade und des Unterwelten-Verein hin genau aufgeklärt werden. Letztlich verantwortlich dafür waren weder die Fluchthelfer noch der Todesschütze Volker Maier. Die Schuld lag vielmehr bei der SED und ihren Funktionären Walter Ulbricht und Erich Honecker an der Spitze, die eine mörderische Grenze errichteten.
https://www.welt.de/geschichte/article1 ... choss.html

AZ

Ich habe das Buch hier vorliegen und das von mir geschriebene entspricht dem, was auch der rekonstruierende Jascha W. auf Seite 260 feststellt (siehe Zitat im Parallelthread).

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