von Bahndamm 68 » 8. Juli 2021, 17:54
Nun möchte ich Joey Kelly nicht in Schutz nehmen. Er ist Musiker, er braucht Publicity und er macht auch Publicity. Er ist aber auch ein Extremsportler und was er da wieder geleistet hat, ist schon enorm.
Die Medien und er, sie brauchen sich gegenseitig. Ich bin davon überzeugt, dass jeder einzelne Zeitzeuge viel mehr an Informationen gegeben haben, gegenüber im Film.
Die Medienmacher, sie sprechen immer vom Wesentlichen. Dies ist jetzt die Aufgabe vom Produzenten. Er lässt sich nun füttern, was die Kamera ihm vorführt bzw. aufgenommen hat. In meinem Fall knapp 2,5 Stunden. Wie viel Zeitzeugen es nun waren, kann ich nicht mehr sagen. Die Sendung lief aber ca. 100 Minuten. Von der Kelly-Family musste ja auch etwas dabei sein, ja und Einspieler aus dem DDR-Fernsehen, um das Ganze noch etwas zu untermauern, gehörte auch mit rein. Zu guter Letzt, Geld, sprich Werbung muss ja auch verdient werden. Was übrig bleibt ist das berühmte Wesentliche.
Ich habe geschildert, wie ich die Fluchtstelle gefunden habe, wie ich meinen Kameraden gefunden habe, dass er noch einmal nach Hause fahren wollte, weil er eine 3 oder 4-Monate alte Tochter hatte. Jetzt oder nie, ohne eine klare Verfahrensweise zu haben. Doch wo lag nun das Wesentliche?
Ich meine, in meinen gläsernen Augen, als ich die Verabschiedung von meinem Großvater erzählte. Dies gehört zwar mit dazu. Für mich war oder ist die gesamte Vorbereitung mit all den kleinen Fehlern, die ich als Jugendlicher gemacht habe, das Interessante. Erst dann kommt die Flucht.
Wäre es nicht auch interessant gewesen, wenn man Auszüge vom Haftbefehl vorgelesen hätte, mit dem Hinweis auf das Datum der Ausstellung, im Vergleich auf die Wartezeit auf ein Trabi, den ja Joey auch gefahren ist?
Ich bin davon überzeugt, dass der Schwimmer Janke, wie aber auch der Ballonfahrer Wetzel viel mehr erzählt haben.
Dies alles in 100 Minuten unterzubringen, ist zu mindestens für mich recht schwierig.
In Mödlareuth war ich mit unserer alten Truppe auch gewesen. Ich war und bin heute noch fasziniert über den Ort. Meiner Frau fiel langsam die Augen zu. Ich musste sie aus ihrem Sekundenschlaf befreien. Was aber dann aus dem Ort gezeigt wurde, ich war enttäuscht.
Es gab aber für mich auch etwas Erstaunliches. Du stehst jeden Tag nicht nur einmal vor dem Spiegel, du wirst begutachtet von deiner besseren Hälfte. Du bist, der du bist. In den kurzen Videoausschnitten musste ich nun feststellen, dass auch ich in die Jahre gekommen bin.
So is dat Leben nun mal.
Wer die Vergangenheit nicht kennt,
kann die Gegenwart nicht begreifen
und die Zukunft nicht gestalten.